Mobile Marketing – Wenn das Handy zweimal klingelt

In der Kürze liegt bekanntlich die Würze. Dass man auch mit nur 160 Zeichen eine Werbebotschaft an den Mann bzw. die Frau bringen kann, beweisen immer mehr erfolgreiche Mobile Marketing-Kampagnen. Doch worin liegt das Erfolgsgeheimnis von SMS & Co begründet?

Die Bedeutung von Mobile Marketing – Marketing in Kinderschuhen

Mobile Marketing basiert auf Konzepten, die unter Berücksichtigung des Aufenthaltsortes und der persönlichen Vorlieben des Kunden ein konsequentes One-to-One Marketing zum Ziel haben. Technisch zum Zuge kommen hierbei die drei mobilen Hauptübertragungsprotokolle GSM, WAP und GPRS sowie in naher Zukunft auch die UMTS-Technologie. Die Protokolle unterscheiden sich für den Nutzer vor allem durch die verwendeten Bandbreiten und ihre jeweiligen Übertragungsgeschwindigkeiten. Daneben variiert die Anzahl der darstellbaren Zeichen.

Nach Ansicht von Branchenspezialisten hat Mobile Marketing das Potenzial, eine neue Ära einzuleiten: „Das Handy ist das erste interaktive und zugleich persönlichste Massenmedium unserer Zeit. Mit keinem anderen Medium lassen sich mehr Menschen in kürzerer Zeit erreichen und Produkte erfolgreich promoten“, erklärt beispielsweise Oliver Beckmann, Chief Marketing & Sales Officer MindMatics AG. Grund zum Optimismus sieht Beckmann vor allem in der Anzahl der Handy-Besitzer. Schon jetzt seien mehr als 60 Millionen Handy-Besitzer registriert, Tendenz steigend.

Doch allen positiven Prognosen zum Trotz hat die neue Marketingform mit Anlaufschwierigkeiten zu kämpfen. Vor allem die technisch wenig ausgereiften Formate verhindern derzeit den Durchbruch, ermittelte die Unternehmensberatung Mummert+Partner. Die heutigen WAP-Handys mit ihren kleinen Displays und langsamen Übertragungsraten stellten die Nutzer auf eine harte Geduldsprobe, so die Studie. Und das Marktforschungsinstitut Berlecon Research kommt zu dem Schluss, dass lediglich ein Drittel der jeweils 30 größten Werbe-, Media- und Multimedia-Agenturen in Deutschland mobiles Marketing im Angebot hat. Dabei enthielten die Datenbanken interessierter Unternehmen längst noch nicht genügend detaillierte Kundeninformationen, um eine direkte Ansprache überhaupt zu ermöglichen. Aber auch ein Mangel an Informationen bremst die Entwicklung des mCommerce. Fast jeder dritte europäische Unternehmer kann keine Angaben darüber machen, welchen Nutzen Mobilfunkgeräte seinem Geschäft bringen könnten. Insbesondere deutschen Firmen fehlt nach einer Studie des Marktanalysten Datamonitor der Blick für mögliche Kundenbindungspotenziale. Die Folge: Das Service-Instrument Handy bleibt weitestgehend ungenutzt.

Daneben verhindert zur Zeit auch die rechtliche Lage noch den Einsatz mobiler Werbebotschaften im großen Stil: Ein eindeutiges Verbot gibt es bislang zwar nur für direkte Werbung im Festnetz. Doch so lange die Frage nach der Rechtmäßigkeit von Werbung auf Mobiltelefonen in Deutschland nicht abschließend geklärt ist, orientieren sich viele Unternehmen an der „Richtlinie für erwünschtes Online-Direktmarketing“, die der Verband der deutschen Internetwirtschaft, eco Electronic Commerce Forum e.V. mit Sitz in Köln, herausgegeben hat. Auf 22 Seiten wird hier detailliert erläutert, wie Unternehmen auf elektronischem Weg ihre Produkte und Dienstleistungen bewerben können, ohne dem Verbraucher lästig zu werden. Den Schlüssel dazu nennen Fachleute „Permission Marketing“: Der Verbraucher erhält nur solche Werbeinformationen, die er selbst ausdrücklich angefordert hat.

Für Unternehmen, die sich an diese Vorgaben halten, plant der Verband auf Wunsch übrigens auch ein Gütesiegel für E-Mail-Werbung. Verbraucher, die künftig ihre E-Mail-Adresse bei einem Anbieter mit Siegel hinterlassen, können sicher sein, dass mit ihren Angaben kein Schindluder getrieben wird. Dr. Torsten Schwarz, Vorsitzender des Arbeitskreises „Online Marketing“ im Verband der deutschen Internetwirtschaft, erklärt: „Immer mehr Verbraucher haben Angst davor, ihre E Mail-Adresse irgendwo zu hinterlassen, weil sie befürchten, anschließend mit Mails zugemüllt zu werden. Unsere Initiative will diesem Trend entgegenwirken und ihn wieder umkehren. Nur wenn die Datenkontrolle in den Händen der Bürger liegt, ist die für positive Werbeeffekte notwendige Vertrauensbasis geschaffen.“

Immer einen Schritt voraus – die Einbindung von Mobile Marketing im Marketing Mix

Doch nicht nur Endkunden haben Vorbehalte. Der Vertrauensmangel auf Seiten einiger Unternehmer ist laut Berlecon Research vor allem darauf zurückzuführen, dass Mobile Marketing noch immer häufig als „Direkt-Mailing“ per SMS missverstanden wird. Dabei kann Mobile Marketing mehr.

Während die klassische Werbekommunikation vor allem dazu diene, den Verbraucher vor dem Kauf zu beeinflussen, indem sie das Image einer Marke entwickle, Bedürfnisse wecke und Anreize kommuniziere, sei es jetzt mit Hilfe des mobilen Marketings möglich, den gesamten Prozess zu beeinflussen, urteilten die Forscher. So kann ein Kunde über sein Handy auf Basis seiner Präferenzen Informationen zu attraktiven Urlaubszielen anfordern. Per Knopfdruck wird er mit dem Call Center des Reiseveranstalters verbunden, wo er weitere Informationen erhält und durch einen erneuten Knopfdruck das Angebot schließlich bestätigt. Die Bezahlung erfolgt über seine Handyrechnung und als Ticket dient am Flughafen seine SIM-Karte. Nach der Reise wird der Kunde per SMS zum Service und zur Qualität des Angebots gefragt.

Auch in der Produktpolitik hat mobiles Marketing eine Bedeutung: Mobile Zusatzdienste können hier zur Kundenbindung beitragen und neue Zielgruppen an die Angebote der Unternehmen heranführen. Image- und Markenbildung sowie Marktforschung sind weitere Erfolg versprechende Einsatzbereiche für Mobile Marketing. Und sogar der eigentliche Kauf kann mobil abgewickelt werden. Dem Verbraucher steht es frei, sein Handy in jedem Geschäft zu nutzen, um relevante Informationen zu empfangen und den Kauf abzuschließen. Insbesondere intuitive Entscheidungen, die Studien zufolge ca. 70% aller Kaufabschlüsse vorausgehen, können auf diese Weise gesteuert werden.

Marktvolumen – die Schätzungen variieren gewaltig

Die Prognosen zum Marktpotenzial im Bereich des mobilen Marketings unterscheiden sich deutlich. So spricht eine Schätzung von Forrester Research von US$ 3,4 Milliarden Umsatz europaweit im Jahr 2005, während eine Marktstudie von Ovum US$ 16 Milliarden weltweit für den gleichen Zeitraum angibt. Ovum schätzt den Anteil des M-Marketings an den weltweiten Ausgaben im mCommerce im Jahr 2005 mit 20 Prozent ein. Europa wird hier weltweit die höchsten Ausgaben für Mobile Marketing vorweisen, während beim Ländervergleich die USA mit US$ 4,2 Milliarden vor Japan mit US$ 2,8 Milliarden und Deutschland mit US$ 1,2 Milliarden die Schätzung anführen.

Einsatzbeispiele – Marketingstrategen loten ihre Potenziale aus

Erste Erfahrungen in Sachen SMS-Marketing haben eine Reihe großer deutscher Unternehmen schon hinter sich. SMS-Kampagnen von Wella Design, Premiere Medien GmbH und der Rochusclub GmbH verdeutlichen, dass die Einwilligung des Empfängers und die Vermittlung von Mehrwerten Zauberworte für eine erfolgreiche Ansprache von Zielgruppen sind.

Partner einer Mobile Marketing Aktion bei Wella Design war die „12snap AG“, einer der renommiertesten Anbieter von Mobile Marketing Lösungen. Im Zuge der Kampagne verschickten Jugendliche innerhalb von fünf Tagen über 55.000 „Küsse“ per Handy, womit der Grundidee der Wella Design Werbung Rechnung getragen wurde, die ein küssendes Paar zeigt. Per SMS konnten die Teilnehmer Wunschpersonen angeben, die sie küssen wollten. Diese wurden umgehend kontaktiert und erhielten kostenlos einen 20 Sekunden anhaltenden Kuss per Sprachcomputer. Obendrein gab’s eine kostenlose SMS in der der Name des Küssenden kommuniziert wurde. Neben dem „mobilen Handy-Kuss“ gehörten ein SMS-Quiz und ein kostenloses Wella-Kussmund-Logo zu der Kampagne. Nach Unternehmensangaben wurden rund 750.000 Kontakte generiert. Kundenbefragungen durch das Marktforschungsinstitut Eye Research ergaben, dass die Bekanntheit der Marke bei den angesprochenen Personen um über 90 Prozent gesteigert werden konnte.

Nicht minder unterhaltsam und zugleich erfolgreich gestaltete sich eine mobile Kampagne aus dem Hause Premiere World: Während der gesamten Formel-1-Saison von März bis Oktober 2001 versorgte der Dienstleister C-Com One (jetzt: Apollis interactive AG) die Handelspartner von Premiere mit Gewinnspielen und News. Formel-1-Fans waren gefordert, ihre Tipps für die Trainingsplatzierungen abzugeben. Und erhielten zur Belohnung attraktive Preise.

In einem ersten Schritt wurden 6.600 Händler per Post aufgefordert, sich für das Premiere-Angebot registrieren zu lassen. In den folgenden 48 Stunden entschlossen sich 70 Prozent der Angeschriebenen, den Dienst zu nutzen. Und während der gesamten Saison blieben immerhin 48 Prozent der Registrierten dem Dienst treu. Mike Strauss, Leiter Vertrieb und Handel bei der Premiere Medien GmbH, zeigt sich über den Verlauf der Aktion zufrieden: „Sicherlich werden wir zur nächsten Saison wieder etwas Ähnliches machen.“ Momentan läuft die Kommunikation mit den Händlern allerdings zumeist noch über Fax oder Prospekte – wobei es immer wieder zu Pannen kommt: „Oft bleiben die Informationen beim Abteilungsleiter hängen. Mit einer SMS erreichen wir den Verkäufer direkt“, erklärt Strauss.

Information und Unterhaltung zugleich verspricht ebenfalls eine Kampagne, die der Münchener Anbieter mobiler Werbedienste, die MindMatics AG, in Kooperation mit der Münsteraner Multimedia Agentur uni-X Interactive durchführen will. Nachdem uni-X Interactive die Internetpräsenz der Düsseldorfer Rochusclub GmbH www.arag-world-team-cup.de vollständig überarbeitet und mit dem geeigneten Content Management System hinterlegt hat, entwickelt sie nun das Vermarktungskonzept. Zentraler Bestandteil: eine mobile Kampagne, die parallel zu den Tennis-Mannschafts-Weltmeisterschaften vom 19. bis 25. Mai im Rochusclub realisiert werden soll. „Jeder Besucher erhält am Eingang des Clubs einen Flyer mit den Anmeldeanweisungen. Zur Registrierung sendet uns der Besucher lediglich eine SMS mit dem Spieltag, für den er die Ergebnisse per SMS zugesandt bekommen möchte“, erläutert Oliver Beckmann, Chief Marketing & Sales Officer MindMatics AG. Nach Ansicht von Roland Albers, Geschäftsführer uni-X Interactive, ein eindeutiger Mehrwert für den Rochusclub: „Selbst Besucher, die nicht täglich anwesend sein können, sind ständig topaktuell über die Spiele informiert. So wirkt Mobile Marketing im Verbund mit der geeigneten crossmedialen Strategie als hervorragendes Kundenbindungsinstrument.“

Entwicklung – vor allem Agenturen sind am Zuge

Bis heute hat ein Großteil der Marktakteure die Bedeutung und das Potenzial von Mobile Marketing noch nicht erkannt. Dennoch identifiziert Berlecon Research bereits mehr als 80 Anbieter im deutschen Markt. Wichtigster treibender Faktor für die Entwicklung in Deutschland dürfte laut Berlecon Research die Umorientierung verschiedener Marktakteure sein. Wichmann: „Wenn die Unternehmen erst einmal erkannt haben, welches Potenzial im Mobile Marketing steckt, ist eine kräftige Entwicklung des Marktes möglich. Profitieren können vor allem Agenturen und andere etablierte Unternehmen der Werbebranche, die Mobile Marketing in ihr Produktportfolio aufnehmen. Full Service Anbieter hingegen müssen herausfinden, was sie wirklich besser können und auf diese Stärken setzen. Ansonsten könnte die Luft für sie dünn werden.“

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