RFID-Funkchips: Zukunftstechnologie in aller Munde

Die Funkchip-Technologie schlägt die Brücke zwischen der physischen Welt der Produkte und der virtuellen Welt der digitalen Daten. Die Technologie trifft damit den Bedarf von in einer eng vernetzten Wertschöpfungskette kooperierenden Unternehmen und wird in allen Wirtschaftsbereichen vielversprechend eingesetzt. Ganz visionär sieht Elgar Fleisch von der ETH Zürich mit dem Funkchip bereits das „Internet der Dinge“ heraufziehen. In seinem Bild der Zukunft wachsen Gegenstände zu einem „weltweiten allgegenwärtigen Erkennungs- und Nervensystem der realen Welt“ zusammen.

Bei solch großen Visionen ist das Interesse der Öffentlichkeit am Thema RFID geweckt. Doch die Idee des Funkchips (Radio Frequency Identification, RFID) ist nicht wirklich brandneu. Bereits im Zweiten Weltkrieg halfen Vorläufer der Funkchips den Alliierten bei der Freund-Feind-Erkennung von Flugzeugen und Schiffen. Noch heute setzt sie das Militär ein. Über das Militärische hinaus erstrecken sich RFID-Anwendungen auch im zivilen Bereich auf ein weites Feld. Wegen der Nähe zu jedermanns Alltag beäugt die Öffentlichkeit das Engagement des Einzelhandels besonders aufmerksam. Immer mehr Waren werden mit Funkchips ausgerüstet.

RFID: längst Realität

Die RFID-Technologie ist längst in ganz verschiedenen Bereichen eingezogen. Einige wenige RFID-Projekte sollen hier skizziert werden. Diese lassen sich den Themenfeldern hoheitliche Aufgaben, Produktinnovation sowie Distribution, Lagerhaltung und Logistik zuordnen.

RFID hilft bei hoheitlichen Aufgaben

– Der japanische Elektronikkonzern Hitachi hat den extrem kleinen Mu-Chip entwickelt, der Geldscheine fälschungssicher machen soll.

– Künftig ersetzt ein RFID-Armband die Erkennungsmarke des US-GI.

– Das US-Außenministerium verlangt, dass alle US-Reisepässe, die nach Oktober 2006 beantragt werden, einen Funkchip tragen. Der 64kByte-Funkchip soll die Pässe fälschungssicher machen.

– Der neue deutsche Reisepass, der ab November 2005 herausgegeben wird, trägt einen Funkchip. Dieser Funkchip speichert vorerst lediglich die üblichen Identifikationsmerkmale, ab 2007 aber ebenfalls biometrische Informationen.

Produktinnovationen mit RFID-Systemen: Palette weit gespannt

– Der Schweizer Halbleiterhersteller Sokymat bietet Funkchips in Form eines Nagels an, um damit die Pflege der Bäume in Parks zu verwalten.

– Weltweit verursachen Warenfälschungen einen Schaden von USD 100 Mrd. p.a. Insbesondere Lifestyle-Pharmaprodukte sind immer wieder im Fadenkreuz der Fälscher. Pfizer wird die Verpackung seines Verkaufsschlagers Viagra mit Funkchips ausstatten. Mittels eines Lesegerätes können die Händler dann die Echtheit des Präparats überprüfen.

– Das New Yorker Jacobi Medical Center stattet seine Patienten mit RFID-Armbändern aus. Über die gespeicherten medizinischen Daten sollen die Menschen effizienter versorgt werden.

– DaimlerChrysler bietet einen Kindersitz mit Funkchip an. Der Funkchip steuert den Luftdruck des Airbags und schützt dadurch Kleinkinder vor Verletzungen.

– Das österreichische Maut-System nutzt Plaketten mit integriertem Funkchip.

– Seit 2004 tragen die Schüler der Tokioter Grundschule Rikkyo Funkchips am Ranzen, die das Eintreffen der Kinder melden.

– Im Billunder Legoland erhalten Kinder ein RFID-Armband. Mit diesem Armband kann die Parkleitung vermisste Kinder auffinden.

– Die FIFA-Tickets für die Fußball-Weltmeisterschaft in Deutschland 2006 tragen einen Funkchip. Die Organisatoren hoffen, über diese Maßnahme Diebstahl, Fälschungen und den Handel von Tickets auf dem Schwarzmarkt einzudämmen.

– Der ChampionChip des gleichnamigen niederländischen Elektronik-Unternehmens hat sich seit den 1990er Jahren bei den Laufveranstaltungen dieser Welt etabliert.

– Die Diskothek Baja Beach Club in Barcelona nutzt Funkchips als Clubkarte an der Kasse. Clubmitglieder lassen sich dazu den Funkchip subkutan injizieren.

– Im Kölner Neptunbad dient der Funkchip den Kunden als Mitgliedsausweis, Spindschlüssel, Zugangskarte und Bezahlsystem.

RFID in Distribution, Lagerhaltung und Logistik: Effizienz im Mittelpunkt

In der Prozesssteuerung und Lagerhaltung locken die RFID-Projekte mit enormen Effizienzpotenzialen. Beispielsweise errechnet Siemens für ein mittelgroßes Distributionszentrum ein Einsparvolumen von EUR 500.000 p.a. Etwa 5% dieser Summe würden über niedrigere Personalkosten erreicht. Der Löwenanteil entfiele auf einen geringeren Anteil falsch bepackter Paletten. Auch das kommerzielle deutsche Marktforschungsinstitut Soreon Research macht für den Einzelhandel positive Effekte aus. Soreon Research zufolge würde der Kunde wegen des effizienteren Bestellwesens mit RFID nur noch sehr selten vor ausverkauften Regalen stehen. Demnach entfielen bei der Ersparnis- und Ertrags-Analyse 45% auf den Posten vermiedene Out-of-Stock, 36% auf vermiedene Diebstähle und 18% auf effizienter organisierte Unternehmensprozesse.

– Marks & Spencer heftet Funkchips sowohl an ganze Paletten, als auch an einzelne Kleidungsstücke. Die Lagerbestände sollen so effizienter verwaltet werden.

– Seit 2003 testet der Metro-Konzern in seinem rheinbergischen Future Store den Einsatz von Zukunftstechnologien. Der Einzelhandelskonzern vermeldet, dass sich nun der Fehlbestand von Artikeln um 14%, der Schwund um 18% reduziert hat.

– Zusammen mit Gerry Weber testet Kaufhof im Neußer Innovation Center die „intelligente“ Umkleidekabine. Der Funkchip steuert produktspezifische Informationen an, die dann auf dem Bildschirm der Kabine ausgestrahlt werden.

– Airbus Industries leiht Präzisionswerkzeug an Partnerunternehmen nur noch mit Funkchip aus. Der Schwund des teuren Werkzeugs ist seitdem drastisch zurückgegangen.

– Das US-Verteidigungsministerium stellte 2005 das Paletten-Management im Nachschub auf Funkchips um.

– Das Star Casino in Sydney stattete seine 80.000 Kostüme für den Verleih mit Funkchips aus und reduziert damit die Suchkosten im Lager.

– Die 240.000 Bücher und 60.000 Tonträger der Zentralbibliothek Wien wurden mit einem Funkchip ausgestattet, um den Ausleihvorgang kostengünstiger zu organisieren.

– Die vatikanische Bibliothek stattete die 2 Mio. Bücher und Manuskripte mit Funkchips aus. Inventur und Ausleihprozess laufen seitdem deutlich effizienter.

– Der Volkswagen-Konzern transportiert Karosserieteile in Behältern mit Funkchips. Damit reduziert VW den Verlust um ein Drittel und spart EUR 5 Mio. p.a. ein.

– In einem gemeinsamen Projekt rüsten die Flughäfen Frankfurt und Tokio ihr Gepäck-Management auf Funkchips um.

– Die Brauerei Gaffel stattete 15.000 Bierkästen mit Funkchips aus, um zusammen mit Rewe die Lagerhaltung im Einzelhandel zu optimieren.

Teilweise wird mit den RFID-Projekten der Regimewechsel weg vom über 40 Jahre alten Strichcode proklamiert. Doch die Projekte gehen tatsächlich weit über die Substitution des Strichcodes hinaus. RFID dieses umfassende Konzept einlassen, vermelden zumeist sehr positive Ergebnisse. Ganz oben auf der Liste der Erfolge stehen dabei die Bekämpfung von Kriminalität, die Steigerung der Transparenz und der Zuverlässigkeit der Unternehmensprozesse.

RFID-Systeme: Was sie ausmacht

Abstrahiert von der Vielfalt der umgesetzten RFID-Projekte gibt es Elemente, die allen Systemen gemein sind. So bestehen alle RFID-Systeme grundsätzlich aus einem Transponder, einem Lesegerät (auch Reader genannt), einer Datenbank und einer Software (auch Middleware genannt) zur Verarbeitung der gesammelten Datenfülle.

Offen oder geschlossen: relevant für den Freiheitsgrad des Systems

In stilisierter Form werden bei den RFID-Systemen geschlossene und offene Systeme unterschieden. Unverbundene geschlossene Systeme sind auf ein eindeutiges, abgeschlossenes Umfeld definiert. Da das System autark läuft, können die Einzelkomponenten (wie Datenformat der Software, Frequenzbereich, Transponder-Typ) frei gewählt und somit optimal auf die internen Erfordernisse abgestimmt werden.

Offene Systeme dagegen haben Schnittstellen zu anderen Systemen außerhalb ihres eigenen Definitionsbereiches. Der Komplexitätsgrad offener Systeme steigt mit der Anzahl der zu integrierenden Partner schnell an. Konkret gilt es, entlang der Wertschöpfungskette die Interoperabilität zwischen den Systemen aller angeschlossenen Partnerunternehmen zu gewährleisten. Dazu muss der Datenaustausch zwischen dem Lesegerät und den nachgeschalteten Business-Applikationen, wie Enterprise Resource Planning (ERP) oder Warehouse Management System (WMS), reibungslos funktionieren.

Transponder unterscheiden sich in vielen Dimensionen

Der RFID-Transponder (Kunstwort aus Transmit und Respond; auch Tag, Funketikett oder Smartlabel genannt) setzt sich aus einem Silizium-Speicher und einer Kupfer- oder Aluminium-Antenne zusammen. Zum Schutz vor Schmutz sind Transponder oft in Papier oder Folie eingeschweißt.

Es gibt aktive und passive Transponder. Diese wiederum unterscheiden sich in den Dimensionen Speicherkapazität, Form, Materialbeschaffenheit und Wiederbeschreibbarkeit. Im Gegensatz zu den passiven Transpondern übertragen aktive Transponder selbstständig Signale und können teilweise sogar Rechenoperationen durchführen. Dank ihrer eigenen Energiequelle funken sie üblicherweise in einem Umkreis von bis zu 30 Metern.

Im Vergleich zu den aktiven Transpondern können die passiven Transponder üblicherweise nur im Umkreis von maximal fünf Metern funken, überzeugen allerdings durch ihre quasi unbegrenzte Lebensdauer und ihren niedrigen Preis von wenigen Eurocent. Passive Transponder sind technisch weniger komplex. Sie haben keine eigene Energiequelle und geben ihre Information erst dann preis, wenn sie ein Lesegerät elektromagnetisch anfunkt.

Üblicherweise trägt der Transponder eine 96stellige Ziffernfolge. Die erste Stelle dieser Ziffernfolge bezeichnet die Bauart des Transponders, die weitere Ziffernfolge verweist auf Produktinformationen wie Artikelnummer, Herstellungsdatum, Größe oder Farbe. Die Ziffernfolge kann auch dazu genutzt werden, um eine Datenbank anzusteuern. Abseits des beschränkten Datenspeichers auf dem Transponder selbst wird damit das quasi unbeschränkte Spektrum an Informationen einer Datenbank zugänglich.

Bei all der Vielfalt: gleiche Erfolgsfaktoren

Wie beschrieben, unterscheiden sich RFID-Systeme in vielen Elementen. Trotz dieser Vielfalt können wir fünf Faktoren ausmachen, die das Erfolgspotenzial aller RFID-Systeme bestimmen:

– Verarbeitungsgeschwindigkeit

– Fehlerhäufigkeit beim Auslesen

– Berücksichtigung von Datenschutz und Privatsphäre

– Fortschritt bei der Standardisierung

– Investitionskosten

Kosten: RFID profitiert vom Preisverfall bei Speicher-Chips

Der Erfolg von RFID im Massenmarkt hängt zentral von der Entwicklung der Chip-Preise ab. Aktuell schränkt der Preis des Transponders das Einsatzfeld der RFID-Systeme auf tatsächlich hochwertige Güter ein. So nimmt die Textilbranche an, dass sich RFID-Systeme erst dann lohnen, wenn der Transponder weniger als 2% des Verkaufspreises der Ware kostet. Abhängig von der Auflage kostet ein passiver Transponder derzeit zwischen EUR 0,05 (Auflage über 1 Mio. Stück) und EUR 10 (Auflage unter 1.000 Stück). Falls der technische Fortschritt auch weiterhin im immensen Preisverfall der IT-Hardware mündet, wird die RFID-Technologie bis 2010 für den Massenmarkt attraktiv sein.

Standardisierung eröffnet neues Geschäftspotenzial

Neben dem Preis entscheiden auch die Bemühungen um Standardisierung über den Erfolg der RFID-Technologie. Hier leistet die von der Privatwirtschaft getragene Initiative EPCglobal weltweit wichtige Arbeit. Im Fokus der europäischen, amerikanischen und asiatischen EPCglobal-Vertreter stehen neben dem Datenformat der Software auch die Funkleistung und der Frequenzbereich der Transponder. Dieser Blickwinkel liegt nahe, da das Geschäftspotenzial des RFID-Systems direkt von der Funkleistung und dem Frequenzbereich abhängt. Seit 2004 dürfen die RFID-Chips auch in der EU im besonders geeigneten Ultra High Frequency (UHF)-Bereich funken. Mit der Nutzung dieses Hochfrequenzbands werden die Einsatzfelder für die RFID-Technologie in Westeuropa deutlich erweitert. Allerdings müssen die RFID-Systeme in der EU mit einer vergleichsweise niedrigen Funkleistung von 0,5 Watt auskommen (USA: 2 Watt). Diese regulatorische Einschränkung der Funkleistung in Europa geht auf die Ängste der Verbraucher vor Elektrosmog ein, nimmt allerdings eine kürzere Funkreichweite und damit zwangsläufig auch eine deutliche Begrenzung des Geschäftspotenzials der RFID-Systeme in Kauf.

Datenschutz: oft aufgeschoben aber dennoch essenziell

Wie bei quasi allen neuen Technologien zielen auch die Anbieter von RFID-Systemen bislang vorwiegend auf die kostengünstige Realisierung. Den Aspekt der Sicherheit haben die Anbieter von RFID-Systemen bislang zumeist nicht sehr hoch priorisiert. Die Akzeptanz der Funkchips ist allerdings unmittelbar an die Fortentwicklung und Kommunikation der erreichten Sicherheitsstandards gekoppelt. Die ausstehende Lösung muss über die digitale Verschlüsselung der gespeicherten Daten hinausgehen. Doch die Forderung nach mehr Sicherheit treibt die direkten Kosten und steht damit – zumindest zunächst – dem Einsatz im Massenmarkt entgegen.

Der Einsatz der RFID-Technologie eröffnet Dritten neue Möglichkeiten, um unberechtigt in die Privatsphäre der Anwender einzugreifen. Zum verbesserten Schutz der Privatsphäre rufen Verbraucherschützer den Einzelhandel dazu auf, allein deaktivierbare Transponder einzusetzen. Allerdings ist bei diesem Vorschlag zu bedenken, dass der Deaktivator die Identifikationsnummer des Transponders technisch bedingt nicht löscht. Somit kann der Transponder auch nach dem Deaktivieren eindeutig in den Kontext einer Metadatenbank gestellt werden. Gleichwohl ist die Realitätsnähe des Schreckensbildes vom allzeit rückverfolgbaren gläsernen Kunden zu relativieren. Die Überwachungsmöglichkeit mit RFID wird tendenziell überzeichnet. Dies gilt insbesondere für die passiven Transponder mit ihrer äußerst geringen Funkreichweite von maximal fünf Metern.

Doch im Umfeld der RFID-Systeme muss nicht nur der Eingriff in die Privatsphäre sondern auch Sabotage problematisiert werden. So kann die geforderte Deaktivierbarkeit von RFID-Transpondern im Einzelhandel für Käufer und Verkäufer auch nachteilig sein. Denn allein wiederbeschreibbare Transponder können deaktiviert werden. Produkt- und Metadaten könnten daher auch zweckentfremdend verändert werden. Beispielsweise besteht bei wiederbeschreibbaren Transpondern die Gefahr, dass das Verfallsdatum von verderblicher Ware nachträglich manipuliert wird. Daneben könnte ein Saboteur Einzelhandelsprodukte virtuell „verderben“ oder „verstellen“ bzw. Informationen zu Preisen und Altersbeschränkung (bei jugendgefährdenden Gütern) verändern.

Der RFID-Markt steht im Spannungsfeld zwischen der Forderung nach preisgünstigen Lösungen und der Forderung nach einem hohen garantierten Sicherheitsniveau, das zusätzliche Investitionen voraussetzt. Allein die Aufteilung der Investitionskosten birgt bei unterschiedlich verteilter Marktmacht zwischen Zulieferer und Abnehmer großes Konfliktpotenzial. So verlangen große Einzelhandelsketten, dass ihre Zulieferer die Produkte auf eigene Rechnung mit RFID-Transpondern ausstatten. In dieser Situation fällt dann ein Großteil der Kosten bei einem anderen Akteur an als die Einsparungen, die sich durch RFID ergeben. Die Verteilung der Marktmacht entscheidet somit stark über die Geschwindigkeit, mit der sich die Systeme bei den potenziellen RFID-Anwendern verbreiten.

Lesefehler: die Schwachstellen kennen

Während das sequenzielle Auslesen der RFID-Transponder sehr zufriedenstellend funktioniert – schon heute lassen sich pro Sekunde bis zu 200 Funkchips erfassen – wurde beim parallelen Auslesen (Bulk-Lesen) etwa jeder vierte Transponder nicht richtig erkannt. Das Materialumfeld bedingt Abschirmungs- und Reflektionseffekte, die wiederum die Fehlerhäufigkeit des Leseprozesses evident beeinflussen. Beispielsweise treten im Umfeld von Metallen und Flüssigkeiten deutlich mehr Fehler auf. Das RFID-System muss daher sehr genau auf das Umfeld abgestimmt sein, um durch Lesefehler bedingte Systemausfälle zu vermeiden.

Verarbeitungszeit: RFID baut auf schnelle Reaktion

Insbesondere bei der Schnittstelle zu den ERP-Systemen stehen die RFID-Projekte noch vor Herausforderungen. Die Probleme treten speziell bei der Verarbeitung der für RFID-Systeme typischen großen Datensätze auf. Die möglicherweise zu langsame Verarbeitung neuer Informationen steht der angestrebten schnellen Reaktion entgegen und untergräbt damit ein schwerwiegendes Argument für RFID-Systeme. Die Softwarehäuser arbeiten mit Hochdruck an Systemen, die Daten sinnvoll priorisieren und ordnen, um so schnell reagieren zu können.

RFID-Markt mit sehr guten Aussichten

Nach den ausstehenden Fortentwicklungen bei der Software wird den RFID-Systemen bei der Steuerung der Prozesse innerhalb der gesamten Wertschöpfungskette schnell eine entscheidende Bedeutung zukommen. Diese Steigerung geht insbesondere auf den breiten Einsatz im Einzelhandel zurück. Das kommerzielle amerikanische Marktforschungsinstitut VDC rechnet für 2008 im Einzelhandel der gesamten EU-15 mit gut 2,5 Mio. Funketiketten; knapp ein Viertel davon soll allein in Deutschland eingesetzt werden.

Bei den RFID-Projekten wird die relative Bedeutung der Hardware an den Gesamtkosten der RFID-Projekte heute zumeist überschätzt. Denn laut Soreon Research sind es Software und Installationsservices, die knapp zwei Drittel der Projektkosten bedingen. Künftig werden RFID-Software und -Services an Bedeutung gewinnen. Die beiden RFID-Teilmärkte entwickeln sich wesentlich dynamischer als der Teilmarkt für RFID-Hardware. Bis 2010 wird der Markt für RFID-Software mit einer durchschnittlichen Wachstumsrate von 60% p.a. am stärksten wachsen, gefolgt von RFID-Services (durchschnittlichen Wachstumsrate: +50% p.a.) und RFID-Hardware (+20% p.a.).

Bei den Investitionen in RFID-Projekte führt Deutschland vor Großbritannien und Frankreich den europäischen Vergleich an. Doch der Anteil dieser drei großen Länder am gesamten Investitionsvolumen in der EU-15 geht zugunsten der kleineren Länder zurück. Laut Soreon Research stemmten Deutschland, Großbritannien und Frankreich 2004 zusammen noch knapp 90% des gesamten Investitionsvolumens der EU-15, 2006 werden es nur noch 60% sein.

Diese Verschiebung der Gewichte weg von den Early-Adopters, hin zum breiten Markt zeigt, dass die RFID-Technologie schell reift und diffundiert. Letztlich wird der Gesamtmarkt für RFID-Systeme (Dienstleistungen, Hard- und Software) zwischen 2004 und 2010 global von EUR 1,5 Mrd. auf 22 Mrd. (durchschnittliche Wachstumsrate: +57% p.a.) wachsen. Im gleichen Zeitraum wird der Markt in der EU-15 von EUR 0,4 Mrd. auf 4 Mrd. (+47% p.a.) steigen.

Fazit: Zukunftstechnologie längst in der Gegenwart angekommen

RFID verbindet die physische Welt der Produkte mit der virtuellen Welt der digitalen Daten. Die Medien feiern den Funkchip als Technologie der Zukunft, dabei ist RFID längst in unserer Gegenwart etabliert. Von der Erfassung von Fahrzeugen in einem Mautsystem, bis hin zur individuellen Zeitmessung einzelner Sportler bei Massenveranstaltungen sind viele RFID-Projekte bereits Realität. Die Ineffizienzen in Produktion und Lagerhaltung sowie die Bekämpfung von Kriminalität in allen Wirtschaftsbereichen befördern dabei das Interesse an RFID.

RFID steht für ein umfassendes Strukturkonzept in allen Wirtschaftsbereichen. Dieses Strukturkonzept geht weit über den Regimewechsel weg vom Strichcode hinaus. Erfolgreiche RFID-Projekte sind nicht als preisgünstige Standardlösung zu haben, sondern müssen speziell für den jeweiligen Einsatzbereich konfiguriert werden. Die konkreten RFID-Projekte verschiedener Ausprägung lassen sich den drei Bereichen hoheitliche Aufgaben, Produktinnovation sowie Distribution, Lagerhaltung und Logistik zuordnen.

Mit ihrem großen Freiheitsgrad sind die unverbundenen geschlossenen Systeme vor allem in der Produktion längst erfolgreich. Dagegen erwachsen bei den offenen Systemen aus den fünf Aspekten Verarbeitungsgeschwindigkeit, Fehlerhäufigkeit des Auslesens, Berücksichtigung von Datenschutz und Privatsphäre, Fortschritt der Standardisierung und Investitionskosten noch große Herausforderungen.

Bei der Standardisierung stehen neben den Datenformaten der Software auch die Funkleistung und der Frequenzbereich der Funkchips im Schlaglicht. Funkleistung und Frequenzbereich entscheiden über die Funkreichweite und damit über das Geschäftspotenzial des RFID-Systems.

Insbesondere bei der Funkleistung geraten die Interessen der Anwender von RFID-Systemen schnell mit den Interessen der privaten Endverbraucher in Konflikt. Die derzeit gültige regulatorische Einschränkung der Funkleistung in der EU berücksichtigt besonders die Ängste der Verbraucher vor durch Elektrosmog verursachten Gesundheitsschäden. Kurzfristig wird diese Rücksicht mit der Einschränkung des Geschäftspotenzials von RFID erkauft. Langfristig allerdings könnte diese regulatorische Einschränkung die Akzeptanz der Technologie fördern und das Marktpotenzial deutlich erweitern. Denn die Berücksichtigung der Konsumentenängste gegenüber der neuen Technologie spielt eine große Rolle für den Erfolg der RFID-Systeme.

Doch neben den Gesundheitsschäden durch Elektrosmog steht die Sorge um in die Privatsphäre ebenfalls weit oben auf der Liste der Konsumentenängste. Obgleich das Schreckensbild vom allzeit rückverfolgbaren gläsernen Kunden zu relativieren ist, sind nachhaltige Sicherheitskonzepte gefragt, die den unautorisierten Zugriff und die unbefugte Manipulation gespeicherter Daten weitgehend ausschließen. Die Forderung nach deaktivierbaren Funkchips allein springt zu kurz, denn diese Chips eröffnen dem Eingriff in die Privatsphäre des Konsumenten sowie der Sabotage sogar neue Möglichkeiten.

Die Tauglichkeit von RFID für den Massenmarkt steht im Spannungsfeld zwischen der Forderung nach preisgünstigen Lösungen und der Forderung nach einem hohem garantierten Sicherheitsniveau, das zusätzliche Investitionen voraussetzt. Bei der Umsetzung von RFID-Projekten in der Fläche kommt dem Einzelhandel eine entscheidende Rolle zu. Doch über den Einsatz im Einzelhandel hinaus wird RFID in der gesamten Wertschöpfungskette aller Wirtschaftsbereiche schon bald nicht mehr wegzudenken sein.

Bis 2010 sollte der Gesamtmarkt für RFID-Systeme weltweit auf EUR 22 Mrd., in der EU-15 auf EUR 4 Mrd. anwachsen. Die beiden Teilbereiche RFID-Software und -Services werden sich auch weiterhin deutlich dynamischer entwickeln als der Teilbereich RFID-Hardware. Die Technologie diffundiert auch in regionaler Hinsicht. Von den Ländern der Technologieführer geht die Dynamik über in den breiten Weltmarkt.

Insgesamt ist die Zukunftstechnologie RFID somit längst in unserer Gegenwart angekommen. Bei ihrem enormen Potenzial sind die Funkchips vollkommen zu Recht in aller Munde.

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