Mit Rich-Internet-Applikationen zum Geschäftserfolg

Obwohl Dynamik, Aktualität und Flexibilität des World Wide Web immer häufiger über geschäftlichen Erfolg oder Misserfolg von Online-Anbietern entscheiden, nutzen viele Unternehmen die Möglichkeiten des Internets nach wie vor nicht vollständig aus. Dabei könnten sie mit so genannten Rich-Internet-Applikationen, die eine schnelle Interaktion und beeindruckendere Nutzererlebnisse ermöglichen, sehr einfach die Attraktivität ihrer Angebote steigern und damit die Kundenbindung wesentlich verbessern.

Steigerung der Verkaufszahlen um bis zu 50 Prozent
Eine vom amerikanischen Marktforschungsunternehmen IDC veröffentlichte Studie zu Rich-Internet-Applikationen (RIA) der ersten Generation kommt zu eindrucksvollen Ergebnissen. Danach erreichen Unternehmen, die auf ihren Websites RIAs anstelle von herkömmlichen Web-Anwendungen einsetzen, im Durchschnitt eine Steigerung der Verkaufszahlen um 25 bis 50 Prozent. Bei der Online-Reservierungslösung eines Hotels zum Beispiel wurde die Abbruchquote mit Hilfe einer Rich-Internet-Anwendung sogar nahezu halbiert und die Zahl der Reservierungen stieg um 89 % gegenüber dem Vorjahr. Und auch bei Finanzdienstleistern, Handelsunternehmen und Industriefirmen konnten die Marktforscher einen ähnlichen Trend feststellen. Alle befragten Unternehmen stellten ein deutlich gestiegenes Interesse der Besucher auf ihrer Website und eine signifikante Steigerung der Verkaufszahlen fest. Der Grund: „Rich-Internet-Anwendungen überwinden die Grenzen der HTML-Gestaltung von Websites und ermöglichen einen intuitiveren Umgang mit Informationen“, so IDC-Forschungsdirektor Joshua Duhl.

Mit dieser Meinung steht der amerikanische Berater nicht allein. Auch Michael Jung vom Neusser IT- und Systemintegrationshaus msg at.NET GmbH sieht vor allem in der starren HTML-Programmierung vieler Websites einen Grund für hohe Abbrecherquoten bei geschäftlichen Transaktionen im Web. „Als Kunde möchte ich bei einem Unternehmen gut betreut werden, egal ob ich ein Produkt im Internet kaufe oder im Laden um die Ecke“, betont er. Müsse sich der Kunde aber erst durch eine lange Reihe von Transaktionsstrecken quälen, nur um am Ende festzustellen, dass er doch nicht ans Ziel kommt, fühle er sich eben nicht gut betreut und wandere im Zweifelsfalle zur Konkurrenz ab. „Um das Potenzial des World Wide Web wirklich voll auszuschöpfen und den Kundenservice spürbar zu verbessern, muss sich deswegen an der Programmierung und am Design der Online-Shops einiges ändern“, ist Jung überzeugt.

Rich-Internet-Applikationen ermöglichen bessere Interaktion
Rich-Internet-Applikationen stellen hier seiner Meinung nach eine Lösung dar. Sie werden mit Hilfe von Werkzeugen des amerikanischen Softwarehauses Macromedia programmiert und nutzen zur Wiedergabe den Macromedia Flash-Player, der heute weltweit auf über 98 Prozent aller internetfähigen Rechner installiert ist. Mit ihrer Hilfe ist die übersichtliche Darstellung von komplexen Abläufen auf einer einzigen Seite im World Wide Web möglich. Die Benutzeroberfläche reagiert dabei ohne Neuaufbau der ganzen Seite direkt und unmittelbar auf Veränderungen. Mit dem Server werden nur die geänderten Daten ausgetauscht. Und da die Befehle direkt auf dem lokalen System – und nicht auf dem Server – ausgeführt werden, entfallen die bisher üblichen Lade- und Wartezeiten. Das spart nicht nur Bandbreite, sondern steigert auch die Performance erheblich.

Außerdem bieten Rich-Internet-Applikationen dadurch gewohnte interaktive Verhaltensweisen, wie sie bisher nur von Desktop-Anwendungen bekannt sind. Gleichzeitig lassen sich alle gängigen Formen multimedialer Kommunikation wie beispielsweise Audio, Video, Chats oder Videokonferenzen direkt in die Web-Anwendung integrieren. Das Ergebnis: Nicht nur die Bedienungsfreundlichkeit solcher Seiten ist deutlich besser und die Wartezeiten minimieren sich, den Besuchern kann auch ein eindrucksvolleres Internet-Erlebnis geboten werden. Und das zahlt sich sehr schnell aus. Ein weiterer Vorteil: Bei einer Rich-Internet-Applikation bekommt der Kunde sofort eine Rückmeldung, wenn er eine Information fehlerhaft oder gar nicht eingegeben hat. Eine übliche HTML-Seite dagegen meldet den Fehler erst, wenn der Kunde die Anfrage wieder an den Server geschickt hat. In den meisten Fällen ist es dann sogar so, dass die abgeschickte Seite leer vom Server zurückkommt, so dass der Kunde sämtliche Daten wieder neu eingeben muss. Ein Ärgernis, dass nicht wenige Interessenten bereits vor dem Abschluss einer Transaktion zum Ausstieg treibt.

Und eine weitere Besonderheit macht die Rich-Internet-Applikationen besonders auch für kleine und mittlere Unternehmen interessant: Da sie die bestehende IT-Infrastruktur nutzen, führende Internet-Industriestandards wie Java und Microsoft.NET unterstützen und auf bereits vorhandene Lösungen aufsetzen, ist der Kostenfaktor für einen Umstieg gering und damit zum Beispiel auch für kleine Portale erschwinglich. RIAs senken überdies spürbar die Betriebskosten einer Website, indem sie die Anzahl der überflüssigen Seitenaufrufe verringern und Daten in komprimierter Form übertragen. Weiter verlagern sie die Last einfacher Aufgaben, wie etwa Sortieralgorithmen oder auch Plausibilitätsprüfungen, vom Server auf den Client und tragen so zu einer Bandbreitenoptimierung bei.

Beispiel Reiseportale
Und dass diese Einschätzungen nicht nur graue Theorie sind, zeigt unter anderem das Beispiel der Neusser Ferien AG, die mit ihrer Restplatzbörse zu den Pilotanwendern von Rich-Internet-Applikationen in Deutschland gehört. Mit dem Konzept, erstklassige Pauschalreisen aller namhafter Veranstalter zu vermarkten und bereits sechs Wochen vor Reisebeginn zu Last-Minute-Preisen anzubieten, hat sich das am 1. März 2000 gegründete Unternehmen mit der einprägsamen Internetdomain www.ferien.de erfolgreich am Markt etabliert und einen Platz unter den Top 3 der konzernunabhängigen Reisebüros erobert. Seit Mai 2001 ist die Ferien AG zudem selbst als Veranstalter tätig und bietet ihren Kunden unter anderem Reisen zu Sportevents wie den Formel 1-Rennen an. Aktuell verzeichnet das Reiseportal rund 600.000 Besucher pro Monat und bereits mehr als 50.000 Internet-Nutzer lassen sich mit dem wöchentlich erscheinenden Online-Newsletter des Unternehmens regelmäßig über aktuelle Angebote informieren.

Entwickelt wurde die neue Buchungsoberfläche der Restplatzbörse von der msg at.NET GmbH in Neuss, die sich auf Rich-Internet-Applikationen spezialisiert hat. Die Erwartungen an das Projekt waren dabei von Seiten der Ferien AG von Anfang an sehr hoch. Immerhin sollte es mit der neuen Lösung möglich sein, alle relevanten Informationen ohne lästiges Blättern auf langweiligen HTML-Seiten auf einen Blick zu erhalten. Außerdem wurde ein zeitgemäßeres Layout gewünscht, dass bei den Besuchern stärker die Emotionen weckt. Durch eine Vereinfachung des Buchungsvorgangs versprach sich das Reiseportal gleichzeitig eine deutlich verbesserte Look-to-Book-Ratio – das Verhältnis von Besuchern und tatsächlichen Buchungen.

Eine besondere Herausforderung für die msg-Entwickler lag zudem darin, dass verschiedene vorhandene Datenbanken in die neue Buchungsoberfläche eingebunden werden mussten. „Jeden Morgen werden rund zwei Millionen Reiseangebote in unsere Datenbasis geladen, die dann natürlich möglichst zeitnah zur Verfügung stehen müssen“, so Guido Bennecke, Geschäftsführer und Mitbegründer der Ferien AG. Und so bietet das Online-Reiseportal seinen Besuchern heute nicht nur eine entspanntere, sondern auch eine wesentlich schnellere Buchung ihrer Last-Minute-Reise.

„Vor allem der rasche Seitenaufbau und die zügige Transaktionsabwicklung überzeugen unsere Kunden“, zeigt sich Guido Bennecke zufrieden. Um etwa eine komplette Pauschalreise zu buchen, genügen heute durchschnittlich drei Mausklicks, im Gegensatz zu bisher 7,4. Ein weiterer Vorteil: Mit der neuen Anwendung besteht jetzt die Möglichkeit, komplette Datensätze von einem Formular ins andere zu übernehmen, was nicht nur Zeit spart, sondern auch die Fehleranfälligkeit verringert. Zudem ist es problemlos möglich, Suchkriterien ohne großen Aufwand zu verändern, so dass jeder Interessent schnellstmöglich seine Traumreise finden kann.

Handyfinder unterstützt die schnelle Auswahl
Aber nicht nur im Bereich der Online-Reiseportale macht der Einsatz von Rich-Internet-Applikationen Sinn. „Prinzipiell eignen sich alle Arten von Formularen, Anmeldungen, Produktpräsentationen und interaktiven Elemente dafür“, so Michael Jung. Etwa bei der gezielten Auswahl von Handys, Kopierern, Digitalkameras, Fernsehegeräten, Bohrmaschinen oder Aktienfonds.

Der neue Handyfinder im Onlineshop des Mobilfunknetzbetreibers Vodafone beantwortet beispielsweise in Rekordzeit die Frage „Welches Mobiltelefon passt zu mir?“ Die Angaben zur Vertragsart und den geforderten Features des Handys werden einfach angeklickt, die gewünschte Standby- und Gesprächszeit sowie der Preis lassen sich intuitiv per Schieberegler festlegen. Auch eine Beschränkung auf einen bestimmten Hersteller ist per Auswahlliste möglich.

Sind alle Kriterien bestimmt, werden die entsprechenden Mobiltelefone sofort in Echtzeit mit Bild präsentiert. Beim Anklicken des jeweiligen Fotos öffnet sich direkt ein Fenster mit der genauen Modellbeschreibung, dem Preis und der Bestellmöglichkeit. Werden später bei einer erneuten Suche nur einige Kriterien geändert, müssen die anderen Angaben nicht noch einmal eingegeben werden. Die grafische Präsentation der Suchergebnisse in Echtzeit, die intuitive Bedienung, die leichte Verständlichkeit und ein hohes Maß an Flexibilität sind weitere Pluspunkte. Die bisher in dieser Form einzigartige Rich-Internet-Anwendung soll durch eine verbesserte Beratung der Kunden den Absatz bei den Mobiltelefonen ankurbeln und so für mehr Umsatz im Vodafone-Onlineshop sorgen.

Steigerung des Autoabsatzes um 50 Prozent
Und auch beim Autoverkauf können mit Hilfe von Rich-Internet-Applikationen die Umsatzzahlen deutlich gesteigert werden. So hat ein als Rich-Internet-Anwendung gestalteter interaktiver Fahrzeug-Konfigurator auf der US-Website des BMW-Kultwagens Mini entscheidend dazu beigetragen, dass BMW seine gesteckten Absatzziele deutlich überbieten konnte. Statt wie geplant bis Ende 2002 rund 100.000 registrierte User auf der Website zu haben, waren es tatsächlich 152.000 Interessenten. Von diesen stellten sich 73 Prozent ihr individuelles Mini-Modell am Bildschirm zusammen und schickten das Ergebnis per eMail an Freunde und Bekannte.

Insgesamt wurde rund die Hälfte aller Anfragen an die Mini-Händler über diese Rich-Internet-Anwendung erzeugt, die von der Werbeagentur Euro RSCG Circle in Boston mit Hilfe von Macromedia Flash MX entwickelt wurde. Weitere 35 Prozent der Leads stammten von den eigenen Websites der Autohändler, der Rest vom Lauf-Publikum in den Verkaufssalons. Im Durchschnitt bekam jeder Mini-Händler in den USA pro Monat über die Website 60 Anfragen von Interessenten – für ein Modell, dass seit 35 Jahren nicht mehr in den USA präsent war und zudem mit Abstand das kleinste Auto auf den Highways ist, ein überraschendes Ergebnis. Bis zum Ende des Jahres 2002 konnten so 12.000 ernsthafte Interessenten für den britischen Kleinwagen über den Internet-Auftritt gewonnen werden und BMW steigerte seine geplanten Verkaufszahlen um 50 Prozent – von 20.000 auf 30.000 Minis.

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