Die Rich-Media Landschaft in Europa

Rich-Media beschränkt sich längst nicht mehr auf animierte Vektorgrafiken à la Flash: 2006 war das Erfolgsjahr für Online-Videos und auch Internet-Werbung mit bewegten Bildern ist immer häufiger in den Portfolios der Marketer anzutreffen. Ein fokussierter Blick auf die Online-Werbemärkte zeigt, wie es in den wichtigen europäischen Ländern um den Entwicklungsstand bei Rich-Media bestellt ist.

Die Krönung der britischen Königin Elizabeth II. 1953 war ein bahnbrechender Moment in der Geschichte des Fernsehens. Zwanzig Millionen Menschen auf der ganzen Welt wurden Zeugen dieses Ereignisses, und für viele von ihnen war es zugleich der erste Blick in den magischen Kasten. Laut BBC-Angaben stieg die Zahl der Anträge für Fernsehlizenzen in Großbritannien im Jahr nach der Krönung um 50 %.

Die Fußballweltmeisterschaft 2006 in Deutschland könnte ein ähnlicher Moment für die Breitbandvideoübertragung in Europa gewesen sein. Zum ersten Mal in seiner Geschichte bot der Weltfußballverband FIFA per Online-Videostream Highlights der Weltmeisterschaftsspiele an. Laut FIFAStatistik wurden von der offiziellen Website der Weltmeisterschaft über 125 Millionen Videostreams abgerufen. Und das ist noch nicht alles: Von der Weltmeisterschaftssite für Handys – http://de.fwc.wap.yahoo.com – wurden über 73 Millionen Seiten abgerufen. Hierzu meldeten sich die Nutzer über ihre Handys an, um Infos über die Spiele zu erhalten.

„Das Internet war bisher nicht in der Lage, die visuelle Qualität und den beachtlichen Einfluss von Fernsehwerbung zu bieten“, sagte Danny Meadows-Klue, Vorsitzender von IAB Europe. „Rich Media löst dieses Problem und verspricht dadurch die Auflösung des Nachfragestaus. Rich-Media-Formate stehen schon seit Längerem zur Verfügung, 2006 sind diese Technologien jedoch zur Marktreife gelangt.“

Die vorliegende Studie bietet einen Überblick über die Auswirkungen von Rich Media und dessen neuester Erscheinungsform, dem Online Video, auf die europäische Medienlandschaft. Wir haben eine Reihe von Experten aus der europäischen Werbebranche interviewt, darunter Mitarbeiter von Verlagen, Werbeagenturen, Kreativ-Agenturen und des Interactive Advertising Bureau (IAB).

Auch wenn die europäischen Länder nach einem gemeinsamen Markt streben, weisen die Volkswirtschaften der Länder unterschiedliche Merkmale und eine unterschiedliche Marktentwicklung und -reife auf. Für den vorliegenden Bericht haben wir uns daher entschieden, uns auf die am weitesten entwickelten europäischen Online-Werbemärkte zu konzentrieren, nämlich Großbritannien, Frankreich und Deutschland.

Die Rich-Media-Landschaft in Bewegung

Viele Befragte würden sagen, dass sie eine ziemlich genaue Vorstellung davon haben, was Rich Media ist. Eine einheitliche Definition ist jedoch nicht immer einfach, da sich das Konzept beständig weiter entwickelt.

Mangels eines besseren Maßstabs definieren Werbefachleute Rich Media häufig über die verwendete Technologie. Werbefachleute haben zwar mit DHTML, Java und zuletzt Ajax experimentiert, doch hat sich Adobe Flash als die am weitesten verbreitete Rich-Media-Technologie etabliert, und zwar sowohl in Europa als auch in den USA. Laut Richard Kidd, Director Sales Rich Media EMEA von DoubleClick, „verwendet niemand mehr etwas anderes als Flash. Rich Media ist 100 % Flash.“

Für die meisten Menschen hat Rich Media jedoch etwas mit Funktionalität zu tun und ist somit einem stetigen Wandel unterzogen. „Noch 1996 haben wir unter Rich Media in der Regel ein animiertes GIF verstanden“, sagte Andrew Gerrard, unabhängiger Berater im Bereich digitales Marketing und Gründungsmitglied des Internet Advertising Bureau (UK)

Interaktivität, Dialog und Leistungssteigerung

Im Jahr 2006 bietet Rich Media dem Werbungtreibenden eine verwirrende Anzahl von Darstellungsmöglichkeiten, beispielsweise Expandables, Take-overs, Vollbildanimationen und natürlich Pop-Ups. Die User können Spiele innerhalb der Werbung spielen, einen Newsletter abonnieren oder sogar direkt einkaufen. Im laufenden Jahr stieg die Zahl der Werbungtreibenden, die Video in ihrer Anzeige integrieren. Im kommenden Jahr tritt Rich Media möglicherweise sogar auf dem Handy in Erscheinung. Wie soll man bei dieser Vielfalt von Anwendungen Rich Media versiert definieren?

„Für mich persönlich bedeutet Rich Media, dass der Nutzer agieren kann“, meinte Gerrard. „Ob man nun per Mausklick ein Spiel spielt oder etwas innerhalb der Anzeige bewegen kann, ob es ein Eingabefeld gibt oder man die gesamte Werbung mit der Maus umherschieben kann – immer geht es dabei um Interaktion oder einen Dialog mit der Werbung in irgendeiner Form.“

„Es geht um Nutzeraktivität“, stimmte Devlin von Vorselen von Reed Business Information, einem europaweiten Verlag, zu. Von Vorselen sagte, er ermutige seine Kunden, mit Rich Media zu arbeiten. „Es ist beinahe so, als ob man die Website des Werbekunden in die Botschaft integrieren würde“, beschrieb er das Potenzial von Rich Media. „Sie müssen Besucher nicht mehr dazu bringen, auf die Website des Werbungtreibenden zu gehen, alles geschieht innerhalb der Werbebotschaft.“

Untersuchungen zeigen, dass es bei Rich Media auch um bessere Ergebnisse geht. Laut einer Studie, die Dynamic Logic MarketNorm im ersten Quartal 2006 veröffentlicht hat, ist die Wahrscheinlichkeit des Produktkaufs nach der Interaktion mit Rich Media Werbung 1,5 Mal so hoch wie bei herkömmlichen Formaten. In der Studie wurde zudem festgestellt, dass Videowerbung bei einer Kaufentscheidung 2,6 Mal wirksamer ist als ein statisches Bild.

2005 haben wir einen Bericht vorgelegt, laut dem das 468×60-Werbebanner nach wie vor der unangefochtene König der Online-Medien in Europa war. Nach Aussagen der interviewten Fachleute wurde dieses Werbeformat 2005 in Großbritannien, Frankreich und Deutschland, aber auch in den USA vom Thron gestoßen.

Dan Foehner, VP European Sales Operations bei Yahoo!, erklärte das 300×250-Rechteck zum führenden Werbeformat. „Dieses Format ist am beliebtesten, bringt die beste Leistung und kann optimal angepasst werden.“ An zweiter Stelle steht laut Foehner das 728×90-Leaderboard, und da halbseitige Formate am häufigsten nachgefragt werden, ist hier das Angebot begrenzt.

Proprietäre Flash-Technologien mit wachsender Bedeutung

Während Adobe Flash inzwischen der De-facto-Standard für Rich Media ist, hat sich eine Reihe von Unternehmen dazu entschlossen, zusätzliche Funktionen für Rich-Media-Werbung auf den Markt zu bringen. Zu diesen Technologien gehört unter anderem DART Motif von DoubleClick.

Die von uns befragten Führungskräfte aus der Werbebranche stimmen darin überein, dass diese Rich-Media-Technologien in zunehmendem Maße auch in Europa an Zugkraft gewinnen, genauso wie in den Vereinigten Staaten. Der einleuchtendste Grund hierfür besteht darin, dass Entwickler mithilfe dieser Tool Sets mühelos ausgefeilte Funktionen erstellen können.

„Es ist sehr kompliziert, ein Expandable ohne diese Technologien zu erstellen“, erklärte Richard Kidd von DoubleClick. Das Einfügen eines Videos in Online- Werbung kann sogar eine noch größere Herausforderung darstellen: „Die meisten Agenturen verfügen nicht über die Möglichkeiten, Videos zu streamen, sie haben keine Beziehungen zu den Netzwerken, die die Inhalte liefern, und sie verfügen nicht über Kodierungstechnologien“, sagte Kidd.

„Planer, Käufer und Kunden sehen diese Arten von Technologien als einfache Möglichkeit an, Rich Media in ihre Kampagnen einzubauen, da sie zusätzliche Dienste bereitstellen, die Sie nicht erhalten, wenn Sie alles selbst machen, beispielsweise die Datenverfolgung und die Berichterstellung“, meinte Gerrard. „Sie können keine hundert Meter durch Soho in London laufen, ohne auf ein halbes Dutzend Leute zu treffen, die Flash- Werbung für Sie gestalten können, diese Leute können jedoch höchstwahrscheinlich nicht die Funktionen zur Datenverfolgung und Berichterstellung und auch nicht die Interaktivität bieten, die Sie benötigen.“

In dem Maße, in dem sich die Funktionalität von Rich Media weiterentwickelt, steigt auch der Bedarf an einem anspruchsvolleren Reporting. „Klick-Raten sind nicht mehr so wichtig“, bestätigte van Vorselen von Reed.

„Heutzutage können Sie ohne Probleme Werbung erstellen, die expandiert und ein Video zeigt, aber Sie müssen auch feststellen, wie viele Menschen das Video tatsächlich gesehen haben.“

Paul Olliver ist derselben Meinung. Als Director Rich Media Services Europa bei DoubleClick und Mitgründer von Klipmart, dem größten Anbieter für Online-Video-Werbung in den USA, hat Olliver den Überblick über die europäischen Geschäftsaktivitäten des Unternehmens: „Werbungtreibende und Agenturen achten auf die tiefer gehenden Zahlen, beispielsweise den Prozentsatz, wie häufig ein Video abgespielt wurde, oder die gesamte Interaktionsrate mit der Marke. Diese Messwerte sind wertvoll, da man damit die Stellung und Leistung der Marke viel besser beurteilen kann als durch Klicks.“

Das heißt allerdings nicht, dass alle Länder in Europa diese Technologien gleichermaßen übernehmen. Foehner von Yahoo! sagte, dass er eine langsamere Einführung von proprietären Flash-Formaten außerhalb von Großbritannien erkenne. „Agenturen wissen nicht, wie sie diesen Technologien zum Durchbruch verhelfen sollen. Fehlt es an Schulungen oder ist es ein Problem der Produktionsbudgets? Wahrscheinlich beides. Die Budgets sind klein, es ist nicht genügend Geld für die Produktionen vorhanden. Was für die Kreativabteilungen übrig bleibt, reicht nicht aus.“

Der richtige Zeitpunkt zum Einstieg ins Videogeschäft

Carsten Sander ist in Hinblick auf Online-Videos in Deutschland ein „Early Adopter“. Als Head of AdTech bei TOMORROW FOCUS hat Sander kürzlich Videoinhalte auf zwei der Portal-Websites des Unternehmens, nämlich bei Focus Online und Max Online, eingesetzt. Das Unternehmen ist nur eines einer Vielzahl deutscher Publisher, die sich darauf einstellen, die steigende Nachfrage seitens der Werbungtreibenden nach Online-Videolösungen zu befriedigen.

„Wir bereiten uns darauf vor, ab September Videowerbung als Format anzubieten“, sagte Sander und wies darauf hin, dass das Interesse der Werbungtreibenden seit Anfang 2006 ständig gestiegen sei. „Es ist der richtige Zeitpunkt, um ins Videogeschäft einzusteigen.“

„Die Videowerbung hat 2006 kontinuierlich zugenommen, insbesondere im ersten Quartal“, stimmte Paul Restell, Traffic Manager bei i-level, einer Agentur für digitale Kommunikation, zu. Er fügte hinzu, dass schnellere Internetverbindungen der Katalysator für dieses Wachstum seien.

Dank der Verfügbarkeit erschwinglicher Breitband-Internetverbindungen können Nutzer in Europa und Nordamerika inzwischen mit vor einigen Jahren noch unvorstellbaren Geschwindigkeiten auf das Internet zugreifen. „Noch vor zwei Jahren enthielten all unsere Präsentationen Folien mit Angaben über den Prozentsatz der Nutzer mit Breitbandanschluss“, erläuterte Kidd von DoubleClick. „Heute ist es genau umgekehrt. Jetzt reden wir darüber, welche Unterstützung der kleine Prozentsatz von Nutzern benötigt, der noch nicht über eine Breitbandverbindung verfügt.“

Van Vorselen von Reed stimmte zu, dass die Einführung von Breitband der Schlüssel für das Potenzial der Online-Videowerbung sei: „Viele Jahre lang war die Anzeigengröße auf 15-20 KB beschränkt. Wenn ein auf 20 KB beschränktes Skyscraper-Banner mit 21 KB ankam, war die Hölle los! Heute haben wir Motif-Anzeigen mit einer Größe von 300 oder 400 KB, und wir streamen Videos, die 2 MB groß sind.“

Wie groß ist der Online-Videomarkt in Europa? Über nachprüfbare Zahlen verfügte keiner unserer Interviewpartner. „Das Problem bei Rich Media besteht darin, dass es so schwer einzuschätzen ist, weil nicht sehr viele Statistiken existieren, besonders hinsichtlich Videowerbung“, erklärte Peter Abraham von E-Consultancy.

Foehner von Yahoo! kommentierte, sein Eindruck sei, dass in Europa die Werbung mit Online-Videos noch in den Startlöchern stehe. „Wir hatten erwartet, unsere Einkünfte binnen Jahresfrist zu verdoppeln“, sagte er, „aber bisher ist davon nichts zu merken.“ Er fügte hinzu, dass Videos in Europa einen Wendepunkt erreichen würden, sobald genügend Werbeleute das Medium ausprobierten.

Paul Olliver sieht diesen Wendepunkt nahen: „Die Medienkonvergenz und eine gesteigerte Breitbandverbreitung haben die Einführung des Einsatzes von Online-Videos beschleunigt“, sagte er. „Darüber hinaus erkennen die Werber den Mehrwert, den wir ihnen dadurch bieten können, dass wir vergleichbare Reichweiten und Frequenzzahlen wie bisher bei der Übertragung zur Verfügung stellen, gleichzeitig jedoch ein zusätzliches Element draufpacken, nämlich Interaktion.“ Bessere Zahlen bedeuten höhere Budgets, fügte Olliver hinzu: „Reports über die Interaktionen bieten den Werbungtreibenden die Möglichkeit, den Erfolg einer Kampagne besser zu quantifizieren. Aus diesem Grund wird zunehmend Geld von den herkömmlichen Medien abgezogen und an die interaktiven Medien weitergegeben.“

Abraham von Econsultancy stimmte zu: „Ich würde sogar so weit gehen zu behaupten, dass einige der größeren Kunden im Markengeschäft einen Teil ihres Budgets von der Fernsehwerbung in Rich-Media- und Videowerbung umleiten, da bei Letzteren die Erfolge besser messbar sind.“

„Video ist der spannendste Bereich im Online-Werbegeschäft und wird den größten Anteil an Rich Media ausmachen“, bestätigte Richard Kidd.

In-Page-Formate im Vergleich zu In-Stream-Formaten

2006 gibt es zwei verschiedene Arten von Videoanzeigen: „In-Page“ bedeutet, dass ein Video innerhalb eines Werbeslots auf einer Website platziert wird, „In-Stream“ bedeutet, dass Videowerbung als Bestandteil des gestreamten Videocontents ausgeführt wird – fast so wie im Fernsehen.

Der US-Markt konzentriert sich aktuell auf das Format ‚In-Stream Pre-Roll‘. Dabei verfügen die Herausgeber über ein spezielles, selbst entwickeltes Medienwiedergabesystem, das als Server für Videoinhalte dient. Werbungtreibende nutzen diese Opt-In-Videoinhalte, um nach Markenmeldungen zu suchen“, erläuterte Rick Kleczkowski, VP Rich Media Sales, DoubleClick.

US-Werber bevorzugen das In-Stream- Format, da es ähnlich funktioniert wie ein Medium, mit dem sie bereits vertraut sind, nämlich dem Fernsehen. Da sich der User bereits dazu entschlossen hat, sich das Content anzusehen, so die Überlegung, nimmt er es auch hin, Werbung anzusehen.

Um die Wirkung noch zu steigern, setzen die Werbungtreibenden häufig noch herkömmliche, grafische Werbung neben die Videowiedergabe. Unternehmen im Nachrichten- und Unterhaltungsbereich arbeiten auf Hochtouren, ihre Fernsehinhalte für das Internet aufzubereiten; die Nachfrage kann derzeit jedoch nicht gedeckt werden.

Nick Clements, Leiter der Anzeigenentwicklung bei der Agentur Tribal DDB London, kann nicht viele In-Stream-Aktivitäten in Großbritannien erkennen: „Channel Four verbreitet einige In-Stream Videoinhalte, ist aber scheinbar einer der wenigen, die dieses Format konsequent einsetzen.“

„In-Stream-Video ist in Europa noch nicht sehr verbreitet“, stimmte Richard Kidd von DoubleClick zu. „Es gibt ein paar Medien- und Dotcom- Unternehmen, die Videos online bringen und auch Werbung im Videostream unterbringen, das Ganze befindet sich aber noch in der Experimentierphase. Das Gebiet ist jedoch sehr spannend, und wahrscheinlich wird dort in Zukunft wesentlich mehr passieren.“

„In-Page wird Rich Media übernehmen“, fügte Kidd hinzu, „denn wenn Sie schon zusätzliches Geld ausgeben, um komplexe Werbung zu erstellen und teure Medien für diese Werbung zu kaufen, können Sie auch gleich noch ein Video einbinden.“

Clements stimmte zu, dass momentan die Nachfrage nach In- Page-Videos überwiegt, wobei seiner Ansicht nach die meisten Werbungtreibenden in Großbritannien es vorziehen, Originalinhalte zu erstellen. „Ich persönlich glaube ja, dass es merkwürdig ist, eine angepasste Fernsehanzeige auf eine Website zu stellen. Es handelt sich doch um zwei völlig verschiedene Medien.“

Der Einfluss von viralem Marketing

Nicht jeder hat dieselben Visionen für Online-Werbung. „Der einzige Ort, an dem ich mir vorstellen kann, dass Online-Videos funktionieren, ist beim viralen Marketing“, sagte Gerrard. „Mir fallen nur wenige andere Beispiele als die virale Werbung ein, bei der Videos wirklich überzeugen.“

„Schauen Sie sich den großen Erfolg eines Dienstes wie YouTube an, dann erkennen Sie, dass es um nutzergenerierte Inhalte (User Generated Content, UGC) geht. Und dabei machen Videos Punkte.“

YouTube (seit Oktober 2006 eine Tochter von Google) wurde im Februar 2005 gestartet und bietet heute laut eigenen Angaben über 100 Millionen Clips pro Tag an. Im August 2006 ist YouTube mit 20 Millionen Besuchern erstmals in die Top 50 der comScore Media Metrix aufgestiegen, eine Auszeichnung, die der Dienst mit zwei weiteren Video-Websites gemeinsam hat: Yahoo!Video mit 21,1 Millionen Besuchern und MySpace Videos mit 20 Millionen Besuchern.

„Das Erstellen von Videos ist inzwischen so billig und der Vertrieb so einfach“, sagte Gerrard, „dass ein Großteil der für Werbe- und Marketingzwecke verwendeten Videos von Nutzern gemacht wird – oder zumindest so erscheint – und in einem viralen Kontext eingesetzt wird.

Was den Vertrieb von Videos über Bannerwerbung angeht, bin ich anderer Meinung. Nun könnte jemand widersprechen und auf all die Sites hinweisen, die heute Videos anbieten, und ich würde sagen, dass die meisten dieser Videos an anderer Stelle erzeugt wurden und vieles davon nutzergenerierte Inhalte sind“, meinte Gerrard.

Sander von TOMORROW FOCUS entgegnete: „Nutzergenerierte Inhalte sind interessant, aber ehrlich gesagt glaube ich nicht, dass es sich dabei um einen langfristigen Trend handelt, da es eine große Nachfrage nach qualitativ hochwertigen Inhalten gibt. Ich glaube, dass viele Werbungtreibende erste schlechte Erfahrungen mit UGC machen werden und dann zu den Nachrichten- Sites im alten Stil mit überprüften Inhalten zurückkehren werden.“

„Rich Media befindet sich in einem Übergangsstadium“, sagte Abraham von E-Consultancy. „Die Menschen probieren aus, was machbar ist und was funktioniert.“

Europa folgt den US-Trends bei Rich Media

DoubleClick schätzt, dass 2005 auf dem europäischen Markt 230 Millionen Euro für Rich Media, einschließlich Video, ausgegeben wurden. Da sich die Budgets vom Fernsehen zum Online-Geschäft verschieben, wird erwartet, dass sich die Ausgaben im europäischen Rich-Media- Bereich bis 2010 auf 1,8 Milliarden Euro erhöhen werden.

Laut ZenithOptimedia hat der Fernsehanteil am westeuropäischen Werbemarkt 2004 seinen Höhepunkt erreicht. Internetnutzer verbrachten 2005 17 % mehr Zeit online, während die Zeit, in der ferngesehen wird, nur um 6% gestiegen ist. Wie in den Vereinigten Staaten verschiebt auch die europäische Werbebranche mehr Ausgaben in den Online-Bereich. Dadurch nähern sich Fernsehen und Internet einander an.

„Video im Allgemeinen ist in den USA weiter entwickelt als in Europa, es gewinnt jedoch auch hier an Popularität“, sagte Richard Kidd von DoubleClick, und fügte hinzu, dass die Einführung in den USA annähernd flächendeckend erfolgt ist. „Die einzigen Unternehmen, die keine Videosverwenden, sind E-Commerce-Firmen, da sie sich mehr auf ihr Angebot und weniger auf visuelle Aspekte konzentrieren, aber selbst hier kommt der Stein ins Rollen.“

Nach Aussagen von Kleczkowski von DoubleClick hat in den USA die Unterhaltungsbranche den Weg für Videos gebahnt: „Diese Unternehmen wissen, was für mächtige Auswirkungen es haben kann, wenn TV-Inhalte online gebracht werden.“ Wir sehen jetzt Auswirkungen auf andere Branchen, etwa eine vermehrte Einführung von Videos im Automobilbereich und bei Konsumgütern. Im gesamten Markt sind weitere Bereiche zu erkennen, in denen Videowerbung eingeführt werden. Diese Unternehmen erkennen den Wert und die Auswirkungen, die sie dadurch für ihre gesamten Marken- und PR-Ziele haben.

Für die vorliegende Untersuchung haben wir einen Vergleich zwischen den drei wichtigsten Online-Werbemärkten in Europa unter Berücksichtigung der Ausgaben, der Online-Nutzer, der Breitbandeinführung und von Rich Media angestellt.

Großbritannien ist führend bei Werbeausgaben

Nach Angaben des IAB UK hat der britische Online-Werbemarkt 2005 mit 2,1 Mrd. Euro einen neuen Höchstpunkt erreicht und wird dadurch zum größten in Europa. Online-Werbung beansprucht nun 7,8 % aller Werbeausgaben in Großbritannien. Im Jahresvergleich stiegen die Ausgaben für Online- Werbung in Großbritannien um 65,6%.

Großbritannien war laut der European Interactive Advertising Association (EIAA) 2005 auch bei der Internetnutzung mit 47,5 Millionen Nutzern bzw. 56 % der Bevölkerung in Europa führend. Die Zeit, in der die Briten online waren, stieg zwischen 2004 und 2005 um 16 %.

Fernseh- und Filmwerbung war 2005 der treibende Faktor im Rich-Media- Markt. In diesem Bereich stieg das Werbevolumen im zweiten Halbjahr 2005 um 10 %. Weitere innovative Bereiche sind die Automobil- und die Finanzbranche.

Nach Angaben des IAB UK könnte Online-Werbung 2006 einen Wert von 3 Mrd. Euro erreichen, was diesen Bereich größer machen würde als die nationale Presse!

Deutschland holt beim Breitband auf

Deutsche Werbungtreibende haben nach Angaben der EIAA 2005 885 Millionen Euro für Internetwerbung ausgegeben. Diese Zahlen stellen 5 % der gesamten deutschen Werbeausgaben in diesem Jahr dar. Die Werbeausgaben in Deutschland sind die niedrigsten der drei betrachteten Märkte, was insofern verwundert, als das Land über die höchste Nutzerzahl verfügt.

Deutschland rühmt sich, die höchsten Online-Nutzerzahlen Europas zu haben, und zwar sind es laut EIAA 36,7 Millionen Menschen über 16 Jahren, die das Internet 2005 genutzt haben. Das sind 53 % der Gesamtbevölkerung, womit Deutschland knapp hinter Großbritannien mit 56 % liegt. Nur 51 % der deutschen Internetnutzer verfügen jedoch über einen Breitbandanschluss. Dies ist der niedrigste Prozentsatz unter den drei wichtigsten europäischen Märkten.

Laut Sander von TOMORROW FOCUS ist die geringe Verbreitung von Breitbandanschlüssen der Hauptgrund dafür, dass die Werbeausgaben in Deutschland hinter denen der Nachbarländer zurückbleiben. Dies ist zum einen die Hinterlassenschaft der dominierenden Stellung der Deutschen Telekom auf dem Telekommunikationsmarkt in Deutschland, zum anderen das Erbe der einzigartigen Umstände der Wiedervereinigung: „Große Teile von Ostdeutschland verfügen noch nicht über DSL, da dort Glasfaserkabel verlegt wurden und für DSL Kupferkabel benötigt werden.“

Sander ist optimistisch, dass sich die Verbreitung der Breitbandanschlüsse mit steigendem Wettbewerb verbessern wird: „Große Firmen wie T-Online, Arcor und United Internet kämpfen um neue Nutzer. Im letzten Jahr hat die Deutsche Telekom eine Million Kunden verloren, die sie über einen Preiswettbewerb zurückgewinnen will.“

Frankreich liegt bei der Breitbandeinführung vorn

Momentan liegt Frankreich bei der Breitbandeinführung vor Großbritannien und Deutschland. Dort verfügen bereits 81 % aller Internetnutzer über eine schnelle Verbindung. Allerdings benutzen gerade einmal 48 % der Franzosen über 16 Jahren überhaupt das Internet. Das ist die geringste Verbreitung in allen drei Märkten.

Nach Angaben von TNS Media Research hatte Frankreich 2005 insgesamt 1,1 Mrd. Euro für Werbeausgaben im Online-Bereich zu verzeichnen, was immerhin 10,7 % der gesamten Werbeausgaben darstellt.

Zu den Early Adopters unter den französischen Werbefachleuten gehören hauptsächlich Unternehmen der IT- und Telekommunikationsbranche, aber auch die Reisebranche. Inzwischen beginnen jedoch auch Unternehmen der Konsumgüter- und Luxusgüterindustrie, ihre Werbeausgaben aufzustocken. Nach Angaben des IAB Frankreich sind die Online-Werbebudgets 2006 gestiegen, wobei das Internet den am schnellsten wachsenden Sektor für Werbeausgaben darstellte.

Laut den vom IAB Frankreich und TNS im Juli 2006 veröffentlichten Zahlen haben die Ausgaben für Online-Werbung im ersten Halbjahr 984 Millionen Euro und damit eine Steigerung um 57 % im Vergleich zum Vorjahreszeitraum erreicht.

Laut EU hat Breitband Priorität

Skandinavien wird häufig als Europas fortschrittlichster Internetmarkt bezeichnet, doch die geringen Bevölkerungszahlen schwächen den Anteil der Region an den gesamten Werbeausgaben. Norwegen ist bei der Breitbandeinführung in Europa führend (82 %). Mit nur fünf Millionen Nutzern ist Schweden Europas viertgrößter Online-Werbemarkt mit einem Wert von 160 Millionen Euro im Jahr 2005 (ZenithOptimedia).

Nach Schweden folgen bei den Gesamtausgaben für Online-Werbung Spanien (150 Mio. Euro) und Italien (138 Mio. Euro). Der Vorteil von Spanien könnte in der höheren Verbreitung von Breitbandanschlüssen liegen. Mit 14 Millionen Einwohnern online verfügt Spanien über eine kleinere Online-Bevölkerung als Italien (15,9 Mio.), jedoch besitzen nur 63 % der italienischen Nutzer Breitbandanschlüsse, während 69 % der spanischen Internetnutzer über einen schnellen Zugang verfügen.

Die Europäische Kommission hat die ökonomische Bedeutung erkannt, die in einer Steigerung der Verbreitung von Breitband-Internet in Europa liegt. Außerdem soll sichergestellt werden, dass die ländlichen Gebiete nicht vernachlässigt werden. Im März 2006 hat die EU verlauten lassen, dass sie zahlreiche politische Instrumente und Fördergelder aufwenden wird, um Breitbandanschlüsse in ländlichen Gebieten und in ärmeren Regionen Europas verfügbar zu machen. „Verbindungen sind eine Voraussetzung für E-Business, Wachstum und Jobs in der gesamten Wirtschaft“, sagte Viviane Reding, Kommissarin für Informationsgesellschaft und Medien.

Die Zukunft der interaktiven Medien

Im Zuge der Untersuchungen für die vorliegende Studie haben wir verschiedene innovative Werbeplattformen betrachtet, einschließlich der Mobiltelefonie, der Blog-Werbung, der Werbung bei RSS, Podcasts und in Spielen. Wir haben unsere Experten um ihre Meinungen zur Zukunft der interaktiven Medien gebeten.

IPTV = Konvergenz

„Jeder hat ein Auge auf IPTV“, sagte Bernd Henning vom deutschen Online- Vermarkterkreis (OVK).

Im Herbst 2006 hat beinahe jeder große Telekommunikationsbetreiber in Europa entweder ein Pilotprojekt für IPTV (Fernsehen über Internetprotokoll) oder bereitet sich auf die Einführung eines vollständigen kommerziellen Dienstes vor. Hier ist Europa schon weiter als die USA, wo das neue Medium langsamer übernommen wird. „Ich denke, dass die USA sich in Richtung IPTV bewegen werden, ich habe jedoch das Gefühl, dass Europa einen Schritt voraus ist“, sagte Kleczkowski von DoubleClick.

Aus Sicht der etablierten Telekommunikationsunternehmen bedeutet IPTV, dass Fernsehdienste über dieselben Leitungen wie das Internet zur Verfügung gestellt werden. IPTV ist eine Reaktion auf die europäischen Kabelunternehmen, die den Telekommunikationsunternehmen mit aggressiven Dreifachpaketen Kunden abgenommen haben: gebündelte Fernseh-, Telefon- und Internetdienste. Für die etablierten Unternehmen geht es bei IPTV einfach darum, Kunden zu halten.

Für alternative Anbieter dient IPTV zur Gewinnung neuer Kunden, daher bereiten sich viele von ihnen darauf vor, Dienste anzubieten, die über das herkömmliche Fernsehen hinausgehen. Warum sollten beispielsweise alle Programme zu dem Zeitpunkt beginnen, den der Anbieter festlegt, wenn es doch genauso einfach ist, alle Inhalte (nicht nur die beliebtesten Filme) nach Bedarf anzubieten?

Da die Konkurrenz steigt, experimentieren IPTV-Anbieter mit verschiedenen Einnahmemodellen, einschließlich gezielter Werbung. Das Wichtige daran ist, dass IPTV die gesamte Zielgruppensegmentierung und die Zielfunktionen für Online-Werbung sowie die Interaktivität der Rich Media-Formate bieten kann.

Neue Anzeigenplattformen: auf Mobiltelefonen und in Spielen

In den letzten Jahren ist eine Reihe interessanter neuer Medien aufgetaucht, beispielsweise Weblogs, RSSFeeds, Podcasts, Mobiltelefone und Computerspiele. Jedes dieser Medien hat das Potenzial, als Werbeplattform zu dienen. Unsere Experten stimmen jedoch darin überein, dass bei den meisten neuen Medien die Teilnehmerzahlen zu gering sind.

„Wir müssen das größte Augenmerk auf die Werbung auf Mobiltelefonen und in Spielen richten“, sagte Sander und bestätigte damit die Meinung der anderen Branchenkenner, die wir befragten.

„Bei Mobiltelefonen haben wir noch nicht so richtig herausgefunden, welches Modell funktioniert, aber die Inhalte werden mehr und mehr angesehen“, sagte Kidd.

„Spiele sind sehr interessant“, fügte Richard Kidd hinzu, „da es bereits eine große Teilnehmerzahl gibt und einige Marken schnell dabei sind, insbesondere in den USA. Ich glaube, dass auf dem Spielesektor viel passieren wird.“

„Wir werden viel mehr Videowerbeformate auf Mobiltelefonen sowie Werbung und Sponsoren bei Spielen sehen“, sagte Abraham von E-Consultancy, „was jedoch das Web angeht – ich glaube, in dem Bereich wird es schwierig – habe ich noch nicht viele Videos gesehen, was eigentlich überraschend ist, weil ein hoher Prozentsatz der Nutzer über Breitbandanschlüsse verfügt. Ich glaube, Video-On-Demand (VOD) wird sehr stark kommen.“

Schlussfolgerungen

Die neueste Erscheinungsform von Rich Media, das Online-Video, hat sich 2006 in Europa etabliert. Dabei hat die Fußballweltmeisterschaft eine große Rolle gespielt, da hier Videohighlights der Spiele angeboten wurden. Die europäischen Publisher bereiten sich nun darauf vor, Online-Videos für lokales Publikum und lokale Werbungtreibende anzubieten.

Großbritannien ist in Europa führend, was die Einführung durch die Werbungtreibenden und die Werbeausgaben angeht, viele andere Märkte holen jedoch ebenfalls signifikant auf. Die Videowerber des laufenden Jahres sind Europas Early Adopters. Mehr Werbungtreibende und größere Budgets werden folgen, sobald das Medium weiter gereift ist. Detailliertere Zahlen zur Messung der Interaktion der Nutzer mit der jeweiligen Marke sind der Schlüssel zu einer verstärkten Verbreitung.

Die große Verbreitung von Breitbandanschlüssen ist der maßgebliche Treiber für die wachsende Akzeptanz von Videowerbung und die steigenden Ausgaben für Online-Werbung in Deutschland. Die Ausgaben für Online-Werbung in Deutschland waren 2005 deutlich niedriger als in Frankreich (885 Mio. Euro im Vergleich zu 1,1 Mrd.), und das trotz der größeren Online-Bevölkerung in Deutschland (36,7 Mio. im Vergleich zu 23 Mio.). Der größte Unterschied zwischen den beiden Ländern liegt bei den Breitbandanschlüssen: 81 % der französischen Internet-Nutzer verfügen über eine schnelle Verbindung, während es in Deutschland gerade einmal 51% sind. Es ist zu erwarten, dass die Online-Ausgaben in Deutschland die französischen Ausgaben in den kommenden Jahren übersteigen werden, da Breitband vermehrt verfügbar sein wird.

IPTV ist der Joker Europas. Die meisten europäischen Telefonbetreiber starten IPTV 2006 oder Anfang 2007, um mit den Kabelunternehmen konkurrieren zu können. Das müsste 2007 zu einem stärkeren Preiswettbewerb führen, eine Situation, die höchstwahrscheinlich Innovationen bei der Preisgestaltung und beim Angebot von Inhalten nach sich ziehen wird. Momentan ist Europa bei der Einführung von IPTV weltweit führend – die Erfahrungen hier können auf andere Märkte übertragen werden.

In der Welt von Rich Media sind sowohl die Werbungtreibenden als auch die Nutzer die Gewinner. Rich Media bedeutet Dialog mit dem User, wodurch dieser mehr Einflussmöglichkeiten erhält. Die User geben ihre Präferenzen an, indem sie auswählen, welche Werbung sie ansehen, erweitern, anpassen oder mit welcher Werbung sie spielen möchten. Wie beim Suchmachinen-Marketing ermöglicht Rich Media, dass die User für sie wertvolle Informationen suchen können – was letzten Endes auch für den Werbungtreibenden ein Vorteil ist.

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