Die Schönheit und das Web

Parfüm, Lippenstifte oder Make-up über das Internet zu verkaufen, der Gedanke ist vielleicht nicht naheliegend, aber reizvoll. Denn wenn man den Prognosen glauben darf, wird sich auch der Bereich Beauty&Co zu einem Online-Milliardenmarkt entwickeln.

Dass sich im Internet weder Düfte übertragen noch Make-up und Lippenstifte ausprobieren lassen, spielt dabei kaum eine Rolle. Die Branche versprüht vielmehr grenzenlosen Optimismus: die Kunden kaufen ohnehin im Internet nur ihre Lieblings-Düfte. Oder die Kosmetikartikel werden als beliebtes Geschenk bequem online geordert und wechseln auch so ohne vorhergehenden Test den Besitzer. Der US-amerikanische Internet Kosmetik-Versand Perfumania.com berichtet etwa, dass 70% seiner Kunden die Artikel als Präsente kaufen. Es lohnt sich also, den Online-Markt für die kostbaren Cremes, Puder und Düfte genauer zu betrachten. Welche E-Beauty-Strategien haben künftig Aussicht auf Erfolg?

Die Kundinnen sind schon da
Obwohl auch die Herren der Schöpfung zunehmend ihr Äußeres aufpeppen, liegt der Absatz von Kosmetikprodukten nach wie vor noch fest in gepflegten Frauenhänden. Und die Zahl der weiblichen Internetnutzer stieg im letztem Jahr weiter stärker an als die der Männer. Einige Online-Angebote werden davon stärker profitieren als andere – Fiona Swerdlow, Analystin bei Jupiter Communications, zählt vor allem Kleidung, Spielzeug, Gesundheit und Kosmetik dazu. Die Ergebnisse der letzten „Holiday Sales Trends“ der NPD-Group bestätigen diese Prognosen, hier war der überwiegende Teil der Online-Shopper von Beauty-Produkten (70%) weiblich.

Viel Geld für die Schönheit
Auch die Umsatzprognosen sind beachtlich: Online-Konsumenten, die 1999 lediglich rund 23 Millionen US$ für Hautpflegeprodukte und Parfüm investierten, werden bereits im Jahr 2003 533 Millionen US$ ausgeben, verspricht eine Studie von Jupiter Communications. Bezieht man auch die weiteren Bade- und Schönheitsmittel sowie alle anderen Körperpflegeprodukte mit ein, sollen sich die Umsätze sogar von 61 Millionen US$ auf 1,2 Milliarden US$ erhöhen.

Online ist attraktiver
Warum werden Schönheitsprodukte online gekauft? Eine Studie von der NPD Group und Media Metrix liefert die Gründe: Neben den schon bekannten Vorteilen des Online-Shoppings, wie 24h-Shopping-Möglichkeit (75%) und Frei-Haus-Lieferung der Ware (54%) steht bei Kosmetik-Produkten außerdem die leichte Vergleichbarkeit (46%) im Vordergrund. Weiter schätzen Online-Kunden, dass im Internet auch ansonsten nur schwer zu findende bzw. exklusive Kosmetik-Produkte (37%) erworben werden können. Immerhin noch 31% kaufen Kosmetik-Produkte aufgrund des niedrigeren Preises online.

Unverträglichkeiten und Nebenwirkungen
Welche Parfümerien oder Kaufhäuser welche Waren in welcher Form verkaufen dürfen, regeln in der deutschen Beautybranche penible Depotverträge. Bis dato gehört das Internet noch nicht zu den offiziell genehmigten Vertriebswegen. Der deutsche Branchenprimus beautynet.de umgeht diese Restriktionen, indem er seine Ware über die Ihr-Platz-Kette bezieht und nicht direkt über die Hersteller. Ebenfalls Probleme mit dem regulären Erwerb von Markenprodukten hat offensichtlich der Online-Shop interduft.de: Auch hier umgeht man die Vorgaben der großen Markenhersteller dadurch, dass man über Zwischenhändler einkauft. So findet sich folgender Hinweis auf der Website: „Zwecks Erhalt unserer Bezugsquellen bitten wir um Verständnis, wenn die Verpackungen wegen der Codierungsentfernung geringfügig beschädigt sind.“

Es ist nicht weiter verwunderlich, dass auch die Duftkonzerne mittlerweile das Potential des Internet erkannt haben und ihre Produkte stärker über ihre eigenen Websites verkaufen wollen. Die großen Anbieter fürchten, dass ihre Brands durch Discount-Anbieter Schaden nehmen. Und schließlich stellt der direkte Vertrieb eine sehr lukrative Einnahmequelle dar. Ein prominentes Beispiel ist die US-amerikanische Marke Esteé Lauder. Lauder verkauft die Produkte an auserwählte Parfümerien etwa 40% unterhalb des erwarteten Verkaufspreises – eine attraktive Gewinnmarge. Dabei erwirtschaftet der Esteé Lauder Konzern rund 50% der 7 Milliarden US$, die jährlich auf dem US-amerikanischen Beauty-Markt mit sogenannten Prestige-Produkten umgesetzt werden. Jüngster Schachzug von Esteé Lauder ist die Übernahme von Gloss.com, einem Online-Anbieter von hochwertigen Beauty-Produkten. Auf diese Weise beschafft sich Esteé Lauder die notwendige Kompetenz für einen erfolgreichen Vertrieb via Internet.

Personalisierung in Perfektion

Einem möglichen Konflikt mit traditionellen Vertriebspartnern geht das Procter & Gamble Tochterunternehmen reflect.com mit einer besonderen Strategie aus dem Weg. Das Zauberwort heißt Personalisierung: Jeder Kunde erhält seine individuelle Pflegeserie. Im Online-Shop wird während einer etwa 15 Minuten dauernden Registrierung ein individuelles User-Profil erstellt, das fortan nicht nur die Präsentation sondern auch die Produkte selbst bestimmt. 50.000 Artikel, mit unterschiedlichen Duft- und Farbkombinationen sollen auf diese Weise zu realisieren sein und jedem Kunden wird seine eigene, ganz persönliche Marke versprochen. So betont Alex Zelikovsky, Marketing-Direktor bei Reflect.com, nicht ohne Stolz, dass der Brand von reflect.com solange nicht besteht, bis der Kunde kommt. Die Zeiten, als das persönliche Parfüm nur für Berühmtheiten aus Film und Fernsehen kreiert wurde, seien vorbei. Darüber hinaus besitzen die reflect.com-Produkte ein großes Kundenbindungspotential, da einmal bei reflect.com geschaffene Produkte nirgendwo anders vom Kunden nachbestellt werden können.

Auf den Brand kommt es an
Gerade im Bereich der Beauty-Produkte hat der Markenname eine besondere Bedeutung. So kaufen 46% der Online-Shopper nur Produkte mit bekanntem Brand. Lediglich 5% kaufen auch Produkte, von denen sie vorher noch nie etwas gehört haben. Daher gehen die Analysten der NPD-Group in ihrer BeautyTrends-Studie davon aus, dass der Markenname auch im Netz den wesentlichen Ausschlag beim Kauf von Beauty-Produkten gibt und erst in zweiter Linie der Preis. Dies trifft vor allem für Parfüm, Make-up und Hautpflegeprodukte zu. Bei der Vielzahl von Kosmetik-Anbietern online haben nur diejenigen eine Chance, die über sogenannte Key-Brands in ihrem Sortiment verfügen. Weitere essentielle Faktoren sind für Lisa Allen, Analystin bei Forrester Research, eine starke Marken-Präsenz, ein solider Kundenstamm sowie eine zusätzliche Existenz in der konventionellen Welt. Kriterien, die in Deutschland gegenwärtig nur ein Anbieter erfüllt: Douglas.

Douglas: Der Gigant der Einkaufszonen

Zweifelsohne gehören die Seiten von douglasbeauty.com zu den Glanzlichtern im deutschen WWW. Design, Content und Navigation können sich durchaus mit anderen Topangeboten im Internet messen lassen. Bereits beim Start des Angebots präsentierte douglasbeauty.com rund 400 Seiten Content. Neben der Produktpräsentation bietet das E-Commerce Angebot umfangreich Mehrwert in Form von Trendberichten, Wellness-Tipps, Grußkarten-Service, Kunden-Forum, Newslettern und Gewinnspielen.

Viel hilft viel
Die Douglas Holding AG setzte recht spät auf das Internet. Erst zum 14. März diesen Jahres wurde das Angebot douglasbeauty.com gelauncht. Jetzt lautet die Devise: Nicht kleckern – klotzen. Noch in diesem Jahr soll ein zweistelliger Millionenbetrag eingesetzt werden, um die fast 100 Millionen potentiellen europäischen Neukunden zu erreichen. Ziel ist es, über eine enge Anbindung der Parfümerien an das Online-Angebot eine Multichannel-Marke zu positionieren. So sollen auch die über eine Million Douglas-Kundenkarten-InhaberInnen über das „Beauty-Portal“ bedient werden. Daneben möchte Douglas im B2B-Bereich das Potential für Prozessoptimierungen nutzen. Douglasbeauty.com soll nach eigenen Angaben mittel- bis langfristig zu Europas führendem Portal für die Schönheit werden. Kannibalisierungseffekte für das stationäre Geschäft sieht man bei Douglas durch das E-Commerce Engagement nicht. Vielmehr will man die Chance nutzen, via Internet auch Zielgruppen zu erreichen, die bislang die Parfümerien nicht oder nur selten besucht haben. Das World Wide Web kann laut Douglas innovativ und informativ sein, es bietet bequeme Bestellmöglichkeiten und einen perfekten Lieferservice. Das persönliche Gespräch und das Gefühl „ein bisschen Luxus“ sei aber weiterhin nur in den Douglas-Parfümerien vor Ort zu bekommen. Momentan ist zunächst nur eine schmale Auswahl von Produkten im Internet zu erwerben. Das kann die Filialen aber nur auf den ersten Blick beruhigen, denn Douglas plant auf lange Sicht das gesamte Sortiment ins Web zu übernehmen. Noch hindern Depotverträge mit den Markenkonzernen Douglas daran, alle begehrten Düfte auch im Web zu verkaufen: Bis dato zählt das Internet für viele Markenprodukte noch nicht zu den offiziellen und damit legitimierten Vertriebswegen. Genau dafür setzt sich aber Douglas nach eigenen Angaben ein. Wie man auf den Webseiten lesen kann, arbeitet Douglas gemeinsam mit der Industrie sowie der EU Kommission daran, die bestehenden Handelsverträge hinsichtlich der Ansprüche des Internet zu erweitern.

In Deutschland ist der Marktführer Douglas mit seinem riesigen Kundenstamm gut positioniert. Aber vom großen Online-Beauty-Markt wollen sich viele Akteure ein Stück abschneiden. Folgt Deutschland der Entwicklung in den USA, dann tritt auch hierzulande bald ein Konsolidierungsprozess unter den Kosmetik-Shops im Internet ein. Wer diesen überlebt, bleibt abzuwarten. Nicht für alle wird gelten: Schönheit vergeht, Geschäft besteht …

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