Chaotische Mailkommunikation blockiert Geschäftsprozesse

Kaum ein Unternehmen kommt heute noch ohne Leitfäden zur Telefonkommunikation oder Anleitungen zum Verfassen von Geschäftsbriefen aus. Die eMail-Kommunikation dagegen wurde bisher meist sträflich vernachlässigt. Dabei blockiert das eMail-Chaos in vielen Unternehmen nicht nur wichtige Geschäftsprozesse, sondern beschert den Firmen auch ganz handfeste wirtschaftliche Schäden.

Während die Mitarbeiter eines Unternehmens früher am Faxgerät Schlange standen, Stunden am Telefon verbrachten oder alle zwei Tage den Briefmarkenvorrat auffüllen mussten, ist mit der flächendeckenden Verbreitung der eMail-Kommunikation vieles einfacher geworden. Egal ob Verabredungen zum Geschäftsessen, die Durchsicht wichtiger Verträge oder die Bestellung einer Ware – eine kurze eMail genügt und schon sind alle Beteiligten auf dem Laufenden und können die notwendigen Schritte in die Wege leiten.

Doch die schöne neue Kommunikationswelt hat ihre Tücken. Denn gerade für die eMail- Kommunikation existieren in den meisten Firmen noch immer keine klaren Rahmenbedingungen, geschweige denn Leitfäden. Die Folge: Unstrukturierte Kommunikationsprozesse, die dem Unternehmen im Zweifelsfalle nicht nützen, sondern schaden. Beispielsweise dann, wenn die elektronische Post an den falschen Empfängerkreis verschickt wird, Anfragen nicht fristgerecht bearbeitet oder eigentlich vertrauliche Informationen unbedacht weitergeleitet werden. Hinzu kommt, dass der Sprachstil vieler eMails eher informell ist und so im Zweifelsfalle ein schlechtes Licht auf das jeweilige Unternehmen und seine Mitarbeiter wirft. Da viele Angestellte ihre Postfächer zudem nicht optimal pflegen, kann es passieren, dass wichtige Mails verloren gehen oder bestimmte Geschäftsvorgänge nach einigen Tagen nicht mehr nachvollzogen werden können. Besonders bei Kundenbeschwerden oder Reklamationen ein eigentlich unhaltbarer Zustand.

Sünden sind hausgemacht

Zwar sind all diese Probleme in den meisten Unternehmen mittlerweile hinreichend bekannt, nur unternommen wird so gut wie nichts dagegen – im Gegenteil. Viele Führungskräfte akzeptieren das Kommunikationschaos als „notwendiges Übel“, gegen das sich nun einmal nicht viel tun lässt. Dabei würden schon ein paar einfache Schritte reichen, um dem Problem Herr zu werden. Und das gilt nicht nur für die interne Kommunikation, sondern auch für den Austausch mit Kunden und Lieferanten. Denn in vielen Fällen ist die Zusammenarbeit zwischen den einzelnen Unternehmen so intensiv, dass sich Strukturen, Normen und Nutzungsregeln für die eMail-Kommunikation mit wenig Aufwand betriebsübergreifend aufstellen und anwenden lassen.

Für die Unternehmensleitung beziehungsweise für die von ihr beauftragte Organisationsabteilung ergeben sich daraus mehrere Ansätze, die eMail-Kommunikation zu strukturieren. Dabei geht es zunächst darum, bestehende Abläufe zu hinterfragen und zu prüfen, ob sich diese nicht vereinfachen lassen. In einem zweiten Schritt müssen dann Form und Inhalte von eMails auf die Erfordernisse der jeweiligen Arbeitsabläufe beziehungsweise Geschäftsprozesse im Unternehmen abgestimmt werden:

– Die erste Frage muss sein, ob nicht die bestehenden Arbeitsabläufe unnötig viele interne wie externe Schnittstellen enthalten und damit ein zusätzliches, nicht in der Sache begründetes Kommunikationsvolumen provozieren. Oft kann die Flut von eMails bereits über die Vereinfachung von vermeintlich fest gefügten Abläufen nachhaltig reduziert werden.

– Durch technische Hilfsmittel wie beispielsweise Spam-Filter und automatisches Sortieren und Bearbeiten von Standard-Mails sowie durch vorgezeichnete Schritte und Maßnahmen lässt sich die eMail-Flut weiter eindämmen, sodass der einzelne Mitarbeiter sich schneller und konzentrierter mit denjenigen Nachrichten befassen kann, die für seine Geschäftsprozesse von besonderem Belang sind.

– Ein internes Regelwerk legt die Kriterien für das sach- und funktionsgerechte Verfassen geschäftlicher eMails fest. Dazu gehören Angaben darüber welche Verteiler gelten, wie die Felder „An“ und „Cc “ zu verwenden sind oder welche Formen – Brief, Memo, Textbausteine – in welchen Zusammenhängen angemessen sind. Je stärker sich solche Standards durchsetzen, desto strukturierter werden eMails verfasst und desto besser lassen sie sich mit den Geschäftsprozessen verzahnen.

– Im Rahmen von Vereinbarungen mit Lieferanten und anderen Geschäftspartnern lassen sich solche Regelwerke und Vorgehensweisen firmenübergreifend vereinbaren. Dann können die Mitarbeiter regelmäßig miteinander kommunizierender Unternehmen darauf vertrauen, dass bestimmte Standards in der eMail-Kommunikation eingehalten werden, etwa wenn es um das Formulieren der Betreffzeile oder die Inhalte der Signatur geht. Zudem kursieren weniger häufig überflüssige eMails zwischen den Unternehmen.

Mensch-Maschine-Marketing-Konzept

Allerdings sind für dieses Vorgehen drei Überlegungen von Bedeutung, die sich aus dem so genannten Mensch-Maschine-Marketing-Komplex herleiten. Das Konzept beschreibt das Zusammenwirken der Faktoren Personal (Mensch), Technik (Maschine) und Geschäftsprozesse (Marketing) im Zusammenhang mit der Geschäftskommunikation:

– Geschäftsprozesse (Marketing)
Regeln und Vereinbarungen sollten nicht am „grünen Tisch“ entworfen werden, sondern so formuliert sein, dass sie den tatsächlichen Belangen des Unternehmens gerecht werden. Das setzt die sorgfältige Analyse der unterschiedlichen Kommunikationsprozesse und das zielgerichtete Ableiten geeigneter Einzelmaßnahmen voraus.

– Technik (Maschine)
Programme wie Microsoft Outlook oder Lotus Notes oder auch professionelle eMail-Response Management-Systeme bieten mittlerweile zahlreiche Hilfsmittel an, um die Strukturierung der eMail-Kommunikation vom guten Willen des Einzelnen zu entkoppeln. Das lässt sich oft schon durch das zentrale Einstellen von Parametern, durch das Einrichten von Mechanismen („Regeln“), durch den Einsatz vorgefertigter Formulare sowie durch das Implementieren anwenderspezifischer Makros realisieren.

– Personal (Mensch)
Mit Vorschriften allein ist es allerdings nicht getan. Denn selbst Regeln, Vereinbarungen und Maßnahmen, die sich streng an der Praxis orientieren, führen nicht zum Erfolg, solange die Mitarbeiter deren Nutzen nicht erkennen und deren Anwendung vernachlässigen. Deshalb ist es wichtig, die Mitarbeiter bereits in den Definitionsprozess einzubeziehen und sie überdies intensiv zu schulen und zu motivieren.

Checkliste: Die größten eMail Sünden

– Missachten der Möglichkeiten zur Verschlüsselung und digitalen Signatur

– Fehlerhafte oder unnötig große Verteiler

– Nichtbeachten der unterschiedlichen Bedeutung der Felder „An“ und „Cc „

– Unklare, veraltete oder fehlende Informationen in der Betreff-Zeile

– Schnoddrige oder unhöfliche Anrede und Ausdrucksweise

– Unklare inhaltliche Gliederung

– Umständliche, unpräzise oder nicht sachgerechte Formulierungen

– Fehler bei Grammatik und Rechtschreibung

– Undifferenzierter Gebrauch der Funktionen „Antworten“ und „Weiterleiten“

– Verwendung von Formatierungen

– Fehlende oder ungenaue Signatur

– Verschachteln von Anhängen

– Unnötige oder überdimensionale Dateianhänge

– Verzicht auf probate Alternativen

Fazit

Gut strukturierte eMail-Kommunikation vermeidet unnötige Kosten, beugt dem Verlust von wertvollem Know-how und eventuellen Imageschäden vor. Weil ein Großteil der eMails im eigenen Haus oder bei Geschäftspartnern entsteht, mit denen die Firma regelmäßig zusammenarbeitet, sind die Ursachen des eMail-Chaos einfacher aufzudecken und zu beseitigen, als viele Führungskräfte wahrhaben wollen. Tatsächlich lässt sich die eMail-Flut mit einer Mischung aus Systematik und Pragmatismus gezielt kanalisieren und mit den Geschäftsprozessen so verknüpfen, dass die elektronischen Nachrichten wie ein Zahnriemen zwischen den einzelnen Arbeitsabläufen wirken. Und dann steht einer produktiven eMail Kommunikation nichts mehr im Wege.

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