Faires Linkbuilding: Zwischen Hype und Link-Alarm

Links sind eine feine Sache. Und auch der Umstand, dass andere Website-Betreiber mit dem Verweis auf die URL der eigenen Site mitunter zu größerer Popularität verhelfen, ist in der Regel begrüßenswert. Problematisch wird es erst, wenn z.B. sehr populäre Webanbieter mit ihrem schlichten Verweis den eigenen Webserver sprichwörtlich zum Erliegen bringen. Welche Probleme Linkverweise sonst noch mit sich bringen können, verrät Ihnen der aktuelle Artikel.

Die Grundlagen
Zweifellos sind Links das Grundkonzept des World Wide Web. Sie sind der Kleister zwischen den einzelnen Dokumenten. Und deshalb sind Links für das Web so notwendig wie die Luft zum Atmen für den Menschen. Es gäbe kein WWW ohne Links. Links beruhen darauf, dass jede Ressource eine weltweit eindeutige Adresse hat. So wie eine Telefon- bzw. Faxnummer oder eine Mailadresse eindeutig ist, so eindeutig ist eine URL für Elemente (Seiten, Bilder, Dateien, Verzeichnisse …) im World Wide Web. Und das heißt auch, dass alles, was auf einem Server liegt, prinzipiell von überall her verlinkt werden kann. Genau darauf beruhen die Popularität und die Funktionalität des World Wide Web.

Was in der Regel gewünscht ist – nämlich dass nun möglichst viele Leute zu einer Information finden und dass diese möglichst oft verlinkt wird – kann in bestimmten Einzelfällen aber auch unerwünscht sein. In der Regel wird dann zu technischen Beschränkungen gegriffen: Man muss sich zunächst anmelden, der Zugriff ist nur von bestimmten Rechnern aus möglich, usw.

Gestern und heute
Auch wenn immer wieder der Satz „The web is for sharing – we share!“ und die Historie des World Wide Web herangezogen werden, um zu belegen, dass solche Zugangs- oder Linkbeschränkungen wider die Natur des Mediums sind: Zugangsbeschränkungen sind völlig normal im World Wide Web, wenn auch manchmal störend und einschränkend. Das WWW begann als Medium für Forscher des CERN – es war zunächst gar nicht für die breite Öffentlichkeit bestimmt. Es ging darum, Wissenschaftlern den Zugriff und Austausch von Informationen zu ermöglichen. Und wer die Welt der Wissenschaft kennt, weiß auch, dass man seine Forschungen hütet wie seinen Augapfel. Immer schon gab es den Austausch öffentlicher Informationen ebenso wie die Diskussion in geschlossenen Benutzergruppen. Auch will niemand das Recht auf Austausch generell einschränken, aber Austausch und Teilen bedeuten immer ein Geben und Nehmen. Mancher Inhalte-Anbieter allerdings hat mittlerweile das Gefühl, mehr zu geben als zu bekommen.

Websites, die den Zugriff auf bestimmte Informationen derart beschränken, gibt es viel häufiger, als man denkt. Manchmal ist das ganz im Sinne der Nutzer (wenn man bei GMX nur dann seine Mails abrufen kann, wenn man sich vorher eingeloggt hat), manchmal steckt dahinter ein Geschäftsmodell (wie bei den „Plus“-Angeboten von DrWeb, für die man eine Zugangskennung bzw. ein Abo benötigt, oder den Tests der Stiftung Warentest, die nach dem Pay-per-View-Prinzip abgerechnet werden) und manchmal will man einfach nur eine bestimmte Zielgruppe zulassen (ein Händlernetzwerk beispielsweise). Es gibt sogar Situationen, bei denen vom Gesetzgeber vorgeschrieben wird, dass der Zugriff auf ein bestimmtes Angebot beschränkt werden muss. Dazu gehört „Adult-Content“ ebenso wie medizinische Fachinformationen für Ärzte (hier gibt es mit DocCheck sogar ein übergreifendes Authorisierungssystem).

Immer mehr Nutzungseinschränkungen
Es ist also ganz üblich, dass der Anbieter über bestimmte Inhalte auf einem Webserver die Kontrolle behalten will oder muss. Und wenn dies technisch gelöst wird, dann ist eine Verlinkung dieser Inhalte durch Dritte auch nicht möglich. In letzter Zeit aber gibt es auch immer mehr Anbieter, die in ihren Nutzungsbedingungen bestimmte Verlinkungsformen untersagen oder an Bedingungen knüpfen. Dazu gehören Fachinformationsdienste ebenso wie Banken, Pharmaunternehmen oder Anbieter digitaler Straßenkarten. Hier gibt es zum Teil keine technischen Vorrichtungen, um die Verlinkung von vornherein zu verhindern. Sammlungen solcher Fälle gibt es unter anderem auf dontlink.com und Links & Law. Das kann man blöd und unsinnig finden, aber es ist so – und die Zahl der so agierenden Anbieter steigt.

Häufig wollen die Anbieter damit vermeiden, dass Dritte von diesen Inhalten wirtschaftlich profitieren. Und manche Nutzungsbestimmung unterscheidet daher auch gezielt zwischen privater und kommerzieller Nutzung. Ob das jetzt rechtlich verbindlich ist oder nicht, steht in den Sternen. Ich kenne aber noch eine Handvoll weiterer Unternehmen, die solche Möglichkeiten derzeit diskutieren. Selbst der niedersächsische Staatsgerichtshof schränkt so die Nutzung mancher online angebotener Informationen ein.

Ein weiteres Beispiel: Die Verlinkung auf Inhalte von NetDoktor.de bzw. der Einbau von Inhalten in Frames ist lediglich Suchmaschinen, Webverzeichnissen und Non-Profit-Seiten, also z.B. Selbsthilfegruppen, akademischen Webseiten u.a., nach schriftlicher Genehmigung durch NetDoktor.de erlaubt (post@netdoktor.de). Dabei muss bereits auf der Seite mit dem Hyperlink erkenntlich sein, dass auf NetDoktor.de verlinkt wird, z.B. mit dem Hinweis www.netdoktor.de.

Verlinkung vs. Benutzung?
An dieser Stelle ist natürlich zu fragen, ob eine Verlinkung überhaupt etwas mit einer Benutzung zu tun hat. Vielfach findet man die Ansicht, dass ein Link ja nur einen Hinweis darstellt. Diese Ansicht ist allerdings umstritten und faktisch muss man wohl einräumen, dass man durch einen Hinweis nicht automatisch auch zum Ziel kommt, durch einen Link aber schon. Es entspricht also eher dem Bereitstellen eines Taxis, wenn man einen Link setzt. Während aber ein Taxi nur bis vor die Haustüre fährt, befördert uns ein Link mitten in ein beliebiges Zimmer. Also ist ein Link am ehesten mit dem Bereitstellen einer Beamvorrichtung zu vergleichen.

Leider nützt das nicht viel, da wir nicht wissen, wie bei Star Trek das unerwünschte Eindringen in einen Raum mittels Beamens rechtlich behandelt würde. Wir müssen also unsere eigenen Regeln erfinden.

Zugriffsbeschränkungen unzulässig?
Aber vielleicht ist es ja gar nicht zulässig, den Zugriff auf eine Ressource im Internet einschränken zu wollen? Nun, das kann eigentlich auch keiner wollen, denn dann wäre keine Mail mehr privat, Kreditkarteninformationen und Kontodaten ständen für alle offen und so weiter. Im Gegenteil: Der Gesetzgeber sagt ja sogar, dass bestimmte Informationen nicht öffentlich zugänglich sein dürfen – das geht bis hin zu umfangreichen Datenschutzgesetzen. Also muss es zumindest für bestimmte Informationen ein Schutzrecht geben – aber warum sollte das dann für andere nicht ebenfalls gelten?

Zugriffsschutz nur auf technischer Ebene?
Muss man dann also vielleicht alle Informationen mit gewaltigem technischem Aufwand schützen, wenn nicht jeder beliebig darauf zugreifen soll? Technische Lösungen sind leider immer mit einem Verlust an Bequemlichkeit für die regulären Nutzer verbunden, sie sind in vielen Fällen umgehbar (z.B. durch Bekanntgabe eines Passworts) und nicht in jedem Fall geeignet: Eine solche technische Lösung kann beispielsweise nicht automatisch zwischen erlaubter privater und untersagter kommerzieller Verlinkung unterscheiden. Und diese Unterscheidungen gibt es ja im Bereich der Software-Lizenzen auch („Free for private, non-commercial use…“) – niemand regt sich darüber auf.

Berechtigte Nutzungseinschränkungen auf Freiwilligkeit?
Auch gibt es Situationen, in denen man die „normale“ Nutzung gar nicht einschränken will, sondern sich nur gegen unliebsame Überraschungen schützen möchte. So bittet Phil Price auf einer Seite, die eine weihnachtliche Flash-Animation enthält: „If you would like to mirror this – please mail me its using too much bandwidth – Phil“, bewusst nicht verlinkt). Und das WAMPP-Projekt musste erleben, dass Strato den Account aufgrund übermäßiger Nutzung sperrte, man sich einen anderen Hoster suchen und das Projekt reduzieren musste: „Weil die Strato AG aufgrund der hohen Traffic Oswald und mir fristlos kündigte, hat der Hoster Alendo netter Weise spontan Platz auf seinem Server zur Verfügung gestellt. Natürlich wollen und können wir Alendo nicht mit zu hoher Traffic ruinieren, weshalb hier nur eine noch kleinere Version (aber keinesfalls schlechtere!) des small wampp zu finden ist. Ich hoffe hierfür um euer Verständnis; wir arbeiten an weiterführenden Lösungen. Hilfeangebote nehmen wir gerne entgegen und danken dabei gleich mal allen jenen, die uns schon mal Hilfe und Tips zukommen ließen.“ Es gibt zahlreiche solcher Beispiele.

Niemand ist vor solchen und ähnlichen Überraschungen sicher! Die User von Antville erleben immer wieder, wie es sich mit einem Server arbeitet, der ständig bis zur Grenze ausgelastet ist. Mittlerweile sammelt Antville.org für einen neuen, leistungsfähigeren Server – aber jeder, der mit seinem Antville-Blog mehr Last erzeugt als nötig, erzeugt auch Probleme für die gesamte Community.

Slashdotted und Heise-DDOS
Der Super-GAU ist jedoch manchmal die Erwähnung eines Angebots auf Slashdot oder auch im Heise Newsticker. Hier sind schon zahlreiche Server in die Knie gegangen, was für die Betreiber zum Teil Einnahmeausfälle und zusätzliche Ausgaben bedeutet. Wohlgemerkt: Eine Website wird in der Regel nicht in böswilliger Absicht ge-slashdoted, sondern die Erwähnung ist zumeist wohlwollend. In den Heise-Foren gibt es jedoch auch eine andere Bezeichnung für das Phänomen, dass ein Server nicht mehr erreichbar ist, nachdem er in einer Heise-Nachricht erwähnt wurde: Heise-DDOS. DDOS steht für distributed denial of service und bezeichnet in der Regel den gezielten Angriff auf einen Server.

Für ein kleines Online-Angebot ohne eigene redundante Server und Load-Balancing kann ein solches Szenario fatal enden. Die meisten Webhoster lassen sich den Traffic, der ein festgelegtes Limit überschreitet, zusätzlich vergüten. Häufig sind auch in den AGBs Klauseln enthalten, die die einseitige Vertragsauflösung durch den Provider bei übermäßiger Nutzung erlauben. All das ist für den Anbieter nicht vorherseh- und genauso wenig verhinderbar.

Suchmaschinen und robots.txt
Ein Argument wird jedoch immer wieder genannt, warum das Untersagen von Verlinkungen völliger Quatsch sei: Schließlich würden ja auch Google und andere Suchmaschinen alle Seiten verlinken dürfen. Und was Google recht ist, das kann uns doch nur billig sein. Dabei wird allerdings übersehen, dass es seit vielen Jahren einen Mechanismus gibt, um Suchmaschinen die Aufnahme aller oder bestimmter Seiten eines Webauftritts in den Index zu untersagen. Über die Datei robots.txt und entsprechende Metatags kann man Suchmaschinen anweisen, bestimmte Seiten zu ignorieren – allerdings halten sich nicht alle Spider daran … es handelt sich um ein Prinzip, das auf der „Fair Use“-Idee beruht.

Suchmaschinenoptimierung und Deeplinks
Damit wird auch das zweite Argument hinfällig, das da lautet: Die Betreiber unternehmen doch eh alles, um Besucher zu bekommen, und sollen für jeden Link dankbar sein. Doch ist Suchmaschinenoptimierung (SEO) wirklich eine Methode zur Traffic-Maximierung, die durch externe Links nur unterstützt wird? Mitnichten! Mittlerweile sind sich viele Betreiber im Klaren darüber, dass sie die Besucherströme eben nicht maximieren sondern optimieren wollen. Suchmaschinenoptimierung bedeutet daher, möglichst nur qualifizierte Interessenten zu einem bestimmten Angebot zu führen. Und genau dazu nutzen Suchmaschinenoptimierer zahlreiche Tricks, um eben nicht alle Seiten wahllos in einer Suchmaschine zu platzieren. Vielmehr werden nur bestimmte Doorway-Pages eingetragen, die bei den relevanten Schlüsselworten idealerweise ein besonders hohes Ranking haben. Der Besucherstrom wird also sehr gezielt gelenkt – und die ganze Mühe kann umsonst sein, wenn plötzlich Deeplinks von anderen Seiten gesetzt werden.

Dazu ein Beispiel:
Nehmen wir an, Sie haben einen kleinen Internet-Auftritt samt Online-Shop für Befestigungsmaterialien – ein typisches B2B-Projekt. Für den durchschnittlichen Surfer ist Ihre Präsenz uninteressant, nur für Spezialisten informativ. Nun versuchen Sie naturgemäß, alles so zu trimmen, dass auch nur Mitglieder Ihrer Zielgruppe zu Ihnen finden – für alle anderen haben Sie ja eh nichts zu bieten und sie würden Ihnen nur Ihren Server verstopfen. Durch geschickte SEO, Doorway-Pages und Tricks schaffen Sie es auch, nur die Startseite bei Google & Co. anzumelden und sogar ein hohes Ranking für relevante Keywords zu bekommen. Für den Rest der Site sperren Sie Suchmaschinen mittels robots.txt aus. Nun wollen Sie aber auch weiterempfohlen werden. Dazu bauen Sie eine Weiterempfehlungsfunktion für einzelne Produkte, die auf die Detailseiten dieser Produkte verweisen soll – daher können Sie Ihre Site nicht generell mit einem Zugangsschutz versehen. Und dann starten Sie auch noch ein Gewinnspiel für Kunden und Interessenten um Profildaten zu sammeln. Über Google findet man das Gewinnspiel oder einen Hinweis darauf allerdings nicht, und das ist auch so gewollt: qualifizierte Fachbesucher sind das oberste Ziel all dieser Maßnahmen. Und alles läuft wirklich gut.

Dann aber passiert es: Jemand verweist direkt auf die Gewinnspiel-Seite – vielleicht ein Blogger. Andere finden das auch toll und tun das Gleiche. Kurze Zeit später findet sich Ihr Gewinnspiel nicht nur in Google (denn die verlinkenden Seiten werden ja ebenfalls von Google indexiert), sondern auch auf einschlägigen Gewinnspiel-Seiten.

Fazit: Es kommen immer mehr Besucher, denen Sie nie im Leben etwas verkaufen können. Diese verursachen Traffic, Ihre Seiten sind nicht mehr so schnell wie gewohnt und der Aufwand, das Gewinnspiel durchzuführen, steigt, während die Qualität der gewonnenen Profildaten sinkt.

Schicksal? Das Problem ist: diese Folgen kann man nie wieder rückgängig machen. Sie können das Gewinnspiel einstampfen – aber Ihre mühsam erarbeitete SEO-Strategie ist dahin. Die Links bekommen Sie aus den Suchmaschinen so schnell nicht wieder raus. Und alles kostet wieder Zeit und Geld (für den SEO-Prozess hatten Sie schon mal in die Tasche gegriffen).

Lesen Sie im 2. Teil mehr zu den Herausforderungen und möglichen Entwicklungen

Das Schwert des Damokles
Nun gibt es Stimmen, die all das als das normale Los eines Online-Anbieters ansehen und darauf verweisen, dass man stets vorbereitet sein muss. Das aber wiederum würde bedeuten, dass jeder, der eine Information online stellt, eine Serverfarm mit Lastbalancierung im Hintergrund haben muss, dass kleinere Sites ständig vom Goodwill aller anderen abhängen, und dass man immer befürchten muss, dass doch einmal der Super-GAU passiert.

Zugegeben: Diese Szenarien sind nicht alltäglich. Aber es gibt sie. Und ebenso gibt es Content-Anbieter, deren Geschäftsmodell z.B. auf Werbeeinnahmen beruht oder die bestimmte Inhalte nur für die nicht-kommerzielle Nutzung gratis anbieten und die verhindern wollen, dass die Konkurrenz bestimmte Inhalte, deren Erstellung aufwändig war, inkorporiert.

Verlinken bedeutet Wert-schätzen
Links sind eben immer mit Inhalten verbunden – und wer verlinkt, verspricht sich in der Regel auch einen eigenen Vorteil davon. Anders ausgedrückt: Ein Link bedeutet eine Wert-Schätzung. Und dieser Wert überträgt sich zu einem Teil auch auf denjenigen, der es verlinkt: das kann ein Imagegewinn sein, eine Steigerung der Zugriffszahlen, ein Mehrwertangebot für die Besucher, … Versuchen Sie sich einmal einige Weblogs und Linklisten ohne Links vorzustellen – dann merken Sie wie viel Wert diese Links haben können!

Zumeist Win-Win-Situationen
In der Regel, vermutlich in 99,9 Prozent aller Fälle, profitieren beide Seiten von einer Verlinkung: Der Linkende wie auch der Verlinkte. Zumindest aber schadet niemand dem anderen. Es gibt allerdings, wie oben gezeigt, eben auch die (seltenen) Fälle, bei denen dieses Gleichgewicht in Schieflage gerät und in denen letztlich dem Anbieter sogar geschadet werden kann.

„Schicksal: Alles, was man online bereitstellt, das kann man auch jederzeit verlinken und jederzeit abrufen – ohne Einschränkungen!“ – So oder so ähnlich lauteten daraufhin viele Kommentare auf meinen ursprünglichen Beitrag. Folgt man aber dieser Ansicht, dass jeder jeden jederzeit und überall verlinken kann, ggf. sogar in böswilliger und zerstörerischer Absicht, dann kann man gleich komplett auf SEO + BPO (Business Process Optimization) für Online-Aktivitäten verzichten. Die ganze Sache wird unberechenbar und ein Spiel mit dem Feuer – für ein Unternehmen im Grunde nicht akzeptabel. Selbst auf Messen gilt doch: die Werbegeschenke und Prospekte sind gratis, aber jeder bekommt nur eins und auch nur, wenn er ein echtes Interesse zeigt.

Im Einzelfall Analogien zu Spam
Im Grunde kann man den kleinen Anteil problematischer Verlinkungen (und der obige Fall des kleinen B2B-Anbieters ist ja am Anfang ganz harmlos, vielleicht sogar wohlwollend gemeint; aber es gibt durchaus auch böswillige Verlinkungen) ein wenig mit Spam oder Werbefaxen vergleichen – in allen Fällen wird die vom Betroffenen bezahlte (oder im Fall von Antville: die Community-) Infrastruktur in einer Weise benutzt, die er sich möglicherweise nicht gewünscht hat.

Bei Werbefaxen entscheidet die Rechtsprechung mittlerweile eindeutig zugunsten des Betroffenen: die Leitung, das Papier, Toner/Tinte, Arbeitszeit – alles zu Lasten des Betroffenen. Bei Spam ist zumindest auch klar, dass diese Methode „am Rand der Legalität“ agiert und es in verschiedenen Staaten Gesetze dagegen gibt. Und bei Links? Da muss, vertritt man die Auffassung, dass ausnahmslos jeder Link erlaubt ist, jeder alles hinnehmen, selbst wenn er sich offen dagegen ausspricht und diese spezielle Nutzung untersagt?

Wohlgemerkt: Werbefaxe sind ein großes Übel, Spam auch. Bei Links liegt es insofern anders, als dass man zumeist einen Link tatsächlich wünscht oder nichts gegen ihn hat – in 99,9 Prozent der Fälle. Aber immer geht es darum, dass Kosten entstehen durch eine Aktion Dritter, die man als Betroffener nicht kontrollieren kann. Etwas nicht bereitzustellen, kein Faxgerät mehr zu betreiben und keine Mails mehr abzurufen, kann dabei keine erwünschte Lösung sein.

Informationen explizit zum Abruf bereitgestellt?
Nun meinen einige, dieser Vergleich sei deshalb unfair, weil bei Werbefaxen und Spam ja etwas von Dritten zugeschickt wird, was man nicht wünscht, während es sich bei Webseiten ja um Informationen handelt, die explizit zum Abruf dort auf dem Server hinterlegt wurden. Geschickt werden höchstens Besucher – und die will doch jeder!

Diese Sichtweise allerdings unterschlägt die Tatsache, dass jeder Anbieter, jedes Unternehmen und selbst jede private Website, eine bestimmte Zielgruppe anspricht und eine bestimmte Form der Nutzung vorsieht. Ob nun eine Verlinkung aber Mitglieder aus dieser Zielgruppe auf die Seite lockt oder vielleicht eine ganz andere Zielgruppe, das kann der Verlinkte nicht beeinflussen – er weiß ja zunächst nicht einmal von der Verlinkung.

Öffentlicher Platz oder Hausrecht?
Und genau deshalb habe ich auch in dem zweiten Beitrag den Begriff „Hausrecht“ verwendet. Ein Server ist eben kein „öffentlicher Platz“, sondern ein Platz, der von einer Person, einer Organisation oder einem Unternehmen mit einer bestimmten Zielsetzung für eine bestimmte Zielgruppe betrieben wird. Jedes Unternehmen, das sich bei der Erreichung dieses Ziels massiv behindert sieht, wird sich überlegen, wie es darauf reagieren kann.

Anbieter wollen Kontrolle behalten
In meiner täglichen Arbeit sehe ich, dass genau dies bei vielen Unternehmen passiert. Immer mehr Anbieter überlegen, wie sie tragfähige Geschäftsmodelle im Internet realisieren können. Sie sind nicht mehr bereit, die Kontrolle über die Nutzung und Verbreitung ihres Contents aus der Hand zu geben. Für sie ist Verlinkung eine Form des Inkorporierens der betroffenen Inhalte und eine gezielte Bereitstellung zur Nutzung. Im Zweifelfall wird nicht nach dem werbenden Charakter einer Verlinkung gefragt, sondern nach dem Nutzen, den der Verlinkende daraus zieht – und gegebenenfalls mit „Geschäftsschädigung“ argumentiert.

Drei mögliche Entwicklungen
Nach den Diskussionen, die ich mit betroffenen Anbietern geführt habe, kann ich mir nur drei Varianten vorstellen, mit diesem mit diesen Fragestellungen umzugehen:

1. Die Anbieter müssen wirklich feststellen, dass man über die eigenen Ressourcen vollständig die Kontrolle verliert, wenn man sie ins Internet stellt. Fazit: Man stellt nichts mehr ins Netz bzw. schützt die entsprechenden Seiten durch Passwortabfragen und mehr. Das kann man derzeit an verschiedenen Beispielen feststellen, wo Archive registrierungs- oder sogar kostenpflichtig werden (z.B. TAZ und FAZ).

2. Es werden immer mehr Anbieter eigene Nutzungsregeln festlegen, doch die Verlinkenden bestehen auf ihrem Recht und ignorieren sie komplett. Dann wird es immer mehr Fälle geben, bei denen Abmahnungen und Gerichte eine Rolle spielen und man wird ständig im Unsicheren sein, wie wirklich die Rechtslage ist. Letztlich wird dies auch weitere Anbieter verunsichern und sie werden vermehrt zur ersten Variante tendieren.

3. Fair Use/Fair Link: Derjenige, der einen Link setzt, überprüft kurz, ob dies auch gewünscht ist bzw. mit der Nutzungsregel konform geht. Das bedeutet nicht unbedingt ständiges Nachfragen. Vielleicht gibt es zukünftig ein Logo, dass diese Informationen auf der Seite anzeigt (Creative Commons geht ja schon in diese Richtung), es steht dazu etwas im Impressum oder unter einer großen Animation/Datei steht: „Bitte nicht verlinken!“. Denkbar wäre auch eine formalisierte Metainformation, wie sie mit der robots.txt für Suchmaschinen bereits lange existiert. Damit würden alle gut leben können, denn es gehört sowieso zu den Sorgfaltspflichten des Autors eines Beitrags, alle Eventualitäten abzuprüfen (es könnte sich ja auch um einen rechtlich bedenklichen Link z.B. auf illegale Inhalte handeln).

Alternativen bei unerwünschten Links
Ich halte die dritte Variante für diejenige, die die wenigsten Probleme macht, die Vielfalt sichert und das Miteinander von Anbietern und Nutznießern erleichtert. Ist ein Link wirklich untersagt oder unerwünscht, so kann ich notfalls noch immer nur einfach einen echten Hinweistext verfassen: „xyz hat einen interessanten Artikel zum Thema. Leider ist die direkte Verlinkung nicht gewünscht, aber er befindet sich in der Rubrik ‚Medien und Wirtschaft‘.“ Ich verstehe daher auch den Aufschrei gegen Fair Link nicht: nur weil Antville, Blogger, Sunlog und Co. das Publizieren vereinfachen, bedeutet es ja nicht, dass man alles machen kann, was gefällt – ganz unabhängig von Links.

Zusammenfassend
Das Problem mit diesem Thema ist, dass eben nicht pauschalisiert werden kann:

• Wer generell der Gleichung „Link = Hinweis“ folgt, der wird schwerlich ein Problem mit einer Verlinkung sehen.

• Wer hingegen „Link = zur Benutzung bereitstellen“ definiert, muss sich immer auch Gedanken darum machen, was aus dieser Nutzung erwächst.

Rechtlich gäbe es viele Dinge, die man hinterfragen könnte – allerdings bin ich kein Rechtsanwalt. So wäre es interessant zu erfahren, welche Richtlinien eigentlich „offline“ für öffentlich bekannt gegebene Hinweise gelten. Muss man generell zwischen Detailinformationen (= Deeplinks) und allgemeinen werbenden Hinweisen (= Surfacelinks) unterscheiden? Wer haftet beim Slashdot-Tod eines Servers, wenn man nachweisen könnte, dass dieser vom Verlinkenden billigend in Kauf genommen oder gar provoziert wurde? Was ist, wenn ich einen explizit geäußerten Wunsch (wie in dem Beispiel von Phil Price) nicht beachte? Und welche rechtliche Relevanz haben Nutzungsbedingungen von Unternehmen, die eine schriftliche Erlaubnis für eine Verlinkung zwingend vorschreiben oder zwischen privater und kommerzieller Nutzung unterscheiden? – Wie gesagt: Diese Fragen kann ich nicht beantworten.

Aus meiner Sicht gibt es allerdings verständliche, nachvollziehbare Gründe, warum Online-Anbieter sich nach Alternativen zur bestehenden Praxis umschauen. Längst sind einige Online-Angebote wieder verschwunden: Manche, weil sie nicht tragfähig waren, und andere, weil sie von einer Popularität überrollt wurden, die keine Gewinne abwarf (man denke nur an Freedrive, Travelmail, Napster, …).

„Fair Link“ statt „Verlink!“

Fair Link bedeutet nicht mehr, als bei Verlinken eines Angebotes kurz darüber nachzudenken, ob diese Verlinkung dem Anbieter schaden oder seinen Nutzungsbedingungen zuwider laufen könnte. Wer jetzt sagt, dass er das nicht beurteilen kann, der sollte lieber auf einen Link verzichten, denn er kennt das zugehörige Angebot und den Anbieter offenbar nicht wirklich.

Wer sich an dieses „Fair Link“-Prinzip hält, der hilft auch, die Vielfalt im Netz zu bewahren. Wer aber auf sein Recht pocht, auf Teufel komm raus zu verlinken, der wird vielleicht zum Sargnagel des einen oder anderen Angebots. Damit ist dann aber auch der Link nichts mehr wert.

Was ändert sich durch Fair Link statt blinder Verlinkung? Für die allermeisten Fälle gar nichts. Ich schätze, dass bei 1.000 oder 10.000 Links gerade mal ein problematischer Fall dabei sein kann – und der lässt sich zumeist durch eine kurze Mail rasch lösen. Wohl aber hilft Fair Link vielleicht, ein paar Abmahnwellen zu vermeiden, und sorgt für ein besseres Miteinander von Inhalte-Anbietern und Nutznießern. Und letztlich können Sie ruhiger schlafen, weil Sie etwas bewusster machen als bisher.

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