Berührung von Mensch und Marke

Wo und wie erleben Kunden eine Marke heute? In vielen Unternehmen besteht Unsicherheit darüber, welche Marketing-Ziele zu erfüllen und welche Maßnahmen zu ergreifen sind. Um das Image nicht nur heute, sondern auch noch in der Zukunft zu pflegen und Investitionen im Markt- und Markenmanagement zu optimieren, müssen Entscheider beim B2C und B2B lernen, den Marktbearbeitungs-Mix im dynamischen Umfeld ganzheitlich effizient und effektiv zu steuern. 

Touchpoint-Management – Muss unsere Marke jetzt twittern?

Wie Entscheidungsträger im B2C und B2B den Marktbearbeitungs-Mix im dynamischen Umfeld ganzheitlich effizient und effektiv steuern können, um Investitionen im Markt- und Markenmanagement zu optimieren, erläutert dieser Beitrag. Zentral ist die Messbarkeit der kundenseitigen Wirkung von Touchpoints zur Bestimmung des optimalen Marktbearbeitungs-Mix sowie zur Maximierung des ROI.

Aus der Unternehmensperspektive betrachtet besteht die begründete Gefahr, dass immer mehr instrumentelle, personelle und finanzielle Mittel eingesetzt werden müssen, um (potenzielle) Kunden heute überhaupt noch zu erreichen, für sich zu gewinnen, zu begeistern und zu binden. So ist es durchaus verständlich, dass in vielen Unternehmen Unsicherheit besteht, welche Strategien und Maßnahmen im Markt- und Markenmanagement erfolgversprechend sind.

Wo und wie erleben Kunden die Marke heute – und in Zukunft? In dieser Auseinandersetzung mit den vielfältigen Berührungspunkten zwischen Unternehmen und (potenziellen) Kunden rücken die absatzseitigen Touchpoints in den Fokus der Strategie- und Maßnahmenplanung. Das Züricher Beratungs- und Research-Unternehmen Accelerom AG beispielsweise zeigt mit dem von ihm entwickelten 360-Grad-Touchpoint-Management auf, wie Fehlinvestitionen in Vertrieb und Marketing verhindert und die Performance gesteigert werden kann.

Strategie- und Maßnahmenentwicklung von „außen nach innen“

Damit das gesamte Potenzial im Markt- und Markenmanagement bestmöglich ausgeschöpft werden kann, ist eine ganzheitliche Sicht auf das Unternehmen aus der Perspektive von (potenziellen) Kunden vorteilhaft. Eine Strategie- und Maßnahmenentwicklung von „außen nach innen“ erhöht nicht nur die Entscheidungssicherheit, sondern führt auch nachvollziehbar zur Steigerung der Kontakt- und Servicequalität sowie zur Stärkung der Marke. Basierend auf gewonnenen Handlungserkenntnissen aus der 360-Grad-Touchpoint-Untersuchung kann eine durchgehende Kundenorientierung im Unternehmen verstärkt und die Teamarbeit über die traditionellen Grenzen einzelner Disziplinen wie Vertrieb, Marketing, Kommunikation und Service zielführend organisiert werden. Eine solche interdisziplinäre Zusammenarbeit kombiniert mit Veränderungsbereitschaft ist Grundlage für die erfolgreiche Umsetzung eines ganzheitlichen Touchpoint Managements in der Praxis.

Stellhebel für das markentypische Kundenerlebnis

Ausgangspunkt für ein ganzheitliches Markt- und Markenmanagement sind die Kundenkontaktpunkte entlang der Wirkungskette, die vom Erstkontakt über den Kauf bis hin zur Loyalität führt. Die Erlebniswelt des Kunden (Customer Experience) erstreckt sich dabei über sämtliche Interaktionen mit einer Marke oder einem Unternehmen. Durch jeden Kontakt wird die Markenwahrnehmung geprägt und die Zufriedenheit gesteigert oder verringert. Dabei hat die eigentliche Kontaktqualität (z. B. Freundlichkeit oder kompetente Beratung) nicht immer den höchsten Stellenwert. Jedem bekannt ist die Interaktion mit einem Call Center: Kurze Wartezeiten und Flexibilität bei der Problembehandlung sind bei unzufriedenen Kunden in der Regel relevantere Kriterien als eine freundliche Bedienung. Die Prozessqualität hat in diesem Beispiel somit einen mindestens ebenso großen Einfluss auf die Kundenzufriedenheit wie die zuvor genannte Kontaktqualität. Umso erfolgskritischer ist es, die Kontaktqualität und die Prozessqualität ganzheitlich im Sinne eines hervorragenden „markentypischen Kundenerlebnisses“ zu optimieren, um Kundenzufriedenheit sicherzustellen und sich von Mitbewerbern vorteilhaft zu unterscheiden.

Geschäftsmodelle der neuen Realität anpassen

Im Praxisalltag sind Entscheidungsträger in Vertrieb und Marketing laufend gefordert, die Kosten-Nutzen-Effizienz und die Effektivität der Marktbearbeitung zu optimieren. Die Gründe für diesen Leistungsdruck sind vielfältig. Bedeutende unternehmensexterne und -interne Faktoren sind unter anderem intensivierter globaler Wettbewerb, zunehmende Austauschbarkeit der Angebote, angespannte Budgetsituation, Atomisierung medialer Marktbearbeitungskanäle oder zunehmende Zielgruppenfragmentierung.

Im Touchpoint Management geht es somit vermehrt auch darum, die Anpassung des Geschäftsmodells an die neuen Rahmenbedingungen zu gewährleisten, um die Wettbewerbsfähigkeit und Wertschöpfung für das Unternehmen in Zukunft sicherzustellen. Vor diesem Hintergrund wird zunehmend Klarheit gefordert, welchen Stellenwert bestimmte Marktbearbeitungsmaßnahmen für das Unternehmen haben und was sie tatsächlich zum Erfolg beitragen. Eine in diesem Zusammenhang häufig von Filialunternehmen gestellte Untersuchungsfrage betrifft den zukünftigen Stellenwert des physischen Point of Sale (POS) als Entscheidungsort. Führen neue Nutzungsgewohnheiten zu einem Bedeutungsverlust der traditionellen Verkaufsstelle? Welche Chancen ergeben sich daraus? Weitergehende Analysen der prioritären Touchpoints zeigen den Stellenwert der unterschiedlichen Interaktionskategorien aufgrund ihrer Breiten- und Tiefenwirkung.

Tabelle 1: Checkliste „optimaler Marktbearbeitungs-Mix“

Optimaler Marktbearbeitungs-Mix

Welche Maßnahmen und welcher Marktbearbeitungs-Mix in Vertrieb und Marketing sind für das Unternehmen wirklich wichtig und richtig? Beratergespräch, Kundenzeitschrift, Ausstellung, Newsletter, Inserat, Seminar, Hotline, Sponsoring, Webseite, Suchmaschinenoptimierung, Community-Forum? Die Aufzählung ließe sich fast beliebig verlängern. Unrealistische Annahmen zu Reichweite und Leistungsvermögen und die Wahl ungeeigneter Instrumente oder umgekehrt zu niedrige Investitionen in die entscheidenden Kontaktpunkte können die Zielerreichung in der Marktbearbeitung stark erschweren oder sogar verunmöglichen.

Durch eine systematische Wirkungsevaluation der relevanten Touchpoints wird die komplexe Steuerung der Marktbearbeitung vereinfacht. Der vielschichtige Marktbearbeitungs-Mix kann optimal gestaltet und die Marketingausgaben reduziert werden, ohne die Leistung zu schmälern. Die perfekte Orchestrierung, die richtige Dosierung der unterschiedlichen Marktbearbeitungsinstrumente verbunden mit herausragender Kreativität sind erfolgsrelevante Wirkungsverstärker im Touchpoint Management. Mit dem „optimalen Marktbearbeitungs-Mix“ werden (potenzielle) Kunden zeitnah, relevant und kostengünstig erreicht (vgl. Tabelle 1).

Mess- und Vergleichbarkeit macht Optimierung erst möglich

Um das „Äpfel-Birnen-Problem“ zu lösen und die Komplexität der zur Verfügung stehenden Möglichkeiten zu reduzieren, braucht es eine einheitliche Währung zur Wirkungsbeurteilung aller möglichen Touchpoints zwischen Marken und (potenziellen) Kunden: den Touchpoint Value (TP Value). Diese Kennzahl wird über die Befragung (potenzieller) Kunden erhoben und setzt sich aus einer rationalen, einer emotionalen und einer verhaltensbeeinflussenden Dimension zusammen. Die dreidimensionale Erfassung folgt somit dem in der Persuasionsforschung anerkannten tripartiten Einstellungskonzept.

Die Mess- und Vergleichbarkeit der Touchpoints nach Breiten- und Tiefenwirkung resp. Reichweite und Touchpoint Value ermöglicht eine systematische Optimierung des Marktbearbeitungs-Mix (vgl. Abbildung 1). Neben den besonders relevanten (Core), den die Markenpräsenz stärkenden (Covering) und den wirkungslosen Touchpoints (Question Mark) werden in der Touchpoint-Matrix auch innovative Kontaktpunkte (Potenzial) für eine zukunftsgerichtete Ausgestaltung des Marktbearbeitungs-Mix herausgefiltert.

Nebst Tiefenwirkung und Reichweite ermöglicht die Messung ein Benchmarking mit den direkten Mitbewerbern hinsichtlich der Markenperformance auf den untersuchten Kontaktpunkten. Dies vermittelt ein umfassendes Bild der Interaktionen mit (potenziellen) Kunden und ein auf das Unternehmen abgestimmtes, prognostisches Marktverstehen. Erfahrungsgemäß werden mit dieser Ist-Diagnose nicht selten erstaunliche Differenzen zwischen betriebsinterner Wahrnehmung und Marktsicht aufgedeckt.

Abbildung 1: Touchpoint-Matrix

Konvergenz von Technologien, Produkten und Dienstleistungen

Kommunikation von und über Marken findet zu einem großen Teil über Medien statt. Eine aktuelle Herausforderung im Marktbearbeitungs-Mix ist nicht zuletzt der richtige Einsatz digitaler Medien, insbesondere des Internets im Zielgruppen-Marketing. Als multifunktionales Meta-Medium – also als Medium, welches die zentralen Elemente traditioneller Medien vereinigt – eröffnet das Internet Möglichkeiten, altbekannte Bedürfnisse wie Information, Entertainment, soziale Interaktion oder Käufe auf neuen Wegen zu befriedigen. Man muss nicht mehr unbedingt eine Zeitung aufschlagen, um sich über das Tagesgeschehen zu informieren, braucht keinen Fernseher, um seine Lieblingsserie zu schauen, Mitteilungen können per eMail oder SMS zeit- und ortsunabhängig übermittelt werden und Transaktionen können unkompliziert online getätigt werden.

Bezogen auf das Markt- und Markenmanagement heißt das: klassische Maßnahmen müssen überdacht werden, um die Verbindung zu verschiedenen Zielgruppen im konvergenten Umfeld nicht zu verlieren. Doch wie intensiv nutzen unterschiedliche Generationen diese neuen Möglichkeiten überhaupt? Oder präziser: Wie und auf Kosten welcher traditionellen Medien verschiebt sich der Mediennutzungs-Mix und mit welchen Off- und Online-Touchpoints erreicht man ältere und jüngere Generationen heute und morgen?

Diffusion innovativer Touchpoints

Technologische Innovationen wie Internetservices oder Mobiltelefon-Applikationen determinieren die Verwendung nicht direkt – vielmehr ist die Diffusion von Online-Diensten und Kommunikationstechnologien ein dynamischer Aneignungsprozess. Der wahrgenommene Vorteil von bestimmten Funktionen gegenüber «alten» Medien kristallisiert sich erst in der alltäglichen Nutzung heraus. Dieser Prozess wird angetrieben durch das Image des Mediums, die Gewohnheiten und Bedürfnissen der Nutzer, Einflüsse aus dem sozialen Netzwerk und neue technologische Innovationszyklen. Will man (potenzielle) Kunden über den Maßnahmen-Mix effektiv erreichen, muss diese Dynamik nachgezeichnet werden können. Hier zeigen sich die Vorteile einer ganzheitlichen Betrachtung aus der Kundenperspektive: Mit der trackingfähigen Analyse der Off- und Online-Touchpoints wird deutlich, mit welchen Maßnahmen man welche Zielgruppen erreicht und welche kognitive, affektive und konative Wertigkeit ein Kontaktpunkt hat. So wird sichergestellt, dass die Markt- und Markenkommunikation mit der technologischen Entwicklung sowie mit den Nutzungsgewohnheiten unterschiedlicher Generationen Schritt hält.

Verlinken mit der digitalen Generation

Mit dem Internet und mobilen Kommunikationsgeräten aufgewachsen und bestens vertraut, spiegelt sich in der Digital Native Generation die aktuellste Entwicklung in der Handhabung von Multimedia-Technologien. Während ältere Generationen vornehmlich als passive Rezipienten von Medienangeboten sozialisiert wurden, ist es für die Digital Natives selbstverständlich, jenseits von klassischer One-Way-Kommunikation interaktiv ins Geschehen einzugreifen. Ihre Kommunikationstools sind Blogs, Diskussionsforen, Posts in sozialen Netzwerken wie Facebook oder das Verfolgen von Spuren im Web über Twitter.

Im Wandel zum Web 3.0 – nach Google-CEO Eric Smith insbesondere der Bedeutungsgewinn vernetzter (mobiler) Anwendungen, die sich viral verbreiten (Smith 2007) – gilt es, die Potenziale der digitalen Welt für die eigenen Strategien und Maßnahmen näher zu untersuchen und zielgerichtet einzusetzen. Gerade auch digitale Erlebniswelten entwickeln sich rasch weiter: Um ein Produkt einzuführen, können beispielsweise über smarte Adgames Produkteigenschaften virtuell vermittelt werden, ohne dass dies als Persuasion wahrgenommen wird. Die Bedeutung digitaler Kontaktpunkte lässt sich dabei nicht per se beantworten, sondern ist von Markt zu Markt, von Marke zu Marke und von Generation zu Generation unterschiedlich.

Der Generationen-Spagat

Für die Entwicklung und Ausgestaltung von innovativen und damit zukunftsgerichteten Strategien und Maßnahmen ist die Kundenperspektive ein verlässlicher Bezugspunkt. Mit einem ganzheitlichen Touchpoint Management werden Potenziale für ein markentypisches und innovatives Kundenerlebnis und für zielgruppenorientierte Kommunikationsprozesse offengelegt, da es dort ansetzt, wo neue Technologien auf generationenspezifische Bedürfnisse treffen. Innovationen im Rahmen des Touchpoint Managements gelingen, indem unterschiedliche Breiten- und Tiefenwirkungen gemessen und zusammen mit dem Wissen über unterschiedliches Kommunikationsverhalten in ein erfolgreiches Zusammenspiel von Tradition und Innovation im Marktbearbeitungs-Mix überführt werden.

Systematische Lösungsentwicklung und Planung

Der Prozess des Touchpoint Managements lässt sich in fünf Schritten darstellen.

1. Touchpoint-Audit

Für das Unternehmen und die Branche werden alle relevanten Off- und Online-Kontaktpunkte erfasst. Diese reichen von Vertrieb (Point of Sale bzw. Point of Interaction), klassischen Massenmedien über indirekte Kommunikation (Public Relations, Word of Mouth usw.) bis hin zur persönlichen One-to-One-Kommunikation.

2. Nullmessung

Für die Wirkungsbeurteilung der möglichen Schnittstellen werden die Reichweite und die Tiefenwirkung mittels Befragung von Kunden und Nichtkunden erhoben und statistisch ausgewertet. Die verknüpfte Betrachtung von Kontaktpunkten, Zielgruppen und Markenperformance liefert die nötige Informationstiefe, um nachhaltige Entscheidungen für die Marktbearbeitung zu treffen.

3. Optimierungsziele festlegen

Abgestimmt auf Strategie und Positionierung kann der qualitative und quantitative Veränderungsbedarf ermittelt werden.

4. Umsetzung der Optimierungsziele

Die optimale Ausgestaltung der Touchpoints ist bei der Umsetzung das zentrale Ziel. Daran angeknüpft ist die Optimierung der nachgelagerten Prozesse und des Multikanal-Mix für Vertrieb, Marketing, Kommunikation und Service.

5. Wiederholungsmessung

Die Wiederholungsmessung dient der Beurteilung und Steuerung der Strategie- und Maßnahmen-Performance.

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