Out-of-the-Box: Shoplösungen nur für Einsteiger?

Der eigene Online-Shop gilt gemeinhin noch immer als „Königsweg“ des eCommerce. Und wem das Geld für kostspielige Enterprise-Lösungen fehlt, baut stattdessen auf günstige Standardalternativen. ECIN hat insgesamt 46 Anbieter befragt und bietet einen Überblick über den aktuellen Stand der Dinge.

Die Ausgangslage

Blickt man auf die Ergebnisse der 14. W3B-Umfrage, so wird deutlich, dass sowohl das Internet ganz allgemein als auch der eCommerce im Besonderen in Deutschland längst hoffähig geworden sind. Mehr als ein Drittel der Befragten hat demnach bereits häufiger als zwanzig Mal online eingekauft und nahezu 60% planen für das zweite Halbjahr diesen Jahres Aktivitäten im Bereich eShopping.

Mag das Gros der dabei anfallenden Umsätze und Erlöse auch von den „Big Playern“ der Branche eingestrichen werden, ändert dies doch nichts an der Tatsache, dass der Online-Handel gleichzeitig auch eine inzwischen sehr wichtige Domäne kleinerer und mittelgroßer Händler geworden ist. Das Spektrum reicht hierbei vom „Alleinunterhalter“ bis zum 50-Mitarbeiter Unternehmen, der Anteil der Online-Erlöse am Gesamtumsatz von knapp unter 10% bis jenseits der 30%, wie eine Untersuchung kleinerer und mittlerer Online-Händler des Instituts für Wirtschaftspolitik und Wirtschaftsforschung der Universität Karlsruhe im Zusammenhang mit Online-Zahlungssystemen ergeben hat. Der monatliche Umsatz bewegt sich dabei nicht selten in einer Größenordnung von durchschnittlich 5.000 Euro, was die Nutzung aufwendiger Enterprise-Lösungen mit kostspieligen Lizenzen und hohem Implementierungsbedarf eigentlich bereits per se ausschließt.

Dennoch: Der Erfolg eines „eTailers“ steht und fällt mit der Konkurrenzfähigkeit des eigenen Online-Angebots. Und diese wiederum hängt weniger von der spektakulären Präsentation der Waren als vielmehr von Faktoren wie Zuverlässigkeit, Sicherheit und Seriosität ab. Oder einfacher ausgedrückt: Die Vertrauenswürdigkeit des Anbieters sowie die Daten- und Zahlungssicherheit sind ausschlaggebende Faktoren für Bestellungen im Internet. Und die Erfüllung dieser Anforderungen hängt nicht zuletzt wiederum auch von der dem Webangebot zugrunde liegenden Software ab.

Galten die so genannten „Out-of-the-box“-Lösungen hierbei unter Experten lange Zeit bestenfalls als „minderwertige“ Einstiegs- oder „Probierlösungen“, so hat sich dieses Bild inzwischen offenbar gründlich gewandelt. Vor allem die konsequente Konsolidierung des Marktes dürfte ihren Anteil daran haben, dass sich auch in diesem Segment längst die Spreu vom Weizen getrennt hat und die verbliebenen oder neuen Anbieter im täglichen Wettbewerb nur mit flexiblen, leistungsfähigen und funktionsreichen Lösungen bestehen können. Befragt nach ihren Produkten, offerieren viele Anbieter dabei heute Features, die man vormals eher ausschließlich in höheren Preiskategorien vermutet hätte.

Im Folgenden vermitteln wir einen Überblick über die wichtigsten Gemeinsamkeiten und Unterschiede von derzeit 46 am Markt befindlichen eShop-Lösungen und verweisen darüber hinaus auf die eine oder andere Besonderheit. Aus der Gesamtdarstellung lässt sich somit ein guter Überblick über den gegenwärtigen allgemeinen Leistungsstand in diesem Marktsegment gewinnen und damit möglicherweise auch wertvolle Rückschlüsse für anstehende eigene Kauf- oder Mietentscheidungen.

Kontaktiert wurden insgesamt mehr als 100 Anbieter von eShop-Lösungen in einem Preissegment bis knapp oberhalb von 2.500 Euro (Kosten für Anschaffung/Miete sowie Bewirtschaftung per anno). In die Ergebnisse eingeflossen sind letztendlich die Antwortformulare von 46 Teilnehmern.

Weitgehende Übereinstimmung unter den Anbietern herrscht bezüglich der notwendigen Hard- und Software-Mindestvoraussetzungen, wobei es sich hier üblicherweise um einen Webserver (bei Mietlösungen entsprechend auf Anbieterseite vorhanden) sowie die Unterstützung der gängigsten Betriebssysteme handelt. Windows wird dabei nahezu von allen Anbietern „supported“, Linux immerhin von rund drei Vierteln und Sun Solaris noch von mehr als der Hälfte. Wer auf MacOS setzt, wird in der Wahl seiner eShop-Applikation (13%) bereits deutlich eingeschränkt.

Dass „Out-of-the-box“-Lösungen heute mitnichten ausschließlich für “Selfmade“-Macher kreiert werden, erweist sich nicht zuletzt am anfallenden Implementierungsbedarf. Während 39% der Anbieter hierfür nicht mehr als 1-2 Manntagen ansetzen, kalkulieren 23% mit einem Aufwand von mehr als 2 Tagen. 38% wiederum setzen nicht mehr als einen Manntag für die Implementierung an. Ähnlich unterschiedlich werden auch die für die Implementierung notwendigen Kenntnisse beurteilt: Für 61% steht fest, dass einfaches Grundlagenwissen in aller Regel ausreicht, während 39% eine Implementierung durch den Betreiber generell eher ausschließen.

Geht es um die Integration des Shops in ein bestehendes Warenwirtschaftssystem oder auch nur um die Einspielung von vorhandenen Datensätzen, richtet sich der Blick zwangsläufig auf die bestehenden Im- und Export-Möglichkeiten:

Die Menge der verwendbaren Datensätze und Kategorien wird dabei zumeist lediglich durch die Hardware begrenzt. 80% ermöglichen hier prinzipiell das Verwenden einer beliebigen Anzahl an Kategorien und Artikeln, während 20% eine Limitierung im Rahmen von Versionsvarianten bzw. Datenbankanbindungen vorsehen.

Ein wichtiges Ausschlusskriterium bei der Anschaffung einer eCommerce-Lösung besteht in der Möglichkeit, die Software an bestehende Warenwirtschaftssysteme anzubinden. Vor allem die „Out-of-the-box“-Lösungen stießen in der Vergangenheit an diesem Punkt oft an ihre Grenze. Heute verneinen dagegen nur noch knapp 9% diese Option generell, während sie bei 20% der Anbieter bereits im Paket enthalten und bei 71% immerhin noch gegen Aufpreis zu erwerben ist.

Naturgemäß nicht zu unterschätzen ist auch der Aspekt der angebotenen und möglichen Hilfeleistungen. Denn wo das eigene Wissen an seine Grenzen stößt, kann der „gute Rat“ schnell zu einer beträchtlichen Kostennote eskalieren. Wie steht es bei den Lösungsanbietern also um den Bereich Service & Support?

Erstaunlich, dass bei mehr als der Hälfte aller Anbieter eine kostenlose Service-Hotline offensichtlich noch zum Standardrepertoire zählt. Nutzer werden diesen Service sicher zu schätzen wissen.

Während es für den „Einsteiger“ vielleicht noch interessant sein mag, bei der Shopgestaltung auf standardisierte, mitgelieferte Vorlagen des Anbieters zurückgreifen zu können um möglichst schnell zu einem Resultat zu gelangen, gibt es für den professionellen Nutzer zur Verwendung eigener Templates eigentlich keine Alternative. Bei der Produktgestaltung ist dieses von den Herstellern inzwischen auch entsprechend berücksichtigt worden, so dass lediglich 4,5% heute noch auf die Verwendung mitgelieferter Vorlagen bestehen, während 27,3% die Einbindung eigener Templates vorsehen und 68,2% beide Varianten wahlweise ermöglichen.

Auch was die Festlegung der Nutzerführung angeht, scheint sich die Tendenz in Richtung größtmöglicher Flexibilität zu bewegen: 47,7% überlassen die Konfiguration hierbei vollends dem Anwender, 36,4% bieten immerhin alternative Navigationsstränge über eine mehrdimensionale Nutzerführung und nur bei 15,9% beschränkt sich die Navigation auf einen „Königsweg“.

Eine häufig genutzte Alternative zur „klassischen Navigation“ ist die Produkt- oder Inhaltsrecherche über eine vorhandene Suchfunktion. Aller Anbieter stellen nach eigenen Angaben eine „Suche“ zur Verfügung und auch in Bezug auf die Recherchemöglichkeiten offenbaren sich wohl nur geringfügige Unterschiede: So bieten 88,6% eine Suche nach Produkten, 72,7% eine Suche nach Artikelgruppen sowie 86,4% eine Freitextsuche.

Für den ersten Eindruck gibt es bekanntlich keine zweite Chance. Dementsprechend kommt natürlich auch der Produktdarstellung eine nicht zu unterschätzende Bedeutung zu. Bleibt die Frage, welchen Raum die Anbieter der bildorientierten Darstellung einräumen:

Mit der einfachen und vergrößerte Bilddarstellung sowie der Möglichkeit, auch in Produktübersichten bereits Bilder zu integrieren, wird den Standardansprüchen bei der Präsentation bereits hinreichend entsprochen. Doch selbst die Option einer mehrdimensionalen Darstellung von Produkten ist längst kein Einzelfall mehr.

Auf die Frage, was eine Shoplösung eigentlich zu einer Shoplösung macht, gibt es im Grunde nur eine zutreffende Antwort: Die Warenkorb-Funktion. Hier laufen zum einen alle wichtigen Informationen zum aktuellen Online-Einkauf zusammen, zum anderen stellt der Warenkorb in der Regel auch den Ausgangspunkt für die abschließende, verbindliche Kundenbestellung dar. Und auch wenn sich inzwischen eine ganze Reihe so genannter „must haves“ herauskristallisiert haben, differenzieren sich viele Anbieter von Shoplösungen noch heute insbesondere durch ihre Warenkorb-Funktion:

Vom Warenkorb zur virtuellen Kasse ist es nur noch ein kleiner Schritt. Und auch hier bietet der Markt grundsätzlich mehrere Möglichkeiten, wie das Geld letztendlich vom Käufer zum Händler gelangen kann. Blickt man auf die bestehende Praxis, so kommt den „klassischen“ Zahlungsarten zweifellos die größte Bedeutung zu, während das „digital Payment“ noch immer eher einen „Exotenstatus“ einnimmt. Die befragten Lösungsanbieter folgen diesem Trend, präsentieren sich mit ihrem Angebot aber durchaus flexibel:

Da die Sicherheit, insbesondere bei der Zahlungsabwicklung, eminent wichtig in Bezug auf das Kundenvertrauen ist, setzen 93,3% der Anbieter heute auf geschützte SSL-Verbindungen und nur bei 6,7% wandern die Transaktionsdaten „ungeschützt“ durch das Netz. Und auch der zunehmenden Globalisierung des Online-Handels wird mit der Unterstützung mehrerer Währungen und Steuersätze inzwischen verstärkt Rechnung getragen: So ermöglichen 77,3% der Anbieter die Einbindung von mehr als zwei Währungen sowie 76,7% die Verwendung von mehr als drei Steuersätzen. Bei 11,4% finden immerhin noch 2 Währungen sowie bei 7% drei unterschiedliche Steuersätze Unterstützung. Auf eine Währung beschränkt sind 11,4% der Lösungen. Zwei Steuersätze ermöglichen noch 9,3% und die Festlegung auf einen festen Steuersatz fordern 7% der Anbieter.

Wer unterschiedliche Währungen und Steuersätze zulässt, sollte sich auch hinsichtlich „multilingualer Aspekte“ weltoffen zeigen: 52,3% unterstützen mit ihrer Lösung mehr als zwei Sprachen, 6,8% bieten zur Basissprache noch jeweils eine Alternative, während 9,1% auf die Basissprache beschränkt sind. Wenigstens optional (und damit vermutlich gegen Aufpreis erhältlich) bieten 31,8% eine „Mehrsprachigkeit“ ihrer Software an.

Neben der Sorge um die Sicherheit bei der Zahlung, haben viele Internet-Nutzer eine weiteres generelles Problem beim Online-Shopping: Die Lieferung. Während man im stationären Handel sein Produkt sofort nach der Bezahlung in Empfang nehmen kann, stellen die Kriterien Verfügbarkeit, Lieferzeit und tatsächliche Lieferung immer noch eine bedeutende Hürde des eShoppings dar. Optional kann man diesem Problem mit entsprechenden Angaben auf seiner Website zumindest in Teilen wirkungsvoll begegnen. Welche Möglichkeiten bieten die Shopsysteme an dieser Stelle?

Die Möglichkeit auftretender Lieferschwierigkeiten lässt sich natürlich auch über eine Verfügbarkeitsanzeige und Auftragsverfolgung nicht ausschließen. Kunden wissen diese Form der Transparenz heute aber dennoch zu schätzen und berücksichtigen solche Aspekte bei der Wahl ihrer Einkaufsquellen.

Erfolg im eCommerce ist gemeinhin untrennbar mit erfolgreicher Kundenbindung verknüpft. Denn selten sind es die Erst- und Einmalkunden, die einem Unternehmen die gewünschten Erlöse bescheren, als vielmehr die treuen Widerkäufer. Getreu dieser Devise sollten Shoplösungen im Bereich „Back-Office“ natürlich auch bereits Möglichkeiten zur Erfassung, Verwaltung und Nutzung von Kundendaten bieten. 93,2% der Anbieter haben folgerichtig auch eine Funktion zur Erfassung dieser Daten bereits integriert, nur bei 6,8% ist sie dagegen nicht vorgesehen. 71,1% bieten überdies die Möglichkeit einer Auswertung des Traffic beispielsweise nach Besuchern, Besuchergruppen, Produktaufrufen, Suchbegriffen, Bestellungen, Umsatz, Einkaufshistorie, Zahlungsarten etc. 28,1% bieten keine entsprechende Option.

Wie fließen die auf diese Weise erhobenen Daten nun wiederum in das Angebot ein? Welche Möglichkeiten bieten die Lösungsanbieter in Richtung Kundenprofil und Personalisierung?

Um unerwünschten „Nebenwirkungen“ bei der Annahme bzw. Ausführung von Bestellungen vorzubeugen, sollten die wichtigsten Kundeninformationen natürlich auch noch einer – zumindest allgemeinen – Prüfung unterzogen werden. Auch hierfür bestehen bei vielen Anbietern offenbar bereits nutzbare Lösungen:

Weitere Features

Neben diesen zahlreichen allgemeinen Funktionen und Features bieten viele Lösungsanbieter heute noch eine ganze Reihe zusätzlicher Optionen an, denen im Einzelfall mitunter eine entscheidende Bedeutung zukommen kann. Hierzu zählt beispielsweise die Implementierung an bestehende SAP R/3 Systeme, die Integration in eine CMS-Lösung (Content Management System) oder die reibungslose Anbindung an Marktplätze und Procurement-Lösungen.

Wer viel mit technischen Datenblättern agiert, wird möglicherweise einen PDF-Generator zur Erzeugung von PDF-Dokumenten zu schätzen wissen, wer seine Kunden auch unterwegs erreichen möchte, dagegen vielleicht eher die integrierte „WAP-Fähigkeit“. Eine noch wirkungsvollere Shopansicht lässt sich möglicherweise durch die Personalisierung der Storefront-Ansicht erzielen, zusätzliche Umsätze dagegen mit der Durchführung von Top-Aktionen und Event-Selling.

Resumee:

„Out-of-the-Box“-Lösungen sind heute weitaus leistungsfähiger als ihr allgemeiner Ruf unter Experten es vermuten ließe. Denn grundsätzlich lässt sich in diesem Preissegment alles finden, was zur Implementierung einer soliden und guten eCommerce-Lösung für kleine und mittlere Unternehmen notwendig ist. Nichtsdestotrotz stellt sich der Markt der Anbieter immer noch als sehr unübersichtlich dar und entbindet den Anwender nicht von seiner Pflicht, vor einer möglichen Anschaffung eine gründliche, am individuellen Bedarf orientierte Recherche durchzuführen. Dies umso mehr, als dass Preisunterschiede von 2.000 Euro und mehr vor allem für kleinere Unternehmen ja durchaus nicht unbeträchtlich sein dürften.

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