Getty und Shutterstock: Fotografen & Bildagenturen am Ende?

Die jüngste Ankündigung einer Fusion der beiden größten Plattformen für die Vermarktung von Bildern Getty Images und Shutterstock hat für ordentlich Diskussionen in der Branche gesorgt. Also nicht nur bei Fotografen, die ihre Bilder über diverse Plattformen vermarkten, sondern auch bei den Agenturen selber. Klar, wenn sich zwei der größten Player zusammentun und 75 Prozent des Bildermarktes in der Tasche haben, könnte das massive Auswirkungen auf die Kreativlandschaft haben – also vor allem die Preise, die Kunden bezahlen und die Tantieme, die Fotografen am Ende bekommen.

Als ich im ersten Moment von der Fusion erfuhr, dachte ich daran, dass ja jetzt die Möglichkeit wäre den Markt einmal wieder preislich auf Normalniveau umzukrempeln zum Vorteil für die Kreativen. Aber das wird leider nicht passieren. 2006 hatte Getty iStock übernommen und es hat sich gar nichts getan und wird es auch künftig nicht. Stockfotografie wird sich weiter im unteren Cent Bereich abspielen und da dann eher in Richtung mit einer Null vor dem Komma.

Dazu ist leider auch die „Alltagsfotografie“, also Reportagen, Dokumentationen und Sportfotografie längst auf diesen schlechten Pfad abgebogen. Ich spreche hier aus erster Hand. Nein in unserer hauseigenen Bildagentur www.frontalvision.com verkaufen wir keine Bilder im Cent-Bereich und unsere Fotografen haben faire freundschaftliche Vergütungsdeals, obwohl manch ein potentieller Kunde auch mal gerne Bilder für fast umsonst hätte. Das ist rein wirtschaftlich gar nicht möglich (z.B. Equipment, Reisekosten), aber in der Drittanbieter-Vermarktung leider dann schon. Auch wenn wir es versuchen zu unterbinden, manchmal landen unsere Bilder tatsächlich über ein paar Ecken bei z.b. Alamy wo sie dann am Ende für ein paar Cent „verramscht“ werden. Unsere radikale Lösung: Wir beliefern den Drittanbieter nicht mehr, bzw. nicht mehr aktuell und nicht mehr mit dem kompletten Portfolio.

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Auswirkungen der Getty und Shutterstock Fusion

Wenn Getty Images und Shutterstock fusionieren, haben wir einen Quasi-Monopolisten in einer Branche, die 2025 einen Wert von 4,98 Milliarden US-Dollar hat und bis 2030 auf 7,3 Milliarden US-Dollar anwachsen soll. Nach der Fusion würde das neue Unternehmen den Markt dominieren. Konkurrenz? Fast Fehlanzeige. Als relevante Player würde ich dann noch Adobe Stock oder halt Alamy zählen. Kleine Konkurrenten wie DepositPhotos oder Dissolve hätten dann Schwierigkeiten, sichtbar zu bleiben. Da nützen auch keine Content Marketing Versuche Blogger und Journalisten mit kostenlosen Bildern zu ködern, um im Gegenzug einen Backlink zu bekommen (@ DepositPhotos). Das hat schon was von die letzte Rakete zünden und Resignation. Denn Getty könnte nun die Preise so bestimmen wie man möchte. Also die Preise für die Kunden nach oben und den Split für Fotografen nach unten.

Aussichten für Fotografen

Die Stockfotografie ist schon lange in einer Abwärtsspirale. Fotografen mussten sinkende Provisionen, schwächere Verträge und weniger Möglichkeiten hinnehmen. Mit dem zusätzlichen Marktanteil von Shutterstock wird Getty noch mehr Einfluss gewinnen, um die Preise zu drücken. Verständlich: Sie wollen mehr Käufer mit günstigeren Preisen anlocken, aber die Kostenbelastung durch geringere Provisionen an die Fotografen weitergeben. Da die Fotografen nur begrenzte Alternativen haben ihre Fotos zu vermarkten, könnte Getty die Lizenzpreise beibehalten oder sogar erhöhen und gleichzeitig den Fotografen-Anteil am Gewinn senken.

Der Fotojournalist Angus Mordant sagte in einem Interview mit „artnet„, dass diese Fusion ein Schritt in Richtung Monopolbildung sei. Es würde die Arbeit von Fotografen entwerten. Beide Unternehmen seien dafür bekannt, dass sie einige der niedrigsten Lizenzgebühren in der Branche anbieten. Ihre Fusion würde diesen beunruhigenden Trend wahrscheinlich nicht umkehren. So sieht es übrigens auch der bekannteste deutsche Stockfotograf Robert Kneschke in seinem Blogartikel zur Übernahme.

Daten sind das neue Gold – mit KI eine Welt ohne Fotografen

Die Auswirkungen der Fusion gehen über Preise und Provisionen hinaus. Es ist auch ein strategischer Schritt, um Gettys Position im Wettlauf um die KI-Bilderzeugung zu festigen. Getty ist bereits in einen Rechtsstreit gegen Stability AI verwickelt. Das Unternehmen wirft Stability AI vor, seine Bilder ohne Genehmigung zum Training von KI-Modellen zu verwenden.

Hier erhält Getty meine vollste Unterstützung, denn auch wir wurden z.B. via LAION e.V. gescrapt und 30.000 unserer Bilderdaten zum Training unter Missachtung unserer Nutzungsbedingungen in einem öffentlichen Laion 5B-Datensatz KI-Anbietern wie Stability AI öffentlich zur Verfügung gestellt. Im November 2024 mussten wir sogar unsere Server teilweise abschalten, weil es massive automatische Zugriffe verschiedenster Anbieter auf unsere Bilddaten gab. Egal ob in den Nutzungsbedingungen, im Footer der Seite oder in der robot.txt man das untersagt, das ist den KI-Unternehmen egal.

Daten sind das neue Gold und unser Gold wurde gestohlen, das aber natürlich nicht alleine zum Trainieren von KI Modellen reichen würde. Getty und Shutterstock dagegen sitzen auf gigantischen KI-Goldreserven, die sie nun schürfen können. Wenn Getty Shutterstock übernimmt, bekommt es Zugang zu einer riesigen Bildbibliothek mit einer guten durch die Fotografen durchgeführten Verschlagwortung, was hervorragend ist um proprietäre KI-Modelle zu trainieren.

Und die Vision scheint klar: eine „Welt nach dem Fotografen“, in der KI-generierte Bilder dominieren und menschliche Beiträge überflüssig werden. Eine super Chance Kosten zu senken und mit der KI-Nutzung mehr Gewinn zu machen, während die Fotografen, deren Arbeit die Grundlage dieser Systeme ist, leer ausgehen. Wer meint das betrifft dann nur die Stockfotografie und nicht die Sportfotografie der irrt übrigens. Unseren Radsportfotografen sind unlängst Maßnahmen von den Big Playern in der Bildvermarktung bei Sportevents aufgefallen, die sie auch irgendwann überflüssig machen werden. Das ist aber mal ein eigener Beitrag wert.

Getty und Shutterstock regulieren?

Wenn die Behörden die Fusion genehmigen, könnte die Bildagenturbranche zu einem Monopol werden, in dem Kreativprofis immer weiter an den Rand gedrängt werden. Und abgesehen davon, dass die Fotografen dann weniger Geld verdienen, gibt es noch mehr Probleme: Es gibt weniger Wettbewerb auf dem Markt, weil kleinere Plattformen nicht mithalten können. Das hemmt dann die Innovation und Vielfalt. Die Verbraucher haben weniger Auswahl und müssen auch noch mehr bezahlen. Dazu: Die Nutzung der Arbeit von Fotografen zum Training von KI Modellen ohne angemessene Vergütung könnte bald zur Norm werden.

Ja man könnte argumentieren, die Käufer könnten auch woanders kaufen. Aber auch bei Bildeinkäufern zählt nur die „Geiz ist geil“ Mentalität. Widersprüche sind einkalkuliert. Da haben wir beispielsweise das Magazin, das in seinen Artikeln immer die Fahne der fairen Bezahlung hochhält, aber gleichzeitig Bilder für „umsonst“ bei uns anfragt.

Fazit: Die Fusion von Getty und Shutterstock und deren Zukunftsvisionen zeigt eindeutig: Sie wollen mehr Geld verdienen in einer Welt, die immer mehr von KI bestimmt wird. Aber zu Lasten von wem? Neben der Verschlankung der dann gemeinsamen technischen Infrastruktur und des Personalapparats, trifft es wahrscheinlich die Kreativen. Ein beunruhigenden Trend: Es geht nur noch um Gewinn, und die Künstler werden schlechter bezahlt. Die Regulierungsbehörden sollten den Deal also genau prüfen und die langfristigen Auswirkungen auf den Wettbewerb, die Fotografen und die Zukunft der Kreativität unter den Gesichtspunkten der wachsenden Abhängigkeit von KI-generierten Inhalten berücksichtigen.

Ich sehe für meine Bildagentur übrigens den Erfolg in der Exklusivität. Also ein Bildersegment in unserem Portfolio, was kein anderer auf der Welt hat und wir auch nicht auf andere Plattformen vermarkten. Ja schwierig umzusetzen, aber machen wir schon erfolgreich. Zugegeben, der Räuber KI ist auch hier nicht zu stoppen und gierig nach Daten, die ihm nicht gehören.

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