Neue Märkte im B2G

Von der Wiege bis zur Bahre – die Warenwelt des B2C lässt kaum einen Wunsch unbefriedigt. Wo lässt sich also abseits von Nischen wirklich noch Absatzpotenzial erschließen? „Government“ oder „Verwaltungen“ lauten lapidare Antworten.

Der Staat als Business Partner
Von der Wiege bis zur Bahre – die Warenwelt des B2C lässt kaum einen Wunsch unbefriedigt. Als Abnehmer werden auch die Unternehmen im B2B allseits umworben. Wo lässt sich also abseits von Nischen wirklich noch Absatzpotenzial erschließen? „Government“ oder „Verwaltungen“ lauten lapidare Antworten. Erste Anzeichen eines neuen Trends zum Business-to-Government (B2G) sind auch in Deutschland bereits erkennbar. Zwar können Schnellentschlossene noch nicht auf einen fahrenden B2G-Zug aufspringen. Aber da die Lokomotive bereits unter Dampf steht, lohnt sich ein Blick auf das Fahrtziel.

Das Volumen allein im Beschaffungsbereich ist enorm. So geben die Mitgliedsstaaten der Europäischen Union jährlich rund 720 Mrd. Euro für Waren und Dienstleistungen aus. Ein kleines Rechenbeispiel verdeutlicht die Dimensionen: Wenn, wie AMR Research für den B2B-Bereich prognostiziert, 29 Prozent der Transaktionen in absehbarer Zeit online abgewickelt würden, betrüge der Umsatz über public E-Procurement in Euroland immerhin rund 209 Mrd. Euro. So entwickelt das Aschenputtel B2G schnell Charme – und Potenzial.

Auch im privaten Sektor gehört E-Procurement zu den eBusiness-Anwendungen, die als relativ risikolos gelten. Kosteneinsparungen, das ist schließlich ein Zauberwort, mit dem sich viele Unternehmen, und zunehmend auch öffentliche Verwaltungen, hinter dem Ofen vorlocken lassen. Prozesskosten in Höhe von bis zu vierhundert Mark für Kugelschreiber, die sage und schreibe 4,50 DM wert sind, führen die Experten von KPMG zu der Annahme, dass E-Procurement bis zu 90 Prozent günstiger sein kann als traditioneller Einkauf.

Es verwundert daher nicht, dass auf politischer Ebene die Zeichen der Zeit bereits erkannt wurden. Nicht nur die Clinton-Administration will massiv ins E-Biz einsteigen: Bis 2003 sollen alle staatlichen Procurement-Prozesse online sein. Schröder setzt mit seiner Bundesinitiative „Digitale Beschaffung“ Zeichen. Und auch in den deutschen Bundesländern regt sich etwas, so will MP Clement unter dem Motto „e-Administration“ den ersten Platz für Nordrhein-Westfalen sichern.

Leicht ist ein Wort gesagt, schwer ist eine Tat getan, diese Weisheit hat dennoch hier ihre Geltung. In Hinsicht auf die Internet Ökonomie tut sich der öffentliche Bereich schwerer als die private Wirtschaft. Und das nicht nur wegen des bürokratischen Wildwuchses, der in Folge fehlenden Wettbewerbs immer noch in vielen Handlungsfeldern Reformen erschwert. Denn auch wenn das Jahr-2000-Problem überstanden ist und dementsprechend einige Budgets gerade für den IT-Sektor freiwerden, sind Steuergelder kein Venture Capital. Welche Modelle für B2G tatsächlich sinnvoll sind, bedarf daher einer besonders genauen Prüfung. Vor diesem Hintergrund lohnt sich für alle Beteiligten – Unternehmen und Verwaltungen – wieder einmal der Blick über den großen Teich, diesmal unter dem Motto: Auf der Suche nach dem Public Procurement von morgen.

eCommerce in Public Agencies – Wie gut surft der Staat auf der neuen Welle?

Pilotversuch Emall
Geradezu visionär mutet ein US-amerikanisches Projekt auf Bundesstaatenebene an. Unter der Ägide von Massachusetts wurde die EMall 1998 als Pilotversuch gemeinsam mit Utah, New York, Texas und Idaho gestartet. Die Idee dahinter: Gemeinsam Einkaufen macht Nachfrager mächtiger und führt zu niedrigeren Preisen. Das genossenschaftliche Prinzip ins Internet zu übertragen, war zwar keine genuin neue Idee, aber immerhin nahm zum Beispiel auch im B2C Pionier Mercata mit dem Group Buying Model erst in 1998 die Arbeit auf. Ganze 400.000 US$ standen für das Unternehmen der fünf Bundesstaaten zur Verfügung.

Dabei sollten die beteiligten Partner nicht nur gemeinsam einkaufen, sondern auch Händler in die Kooperation einbringen, mindestens einen pro Bundesstaat. Wie erwartet, war hier wenig Überzeugungskraft nötig. Zahlreiche Anbieter zeigten sich von den versprochenen Vorteilen der EMall überzeugt: Neue Geschäftsmöglichkeiten, niedrigere Transaktionskosten und, nicht weniger attraktiv, pünktliche Bezahlung. Etliche auch hier in Deutschland bekannte Namen lassen sich daher in der Liste der beteiligten Unternehmen finden, u.a. The Home Depot Inc., Xerox Corp., Dell Computer Corp., Midway Auto Parts Inc. und Gateway Inc.

Aber nicht alle konnten tatsächlich den Anforderungen genügen. Die Initiatoren hatten auf OBI gesetzt, Open Buying on the Internet. Das Set von Standards zur Sicherheit, zum Format und zum Design, das vom Internet Purchasing Roundtable vorgelegt wurde, sollte es den Händlern ermöglichen, ihre Kataloge selbst zu pflegen und fortlaufend in real-time zu aktualisieren, ein Muss im eBusiness. Micron Electronics z.B. war nicht in der Lage, die OBI-Standards zu implementieren. Zumindest erschienen ihnen weitere Anstrengungen angesichts der geringen Umsatzerwartungen in einem Pilotversuch nicht der weiteren Mühe wert: ein erster Hinweis darauf, dass das theoretisch anspruchsvolle Projekt in seiner Umsetzung durch den Pilotcharakter eher behindert werden würde.

Auch wenn bereits im Oktober 1998 die ersten Transaktionen abgewickelt wurden, zeigte sich im weiteren Verlauf, dass die beteiligten Bundesstaaten zum Teil eher halbherzig teilnahmen. Denn knapp ein Jahr später kamen an Umsätzen über die angeschlossenen 215 Einrichtungen lediglich 368.000 US$ zustande. Aus Texas z.B. war keine Order eingegangen. Kein Wunder, Einkäufe, die im Wert 2.000 US$ übersteigen, dürfen dort nur bei Anbietern getätigt werden, die strengen Anforderungen genügen. Vor diesem Hintergrund hatten die Verantwortlichen in Texas spezielle Ziele, die sie mit der Teilnahme an der EMall verfolgten. Sie hofften auf wachsenden Druck und Änderung der betreffenden Vorschriften. Der Einkauf über die Grenzen der einzelnen Bundesstaaten hinweg war in der Praxis auch für andere Teilnehmer eins der größten Hindernisse. Und anstatt über gebündelten Einkauf niedrigere Preise zu erzielen, machten so Gesetze und Verordnungen der Umsetzung des EMall Konzeptes den Garaus.

Zum Ende des Projekts versetzte schließlich die – wie bei vielen anderen Pilotversuchen auch – nicht geklärte Finanzierungsfrage dem Pilotversuch den finalen Todesstoß. Wie sollte die EMall weitergeführt werden? Nicht unerhebliche Geldspritzen waren notwendig – aber ein Return on Investment ließ sich aus den vielen Schwierigkeiten sicherlich nicht ableiten. Vor diesem Hintergrund verwundert es nicht, dass die beteiligten Partner unterschiedliche Wege einschlugen – und letztendlich den bundesstaatenübergreifenden Ansatz zunächst auf Eis legten. Einzig Massachusetts hält weiterhin an der EMall fest: Intelisys Electronic Commerce Inc. erhielt im März 2000 den Auftrag, eine erweiterte Version zu realisieren, diesmal inklusive einer Anbindung an die Backoffice-Systeme der Behörden samt Rechnungsstellung und Bezahlung. Tragen soll sich das Ganze durch Transaktionsgebühren, die jeder der beteiligten Händler an Intelisys entrichtet. Trotz der „gemischten“ Ergebnisse gehört die EMall sicherlich zu den Projekten, die zur Verbreitung der Erkenntnis beigetragen haben, dass eCommerce ein aussichtsreicher Weg ist, bei der Beschaffung ansehnliche Einsparungen zu erzielen und gleichzeitig Geschäftsprozesse zu optimieren.

GSA Advantage!
Neben den zahlreichen anderen lokalen und regionalen Initiativen gehört dabei das Online System der General Services Administration GSA zu den wichtigsten und erfolgreichsten Anwendungen. Nach Meinung der Experten belegt insbesondere der elektronische Katalog der staatlichen Beschaffungsbehörde, GSA Advantage!, dass die Anstrengungen der Verwaltungsbehörden beim Thema Public E-Procurement den Kinderschuhen entwachsen sind.

Der Online-Einkauf für Produkte und Services, die nicht ausgeschrieben werden müssen, ist inzwischen fast eine Selbstverständlichkeit. Das zeigt auch die Ankündigung der GSA in diesem Sommer: Sie wollen in absehbarer Zeit das letzte noch bestehende Zwischenlager schließen – und vollständig zu einem technologiebasierten Distributionssystem werden. Damit wird eine staatliche Behörde zum E-Biz, die immerhin über vier Millionen Produkte anbietet und damit jährlich 17,4 Mrd. US$ umsetzt. Online sind dabei mehr als eine Million Produkte von über 2.300 Händlern erhältlich, im Steuerjahr 2000 wurde über Advantage! ein Umsatz von 125 Mil. US$ erzielt. Für die Folgejahre werden 500 Mil. US$ bzw. 1 Mrd. US$ erwartet. GSA Advantage! entspricht dem Bild eines Intermediäres in der New Economy: Sie vermitteln zwischen Nachfragern und Anbietern, aber gekauft wird direkt beim Händler. Von Vorteil ist in diesem Zusammenhang GSA Smart Pay, ein staatliches Einkaufskartenprogramm. So kann der Einkäufer nach Registrierung „seiner“ Nummer ohne weitere Formalitäten seine Beschaffungen bei GSA Advantage! online erledigen.

Ein kompletter Relaunch ist für Oktober angekündigt: Mehr als 4 Mil. US$ wurden in den neuen Advantage Shop investiert. Computer Technology Associates Inc., für die ursprüngliche GSA Advantage Site verantwortlich, wird in diesem neuen Projekt von vier anderen Unternehmen unterstützt. BroadVision Inc. ermöglicht die individuelle Gestaltung des Front-Ends, Sybase Inc. integriert die Back-End Systeme, von Verity Inc. kommt die Suchmaschine; und KPMG LLC liefert die Support Services. Damit soll es GSA möglich werden, einzelnen Behörden ihre individuellen Shops ebenso wie andere Features zur Personalisierung anzubieten. Schon die Partner und die Höhe der Investitionen zeigen zumindest eins: GSA Advantage! ist ein Online-Shop, der den Vergleich mit „normalen“ Business Anwendungen nicht scheuen muss.

Dennoch, trotz der strategischen Neuausrichtung hinsichtlich der „low-cost – high Volume“ Transaktionen, wirklich ans Eingemachte geht dieser Bereich nicht. Was ist mit den Ausschreibungen, den Bereichen, wo wirklich viel Geld auf einen Schlag bewegt wird? Sollten nicht die staatlichen Behörden gerade hier das Potenzial des Internets nutzen? Reverse Auctions, bei denen die Anbieter sich unterbieten, solange bis der Gewinner des Auftrags feststeht, sind schließlich im B2B ohne Zweifel mittlerweile erprobte Instrumente, kostengünstig online einzukaufen. Aber dieses Modell lässt sich nicht ohne weiteres auf den staatlichen Bereich übertragen. Heftige Diskussionen drehten sich in der ersten Hälfte des Jahres insbesondere um die Frage, ob Reverse Auctions nicht lediglich auf niedrige Preise fixieren – und damit die vorgeschriebene Entscheidung hinsichtlich des besten Preis – Leistungsverhältnis („best value“) beiseite schieben. Zumindest dieses Problem allerdings hat die GSA gelöst.

Buyers.gov
Im Frühjahr diesen Jahres war es soweit: die GSA stieg ins Auktionsgeschäft ein – und setzte damit in die Tat um, was das Office of Management & Budget in der Überarbeitung der staatlichen Beschaffungsvorschriften erlaubt hatte: Auktionen sind seit dem nicht mehr generell verboten. Die Beschaffungsbehörde traf Vereinbarungen mit verschiedenen Anbietern von Reverse Auctions – Freemarkets, SupplierMarket (mittlerweile gekauft von Ariba), ACS Government Solution Group u.a. – und stellt unter Buyers.gov diese Möglichkeiten zur Verfügung. IT-Produkte stehen im Vordergrund dieser vom Federal Technology Service (FTS) verantwortlich realisierten Lösung, die Ausschreibungen auch gemäß des Best-Value Prinzips entscheidbar macht.

Die ersten Auktionen verliefen dabei durchaus erfolgreich. Die US-Navy z.B. schrieb im Mai 2000 die elektronische Steuerung für Schleudersitze aus, erwartet wurden geschätzte Kosten von 3,4 Mio. US$. Drei Anbieter wurden im Qualifizierungsprozess zugelassen. Das erste Angebot belief sich auf rund 4 Mio. US$, letztendlich wurde ein Vertrag in Höhe von 2,37 Mio. US$ abgeschlossen. Eine Einsparung von 28 Prozent. Die erste Auktion der US-Army drehte sich um ThinkPads von IBM. Das Angebot, das den Zuschlag erhielt, lag um 40 Prozent niedriger als die Listenpreise von GSA.

Einige Fragen bleiben allerdings gegenwärtig ungelöst. Vor allen Dingen: wer bezahlt den Service? In der Regel stellt die durchführende Auktionsplattform einen vorab vereinbarten Anteil der eingesparten Summe in Rechnung. Bei Freemarkets z.B. liegt er in der Höhe von 18 Prozent. Die speziellen Vereinbarungen von GSA/ FTS ermöglichen vergleichsweise günstige zwei bis neun Prozent. Dennoch: Die staatlichen Beschaffungsbehörden würden eine Lösung bevorzugen, bei der die Einsparungen ohne Abzüge wirksam werden können. Der Preis für die Durchführung der Auktion solle in das gewinnende Angebot eingehen, schlagen z.B. die Verantwortlichen bei der Navy vor. Den Vertretern der Anbieter behagen solche Lösungen naturgemäß weniger. Angesichts stetig sinkender Gewinnmargen sind Gebühren jedweder Art für sie wenig attraktiv.

Ähnlich fürchten auch zahlreiche staatliche Einrichtungen, dass der zunehmende Preisdruck in Zukunft viele Zulieferer davon abhalten wird, in diese Wettbewerbe einzusteigen. Das Office of Management & Budget hat bereits angekündigt, Richtlinien zur Durchführung von Auktionen zu entwickeln. Zielsetzung: die Erhaltung einer „gesunden Industrie“, die auch notwendige Investitionen noch durchführen kann.

Darüber hinaus liegt auch bei der technischen Durchführung noch einiges im argen. Zwar sind die Zweifel an der rechtlichen Zulässigkeit von Auktionen mittlerweile nahezu ausgeräumt, aber inwieweit der gesamte Prozess auch im Routineablauf wasserdicht ist, bleibt noch ungeklärt. Bei der Navy ist ein erster offizieller Protest bereits eingegangen: die Leitung eines Teilnehmers brach während des Bietprozesses zusammen. Das Problem wurde pragmatisch gelöst, man startete von vorn.

Noch einmal zurück zu Buyers.gov, nicht allein die privaten Auktionen machen den Reiz der neuen Site aus. Die Regierung und die beteiligten Industrie-Partner haben darüber hinaus populäre IT-Produkte ausgewählt, die in regelmäßigen Auktionen zur Versteigerung kommen.

Auch Group Buying, das Stichwort, das schon die EMall aufnahm, wird in der Rubrik eFast, erneut zum Leitbild. In einer zeitlich begrenzten Periode werden Produkte angeboten, deren Preis je nach Zahl der Nachfrager in zuvor festgesetzten Schritten sinkt. Je mehr Käufer das Produkt findet, desto niedriger ist der Preis, der für alle zu entrichten ist. Zum Abschluss des jeweiligen Kauf-Zyklus („Buy-Cycle“) gehen die Orders an die geprüften Anbieter und die Waren werden direkt an die Käufer ausgeliefert. Partner sind gegenwärtig MobShop, CISglobal, KMPG Consulting und Volumebuy Inc. Die GSA/ FTS zeichnet dabei für die Einhaltung aller Beschaffungsvorschriften verantwortlich.

Den schnellen Überblick angesichts einer Vielzahl von konkurrierenden IT-Produkten wird zu einem späteren Zeitpunkt, voraussichtlich noch in diesem Jahr, „Quick Quotes“ ermöglichen. Hier können ratsuchende öffentliche Angestellte nach Produkten mit bestimmten Eigenschaften suchen und ihre Features vergleichen. Falls das Gewünschte gefunden wird, ist auch der direkte Einkauf anschließend möglich. Partner sind hier Frictionless Commerce und CyberSystem Technologies.

Es liegt auf der Hand: Buyers.gov vereint avancierte Optionen des B2B-Bussiness und macht sie den staatlichen Beschaffungsbehörden zugänglich. Kein Zweifel, der Service der GSA/ FTS kann sich mit Fug und Recht als innovativ bezeichnen. Auch hinsichtlich des Organisationsprinzips, denn es geht hier nicht mehr darum, Software und technische Expertise einzukaufen, um in eigener Regie eine Lösung zu implementieren. Vielmehr hat die GSA/ FTS mit potenten und kompetenten Partnern aus dem B2B-Business Vereinbarungen getroffen und konzentriert sich auf ihr Kerngeschäft: die Anpassung an die besonderen Erfordernisse des Public E-Procurement.

Entrepreneure für den Staat
In den USA ist die General Services Administration (GSA) als staatliche Einrichtung einer der Vorreiter beim Public E-Procurement – wie wir im ersten Teil unseres Reports berichteten. Aber auch wenn die GSA sehr gute Ergebnisse liefert, es bleibt Raum für erfolgreiche unternehmerische Initiative. Viele private Akteure sind bereits über Jahre hinweg im Bereich des Public E-Procurement tätig und vermitteln zwischen Business Bereich auf der einen Seite und den häufig als „strange“ empfundenen Eigenheiten der öffentlichen Beschaffung. Und insbesondere auch Internet Start-ups entwickeln Procurement Systeme, Web Sites und Online Marktplätze, um den lukrativen neuen Markt zu besetzen. Fedcenter, EFederal Inc., Fedbid.com, iGov.com, fedmarket.com PlanetGov.com, fedamerica, das sind nur einige derjenigen, die auf B2G setzen. Auktionen und Aggregation der Nachfrage, zum Teil insbesondere für den lokalen und bundesstaatlichen Bereich, sollen hier ebenfalls als Erfolgsfaktoren den Gewinn sichern.

Aber auch wenn im B2G ein hohes Umsatzpotenzial winkt, teilen die meisten dieser Unternehmen zumindest eine Erfahrung. Im Geschäft mit Behörden sind zwei Tugenden gefragt, die im E-Biz selten geworden sind: es gilt Zeit zu haben und geduldig zu sein. Christopher Baum, ein Analyst der Gartner Group findet ein treffendes Bild, “ Sure, there’s tremendous potential there. But when you peer over the edge, you start to see a lot of rocks down there. It’s like cliff-diving in Acapulco with the tide going out.“

Wie steht es z.B. mit den Schulen, die in den USA jährlich 140 Mrd. US$ für Produkte und Services ausgeben? Epylon, ein Service in San Francisco, wurde im November 1999 gelauncht – mit Backing durch Intel Information Technology Ventures. Ziel ist es, den Zulieferern den Zugang zum Markt zu vereinfachen, und eine Transaktionsgebühr von ein bis drei Prozent zu erwirtschaften. Für die Schulen ist der Service kostenlos. Dennoch ist es hartes Geschäft und braucht viel Überzeugungsarbeit. CEO George Blanton, ein ehemaliger School Superintendent setzt auf langsamen Vertrauensaufbau. Er demonstriert zunächst die Vorteile des Systems nur wenigen Nutzern, die als Multiplikatoren andere dann überzeugen, wenn der Service tatsächlich stimmt. Simplexis.com, seit März 2000 ein Wettbewerber in diesem Segment, macht ähnliche Erfahrungen. Immerhin sind hier mittlerweile nach eigenen Angaben mehr als 100 Schul-Distrikte registriert, deren gemeinsamer Jahresumsatz drei Mrd. US$ erreicht.

Es gibt darüber hinaus eine spezielle Nische, auf die einige Akteure setzen, um die öffentlichen Beschaffungsbehörden für sich zu gewinnen: sie zielen auf die Menschen, die für den Staat einkaufen. Im normalen eBusiness steht das Akronym B2C2B für diese Strategie. Qualifizierung der Kunden könnte man es auch anders nennen. Das Vertrauen der Beteiligten zu gewinnen, ist hier gleichfalls der Ausgangspunkt für die Entwicklung langfristig rentabler Geschäftsbeziehungen. Am Anfang steht dabei der Service, kostenlos und auf die Bedürfnisse der Zielgruppe zugeschnitten. Also einfach eine Web Site, die täglich die Angestellten in den Behörden mit all den Angeboten versorgt, die im Internet selbstverständlich sind: News und Informationen sowie Services, die das Arbeitsleben einfacher machen. E-Learning Angebote gehören ebenso dazu wie Tipps für die Abrechnung von Dienstreisen und eben auch die Beschaffung im Internet.

PlanetGov.com ist dabei sicherlich nicht zu bescheiden, was die Zielsetzung angeht. Nicht Amazon für staatliche Bedienstete wollen die Betreiber des im Mai gelaunchten Services werden, sondern gleich AOL für die Behörden-Professionals. Ein besonderes Bonbon soll die loyale Nutzerbasis schaffen: Lebenslang kostenloser Internetzugang für die Angestellten und ihre Familien. Damit wollen sie die 18 Millionen US-amerikanischen Mitarbeiter im öffentlichen Bereich versorgen. Und natürlich geht es auch darum, etwas zu verkaufen, vom Toilettenpapier über Büroklammern bis hin zu Reiseservices und IT-Produkten. 200 Mio. US$ sollen noch in diesem Jahr erzielt werden. Fünf Mio. US$ an Venture Capital sind bereits geflossen, bei Bedarf soll weiter aufgestockt werden.

Auf einen langen Atem setzt fedamerica anstelle des freien Internetzugangs. Seit Mai 1999 versorgen sie ihre Klientel mit kostenlosen Newslettern und Handbüchern im Themenspektrum von Gehaltstabellen bis hin zur Sicherheit in der Informationstechnik. Über 300.000 Abonnenten konnten Mitte 2000 verzeichnet werden. Wie finanziert sich das Ganze? Bislang zumindest ohne Venture Capital. Es wird jedoch noch in diesem Jahr darum gehen, über Verträge mit geeigneten Partnern Computer und IT-Equipment, Bürobedarf und auch Training zu verkaufen. Schließlich ist Dendy Young, CEO von GTSI Corp., dem wichtigsten Zulieferer für Computer und Zubehör der Bundesregierung, auch Mitglied im Beraterstab von fedamerica.

Dass Top-Down Ansätze selten erfolgreich sind, belegen viele Erfahrungen. Warum sollte es im Bereich der öffentlichen Beschaffung anders sein? Zumindest auf eins machen die Community-orientierten Services von PlanetGov und fedamerica aufmerksam: nichts geht ohne die Beteiligten. Und hier ist noch einiges zu tun. Allein die Kosteneinsparungen zu betonen, die durch elektronische Beschaffung zu erzielen sind, greift zu kurz, wenn damit quasi automatisch umfassende Verhaltensänderungen bei den Beteiligten hervorgerufen werden sollen. eBusiness bedeutet eben auch im B2G: die Kunden müssen von Vorteilen überzeugt sein.

Digital Commerce Corp. – Oldie im B2G
Mit MyGovclub bedient auch die Digital Commerce Corporation die Angestellten aus dem öffentlichen (und dem militärischen) Bereich. Relocation Services, Shoppingangebote, News und vieles mehr stehen zur Verfügung. Für registrierte Mitglieder gibt es spezielle Features, wie sie im Internet für vertikale Portale („Vortals“) schon fast selbstverständlich sind: Email, Kalender, etc. Aber im Unterschied zu PlanetGov und fedamerica ist MyGovClub ein Angebot, dass durch zwei andere Services flankiert wird: Mit FedCenter.com erleichtert Digital Commerce bereits seit 1995 den Bundesbehörden den Einkauf und StateGovCenter zielt auf die einzelnen Staaten – bislang noch nicht flächendeckend.

Mehr als 19.000 Nutzer aus über 1.100 unterschiedlichen Behörden haben sich bislang bei FedCenter registriert. Im Angebot sind rund 12 Mio. Produkte und Services von etwa 600 Händlern, mit dem Schwerpunkt auf Informationstechnologie. Dabei geht es um die „micro-purchase category“, d.h. Einkäufe im Wert unter 2.500 US$. Für die Nachfrager ist die Nutzung einfach: FedCenter im Internet besuchen, registrieren und sofort informieren oder einkaufen – eine Anbindung an behördeninterne Abrechnungssysteme gibt es dabei allerdings nicht.

Dennoch ist dieser browserbasierte Service eine Besonderheit, denn FedCenter versteht sich auch als Interessenvertretung insbesondere kleiner Unternehmen im eCommerce. „Kleine und mittlere Unternehmen sind die Opfer des eCommerce“, davon geht zumindest CEO Toni Bansal aus. Die Lösung des Problems hat er bei der Hand: der eigene Shop bei FedCenter. 5.000 bis 10.000 US$ sind dafür fällig, bei der Einrichtung werden dann aber die speziellen Besonderheiten des Umgangs mit staatlichen Behörden berücksichtigt. Sind die Produkte ökologisch verträglich? Ist das Unternehmen im Besitz von Frauen? Wird die Behindertenquote erfüllt? Das sind Fragen, auf die staatliche Beschaffer nicht nur in den USA eine Antwort erwarten, bevor sie zuschlagen. Ganz gemeinnützig ist dieser Ansatz der Digital Commerce Corporation natürlich nicht: neben den Kosten für den Set-up werden Gebühren für den Einkauf per Purchase Card ebenso fällig wie der Transaktionsanteil für FedCenter. Für manche Unternehmen in der Summe mehr als sie angesichts kleiner Margen auch im Umgang mit dem potenten Partner Staat erwirtschaften können.

Für die Behörden liegt der Vorteil auf der Hand. Der Bundesstaat Connecticut z.B. zeigt sich mehr als zufrieden mit der Lösung des Procurement-Problems durch StateGovCenter. Als kleiner Bundesstaat sparen sie bei einem Budget von 2,3 Mio. US$ mehrere hunderttausend jährlich. Seit November 1999 ist das System im Einsatz, jede Behörde, Schule, Stadt und jedes Krankenhaus kann im Rahmen der vorab staatlich vereinbarten Verträge online einkaufen. Mitte Juli 2000 verzeichnete das Angebot 500 registrierte Nutzer, 130 Anbieter und mehr als eine halbe Million Produkte. Mehr als eine nach eigenen Angaben „geringe“ Gebühr für den Start hat Connecticut für diese Lösung nicht aufgewendet, refinanziert wird auch dieses Angebot durch die Gebühren, die die Händler an Digital Commerce entrichten.

Dicke Fische: viel Geld für B2G
Welche Anbieter tatsächlich nachhaltig erfolgreich im B2G sein werden, steht auch in den USA noch in den Sternen. Wie viel Platz bietet der Markt? Drei bis fünf Anbieter können mit guten Profiten überleben, davon gehen jedenfalls die Experten aus. Aber das ist keine Frage, die die Entrepreneure und Dot.coms unter sich entscheiden. Auch die Big Player haben B2G für sich entdeckt.

American Management Systems (AMS) z.B. ist in dieser sehr großen Nische erfolgreich. Mehr als die Hälfte des Jahresumsatzes 1.240,3 Mio. US$ schweren Jahresumsatzes erwirtschaften die 9.000 Angestellten mit Lösungen für lokale, staatliche und bundesstaatliche Behörden. Dass der Governmentbereich hier als besonders zukunftsträchtig angesehen wird, beweist u.a. die finanzielle Beteiligung an govWorks. Hier geht es allerdings eher um G2C-Services. Richtig ernst mit Procurement-Lösungen macht AMS in Kooperation mit der Ariba Inc.. Die „Revolution“ im public E-Procurement soll Buysense ermöglichen. Buysense ist eine von AMS gehostete Website, die auf der von Ariba ursprünglich für den B2B entwickelten eCommerce-Plattform basiert. Katalogrecherche, Angebotseinholung und auch Bündelung der Nachfrage sind möglich. Gebühren werden sowohl für die Anbieter als auch für die Nachfrager fällig. Als erster Bundesstaat hat Washington sich im Juni 2000 für Buysense entschieden. Über 10.000 Nutzer werden erwartet, die in schätzungsweise 500.000 Transaktionen jährlich eine Mrd. US$ ausgeben sollen.

Eine andere Allianz mit viel Geld im Hintergrund ist das im Juli 2000 gegründete Joint-Venture der Bank of America mit NIC (National Information Consortium) Commerce. In der „Bank of America Purchase Street“ sollen künftig Landes- und Bundesbehörden Aufträge mit ihren bevorzugten Lieferanten abschließen und Offerten einholen können. Die größte US-amerikanische Bank und NIC Commerce, Spezialist für E-Procurement Lösungen für die öffentliche Verwaltung, wollen insbesondere die Transaktionen inklusive der Abstimmung mit den Lieferanten und den Zahlungsverkehr effektiv regeln. Auf der Grundlage eines Browser-basierten Web-Katalogs sollen auch Personalisierungsoptionen eingeräumt werden, um Lieferanten schnell ausfindig zu machen und vertragliche Regelungen festzulegen. Darüber hinaus haben BofA und NIC schon einen Vertrag mit dem Houston-Galveston Area Council of Governments geschlossen. Damit werden 1.100 Verwaltungen und Gemeinden beim Einkauf von Produkten und Dienstleistungen unterstützt, vorrangig geht es um die Anschaffung von Brandschutzgeräten und den öffentlichen Fuhrpark, das Gesamtvolumen beläuft sich auf 150 Mio. US$ jährlich.

Nicht zu vergessen: PartnershipAmerica. Ingram Micro, der weltgrößte Großhändler für Computer und Zubehör steht dahinter. Hier geht es natürlich um Technologieprodukte: alles rund um Produkte, Information und Service soll geboten werden. Der „E-procurement Hub“ verbindet kostenlos die eProvider und die End-User Community. Im Vordergrund steht die Möglichkeit des Preisvergleichs, 1.500 Hersteller und 145.000 Produkte stehen derzeit zur Wahl. Und ob der Geschäftspartner von der GSA unter Vertrag genommen wurde oder ein kleines Unternehmen ist, dass von Minderheiten betrieben wird, oder hauptsächlich Veteranen beschäftigt, erfahren die Behörden natürlich auch.

Genug der US-amerikanischen Beispiele. Die Vielfalt der Angebote ist ebenso verwirrend wie die Formalitäten, die tatsächlich eingehalten werden. Fassen wir also zusammen: B2G ist groß. Es gibt viele Parallelen zum B2B, aber auch zahlreiche Besonderheiten. Probleme können gelöst werden. Viele Wege führen zum Ziel. Sollen wir einen verschämten Blick auf die Situation in Deutschland wagen?

Wo liegt das Rationalisierungspotential
Das gesamte Beschaffungsvolumen der öffentlichen Hand in Deutschland beträgt jährlich über 500 Mrd. DM und beinhaltet – wenig überraschend – einen hohen Anteil an Transaktionskosten. Sie entstehen insbesondere bei der Beschaffung von C-Materialien, die 5 Prozent des gesamten Beschaffungsvolumen ausmachen.

Hier liegt, wie auch schon bei den klassischen B2B-Beschaffungsmarktplätzen, das größte Rationalisierungspotenzial. Elektronische Beschaffungsverfahren in öffentlichen Verwaltungen in diesem Bereich sind darüber hinaus ausgehend von den Rahmenbedingungen für das Verfahren der freihändigen Vergabe am einfachsten realisierbar, da sie im Gegensatz zur öffentlichen Ausschreibung in geringerem Umfang rechtlichen Restriktionen unterliegen. Bei C-Materialien handelt es sich vielmehr um regelmäßige Verbrauchsgüter des täglichen Bedarfs, die öffentliche Verwaltungen sehr häufig über die freihändige Vergabe beschaffen. Sie sind deshalb für die elektronische Beschaffung prädestiniert. Auch bei der Gesamtverteilung der Vergaben stellt die freihändige Vergabe mit einem Anteil von 65 Prozent den Standardfall in der Praxis dar (Booz, Allen & Hamilton / BME). Aber auch die digitale Abwicklung von öffentlichen Ausschreibungen wird wohl bald einfacher möglich sein. Eine entsprechende Neufassung der Vergabeverordnung in Deutschland wurde bereits vom Bundeskabinett beschlossen. Die Zustimmung durch den Bundesrat wird noch in diesem Jahr erwartet.

Nach den Berechnungen des Forum Vergabe e.V. im Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) können etwa die Hälfte des gesamten Beschaffungsvolumens der öffentlichen Hand, das sind ca. 254 Mrd. DM, über das Internet abgewickelt werden. Der konservativ geschätzte mögliche Spareffekt wird dabei auf jährlich etwa 28 Mrd. DM beziffert. Das Potenzial ist also vorhanden, aber wird es auch erkannt?

Es hat den Anschein, dass in Deutschland beim Thema Internet und öffentliche Verwaltungen in erster Linie elektronische Bürgerservices und virtuelle Rathäuser diskutiert werden. Nahezu ausschließlich drehen sich Wettbewerbe und Initiativen im Umfeld des eGovernment darum, wie die öffentliche Verwaltung über das elektronische Medium besser und effektiver den Dienst am Bürger leisten kann. eCommerce und eBusiness sind hier in der Regel Themen, die im Bereich Förderung von kleinen Unternehmen oder Stärkung des Mittelstands durch unterstützende Maßnahmen abgehandelt werden. Dass auch staatliche Einrichtungen, Behörden oder Kommunen direkt ins E-Biz einsteigen, ist gegenwärtig mehr als selten. Dennoch gibt es einen Hoffnungsschimmer. Denn gerade in diesem Jahr sind einige interessante Projekte ins Leben gerufen worden.

Digitale Beschaffung beim Bund
Die bürgernahe, effiziente und kostengünstige Gestaltung der staatlichen Verwaltung ist ein wichtiges Ziel der Bundesregierung. „Moderner Staat – Moderne Verwaltung“ heißt das Motto. Dabei geht es unter anderem um Kostensenkung und Vereinfachung von Verwaltungsvorgängen durch elektronische Beschaffung, ein Leitprojekt „Digitales Beschaffungswesen“ wurde initiiert. Wie das Beschaffungsamt des Bundesministeriums des Inneren bestätigte, soll insbesondere die gesamte Prozessabwicklung elektronisch möglich werden. Dieses Ziel wird über vier Teilprojekte angestrebt:

1. Aufbau der Infrastruktur
Das Beschaffungsamt des Bundesministeriums des Inneren steht im Zentrum der Überlegungen und bildet den Ausgangspunkt. Um die Kommunikation mit den Bundesbehörden auf elektronischem Wege abwickeln zu können, wird – soweit noch nicht vorhanden – die technische Ausstattung inklusive Internetzugänge nachgerüstet. Gleichzeitig werden geeignete sichere Übertragungswege eingerichtet, dabei sollen auch digitale Signaturen zum Einsatz kommen. Nicht weniger bedeutend ist darüber hinaus die IT-Qualifizierung des mit der Beschaffung beschäftigten Personals in den Bundesbehörden.

2. Elektronische Verarbeitung der Beschaffungsanträge innerhalb des Beschaffungsamtes
Die elektronische Verarbeitung der eingehenden Daten von den Behörden durch das Beschaffungsamt soll eine schnellere und bessere Planung ermöglichen. Über ein elektronisches Bedarfsmanagement werden gleiche benötigte Produkte mehrerer Behörden zu abgestimmten Bedarfszeitpunkten gebündelt, um so größere Posten ausschreiben zu können. Der erwartete Effekt ist nicht nur, dass sich dadurch die Prozesskosten reduzieren, sondern sich so auch bessere Einkaufspreise erzielen lassen.

3. Elektronisches Ausschreibungs- bzw. Vergabeverfahren
Über eine Internetplattform werden öffentliche Ausschreibungen publiziert. Hier soll auch die Abgabe von Angeboten möglich sein. Darüber hinaus ist geplant, die Angebotszuschläge ebenfalls elektronisch zuzustellen. Integriert werden auch die Übermittlung von Auftragsbestätigungen und die Abwicklung des Zahlungsverkehrs.

4. Schaffung eines virtuellen Marktplatzes
Bestehen zwischen den Behörden und den Unternehmen Rahmenverträge mit festgelegten längeren Laufzeiten, sollen die Behörden über einen virtuellen Marktplatz ihre Einkäufe direkt mit ihren Lieferanten abwickeln können. In diesem Fall wird es sich um ein geschlossenes System handeln, das nur für autorisierte Teilnehmer zugänglich sein wird. Eine Realisierung dieses Ansatzes ist frühestens für das Ende des Jahres 2001 vorgesehen.

Über die vier Teilprojekte hinaus wird auch in Erwägung gezogen, mit Unterstützung durch Dienstleister aus der Privatwirtschaft Internet-Portale aufzubauen, die den Behörden die Möglichkeit bieten, Marktpreise zu ermitteln, Preise zu vergleichen und Lieferanten ausfindig zu machen. Derzeit allerdings steckt man noch mitten in den Planungen. Bis erste Ergebnisse vorliegen, wird wohl noch einige Zeit ins Land gehen.

Vielleicht ist da Rudolf Scharping schneller. Das Verteidigungsministerium setzt nicht auf Marke Eigenbau, sondern holt sich strategisch nicht ungeschickt den Sachverstand eines deutschen Dot.coms ins Boot. Der Rahmenvertrag zur „Innovation, Investition und Wirtschaftlichkeit in der Bundeswehr“ wurde u.a. von dem Internetauktionshaus econia.com schon im Juni 2000 unterzeichnet. Wenn der größte öffentliche Einkäufer in Deutschland in Ausschreibungen „Reverse Auctions“ nutzen will, dann kann man gespannt sein. Denn bislang müssen offene Ausschreibungen besonders strengen Anforderungen genügen, die z.B. die Geheimhaltung bis zum Zeitpunkt der Angebotseröffnung betreffen. Bei den „Reverse Auctions“ liegt der Reiz und der Vorteil aber gerade darin, dass die Teilnehmer die Höhe der bereits vorliegenden Gebote – zum Teil anonymisiert – kennen. Sinn und Zweck ist es ja, im Wettbewerb möglichst niedrige Preise zu erzielen.

Mit diesen beiden Vorhaben kann sich zwar der Bund im Vergleich mit den USA nicht messen – der Rückstand beträgt im B2G wesentlich mehr als die oft zitierten ein bis zwei Jahre im „normalen“ eBusiness. Aber für europäische Verhältnisse steht Deutschland durchaus nicht schlecht da. Denn in den Nachbarländern ist man zum großen Teil ebenfalls bislang über vollmundige Erklärungen und Pilotprojekte noch nicht hinaus gekommen.

Heimlich, still und leise: die Länder
Dass südlich des Weißwurstäquators viel für die Internetökonomie getan wird, ist bekannt. Aber dass die Bayern ihre Fühler auch schon recht frühzeitig Richtung E-Procurement ausgestreckt haben, entgeht dabei leicht der Aufmerksamkeit. Vielleicht weil es „nur“ um den elektronischen Einkauf von Toner ging? Immerhin, schon 1998 wurde der erste Pilotversuch durchgeführt. Für die Behörden kostenlos, war die Healy Hudson AG verantwortlich – und erfolgreich mit der Demonstration des Potenzials der elektronischen Beschaffung.

Deshalb wurde im Februar 2000 auch direkt das zweite Projekt aus der Taufe gehoben. Innenministerium, Finanzministerium, Landwirtschaftsministerium, Polizei und Staatskanzlei fragen jetzt online nach Papier. Auch hier ist Healey Hudson federführend. Besonders stolz sind die Beteiligten schon jetzt darauf, dass es gelungen ist „VOL/A konform in der Königsdisziplin der öffentlichen Vergabe, dem EU-Teilnahmewettbewerb mit nachfolgender beschränkter Ausschreibung internet-basiert, EU-weit auszuschreiben.“ Nach eigenen Angaben handelt es sich dabei um ein europaweit einzigartigartiges Pilotprojekt. Auch die Erfolge können sich sehen lassen. „Wir haben durch die Bündelung der Einkaufsprozesse alleine bei den Einkaufskosten Einsparungen von 26 Prozent realisiert. Die Prozess- und Transaktionskosten wurden um rund 80 Prozent gesenkt“, so Klaus Katzer von Healey Hudson.

Der zweite Pilotversuch geht zwar erst im Februar 2001 zu Ende, aber für das verantwortliche Unternehmen ist die weitere Strategie schon klar. Sie wollen noch in diesem Jahr ihr Produkt eGovernment-Suite auf den Markt bringen. Damit realisieren sie die gesamte Prozesskette der beschränkten Ausschreibung durch Organe der öffentlichen Hand: von der Produktspezifikation, der Produktevaluierung, der Marktübersicht und dem Ausschreibungsvolumen, über den Prozesskostenintensiven EU-Teilnahmewettbewerb und der beschränkten Ausschreibung bis hin zur Vergabe.

Von (frei-) staatlicher Seite aus hält man sich eher bedeckt. Wie es mit dem bereits angekündigten Projekt zum e-Sourcing weitergehen soll, scheint noch nicht klar. Sicher ist wohl, dass Pilotprojekte nicht beliebig wiederholt werden können. Aber da gibt es ja noch das ambitionierte Projekt „Marktplatz Bayern“ – zumindest über die Darstellung im Internet erhält man den Eindruck, dass die Arbeitsgruppe e-Sourcing hier integriert werden soll. Allerdings fehlen Informationen darüber wie.

Vielleicht ist den Bayern eine softwarebasierte Lösung allein nicht innovativ genug angesichts der Möglichkeiten, die sich im Internet für Marktplätze auch im B2G eröffnen. In Hamburg jedenfalls, wird die Latte beim E-Procurement von der CDU hochgelegt. Sie forderten im Juli 2000 die Bürgerschaft der Freien und Hansestadt – mit dem Anspruch die deutsche Multi-Media-Hauptstadt zu sein – auf, zu beschließen: „Der Senat wird aufgefordert, ein eCommerce Portal für den Einkauf und die öffentliche Auftragsvergabe aufzubauen. Dabei sollen insbesondere kleine und mittlere Unternehmen aufgefordert werden, sich am elektronischen Geschäftsverkehr mit der Stadt zu beteiligen.“

Nicht von ungefähr nahm auch Dr. Christoph Linkwitz von der ricardo.de AG an der Pressekonferenz zu dieser Forderung der CDU-Bürgerschaftsfraktion teil. Hier wäre schon ein Partner zur Umsetzung gefunden. Dabei ist den Beteiligten klar, dass noch vielfältige technische Probleme und zahlreiche Rechtsfragen geklärt werden müssen. Von Investitionen in infrastrukturelle Maßnahmen über die Schulung der Mitarbeiter bis hin zu Verdingungsverordnungen und digitaler Signatur werden alle wesentlichen Gesichtspunkte angesprochen. Erkannt wurde auch das über Kostensenkung und Prozessoptimierung hinausgehende Potenzial eines solchen Unternehmens, „Die Stadt kann eine Vorreiterrolle im Business-to-Government-Sektor einnehmen“. So soll auch „der Druck auf Anbieter von Waren und Dienstleistungen erhöht werden, sich an die Informationswirtschaft anzupassen“. Eine erste Implementierungsphase sollte in dieser Planung mit dem Einkauf von Kleinmaterialien auf der Basis eines Modellprojekts begonnen werden. Ziel ist es, bis 2003 einen „erheblichen Teil aller Beschaffungstransaktionen und Ausschreibungen“ elektronisch abzuwickeln.

Und sonst? Unternehmen nehmen Witterung auf
Einige große und kleine Akteure versuchen sich bereits im neuen Geschäftsfeld zu positionieren. Neben Healey Hudson ist aus Bayern auch Siemens dabei, die zum E-Procurement in öffentlichen Verwaltungen spezielle Lösungen anbieten. Auf den Bereich der öffentlichen Verwaltung spezialisiert ist darüber hinaus u.a. die public GATE AG, eine Partnerschaft zwischen Wirtschaft und Öffentlicher Hand. Gründergesellschafter sind die public Innovations AG (Düsseldorf und München) und der Freistaat Bayern (5 %). Weitere Bundesländer wie NRW sowie Referenz-Kommunen und kommunale Rechenzentren (bis zu 15%) sollen für die Markterschließung noch gewonnen werden.

Insbesondere Handwerkern und Dienstleistern des Mittelstands soll hier der Zugang zu den Nachfragern in Behörden erleichtert werden. Das Angebot ist konzentriert auf die Bereiche der elektronischen Ausschreibungspublizierung für die Öffentliche Hand und die automatische Angebotserstellung durch die mittelständische Bieter-Community für das Bauwesen, die Renovierung und Innenausstattung (A-Produkte) sowie Sekundär-, Ersatz-, Wartungs- und Büromaterialien (C-Materialien). Unter der Bezeichnung „ePortal“ will man den Markt erobern.

Und auch in NRW gibt es außer econia z.B. die Intersource AG, eine Online-Beschaffungsplattform für öffentliche und private Verwaltungen. In einem Pilotprojekt ist das Unternehmen im Erftkreis aktiv.

„Wenn es demnächst im Rathaus an Toilettenpapier mangelt, dann kaufen die Stadtverwaltungen im Erftkreis wohl Nachschub über das Internet“, so die Intersource AG. Zunächst geht es um Kleinkram wie Büroklammern, Kugelschreiber, Seife oder Putzmittel. Auch hier das gleiche, noch ungelöste, Problem: Teure Anschaffungen wie Computer oder Dienstwagen müssen öffentlich ausgeschrieben werden. Deswegen konzentriert sich die Intersource AG bislang noch auf frei zu vergebende Artikel, die im System VOL-konform angeboten werden. Je nach Bedarf können die Stadtverwaltungen online bestellen. Kernkomponente des Systems ist ein sogenannter Multi-Lieferanten-Katalog, in dem die Daten einer großen Anzahl von Lieferanten gelistet werden. Ein sogenanntes Kompetenzzentrum ist für Preis-Benchmarking und Festpreisermittlung, Qualitätssicherung, Stammdatenpflege, Ablauforganisation und die Sichtung von Lieferanten zuständig. Finanzieren soll sich das Ganze über Provisionen, die nach erfolgreichen Abschlüssen von den Lieferanten erhoben werden.

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