Web Analytics: der Google Ansatz

Im Mai hat Google sein viel genutztes Angebot Google Analytics auf eine neue Version umgestellt. Im Fokus der Weiterentwicklung sollten vor allem eine bessere Übersichtlichkeit der Ergebnisse und die Einbettung einiger zusätzlicher Features stehen. Zweifellos setzt Google auch mit der überarbeiteten Version wieder Maßstäbe im Einsteiger-Bereich für Web Analytics, es bleiben aber Bedenken hinsichtlich der Datenschutz-Politik des kalifornischen Internet-Konzerns.

Zigtausend Betreibern von Websites hat Google Ende 2005 mit dem kostenlosen Angebot ‚Google Analytics‘ die Augen für einen neuen, klaren Blick auf die Bewegungen ihrer Website-Besucher und die Effektivität ihrer Seitengestaltung geöffnet. Glänzten günstige vergleichbare Produkte entweder mit irrelevanten oder schwer lesbaren Ergebnissen, mit der Pflicht zur Werbung auf der eigenen Site oder doch mit respektablen Preisen von 100 Euro und mehr pro Monat, lieferte Google Analytics einen übersichtlichen, leicht verständlichen und vor allem kostenlosen Eingang in die Welt der Traffic-Analyse.

Mit der neuen Version gab es nun einerseits einige technischen Erweiterungen der Lösung – z.B. neue Features wie eMail- und pdf-Reporting, vor allem aber stand die Optimierung der Informationsdarstellung im Vordergrund. Jedem, der sich ein wenig mit dem praktischen Umgang mit Web-Analytics- Ergebnissen beschäftigt, ist unmittelbar klar, dass die Herausforderungen im Bereich Traffic-Analyse weniger in technischen Entwicklungen liegen (auch wenn viele Probleme noch ungelöst sind) sondern in der Vermittlung der Ergebnisse an die Nutzer der Systeme. Die Reduzierung der Information auf das Wesentliche, die intuitive Verstehbarkeit von Ergebnissen und die Verdeutlichung von Ursache, Wirkung und Handlungsoptionen für den Laien-Nutzer sind die wichtigen Herausforderungen um Traffic-Analysen (und Kunden-Analysen generell) produktiv zu machen.

Google Analystics bemüht sich nun, den Leser möglichst schnell und umfassend zu informieren:

Größere Version

Abbildung 1 zeigt die Startseite in das neue System. Die Verlaufsgrafik im oberen Bereich zeigt die Entwicklung der Besuche, Seitenaufrufe oder weiteres an. Je nach nach Interesse kann schnell zwischen verschiedenen Variablen gewechselt werden (oben rechts). Auch wenn Verlaufsanzeigen im allgemeinen nicht so aussagekräftig im Hinblick auf die Produktivität einer Website sind, genügen diese Daten auf den ersten Blick doch dem Informationsbedürfnis der Nutzer in den allermeisten Fällen.

Im zweiten Teil setzt Google auf die schnelle Verständlichkeit von Zahlen: Besuche, Seitenabrufe, Absprungrate etc. werden ohne Girlanden aufgeführt. Viele Analytics-Anbieter würden auch hier Tachometer oder andere Visualisierungen einsetzen, aber die Schlichtheit dieses Ansatzes scheint ebenso zu funktionieren.

Neu in GA V2 ist die Möglichkeit, einzelne Elemente der Startseite selbst zu bestimmen, so können die unteren Container unterschiedliche Daten enthalten, je nach Aufgaben- oder Interessenbereich des Nutzers. Diese Funktion gehört zu den wichtigsten Eigenschaften eines guten Dashboards, allerdings ist sie auch hier, wie in vielen Systemen dieser Klasse, nur ansatzweise eingelöst. Ebenso wird der ambitionierte Nutzer Zielvorgaben bzw. Soll/Ist-Vergleiche auf seinem Dashboard vermissen.

Neben den Dashboards findet der Nutzer in Google Analytics auch Features wie eine Visualisierung von Konversionspfaden (Trichter), Umsatzanalysen, (natürlich) die Daten aus den Adword-Kampagnen und eine gute grafische Veranschaulichung der geografischen Herkunft der Website-Besucher in einem neuen, klaren und leicht lesbaren Nutzer-Interface. Sehr schön ist der Versuch, sämtliche Einzeldaten der Analysen stets in in einen Vergleichskontext zu setzen. So sieht man etwa in Abbildung 2 nicht nur die einschlägigen Kennzahlen (Seiten/Visit, Absprungrate, Konversionsrate) im Seitendurchschnitt, sondern findet die einzelnen Keywords dazu ins Verhältnis gesetzt.

Wie auch in anderen Anwendungsbereichen – Google Maps, Google Email – geht das kalifornische Unternehmen auch im Bereich Web Analytics einen eigenen Weg bei der Gestaltung der Interaktionsmöglichkeiten und der Informationspräsentation und könnte damit, wie auch in anderen Bereichen Masstäbe für andere Lösungen in diesem Bereich setzen. Web-Analytics-Lösungen sind hinsichtlich ihrer Usability für den Standard-Nutzer alles andere als ausgereift und so wäre ein Schub in Richtung klarer Gestaltung, Nutzerfreundlichkeit und Handlungsrelevanz sehr willkommen.

Beeindruckend ist zudem die Leichtigkeit, mit der Nutzer ihre Analyse von Keywords, Referrern oder auch einzelnen Seiten mithilfe von Filtern, also Segmentierungen präziser machen können. Mit dem ‚drill-down‘ zoomed der Nutzer in einzelne Gruppen hinein und kann Zusammenhänge jenseits des allgemeinen Durchschnitts leichter entdecken.

Genau an dieser Stelle findet dann aber auch das kostenlose Angebot seine Grenzen gegenüber professionellen Tools der oberen Mittelklasse. Die Segmentierungen nach Zielgruppen – z.B. alle Besucher, die über eine bestimmte Partnerseite gekommen sind – kann nicht (bzw. nur sehr umständlich) dauerhaft eingerichtet und in verschiedenen Reports verfügbar gemacht werden, so dass hier explorative ad-hoc-Analysen eher naheliegen, als eine gezielte, regelmässige Messung definierter Besuchergruppen. Eine zweite Beschränkung findet sich wiederum in dem nur zur Hälfte eingelösten Dashboard-Konzept. Zwar mögen die meisten Nutzer mit den gezeigten Kennzahlen im oberen Bereich zufrieden sein, ein Individualisierung gerade dieses Bereiches wäre aber ein guter Schritt in Richtung Dashboard = ‚eine-Seite-die-alles-Wichtige-enthält‘. Und eine Einbettung in einen Ist/Soll-Kontext würde einzelnen Kennzahlen eine deutlicheren Charakter als Schlüsselparameter für die Effektivität der Website geben.

Ein wunder Punkt in der Nutzung von Google Analytics liegt für die Betreiber von Websites in einer unklaren datenschutzrechtlichen Einordnung von Google Analytics. Klar ist, dass die Speicherung von vollständigen IP-Addressen problematisch ist, da es sich bei diesen Adressen um personenbezogene Daten handelt. Und unbenommen der Tatsache, dass diese Art von Daten bei deutschen Providern massenhaft und systematisch gespeichert werden (und die Website-Betreiber damit potentiell gegen datenschutzrechtliche Bestimmungen verstossen), wird die gleiche Art von Unsicherheit bei dem Internet-Giganten Google mit Misstrauen wahrgenommen. Die Nutzer von Google Analytics selbst sehen die IP-Adressen zwar überhaupt nicht, die Adressen werden nur für die geografische Auflösung der Herkunft der Website-Besucher genutzt. Allgemein werden ja für Web Analytics keine individuellen Daten verwendet, sondern nur Bewegungen von Massen von Besuchern, einzelne IP-Adressen wären damit jedenfalls überflüssig. Allerdings gilt die datenschutzrechtliche Fragwürdigkeit eben – laut Ulrich Kühn vom Hamburgischen Datenschutzbeauftragten, auch dann, wenn diese Daten wo, wann und wozu auch immer bei Google selbst gespeichert und ausgewertet werden. Um den Nutzern von Google Analytics Vergleiche der Traffic-Entwicklung über längere Zeiträume zu ermöglichen, hält Google die entsprechenden Daten tatsächlich für 25 Monate vor – inklusive der vollständigen Adressen – und gerät damit potentiell ins Visier der Datenschützer.

Aber eben nur potentiell. Denn wo kein Kläger und keine Beschwerde, dort kein aufklärendes Verfahren. Das Thema Datenschutz und Web Analytics wird ein wenig wie im luftleeren Raum verhandelt. Wer heute eine Website aufruft, zieht in aller Regel eine Speicherung der eigenen IP-Adresse nach sich, ob dies nun bei Google, der Telekom, bei gmx.de oder max-und-moritz.de ist. Datenschützer behaupten eine Position, die nicht nur von Bundesland zu Bundesland unterschiedlich ist, sondern juristisch auch nicht wirklich abgesichert ist.

Der professionelle Betreiber einer kleinen bis mittleren Website sollte darum nicht zögern und Google Analytics einfach mal ausprobieren. Er findet in GA V2 alles, was er für einen Einstieg in die Analyse seines Online-Traffics und die Umsetzung der Ergebnisse in eine effektivere Gestaltung der Website brauchen kann. Google Analytics ist hier ein vollwertiges Tool, das überhaupt nicht den Vergleich mit anderen Lösungen der Einsteiger- bis Mittel-Klasse scheuen muss.

Wer Google Analytics ausprobieren oder einsetzen sollte:

– Einsteiger im Bereich Web Analytics

– Website-Betreiber mit professionellem Webauftritt aber (noch) wenig Umsatz

– Nutzer von anderen Tools, die ihre Zahlen einmal mit neuen Messungen vergleichen wollen

Wer Google Analytics nicht ausprobieren sollte:

– Website-Betreiber mit hochgradig sensiblen Sicherheitsvoraussetzungen (z.B. Online-Banking, Seiten mit persönlichen Nutzer-Informationen)

– Nutzer mit funktionierenden, effektiven und eingespielten Web-Analytics-Lösungen

– Betreiber von professionellen, umsatzstarken Websites, die mit höherwertigen Tools besser optimiert werden können

– wer die eigene Website sowieso nicht effektiver gestalten will

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