Email-Marketing – Beziehungspflege oder Werbemüll?

Mit dem wahllosem Versand von Werbung über das Internet lassen sich keine Kundenbeziehungen aufbauen. Dabei ist Email ein hervorragendes Mittel für das Beziehungsmarketing – wenn es richtig eingesetzt wird.

Mit dem Satz „Dies ist keine Spam-Email….“ fangen unzählige der Nachrichten an, die ich täglich erhalte. Dennoch gehören tatsächlich 70% der bei mir eingegangenen Emails zur Kategorie „Junk-Mail“ oder „Spam“. Ihr Schicksal wird von meiner „Löschen“-Taste besiegelt und sie enden als Werbemüll in meinem Papierkorb. Meistens kann ich schon anhand der Betreffzeile der Email erkennen, ob mich der Inhalt interessiert. Nachfolgend nur ein Auszug der heutigen Emails, die dem „Exekutionskommando“ gegenüber standen:

 • $200-$300 pro Tag! $10,000!
 •  Sind Sie ein Verkaufsprofi?
 •  Kostenloser Urlaub und dafür auch noch Geld bekommen!
 • Werden Sie Ihre Schulden los!

Fällt Ihnen auf, wieviele dieser Mails das „schnell Reichwerden“-Prinzip ansprechen? Diese Art von Email kommt allerdings häufig von Absendern, die selbst einen schnellen Weg zum Reichtum suchen. Klar, einige dieser Personen werden auch durch die Versendung von Spam-Email reich, jedoch ist das eher die Minderheit. Die meisten „Spammer“ verderben sich selbst das Geschäft. Denn für den Aufbau langfristiger Kundenbeziehungen ist Email ein hervorragendes Medium, aber schnelle Profite lassen sich damit nicht realisieren. Ich möchte Ihnen das gerne erläutern und einige häufig verwendete Begriffe klären.

Spam, d. h. die Massen-Sendungen von Email, die ich nicht angefordert habe und für die ich mich auch nicht registriert habe, sind mir wirklich mehr als lästig. Es kostet immer wieder Zeit, sich durch diese Emails zu wühlen und Zeit ist für mich ein wertvolles Gut. Aber natürlich öffne und lese ich Email mit großem Interesse, wenn ich sie zuvor von einzelnen Personen oder Firmen angefordert habe. Sie haben mein Vertrauen erworben und einen interessierten Leser gefunden. Hier ein Beispiel: „MCP`s Hotlist August 1999“. Macmillian Computer Publishing fragte mich, ob ich die monatliche Veröffentlichungsliste erhalten möchte, und ich willigte ein. Jetzt lese ich sie aufmerksam, wenn sie bei mir eintrifft. Sie sollten daher Spam-Email nicht mit Massen-Email verwechseln. Ich bin sicher, dass MCP zigtausende von Emails versendet und dabei die Techniken zur einfachen Massenversendung nutzt, jedoch wird die Email mit meiner Zustimmung versendet und dem Inhalt sehe ich mit großem Interesse entgegen. Die Frage der Zustimmung ist wichtig, nicht die der Versendungstechnik.

Weitere Unterscheidungsmerkmale:

 • Ungezielte Email-Versendung
(untargeted email)- Absoluter Spam, hunderttausende Emails werden an Adressen gesendet, die der Versender entweder käuflich erworben hat oder die durch spezielle Softwareprogramme im Internet nahezu kostenlos „geerntet“ wurden. Dabei macht sich niemand die geringste Mühe, mir eine Nachricht zu schicken, die meinen Interessen entsprechen könnte.

 • Gezielte Email-Versendung
(targeted Email)- häufig auch Spam, aber wenigstens intelligent gemacht. Die Email-Adressen wurden wahrscheinlich auf Webseiten oder in Newsgroups „recherchiert“, die ein allgemeines Interesse an dem beworbenen Produkt oder Service belegen.

 • Email-Versendung mit Zustimmung
(Opt-in Email)- Versendung von Email an Listen von Empfängern, die dem Erhalt von Informationen und Angeboten bestimmter Firmen zugestimmt haben. Auch manche dieser Listen haben jedoch einen zweifelhaften Ruf, da die Zustimmung der Personen nicht wirklich bewußt gewährt wurde (z.B. durch eine sehr, sehr „kleingedruckte“ Zustimmung). Andere Listen sind jedoch seriös und bekommen daher auch nur wenige verärgerte Antworten von den Empfängern. Ich habe einige Firmen, die Opt-in Listen zur Nutzung anbieten, auf der folgenden Internetseite aufgelistet: http://wilsonweb.com/webmarket/lists.htm.

 • In-House-Email-Listen
– Listen, die durch das einzelne Unternehmen selbst erstellt wurden. Hier werden z.B. Adressen von den Besuchern einer Webseite gesammelt, die ein Formular mit der Zustimmung zum Erhalt von Information ausgefüllt oder sich in eine Newsletter-Mailingliste eingetragen haben. Oder es sind bereits Kunden Ihres Unternehmens, die sich Ihrer Meinung nach über weitere Informationen freuen. In-House-Email-Listen bieten bei weitem die besten Möglichkeiten. Und da sie auf der Zustimmung der betreffenden Personen beruhen, lassen sich mit ihrer Hilfe gute Geschäftsbeziehungen aufbauen.

Versenden Sie keine Spam-Email!
Sie sollten NIEMALS Massen-Emails ohne Zustimmung der Empfänger versenden. Aus fünf Gründen:

 •  Ihr Unternehmen baut auf Vertrauen. Alles, was als Vertrauensbruch empfunden wird, schadet Ihnen.
 • Nach dem Versand von Spam werden Sie mit zahlreichen „bösen“ Antworten überschwemmt und Sie riskieren Ärger mit Ihrem Internet Service Provider, da er die Spamsendung als Vertragsbruch ansehen könnte.
 • Spam kann schnell dazu führen, dass Anti-Spammer (und die gibt es zahlreich) „ihre Hunde auf Sie hetzen“ und Email-Bomben, Beschimpfungen und andere Drohungen ablassen.
 •  Immer mehr Staats- und Bundesgesetzes sehen bestimmte Spamming-Praktiken als illegal an.
 •  Bei bestimmten Arten von Spamming können Sie zivilrechtlich zur Verantwortung gezogen werden.

Es gibt zwar Unternehmen, die über Email neue Kontakte gewinnen müssen, besonders wenn nach ihnen oder ihren Produkten noch nicht gesucht wird. Aber ich empfehle dringend, auch in diesen Fällen nur Opt-in-Listen zu verwenden. Das Internet, wie jede andere Kultur auch, hat ungeschriebene Gesetze. Wenn Sie sie brechen, gehen Sie ein hohes Risiko ein.

Beziehungsmarketing

Klammert man das Spammen aus, dann sind Emails ein hervorragendes Tool für das Beziehungsmarketing und damit den langfristigen Vertrauensgewinn bei Ihren Kunden. Bauen Sie diese langfristigen Kundenbeziehungen sorgfältig auf, es beginnt mit der Art und Weise, wie Sie Ihre Emails verfassen. Sprechen Sie Ihre Kunden persönlich in der Email an, so als ob Sie mit Ihrem Leser sprechen würden. Es ist nicht nur einfacher, so zu schreiben, auch Ihre Leser werden sich darüber freuen.

Ich habe vor ein paar Tagen in meiner Bücherei das Werk „Bumerangs: Wie man sie macht und wirft“ gefunden und musste lauthals über den steifen und formellen Stil lachen, der 1937 sehr beliebt war, als das Buch geschrieben wurde.

“ Der erste Versuch zum Anfertigen eines Bumerangs sollte sich auf kleine Stöcke beschränken. Mit der hier beschriebenen Anfertigung eines kleinen Bumerangs werden wir mit den wesentlichen Techniken der Bumerang-Konstruktion vertraut gemacht, die es uns möglich machen werden, der Konstruktion von größeren Bumerangs mit Behagen und zugesichertem Erfolg entgegenzusehen.“

Vergleichen Sie den ziemlich reservierten Sprachgebrauch mit meiner in den späten 90zigern verwendeten Email-Übersetzung:

„Zum Anfertigen Ihres ersten Bumerangs verwenden Sie am besten kleine Stöcke. Wir werden Ihnen dabei helfen, die wichtigen Tricks beim Bauen eines Bumerangs zu lernen. So sind Sie schon bald in der Lage, ohne Probleme größere Bumerangs zu bauen“.

Verwenden Sie Ausdrücke wie „Sie“, „Sie werden“ und „wir werden“, so, als ob sich Personen zwanglos unterhalten, denn dabei fühlen sich die Kunden persönlich angesprochen.

Verschiedene Arten von allgemeinen Email
Einige der hier aufgeführten allgemeinen Arten von Email sind wahrscheinlich geeignet, um Ihr Unternehmen ans Ziel zu bringen:

  • Newsletter.
    Ein Newsletter kann vieles sein – vom zwanglosen, unterhaltsamen Text bis hin zur informativen Zeitschrift mit dauerhaftem Wert. Informationen sind die Währung des Webs, suchen Sie daher nach dem richtigen Weg, Ihre Kunden gleichzeitig zu erziehen, zu unterhalten und mit nützlichen Nachrichten zu versorgen. Beginnen Sie Emails an potentielle Kunden nicht mit eklatanter Firmenwerbung – so etwas hat nur zur Folge, dass Ihre Abonnentenliste erheblich schrumpft. Verwenden Sie statt dessen klassische Web-Marketing Strategien: „Geben Sie etwas kostenlos und Sie werden etwas verkaufen!“. Wenn die Leser wahrnehmen, dass Sie ihnen etwas nützliches anbieten, werden sie auch mit Ihnen über Ihr Unternehmen sprechen.
  • Verkaufsflyer.
    Diese Art Email wird nicht regelmässig versendet und hat auch nicht den informationellen Wert eines Newsletters. Dennoch können sie sehr nützlich sein, wenn die angebotenen Produkte oder Services für den Empfänger von speziellem Interesse sind. Ich lasse mir z.B. die wöchentlichen und monatlichen Sonderangebote von MicroWarehouse.com senden, da ich meiner Meinung nach dort hervorragend einkaufen kann und mit ihren Preisen und Leistungen für Computerzubehör zufrieden bin. Sicherlich sind auch viele Ihre Kunden interessiert an Sonderangeboten.
  • Updates und neue Produkte.
    Wenn Sie eine Nischen-Webseite haben, warum bieten Sie Ihren Besuchern nicht einfach an, sie zu informieren, wenn Sie neue Produkte auf den Markt bringen. Amazon.com beispielsweise hat einen Service, der Ihnen mitteilt, wenn neue Bücher über Ihr Interessengebiet auf dem Markt erhältlich sind. Alle paar Wochen bekommen ich auch eine Email „Was gibt es Neues bei Land´s End“. Ich muss zugeben, dass ich sie nicht oft lese, aber bislang habe ich mich auch nicht von der Abonnentenliste streichen lassen. Es könnte mir zugute kommen, wenn ich sie eines Tages öffne und mir der gerade angebotene Wollpullover fehlt.
  • Thanks You’s.Vor ca. einem Monat habe ich bei Amazon.com meiner Tochter eine elektronische Postkarte geschickt. Ein paar Wochen später erhielt ich dann eine Email „Ein Dankeschön von Amazon.com“, dafür, dass ich ihnen geholfen habe, den Service Amazon.com Cards aufzubauen. Ein Gutschein in Höhe von 5 US$ war auch dabei. Der Gutschein lief in einer Woche ab, so dass ich mich beeilen musste, ihn einzulösen. Ein hervorragendes Beispiel für Beziehungs-Marketing – mit einem Dankeschön beginnen, einen neuen Geschäftszweig unterstützen und mit einem Geschenk enden. So etwas gefällt mir gut (s.a. Dr. Ralph F. Wilson: Das Prinzip des Gebens und Nehmens).

Nutzen Sie Ihre Vorstellungskraft. Fragen Sie sich selbst: Welche Art Email würden die Besucher meiner Webseite wahrscheinlich regelmässig begrüssen? Und dann stellen Sie sie zur Verfügung.

Wiedererkennungswert
Ihr Ziel im Beziehungs-Marketing ist ein möglichst hoher Wiedererkennungswert. Vielleicht benötigen die Leser der Email Ihr Produkt heute oder morgen nicht, aber irgendwann und dann vielleicht für den Rest ihres Lebens. J Und wenn sie bereit sind etwas zu kaufen, werden sie sich an Ihr Email-Angebot erinnern und antworten.

Sicherlich ist dies ein langsamer Weg, Kunden zu gewinnen, zumindest langsamer als beim Spamming durch die halbe Welt. Aber dafür müssen Sie auch nicht ständig Ihre Email-Adresse ändern lassen oder Angst haben, dass Ihnen nachts jemand auflauert. Ausserdem wird die so gewonnene Geschäftsbeziehung für Sie UND die Kunden Früchte tragen, eine wirkliche Win-Win-Situation.

Okay. Nun haben Sie diesen Artikel gelesen und darüber nachgedacht, wie Sie mit Hilfe von Email Beziehungs-Marketing realisieren. Und jetzt tun Sie es einfach!

Die englische Version dieses Artikels sowie die Übersetzung unterliegen dem © 1999 von Ralph F. Wilson, Wilson Internet Services,  http://www.wilsonweb.com. Alle Rechte vorbehalten. Veröffentlichung oder Kopie des Artikels nur mit ausdrücklicher schriftlicher Genehmigung des Autors, rfwilson@wilsonweb.com

Dieser Artikel erschien am und wurde am aktualisiert.
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