Suchen im Netz – bezahlen im Laden

Eine Studie von Overture Services nimmt den Suchmaschinennutzer unter die Lupe. Mit überraschenden Resultaten: Die meisten kaufen spät und hauptsächlich offline, allgemeine Suchbegriffe ziehen besser als Marken.

Alle reden vom Kunden, kaum einer kennt ihn. Wie tickt er, wie entscheidet er, wie wirkt sich das Web auf sein Kaufverhalten aus? Viele Fragezeichen, wenig konkrete Antworten. Eine von Overture Services beauftragte Studie bringt Licht ins Dunkel. Die von comScore durchgeführte Untersuchung beleuchtet die Bedeutung der Internetsuche für den gesamten Kaufprozess im On- und Offlinebereich. Dazu analysierten die Marktforscher drei Monate lang das Verhalten von rund 2,5 Millionen amerikanischen Internetnutzern, die auf über 25 der meist genutzten US-Suchmaschinen nach Angeboten der Computer- und Unterhaltungselektronikbranche suchten. Im Vordergrund des Interesses standen dabei zunächst Häufigkeit, Phasenfolge und Dauer der Suchaktionen von der ersten Produktrecherche bis hin zur tatsächlichen Anschaffung. Zusätzlich wollte comScore wissen, welche Suchbegriffstypen die Konsumenten am häufigsten einsetzen, wie sie ihre Suchbegriffe im Verlauf der Suchaktivitäten verfeinern und welche Variante die meisten Verkaufserfolge erzielt.

Die simple Botschaft zuerst: Suchmaschinennutzer sind konsumfreudig. Jeder Vierte entschloss sich nach einer Produktrecherche im Web tatsächlich zum Kauf. Allerdings nicht sofort und vor allem nur selten online. Die mit mehr als 90 Prozent überragende Mehrheit aller Suchenden nutzte das Netz als Informations-, Meinungsbildungs- oder Preisvergleichsquelle und gab das Geld anschließend im Laden aus. Nur knappe acht Prozent orderten die ausgespähte Ware auch elektronisch. Die wenigsten Onlinekunden fanden kauften dabei Güter der Unterhaltungselektronik. Sie wurden deutlich seltener als Computerprodukte per Internet bestellt. Bemerkenswert ist allerdings nicht der produktspezifische Unterschied, sondern der fortschreitende Wandel des Kaufverhaltens: Web To Store-Shopping, also online suchen und offline kaufen, ist ein dynamischer Trend, der kontinuierlich an Fahrt gewinnt.

Die Botschaft ist klar: Online und Offline lassen sich nicht mehr auseinanderdividieren, die Zeit der säuberlich getrennten Schubladen ist vorbei. Beide Welten sind zunehmend enger verzahnt, und das in doppelter Hinsicht: Hersteller und Handel brauchen das Internet, um ihre Produkte dort zu präsentieren, wo der Verbraucher immer häufiger zuerst nach Informationen sucht. Sie brauchen jedoch auch das traditionelle Ladengeschäft, wo der vorinformierte Verbraucher seine Waren häufig bezieht und bezahlt. Nur virtuell funktioniert also künftig genau so wenig wie ausschließlich haptisch. Die Mischung macht den Erfolg: Multi-Channel-Angebote haben die beste Aussicht auf das größte Stück vom Kuchen.

Nicht minder ergiebig ist der Tiefenblick auf die Gruppe der Online-Käufer: Sie entpuppten sich als ausgesprochen wählerisch und ließen sich viel Zeit mit ihrer Kaufentscheidung. Während der durchschnittliche Suchmaschinennutzer zwischen vier und fünf Suchanfragen startete, brauchte der Online-Käufer im Schnitt 12 Suchabfragen bevor er zuschlug. Und lediglich drei von hundert Kunden bestellten gleich beim ersten Besuch in einem via Suche angesteuerten Webshop. Alle anderen kauften merklich später, oft erst nach mehreren Wochen. Immerhin 38 Prozent brauchten sogar zwischen 5 und 12 Wochen, um eine Ware zu erwerben. Es besteht also sehr oft eine Latenzphase zwischen erster Online-Suche und tatsächlichem Kauf.

Um den gesamten Kaufprozess und vor allem die entscheidende Meinungsbildungsphase abzudecken, sollten Kampagnen langfristig angelegt sein, sonst hieße es, gut die Hälfte des Kundenpotenzials unterwegs zu verlieren. Neue Maßstäbe gelten außerdem für die Erfolgsbewertung von Online- und speziell von Suchmaschinenkampagnen. Wer Suchmaschinenmarketing als reines direct response tool begreift, liegt offensichtlich falsch. Aussagekräftige Urteile über die erzielten Effekte setzen einen genügend langen Beobachtungszeitraum voraus, da die Hälfte aller Käufer erst fünf Wochen nach der ersten Suchanfrage tatsächlich ordert.

Überraschende Einsichten förderte schließlich auch die Frage nach den meist gebrauchten Suchbegriffstypen und ihren Konversionsaussichten zu Tage. Deutlich wurde dabei eines: Die Suchmaschinennutzer im Panel bevorzugten mehrheitlich Gattungsbegriffe, also eher allgemeine und wenig ausdifferenzierte Abfragen. Ein derart umfassender Gattungsbegriff wäre etwa den Begriff Fernseher. In diese weit gespannte Sparte gehören auch die so genannten Kategoriebegriffe. Sie grenzen das Suchfeld enger ein, bleiben aber dennoch unspezifisch. Ein Beispiel hierfür wäre die Suche nach LCD-Fernseher statt Fernseher. Auf diese beiden Typen entfielen nicht nur 70 Prozent aller Suchanfragen sondern auch 60 Prozent aller Konversionen. Weit abgeschlagen in der Nutzergunst rangierten dagegen ausgesprochen spezifische Begriffe wie beispielsweise 17-Zoll LCD-Fernseher oder Markenbegriffe wie Hitachi (17-Zoll LCD)-Fernseher. Sie kamen bei 11,7 bzw. 17,5 Prozent aller Abfragen zum Einsatz und lösten 18,4 Prozent bzw. 20,4 Prozent aller Konversionen aus.

Auffällig ist zudem das Beharren der Gattungs- und Kategoriesucher auf dem anfangs gewählten Begriffstyp: 60 Prozent aller Suchmaschinennutzer, die mit einem allgemeinen Begriff starteten, blieben diesem Muster über den gesamten Kaufzyklus hinweg konsequent treu. Wer nicht bis zum Schluss innerhalb seiner Startkategorie verfeinerte, wechselte in der Regel zu einem Markenbegriff und nur selten zu einem spezifischen Begriff. Damit nicht genug. Die überragende Bedeutung allgemeiner Ausdrücke für die erfolgreiche Suchmaschinenwerbung wird klar, wenn wir die Konversion aufgrund von Markenbegriffen eingehender untersuchen: Nur 9 Prozent aller Käufer, die Marken als Suchbegriffe verwendeten, haben ihre Suche anhand dieses Typs (Hitachi 17-Zoll LCD-Fernseher) und lediglich 7 Prozent anhand eines spezifischen Begriffs (17-Zoll-LCD-Fernseher) begonnen. Dagegen gingen 65 Prozent mit einem Kategoriebegriff (LCD-Fernseher) und 19 Prozent mit einem Gattungsbegriff (Fernseher) an den Start. Insgesamt wurden damit also 84 Prozent aller Konversionen auf der Basis eines Markenbegriffs früher im Kaufzyklus durch ein allgemein gehaltenes Suchwort beeinflusst.

Die Annahme, dass der Suchmaschinennutzer im Lauf seiner Entscheidungsfindung stets von allgemeinen zu immer spezifischeren Begriffen verfeinert, trifft also nicht grundsätzlich zu. Das tat nur ein geringer Teil der Befragten. Zweitens kann die Annahme, dass Markenbegriffe einen höheren ROI erwirtschaften als allgemeine Begriffe, nur bedingt als richtig angesehen werden. Selbst wenn es auf den ersten Blick so aussieht, das Gegenteil trifft zu. Diese Art der Betrachtung blendet die entscheidende Frühphase des Kaufprozesses aus. Im Klartext: Hersteller oder Händler, die ausschließlich in die Bewerbung marken- oder produktspezifischer Begriffe investieren, verschenken rund 85 Prozent ihres Kunden- und Konversionspotenzials.

Was bleibt unterm Strich? Letztendlich ein ebenso handfestes wie praxistaugliches Resümee: Suchmaschinen spielen eine zunehmend wichtige Rolle im Entscheidungs- und Kaufprozess. Sie führen Nachfrage und Angebot in einem sehr frühen Stadium zusammen und fördern den Absatz im traditionellen Handel deutlich stärker als bislang angenommen. Web To Store-Shopping hat sich als neues Muster des Kaufverhaltens etabliert und wird künftig immer wichtiger. Suchmaschinenwerbung ist kein vorwiegend taktisches sondern ein strategisches Marketingwerkzeug. Dabei ist der Kampagnenerfolg an drei Voraussetzungen gebunden: Das Engagement muss langfristig angelegt und bewertet werden. Allgemeine Gattungs- und Kategoriebegriffe sollten im Zentrum jeder Anzeigenplanung stehen. Und last but not least: Um alle über Suchmaschinenmarketing generierten Käufe abzuschöpfen, ist die Kombination von Online Shops und Offline-Verkaufsstellen vorteilhaft.

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