eMail-Archivierung: Entwicklung und Märkte

Egal ob Kleinunternehmen oder weltweit agierende Konzerne – eMails müssen seit 2002 elektronisch archiviert werden. Die Frage nach dem ‚Wie‘ scheidet die Geister allerdings wieder. Von Appliances, über Softwareangebote bis hin zu Serviceanbietern, die die eMail-Archivierung übernehmen: Unternehmen bieten sich heute sehr viel mehr Möglichkeiten zur eMail-Archivierung als noch vor sechs Jahren. Daher sollten Unternehmer sich einen Überblick über die einzelnen Methoden und die Marktentwicklung schaffen.

Wer 2002 seine eMails archivieren wollte, konnte laut SofTrust Consulting nur unter einer Handvoll von Archivierungslösungen auswählen. Dazu zählten die Produkte von Softwarepionieren wie Legato und KVS. Inzwischen ist das Angebot explodiert. Kein Wunder, sehen doch die Analysten der Radicatti Group den Markt erst in seinen Anfängen. Das Marktvolumen soll innerhalb von fünf Jahren von 1,2 Mrd USD (2007) auf 6,6 Mrd USD (2012) wachsen. SofTrust Consulting, ein unabhängiges Beratungsunternehmen für eMail-Archivierung, sieht den Trend nicht zuletzt auch anhand der Downloadzahlen für die kostenlosen Pflichtenheftvorlagen für die Auswahl von eMail-Systemen. Nie zuvor wurden so viele Templates von der Website softrust.com heruntergeladen wie aktuell.

Wachsendes Angebot

Bei seiner ersten Marktuntersuchung stellte SofTrust Consulting im Jahr 2005 bereits ein Angebot von insgesamt 44 eMail-Archivierungslösungen im deutschsprachigen Raum fest. In der neuesten Untersuchung der SofTrust-Berater waren es im Frühjahr 2008 insgesamt 81 Angebote. Tendenz weiter steigend.

Software noch größtes Marksegment

Das mit Abstand größte Angebot gibt es im Bereich der eMail-Archivierungssoftware. Darunter versteht man Software, die vom Unternehmen lizenziert und auf eigenen Servern installiert wird. Hier werden aktuell 54 Produkte angeboten. Mitte 2006 waren dies erst 49 Produkte. Allerdings täuscht auch diese Optik. Mit Filenet, Hummingbird, mobius (jeweils durch Übernahmen), Mount10 und Nexic wurden seit 2006 fünf Angebote aus dem aktiven Vertrieb genommen. Zudem haben einige DMS-Anbieter ihre Produkte repositioniert und bieten diese nicht mehr als eMail-Archivierungsplattform an. In Deutschland sind deshalb in den vergangenen zwei Jahren unter dem Strich über 10 Softwareprodukte neu hinzugekommen.

Archivierung per Software ist der traditionelle Ansatz und deshalb auch das Marktsegment, das sich bereits am weitesten konsolidiert hat. Praktisch alle Softwareunternehmen, die sich bereits zu Anfang auf die eMail-Archivierung spezialisiert haben, sind inzwischen von großen Unternehmen aufgekauft worden. Dazu gehören KVS (von Symantec), Legato (von EMC), iLumin (von CA), Aftermail (von Quest) und ZANTAZ (von Autonomy). Während die amerikanischen Unternehmen den größten Bekanntheitsgrad und die größten Marktanteile haben stellen deutsche Softwareunternehmen den Großteil der Lösungen.

Weit größere Änderungen als bei der Software hat es in zwei anderen Marktsegmenten gegeben: bei Appliances zum Archivieren von eMails sowie beim Outsourcing der eMail-Archivierung.

Appliances auf dem Vormarsch

Vor zwei Jahren existierte der Markt für eMail-Archivierungs-Appliances praktisch noch nicht. Unter Appliances werden „schlüsselfertige Boxen für die eMail-Archivierung“ verstanden: Dabei werden Hard- und Software in einem Bundle ausgeliefert. Die Anbieter bewerben vor allem die einfache Installation und den minimalen Betreuungsaufwand. „Einmal anschließen und dann einfach vergessen!“ lautet das Motto. Die Appliance würde zuverlässig von jeder internen und externen eMail eine Kopie ziehen und revisionssicher ablegen.

Appliances sprechen speziell Unternehmen an, die vor allem daran interessiert sind, möglichst schnell Compliance zu erreichen. Da Appliances ferner sehr billig in Anschaffung und Betrieb sind, interessieren sich vor allem kleinere und mittlere Unternehmen für diese Lösungen. In Appliances kommt teilweise Software zum Einsatz, die auch für den Einsatz auf dem unternehmenseigenen Servern lizenziert werden kann (z.B. nutzen 3 verschiedene Appliance-Anbieter die Software von rent-a-brain). Verglichen mit den hochflexiblen Softwarelösungen verfügen Appliances jedoch meistens einen eingeschränkteren Funktionsumfang. Diese Fokussierung auf die wichtigsten Grundfunktionen macht aber auch gerade deren Stärke aus.

Die Zahl der Anbieter von eMail-Appliances hat sich seit 2005 auf 13 erhöht. Das ist eine Verdreizehnfachung. Das Angebot wächst weiter. Es kommen praktisch ständig neue Anbieter hinzu. Jeder Anbieter offeriert in der Regel eine Familie von Lösungen, deren einzelne Mitglieder sich primär durch die Leistungsfähigkeit der Prozessoren, die eingebaute Redundanz und durch den mitgelieferten Speicher unterscheiden.

Das Geschäft mit Appliances ist wesentlich lokaler als das Geschäft mit Software. Von den im Juni 2008 untersuchten Produkten kamen nur 16 Prozent von außerhalb von DACH (Deutschland – Österreich – Schweiz).

Markt mit Zukunft: eMail-Archivierung als Service ASP/SaaS

Anbieter von „Application Service Providing“ (ASP) (beziehungsweise „Software as a Service“/Saa´S) bieten die Nutzung bestimmter Softwareprodukte über das Internet an. Statt selbst Software zu installieren und dauernd betreuen zu müssen, können Unternehmen diese Software im Rechenzentrum des Anbieters nutzen.

Zum Zeitpunkt der ersten Marktuntersuchung von SofTrust Consulting im Jahre 2005 hatte gerade einer der beiden damaligen Anbieter die Flinte ins Korn geworfen, weil das Angebot, eMails über das Internet zu archivieren nicht angenommen worden war. Hauptgrund für die mangelnde Akzeptanz war die fehlende Bereitschaft der Unternehmen ihre vertraulichen eMails einem Dritten anzuvertrauen.

Diese Einschätzung hat sich in den vergangenen drei Jahren deutlich geändert. Es ist normaler geworden, bestimmte Dienste über das Internet zu beziehen. Dem ein oder anderen Unternehmen mag auch aufgegangen sein, dass es seine eMails ohnehin bereits unverschlüsselt einem fremden Unternehmen übergibt. Schließlich verlassen sich beim eMail-Handling jetzt schon viele Unternehmen auf externe Partner für den Betrieb der eMail-Server oder zumindest für den Betrieb des Netzzugangs. Und in dieser Funktion haben diese ja auch Zugriff auf viele vertrauliche eMails.

ASP/SaaS ist vor allem für jene Unternehmen ein ganz kleiner Schritt, die bereits Teile ihrer eMail-Handhabung an einen Dritten ausgelagert haben. Das beinhaltet auch Großunternehmen, die ihren eMail-Betrieb in Form von Managed-Services bereits outsourcen oder über diesen Schritt nachdenken.

Die Anbieter sehen die Zukunft des Marktes jedenfalls sehr positiv. Die Zahl der Anbieter hat sich in den letzten drei Jahren deutlich erhöht. Dass auch ein Unternehmen wie Microsoft im April 2006 in diesem Markt eingestiegen ist, zeigt, dass der eMailarchivierungsservice es als ein Mainstream-Geschäft angesehen wird. SofTrust Consulting wird Anfang August 2008 eine Übersicht der im deutschsprachigen Raum aktiven ASP-Anbieter veröffentlichen. Die Angebotsübersicht wird aus heutiger Sicht über zehn Angebote enthalten.

Nicht nur Compliance

Wenn man den die Produktbeschreibungen der Anbieter liest, könnte man meinen, dass für die meisten Unternehmen Compliance-Überlegungen die Investitionen in die eMail-Archivierung treiben würden. Dies mag für die USA gelten, in den deutschsprachigen Ländern ist dies nach den Erfahrungen von SofTrust Consulting nicht der Fall. Die GDPdU fordert zwar von deutschen Unternehmen eine elektronische Archivierung von buchhaltungsrelevanten eMails, doch wenn solche steuerrelevanten eMails in einem deutschen Unternehmen erst gar nicht erlaubt sind, braucht dieses auch kein eMail zu archivieren. In anderen Ländern wie in Österreich gibt es nicht einmal etwas GDPdU-Vergleichbares. Unternehmen in deutschsprachigen Ländern investieren zu einem guten Teil aus anderen Gründen in die Archivierung von Mails. Der Hauptgrund ist der Bedarf den Anwendern den Zugriff auf alte eMails zu ermöglichen. Schließlich stecken in den eMails heute sehr viele geschäftsrelevante Informationen, die nicht verloren gehen sollen. Gemäß von Schätzungen unterschiedlicher Beratungsgesellschaften sollen bereits bis zu 75 Prozent der geschäftsrelevanten unstrukturierten Informationen (nur!) im eMail-System stehen. Eine weitere Motivation, in eMail-Archivierung zu investieren entspringt dem Wunsch der IT-Leitung, die eMail-Server zu entlasten. eMail-Server wurden nie dazu entwickelt, große Datenmengen zu verwalten. Wenn man sie trotzdem dazu zwingt, werden sie im Betrieb unstabil und langsam. Jeder Backup und jede Wiederherstellung werden unverhältnismäßig aufwändig- und teilweise überhaupt nicht mehr in vernünftigen Zeiten machbar.

Exchange-Anwender haben die größte Auswahl

Die Marktverteilung bei den eMail-Systemen macht sich natürlich auch bei den Archivierungsprodukten bemerkbar. So können 49 der 54 angebotenen Softwareprodukte eMails von Microsoft Exchange archivieren. Sechs dieser Angebote sind bei Ihrer Leistung sogar einzig auf Exchange beschränkt. Bei den Appliances ist es noch deutlicher: Exchange kann von allen von SofTrust untersuchten Appliances archiviert werden.

Das System, das nach MS Exchange von den Softwarelösungen am häufigsten unterstützt wird, ist Lotus Notes. Notes-Anwender können immerhin aus 37 Softwareprodukten auswählen. Groupwise-Nutzer haben zwar nur unter knapp halb so vielen Softwareprodukten die Auswahl, doch das ist immer noch vollkommen ausreichend.

Reine eMail-Archivierungslösungen in der Unterzahl

Nur sieben Anbieter bezeichnen Ihr Softwareprodukt als eine reine eMail-Archivierungslösung. Die anderen Softwareanbieter drängen danach, ihre Produkte aufzuwerten, indem sie diese als eMail-Life-Cycle-Lösungen, Dokumenten-Management-Lösungen oder Information-Life-Cycle-Lösungen positionieren. Immerhin 30 Anbieter versicherten aber, dass ihre Produkte auf Kundenwunsch nur zur reinen eMail-Archivierung genutzt werden könnten.

Anbieter von Appliances haben erwartungsgemäß weniger Probleme damit, ihre Produkte als Spezialsysteme zur eMail-Archivierung zu bezeichnen. Alle Appliances verstehen sich darauf, den gesamten ein- und ausgehenden eMail-Verkehr zu archivieren. Sofern ein selektives Archivieren benötigt wird, schrumpft die Auswahl bereits auf 8 Appliances zusammen.

Sofwareprodukte zur eMail-Archivierung übernehmen zunehmend auch die Archivierung von weitern Inhalten. Beinahe die Hälfte der Produkte (46%) versteht sich auch auf die Archivierung des Dateisystems. 39 Prozent der Produkte archivieren auch Sharepoint. Wer dagegen glaubt, dass die Archivierung der Adressbücher Standard sei, sieht sich getäuscht. Nur 30 Prozent der Softwareprodukte bieten diese Funktion.

Betriebssystem und Speicherort unterschiedlich

Während Nicht-Microsoft-Betriebssysteme bei der eMail-Archivierungssoftware die Exoten sind, verhält es sich bei den Appliances gerade anders herum. Nur 14 Prozent der untersuchten Appliances nutzten ein Windows-Betriebssystem. 86 Prozent setzen auf Linux als Grundlage. Preisüberlegungen sind hierbei ausschlaggebend.

Archivierung über das Netzwerk

Wer glaubt, Appliances würden den gesamten Storage innerhalb iher Hülle verwalten, irrt sich. Zwar nutzen 79 Prozent der Appliances lokale Festplatten, doch die meisten verstehen diese nur als Cache. Die wirkliche Archivierung erfolgt auf anderen Medien – größtenteils auf Festplatten im Netzwerk.

Die Sicherung der von einem Appliance archivierten eMails erfolgt ebenfalls über das Netzwerk. Weniger als ein Drittel der Appliances verfügt über ein eigenes Backup-Medium, bzw. über die Möglichkeit, ein solches anzuschließen.

Ausführliche Studie kostenlos erhältlich

Die zitierte Studie sind bei SofTrust Consulting kostenlos erhältlich. In ihnen finden sich viel zusätzliche Informationen. Die einzelnen Softwareprodukte und Appliances zur eMail-Archivierung sind für Entscheidungsträger in einer kostenpflichtigen Produktübersicht ausführlich profiliert. 

Dieser Artikel erschien am und wurde am aktualisiert.
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