Suchmaschinenmarketing in Europa

Auch wenn der Blick auf die andere Seite des Atlantiks oftmals von Neid geprägt ist, sind die europäischen Länder den USA in einem Punkt voraus: Hier zu Lande wird mehr Geld für Suchmaschinen- als für Bannerwerbung ausgegeben. Bestandsaufnahme einer schnell wachsenden Branche.

Die Meinung, dass die USA in der Onlinewerbung eine deutliche Vorreiterrolle gegenüber Europa einnimmt, ist weit verbreitet. Sicherlich trifft dies in vielen Bereichen auch zu. Tatsächlich jedoch ist Europa dem amerikanischen Markt auf einem anderen Gebiet voraus: Europa gibt inzwischen mehr Geld für Suchmaschinen- als für Banneranzeigen-Werbung aus.
Die Zunahme der Suchmaschinenwerbung in Europa spiegelt die veränderten Gewohnheiten der europäischen Unternehmen und Verbraucher wider. Europäer werden zunehmend für die Annehmlichkeiten des Online-Shoppings gewonnen, und die Nutzung von Suchmaschinen spielt bei der Erzeugung solcher Transaktionen eine Schlüsselrolle. Eine zunehmend wichtige Rolle spielt die Internetsuche auch beim Offline-Erwerb von Häusern, Fahrzeugen und anderen hochwertigen Gegenständen.
Suchmaschinenwerbung setzt sich in Europa mehr und mehr durch, weil sie von den Werbetreibenden zunehmend verstanden und angenommen wird. Verkäufer schätzen die Suchmaschinen als Werbeplattform, weil der Preis im direkten Verhältnis zur Leistung steht. Die Unmittelbarkeit und Überprüfbarkeit der Suchmaschinenwerbung senkt bei europäischen Werbekunden die Hemmschwelle, dieses Werbemedium auszuprobieren. Viele europäische Werbetreibende haben mit dem Suchmaschinenmarketing ihre ersten Schritte ins Internet unternommen.
Während wir von Europa oft als von einem Markt sprechen, ist es in Wirklichkeit eine Ansammlung verschiedener Märkte – jeder mit einem anderen Entwicklungsstand. Der englische Markt für Onlinewerbung macht im Bereich der technischen Entwicklung und bei den Ausgaben dem amerikanischen Markt Konkurrenz. In Ungarn kaufen Werbetreibende Keywords bei einer lokalen Suchmaschine zum festen Preis und reservieren sie für ein halbes bis ganzes Jahr.
Dieser Bericht hebt die besonderen Eigenarten der Suchmaschinenwerbung in Europa hervor, mit Schwerpunkt auf England, Frankreich und Deutschland. Wir haben eine Anzahl von Experten aus der europäischen Werbeindustrie befragt, darunter Verlage, Werbeagenturen, Kreativagenturen und das Interactive Advertising Bureau (IAB).

Suchmaschinenmarketing wächst überproportional

Das Jahr 2005 stellte einen Höhepunkt im Wachstum des europäischen Marktes für Suchmaschinenmarketing dar. Laut JupiterResearch wuchs der Markt von 2004 bis 2005 um 77%. Im Jahresvergleich hat sich dieses Wachstum in 2006 auf immer noch ansehnliche 35% etwas verlangsamt.
Europäische Einnahmen aus der Onlinewerbung erreichten 2005 eine Höhe von 3,93 Milliarden €, die Ausgaben für Banner-, Suchmaschinen- und Rubrikanzeigen mit eingeschlossen. Europas Markt für Onlinewerbung ist 2006 um 26% auf eine Höhe von 4,96 Milliarden € angewachsen; von den europäischen Ausgaben wird erwartet, dass sie bis 2011 eine Höhe von 8,31 Milliarden € erreichen.

Die Online-Suche ist der am schnellsten wachsende Bereich des europäischen Online-Werbemarktes. Nach Angaben von Forrester Research setzten im Jahr 2004 bereits 44% der Direkt-Marketing-Unternehmen Suchmaschinenwerbung innerhalb ihrer Marketingsstrategien ein. 2006 wurde in Europa bereits mehr für das Suchmaschinenmarketing ausgeben als für Online-Anzeigen. Nach aktuellen Untersuchungen von JupiterResearch hat dabei die Suchmaschinenwerbung im Jahr 2006 2,16 Milliarden € erreicht, während sich die Anzeigen auf insgesamt 1,97 Milliarden € belaufen. Vom US-Markt wird erwartet, dass er diese Grenze in naher Zukunft überschreitet. Im Gegensatz zu JupiterResearch prognostiziert Forrester Research sogar ein weiteres Anwachsen der europäischen Ausgaben allein für Suchmaschienenmarketing auf 13 Milliarden € innerhalb der nächsten fünf Jahre.
Ein Grund für die zunehmende Beliebtheit der Suchmaschinenwerbung unter europäischen Werbetreibenden ist, dass der Preis im direkten Verhältnis zur Leistung steht.

Großbritannien führt bei den Ausgaben
Großbritannien ist Europas größter Markt für Suchmaschinenwerbung. Der englische Markt für Suchmaschinenmarketing erreichte 2005 einen Wert von 697 Millionen € und hat 2006 laut JupiterResearch um 22% auf 895 Millionen € zugelegt.

Großbritannien ist auch der am stärksten entwickelte Suchmaschinen-Markt in Europa. Der Bereich Suchmaschinen machte 2005 im Königreich 49% der Ausgaben für Onlinewerbung aus, verglichen mit 38% in Deutschland und 37% in Frankreich. Die Suchmaschinenwerbung hat laut JupiterResearch in England 2006 einen Anteil von über 51% bei den Ausgaben für Onlinewerbung erreicht.

Mit einem Anteil von 44% am europäischen Suchmaschinen-Markt nimmt Großbritannien 2005 eine dominante Position in Europa ein, so JupiterResearch. Diese Position sollte sich in den kommenden Jahren nicht wesentlich verändern. „Ich glaube, wir sind auf gleicher Stufe mit den USA“, sagt Paul Frampton, Chef von Digital at Media Contacts UK. „Wenn man bedenkt, dass Großbritannien später angefangen hat, hat sich der Markt hier rasanter entwickelt.“

Der französische Markt wächst am schnellsten
Frankreich ist der am schnellsten wachsende Markt für Suchmaschinenmarketing in Europa. Frankreichs Ausgaben in diesem Bereich wuchsen 2005 um 124%, im Vergleich zum europäischen Durchschnitt von 77% (JupiterResearch). 2006 sind Frankreichs Ausgaben für den Suchmaschinenbereich in noch höherem Tempo (46%) gewachsen als in Deutschland (36%) und Großbritannien (28%). Bis zum Jahr 2010 erwartet Forrester Research ein weiteres Wachstum des französischen Marktanteils am europäischen Suchmaschinenmarkt auf 31%.

Während Google und Yahoo! in Frankreich die dominierenden Suchmaschinen sind, beansprucht auch der inländische Mitbewerber Voilà einen beachtlichen Markanteil. „Manche Leute in Frankreich haben ein Problem mit Google“, erklärt Linus Gregoriadis von der britischen Forschungsfirma E-Consultancy.

Deutsche zögern bei den Ausgaben
Deutschland ist laut JupiterResearch Europas zweitgrößter Suchmaschinenmarkt, mit Ausgaben von 297 Millionen € im Jahr 2005. Dennoch sind sich Beobachter darin einig, dass sich Deutschland hier noch weit unter seinem Potenzial bewegt. Als Ursache wird der vergleichsweise schleppende Anlauf beim E-Commerce genannt.
„Deutschland ist ein etwas größerer Markt als Großbritannien in Bezug auf die Internet-Bevölkerung“, meint Amanda Davie von i-level, einer Agentur für digitale Kommunikation, „aber die Deutschen waren bis vor kurzem beim E-Commerce weitaus zurückhaltender, weil es in Deutschland gesetzliche Beschränkungen gab, Kreditkarten online zu nutzen. Es war schwieriger, eine Kreditkarte zu bekommen. Zudem waren Online-Bezahlsysteme nicht so weit entwickelt wie in Großbritannien.“
Leah Stitson, European Sales Operations Director of Yahoo! Search Marketing, merkt an, dass der Erfolg von eBay auf dem deutschen Markt ein Zeichen des Fortschritts im E-Commerce sei und zu einer weiteren Steigerung bei den Ausgaben für die Suchmaschinenwerbung führen sollte.

Europa ist anders

Der amerikanische Markt für Onlinewerbung entwickelt regelmäßig neue Technologien, Produkte und Werbeformate, die ihren Weg auch nach Europa finden. Mehrere bekannte amerikanische Internet-Marken haben sich in Europa etablieren können und sind auch hier zu Marktführern geworden. Aus diesen Gründen ist es oftmals interessant, den europäischen Markt für Onlinewerbung mit dem der Vereinigten Staaten zu vergleichen. Der Schlüssel zum Erfolg in Europa besteht jedoch darin, auch die Unterschiede zu verstehen.
„In Europa hat man es mit verschiedenen Ländern, nicht nur mit verschiedenen Bundesstaaten zu tun, folglich muss man über Domänennamen, verschiedene Sprachen und möglicherweise verschiedene Gesetze nachdenken“, erläutert Danny Sullivan von Search Engine Watch, der führenden US-Publikation über den Suchmaschinenmarkt. „Und dies trotz der Tatsache, dass sie eigentlich eine große, glückliche Europäische Union sein sollten.“

„Manche Leute scheinen grundlegende Dinge nicht zu verstehen“, sagt Sullivan zu den Problemen von US-Unternehmen, in Großbritannien Fuß zu fassen. „Ein Beispiel ist die Tatsache, dass Englisch im Vereinigten Königreich anders geschrieben wird. Die Briten verstehen amerikanisches Englisch, und sie tolerieren es, aber im Hinterkopf wissen sie, dass du nicht für sie schreibst“, sagt Sullivan.

„Der europäische Markt unterscheidet sich vom US-Markt“, stimmt Linus Gregoriadis von E-Consulting zu. „Statt eines einheitlichen, großen Marktes wie in den Vereinigten Staaten, besteht Europa aus zahlreichen Märkten. Für viele Unternehmen ist es ungewohnt, Suchmaschinenmarketing auf einer koordinierten, europäischen Ebene zu betreiben.“

Google beherrscht den Kontinent
Google dominiert den Suchmaschinenmarkt in Europa, insbesondere außerhalb Großbritanniens. In Deutschland nähert sich der Marktanteil von Google etwa 90 %. „Das Spiel in Europa heißt Google“, erklärt Andy Atkins, CEO von WebCertain, einem Web-Marketing-Unternehmen, das auf mehrsprachige Suchmaschinenmarketing-Kampagnen in Europa und Asien spezialisiert ist.
Google-Seiten werden laut comScore in Europa auch von einem größeren Anteil von Internetnutzern (75%) besucht als in den Vereinigten Staaten (60%). Nach von comScore im Juli 2006 veröffentlichten Zahlen waren Google-Seiten in jenem Monat mit über 156 Millionen Besuchern die am häufigsten besuchten Online-Sites in Europa.
Die dominanten Suchmaschinen – Google, Yahoo und MSN, in der Branche auch scherzhaft „GYM Club“ genannt – sind auch die reichweitenstärksten Medieninhaber Europas.

Die Sprache beeinflusst das Endergebnis
„Einer der größten Fehler, den wir bei englischsprachigen Kunden sehen, die in fremdsprachigen Märkten arbeiten“, sagt Atkins von WebCertain, „ist, dass sie erwarten, ein Satz englischer Keywords könne in einen gleichwertigen Satz der Zielsprache übertragen werden. So funktioniert es einfach nicht.“
Atkins warnt, dass andere Sprachen kleinere Keyword-Mengen hervorbringen als das Englische. „Wenn Sie das Vokabular verschiedener Sprachen betrachten, so haben diese nicht dieselbe Größe. Englisch kommt auf ungefähr 180.000 Wörter, Deutsch auf 80.000 und Französisch auf 65.000“, sagt Atkins.
Sprache kann auch die Budgets für das Suchmaschinenmarketing beeinflussen. „Man stellt oftmals fest, dass für Deutsch höher geboten wird als für Englisch“, sagt Atkins. „Bei deutschen Keywords neigt man dazu, die Kosten pro Klick höher anzusetzen, aber dafür mit einer geringeren Anzahl von Begriffen zu arbeiten.“
„Es reicht nicht aus, eine bestimmte Menge an Keywords zu übersetzen“, erklärt Atkins, „man muss auch wissen, welche Begriffe die Leute tatsächlich bei ihrer Suche verwenden.“ Atkins nennt als Beispiel ein Unternehmen für „Accelerated Learning“, das seine Website wortwörtlich ins Deutsche übersetzt hat. „Leider war es zu perfekt“, sagt Atkins. „Sie hatten den Begriff ‚accelerated learning‘ ins Deutsche übersetzt, aber tatsächlich bevorzugen es die Deutschen, den Begriff aus der englischen Sprache zu benutzen.“

Suchmaschinen-Optimierung ist weniger entwickelt
Der Begriff „Suchmaschinen-Optimierung“ oder „Index-Optimierung“, im Englischen auch als „Natural Search Optimisation“ (NSO) bezeichnet, beinhaltet Design und Optimierung von Webseiten, um zu gewährleisten, dass sie eine hohe Präsenz bei den Suchmaschinen erhalten. Die für diese Studie befragten Branchenführer stimmen darin überein, dass die natürliche Suche in Europa relativ unterentwickelt ist.

„Eines der größten Probleme ist das Vertrauen“, so Amanda Davie von i-level. „Die Suchmaschinen-Optimierung erfordert ein hohes Maß an Vertrauen, besonders wenn man es ohne faule Tricks tun will, was im Allgemeinen heißt, direkt an der Website selbst zu arbeiten. Dazu muss ein Werbekunde, der keine direkte Beziehung zu den entsprechenden Dienstleistern hat, einen großen Vertrauensvorschuss aufbringen.“
Ein weiteres Problem ist die Berechenbarkeit. „Die Vorteile der Suchmaschinen-Optimierung sind nicht so leicht zu messen“, sagt Gregoriadis von E-Consultancy. „Suchmaschinen-Optimierung ist noch immer eine Kunst, die von vielen Agenturen und Kunden nicht ganz verstanden wird; obwohl sie ebenso wichtig ist wie Suchmaschinenmarketing.“ Suchmaschinenmarketing („Search Engine Marketing“ = SEM), auch als ‚Paid Search‘ bekannt, ist das Verfahren, bei den Suchmaschinen „Sponsored Links“ auf Basis einer Pro-Klick-Bezahlung zu erwerben.
Davie sieht NSO als integralen Bestandteil der Entwicklung von Webseiten. „Je näher man am Kunden ist und seine Strategie bei der Site-Entwicklung beeinflussen kann, desto eher wird man sich auch mit der Suchmaschinen-Optimierung befassen. Wenn Sie ein Medienbesitzer oder ein Drittanbieter für Technologie sind, dann haben Sie nicht unbedingt diese Beziehung zum Kunden.“
Laut Gregoriadis ist die bezahlte Suche die passendere Maßnahme für große Media-Agenturen. „Es ist eine klarere Form der Werbeausgabe, in der Bezahlung und Leistung von Werbemitteln recht transparent sind.“

Media-Agenturen spielen in Europa eine größere Rolle

„Allgemein scheinen größere Media-Agenturen in Europa, soweit es die Online-Suche betrifft, wesentlich stärker zu sein als in den USA“, meint Sullivan. In dieser Hinsicht spiegelt sich in Europas Online-Werbeindustrie das Kräfteverhältnis seiner traditionellen Werbemärkte wider. „In Europa spielen Media-Agenturen eine bedeutendere Rolle beim Media-Einkauf“, sagt Davie, „und das gilt auch für die Suchmaschinenwerbung.“
Nach Gregoriadis legen Agenturen und SEMs ihren Fokus auf unterschiedliche Kompetenzbereiche. „Agenturen können einen ganzheitlicheren, umfassenderen Ansatz anbieten und liefern das Suchmaschinenmarketing innerhalb einer breiteren Palette von Dienstleistungen. SEMs sind Such-Spezialisten und leisten möglicherweise bessere Arbeit, weil sie auf einen Bereich konzentriert sind.“
Jedenfalls sind SEMs in den technischeren Gebieten im Vorteil, fügt Gregoriadis hinzu: „Gerade im Bereich der organischen Suche haben die SEM-Spezialisten das beste Wissen. Das bedeutet für Kunden, dass sie innerhalb des digitalen Raums getrennte Agenturen benötigen, um sich der bestmöglichen Dienstleistungen zu versichern.“

Davie argumentiert, dass die Nachfrage am Markt zunehmend die Agenturen begünstigt. „Der entscheidende Unterschied liegt darin, dass SEM einem Werbekunden keine umfassende Lösung anbieten kann. Dies gewinnt stetig an Bedeutung, da wir zu verstehen beginnen, was die Nachfrage bei der Suche antreibt – wie man seine Werbeausgaben offline manipulieren kann, um eine Nachfrage für bestimmte Produkte oder Marken zu erzeugen. Und deshalb müssen die Werbetreibenden damit aufhören, die Online-Suche als Randthema abzutun.“
„SEMs werden zunehmend benachteiligt“, fährt Davie fort, „weil sie nicht zwingend den breiteren Medienzusammenhang verstehen. In dem Maße, in dem die Suchmaschinen beginnen, verhaltensmäßige und demografische Aspekte einzubeziehen, werden Verkäufer mehr traditionelle Planungs- und Targeting-Werkzeuge einsetzen, um die Online-Kunden zu erreichen.“

Media-Agenturen verlangen Rabatt
Europäische Agenturen haben gegenüber kleineren Mitbewerbern noch einen weiteren Vorteil: einen automatischen Preisnachlass von bis zu 15% von den Pay-per-Click-Suchmaschinen.
Laut Davie ist dieser Rabatt notwendig, da europäische Werbetreibende es nicht gewohnt sind, Agenturen für deren Dienste im Voraus zu bezahlen. „Agenturen in Europa sind zum Teil deswegen in der Lage, Mehrwert zu liefern, weil die Kunden den Rabatt dazu verwenden können, für einige Dienste zu bezahlen.“
Google kämpft dafür, diese Spielregeln in Europa zu ändern. Mit dem 1. Januar 2006 hat Google seine Rabatte für Agenturen abgeschafft und durch ein neues und finanziell weniger lukratives System ersetzt, das als „Best Practice Funding“ bekannt ist. Mit dem Start von Google in Europas weniger entwickelten Werbemärkten wie Polen und der Tschechischen Republik umgeht man den Agenturrabatt von vornherein.
Googles Schritt spiegelt die Realitäten des US-Marktes wider, wo Unternehmen dazu übergehen, durch SEMs oder direkt bei den Suchmaschinen zu kaufen. „Google und einige der mehr US-zentrierten Suchmaschinen versuchen, dieses Modell auf Europa anzuwenden, aber es funktioniert nicht“, sagt Davie. „Es gibt darüber auch einige Verstimmung.“
Yahoo! hat keine Absicht, dem Vorbild von Google zu folgen. „Wir haben in jedem Land verschiedene Regeln für das Zahlen von Provisionen“, erklärt Leah Stitson von Yahoo!.
„Die Provisionsstufen fangen bei 5% an und gehen bis zu 15%, abhängig von vielerlei Kriterien. Wir passen diese Struktur periodisch an, aber wir haben keine Pläne, sie aufzugeben.“

Konsolidierung im Suchmaschinenmarketing?
Die interviewten Experten waren sich einig, dass eine Konsolidierung beim europäischen SEM in den kommenden Jahren wahrscheinlich ist. „In den nächsten zwei bis drei Jahren wird es weniger SEMs geben“, sagt Paul Frampton von Media Contacts UK. „In den USA öffnen und gedeihen kleinere Online-Shops, aber in Großbritannien konsolidieren sie sich.“
„Die Suchmaschinennutzung macht nur 5% der verbrachten Online-Zeit aus, und während sie ein wesentlicher Bestandteil des Marketing-Mixes ist, kann sie nicht isoliert geplant und verwaltet werden.“
„Vor wenigen Jahren wollte jeder ein Spezialist sein“, meint Frampton. „So, wie sich der Markt entwickelt hat, wird die Suche durch Offline- und andere Online-Kanäle sehr beeinflusst. Es hat keinen Sinn mehr, sie getrennt zu verwalten.
Wir haben als Agentur jahrelang in die Suche (Personal und Technologie) investiert, und jetzt endlich sieht man, dass die größeren traditionellen Agenturen dasselbe tun.“
Gregoriadis stimmt zu: „In Großbritannien ist es wahrscheinlich, dass große Online-Werbeagenturen auf Suchmaschinenwerbung spezialisierte Agenturen einkaufen, um Wissen und Erfahrung zu bekommen, die sie intern benötigen. Der Vorteil für die Kunden ist, dass sie ihren digitalen Bedarf über einen Anbieter decken können.“
„Ein wenig davon können wir in den USA schon sehen“, sagt Danny Sullivan von Engine Watch, „wo größere Firmen in den Besitz größerer Agenturen überzugehen scheinen. Ich bin sicher, dass wir einiges davon erleben, und trotzdem eine ziemlich gemischte Gruppe von Online-Unternehmen behalten werden.“
Davie sieht die Möglichkeit für eine weitere Konsolidierung der europäischen Medien: „Wir dürften erleben, wie einige Rundfunk-Medienunternehmen versuchen, ein Stück vom Suchmaschinen-Kuchen abzubekommen. Unternehmen wie BskyB, France Telecom und Orange sind Unternehmen, die die digitale Zukunft erkennen. Und wenn diese Unternehmen ihren Content zu Geld machen wollen, müssen sie über Pay-per-Click und andere Modelle des Performance-Marketings nachdenken.“

Der Suchmaschinenmarkt in den USA hat eine Anzahl suchbezogener Dienstleistungen hervorgebracht, darunter Suchmaschinen-Optimierung, lokale Suche, Kontextsuche und „Paid Inclusions“ (bezahlte Platzierungen).
Diese Dienste haben sich aufgrund der Größenunterschiede des Marktes in Europa langsamer entwickelt. Die europäischen Ausgaben für die Suchmaschinenwerbung wachsen zwar stetig, jedoch wird der Gewinn über sprachlich und regional fragmentierte Märkte aufgeteilt.
Deren Volumen ist gering, und damit wird es unwirtschaftlicher, Ableger von suchbezogenen Dienstleistungen zu entwickeln und zu vermarkten. Nichtsdestotrotz gewinnen diese Dienste besonders in den besser entwickelten Märkten langsam an Zugkraft.

Die „natürliche Suche“ nimmt zu
„Da die Preise für bezahlte Suchergebnisse steigen und die Unternehmen den PR-Wert der organischen Suche verstehen“, sagt Sullivan, „glaube ich, dass wir mehr von dem sehen werden, was in den Staaten passiert, nämlich ein wachsendes Bewusstsein dafür, dass Suche nicht immer nur ‚Paid Search‘ heißen muss.“
Sullivan zufolge lernen europäische Marketer durch Erfahrung: „Sie bezahlen mehr Geld, also reden sie mit Leuten, um Alternativen zu finden. Oder sie bekommen PR-Probleme – wenn sie entdecken, dass jemand ihrem Unternehmen bei den Suchergebnissen den Rang abläuft – und sie wollen wissen, wie sie dem beikommen können.“
E-Consultancy vermerkte in Großbritannien für 2006 bei den Dienstleistern für Suchmaschinen-Optimierung ein Wachstum von 50% auf 218 Millionen € – ein in anderen europäischen Märkten ebenfalls sichtbarer Trend. „Ich glaube, die Suchmaschinen-Optimierung kommt in Europa wieder in Mode“, sagt Atkins von WebCertain. „Immer mehr Kunden sagen zu uns: Können wir mehr Besucher über normale Suchergebnisse bekommen und unsere Pay-per-Click-Kosten reduzieren?“
„Es wird schwieriger, bei den Ergebnissen einer Suchmaschine auf die erste Seite zu kommen – was viele Unternehmen dazu bewegt hat, sich an Agenturen für Suchmaschinen-Optimierung zu wenden“, sagt Gregoriadis.
„Die Firmen sind aufgewacht und haben erkannt, dass sie in Suchmaschinen präsent sein müssen“, sagt Gregoriadis, „und dass ein großer Teil ihres Traffics von dieser Quelle abhängig ist.“ Den Unternehmen ist klar geworden, dass sie nicht nur auf die immer teurer werdenden Pay-per-Click-Kampagnen setzen können, um sichtbar zu sein. Es ist wichtig für ihre Marke eine langfristige Strategie für das Suchmaschinenmarketing zu besitzen, die sowohl bezahlte als auch natürliche Suche berücksichtigt.“
„Während der europäische Markt heranreift, kippt das Gleichgewicht zugunsten von unmanipulierten, natürlichen Suchverfahren“, so Davie. „Im Moment steht es vielleicht 50:50. Die Opportunisten suchen noch nach Alternativen, kommen damit aber einfach nicht mehr weiter. Die Suchmaschinen sind mit ihren Algorithmen wesentlich ausgereifter geworden.“

Lokale Suche ist vielversprechend
Die Lokale Suche bezeichnet das Verfahren, Zielgruppen nach Wohnorten anzusprechen. Die überwiegende Mehrheit der Print-Werbung ist lokal, deshalb sehen die Onlinewerbetreibenden in lokalen Suchdiensten ein großes Potenzial.
„Das Thema ‚Lokale Suche‘ ist frustrierend“, meint Amanda Davie von i-level und gibt damit die Meinung von vielen wieder. „Wir warten schon seit Jahren auf solche Dienste, doch aus Sicht der Werbebranche gibt es die lokale Suche als funktionierendes Geschäftsmodell noch immer nicht. Die Experten präsentieren Konzepte, aber wirklich umsetzbar ist das Ganze noch nicht.“

„Wir liegen weit darin zurück, aus lokaler Suche Geld zu machen“, fügt Davie an, „verglichen mit den USA, wo es Unternehmen wie Verizon bereits seit Jahren machen. In Großbritannien kaufen wir immer noch die lokalen Verzeichnisse – Yell (Yellow Pages Online) und Thompson“. Google Local Search in Großbritannien ist eigentlich Yell.com.
„Es gibt eine große Nachfrage für lokale Suche“, stimmt Leah Stitson zu. „Yahoo! hat mit der Einführung des Produktes Local Match in Deutschland und England zum Juli 2006 Schritte unternommen, dieser Nachfrage nachzukommen.“ Stitson gibt aber zu, dass dies ein Frühstadium ist. „Es gibt ein deutlich höheres Potenzial für die lokale Suche, die eines unserer Hauptaugenmerke für die kommenden Monate ist.“
Stitson erklärt, dass es „Yahoo! Local“-UK und -DE den Werbetreibenden ermöglichen, Kunden auf der Suche nach Produkten und Dienstleistungen in der Nähe ihres Geschäfts- oder Wirkungsbereiches zu erreichen und so zu mehr Laufkundschaft oder telefonischen Anfragen beizutragen, indem sie die Geschäfte mit potenziellen Kunden verbinden, die zwar lieber online suchen, aber offline kaufen. Lokale Suchanfragen werden sowohl von Yahoo! Search Marketing gesponserte Ergebnisse als auch Kleinanzeigen von Yahoo! Local liefern, die von The Phone Book von BT und in Deutschland von Das Örtliche zur Verfügung gestellt werden.
Yahoo! hat den Start des Geotargeting zum Launch der neuen Plattform in den USA angekündigt. Geotargeting wird dann mit der Einführung der neuen Plattform auf jedem Markt verfügbar sein.
„Lokale Suche gewinnt wahrscheinlich irgendwann eine sehr große Bedeutung“, sagt Gregoriadis, „aber im Moment ist der Markt noch in einem embryonalen Stadium. Die Realität ist, dass die Benutzer von Suchmaschinen wie Google die lokale Suche nicht in großer Zahl nutzen. Gleichzeitig sind die Vorteile des lokalen Suchens von den Millionen an Geschäften, die Vorteile davon hätten, bisher nicht erkannt worden.“
„Es wird Zeit brauchen, bis die lokale Suche in Fahrt kommt. Auf lange Sicht wird sie jedoch sehr bedeutsam werden“, sagt Gregoriadis.

Kontextsuche umstritten
Kontextsuche ist ein Service, der die Anzeigen auf der Seite eines Herausgebers entsprechend den Suchbegriffen platziert, die auf diese Seite geführt haben. Die Suchmaschinen verkaufen diese Fläche an den Werbetreibenden und kassieren vom Herausgeber eine Provision.
Laut comScore gehören den drei beliebtesten Suchmaschinen Europas (Google, Yahoo und MSN) auch die am häufigsten besuchten Websites. Trotzdem geben große europäische Medienunternehmen dem Erwerb traditioneller Anzeigen noch immer den Vorzug gegenüber der kontextabhängig gesteuerten Werbung.
„Google AdSense und Google AdWords haben bewiesen, dass kontextsensitive Werbung zu besseren Klickraten führt“, sagt Gregoriadis, „aber das wurde von vielen der großen Medienseiten mit Anzeigenwerbung nicht in eine weitergehende Nutzung von Kontextwerbung umgesetzt.“
Amanda Davie hält das kontextabhängige Geschäftsmodell für fragwürdig: „Google ist naiv zu denken, es könne sein Gebotsmodell auf Bereiche wie Kontext- und Anzeigenwerbung übertragen, denn ein Anzeigenkunde hat hier andere Zielsetzungen und will nicht in derselben Weise Werbemedien kaufen oder bemessen.“

Ein weiteres Problem ist die Berechenbarkeit: „Google versucht, Anzeigenkunden in Europa Content-Targeting und Site-Targeting aufzudrängen“, erklärt Davie, „will aber keine Anzeigenschaltungen von Drittanbietern akzeptieren. Zurzeit drängen die Agenturen also zurück und sagen: Wenn wir heute noch nicht einmal Besuche und Verkäufe nach dem Aufruf einer bestimmten Seite messen können, wie sollen wir da die breitere Wirkung von Reichweite oder Bekanntheit messen? Wir brauchen auch Anzeigenschaltungen von Drittanbietern, um Äpfel mit Äpfeln vergleichen zu können.“

Kunden sollten wissen, wo ihre Anzeigen geschaltet werden, rät Leah Stitson von Yahoo!. „Es ist essenziell bei der Kontextwerbung, dass der Werbekunde die Anzeige aufmerksam nachverfolgt. Es ist wichtig, genau zu identifizieren, wo ihre Anzeigen erscheinen und wie nützlich diese Veröffentlichungen für ihr Geschäft sind.“

„Es gibt leider noch einen großen Anteil von Anzeigen, die zwar ausgeliefert werden, aber für den Konsumenten ohne Bedeutung sind“, pflichtet Gregoriadis bei.

Paid Inclusion noch minimal
„Paid Inclusion“ ist das Verfahren, eine Suchmaschine für die garantierte Aufnahme in deren Index zu bezahlen. Alle wichtigen Suchmaschinen bieten in den USA diesen Service an – mit Ausnahme von Google.
„In Europa ist ‚Paid inclusion‘ nicht weit verbreitet“, sagt Davie. „Das Potenzial ist zwar da, aber wir haben nicht so viele Gelegenheiten sie zu nutzen, wie andere suchbezogene Dienstleistungen.“
Yahoo! bietet in Europa Paid-Inclusion an, genau wie Wanadoo in Frankreich. „Paid-Inclusion ist effektiv“, meint Davie. „Sie kann viel höhere ‚Conversion Rates‘ bewirken, aber das Volumen ist hier nicht sehr groß.“

Wer wird Google herausfordern?
Im April 2005 kündigten der französische Präsident Jacques Chirac und der damalige deutsche Bundeskanzler Gerhard Schröder Pläne für eine europäische Suchmaschine an, die den amerikanischen Suchgiganten Google herausfordern sollte. Das Projekt mit Namen Quaero (lat. „Ich suche“) sollte von den Regierungen Frankreichs und Deutschlands gegründet und von einem Konsortium europäischer Unternehmen aufgebaut werden, darunter France Télécom, die Deutsche Telekom, Thomson und Bertelsmann.
Viele Beobachter sehen Quaero als eine politische Geste. „Ich glaube nicht, dass es irgendein Potenzial besitzt“, sagt Atkins. „Es mag eine nützliche Denkfabrik für die Entwicklung neuer Technologien sein, aber ich glaube, als Suchmaschine hat es keine Zukunft.“
Trotzdem sind sich die meisten darin einig, dass Googles Vorherrschaft unweigerlich infrage gestellt werden wird. „Sehen Sie auf ein Land wie Deutschland, wo sie 90% des Marktes kontrollieren“, sagt Sullivan. „Ich halte das für eine unnatürliche Situation; irgendjemand wird dazukommen und sich Marktanteile abgreifen.“

Schlussfolgerungen

– Suchmaschinenwerbung beansprucht heute den größten Anteil der europäischen Ausgaben für Onlinewerbung. Sie ist außerdem der am schnellsten wachsende Bereich bei Europas Werbeausgaben; ein Trend, der sich der Erwartung nach durch das gesamte Jahrzehnt fortsetzen wird. Zu den treibenden Kräften gehören dabei insbesondere die zunehmende Rolle des Internets im Alltag, die Steigerung beim Online-Shopping und die wachsende Erfahrung europäischer Werbetreibender.

– Im Vergleich zu den USA sind in Europa die Klickkosten generell niedriger, allerdings auch die Klick-Volumen. Eine erhöhte Nachfrage führt jedoch zu einem Anstieg der Klickkosten, insbesondere in Nischenmärkten. Steigende Klickkosten wiederum sind ein treibender Faktor für Dienstleistungen zur Suchmaschinenoptimierung in Europa.

– Der europäische Markt für Onlinewerbung liegt in den Händen einiger weniger Akteure. Media-Agenturen kontrollieren die meisten europäischen Werbeausgaben, während Google die marktführende Suchmaschine ist, gefolgt von Yahoo! und MSN. Die Top-3-Suchmaschinen sind gleichzeitig auch die wichtigsten Anbieter von Online-Sites.

– Der fragmentierte Online-Werbemarkt Europas hat die Einführung von lokaler Suche, Kontextsuche und Paid Inclusion verlangsamt. Der Erfolg dieser Dienstleistungen auf dem US-Markt belebt jedoch auch die Nachfrage in Europa. Mit dem Heranreifen des europäischen Online-Werbemarktes bereiten sich die Suchmaschinen darauf vor, dieser Nachfrage gerecht zu werden.

– Lokale Nuancen sind von großer Bedeutung. Trotz des Versprechens auf einen gemeinsamen Markt bleibt Europa ein Mosaik von Völkern, Sprachen und Kulturen. Das Internet verspricht zwar diese Unterschiede zu verringern, aber in Wirklichkeit wirkt es häufig verstärkend. Sprachliche und kulturelle Feinheiten sind von großer Bedeutung in einem Medium, in dem sich Geschäfte nur durch den Text auf einer Webseite voneinander unterscheiden – oder durch die Wortwahl in einer bezahlten Suchanzeige.

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