eBusiness in Deutschland – Status, Trends, Strategien

Mit E-Business ist auch unausweichlich die Frage nach konkreter und messbarer Wirtschaftlichkeit verbunden. Deshalb ist die Zurückhaltung vieler deutscher Unternehmen umso verwunderlicher, wenn man den Erfolg der First-Mover betrachtet.

Entscheidungen und Vorstöße im E-Business sind zumeist von dem Gedanken geprägt, mit der Konkurrenz gleichziehen zu müssen. Da viele deutsche Entscheider mit E-Commerce nur geringe Umsätze verbinden, wird auch in Strategieänderungen nur zögernd investiert. Die Vorreiterrolle wird oft gescheut. Unverständlich, gilt doch gerade eine klar definierte und umfassende E-Strategie als der herausragende Erfolgsfaktor im E-Business.

Status
Am Anfang der Strategieentwicklung steht zunächst die Orientierung sowie die Positionsbestimmung des eigenen Unternehmens und eben auch der Blick auf die Konkurrenz. Die schon sehr weit fortgeschrittene Internetdurchdringung in den Unternehmen macht E-Business quasi schon heute zu einem Zwangsthema. 90 Prozent der deutschen Unternehmen sind bereits online und für 96 Prozent dieser Firmen gehört die Nutzung des Internet zur Informationsgewinnung und zum Informationsaustausch bereits zum Alltagsgeschäft (KPMG). Auch die Zahl der Unternehmen mit einer eigenen Webseite nimmt rasant zu. In der „e-Reality 2000-Studie“ kommt die Unternehmensberatung Consulting Partner zu dem Ergebnis, dass 55,8 Prozent der Unternehmen im deutschsprachigen Raum über eine eigene Website verfügen und weitere 29,5 Prozent ihren Webauftritt bis Mitte 2001 planen.

Demgegenüber fallen die E-Commerce-Prognosen zwar recht unterschiedlich aus, gehen jedoch allesamt von dreistelligen Wachstumsraten in den nächsten drei Jahren aus. Jenseits von Prognosen in Form von absoluten Zahlen versucht KPMG eine „Meinungsbilanz“ des vergangenen „Year of the E“ in Deutschland zu ziehen und die Perspektiven für 2001 als Orientierungshilfe aufzuzeigen. Zusammen mit der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) wurden 2.558 deutsche Unternehmen befragt. Dabei rief die Frage nach bereits erzielten E-Commerce-Umsätzen nicht selten ein bloßes Achselzucken hervor. Nur etwa ein Drittel (36 Prozent) erwirtschaftet bereits heute E-Commerce-Umsätze und diese sind mit 0,1 bis 10 Prozent Anteil an den Gesamtumsätzen eher niedrig. Dennoch kann von Pessimismus nicht die Rede sein: In den folgenden Jahren soll der E-Commerce-Anteil auf 10 bis 20 Prozent steigen und in drei Jahren erwarten immerhin 14 Prozent der Unternehmen E-Commerce-Umsätze in Höhe von rund 25 bis 50 Prozent ihres Gesamtumsatzes.

Trends
Gerade bei dem Thema E-Business darf nicht vergessen werden, dass nicht nur die direkt erzielten Umsätze die Gewinn-/Verlustrechung beeinflussen, sondern vor allem auch das enorme Einsparungspotential des Internet attraktiv ist. Dieses spiegelt sich auch in den Erwartungshaltungen der deutschen Unternehmensführer wider. So erwarten 68 Prozent eine deutliche Effizienzsteigerung bei der Geschäftsabwicklung. Folgerichtig wollen die Unternehmen in den nächsten Jahren auch das meiste Geld in den Beschaffungsmarkt investieren.Immerhin 56 Prozent der Befragten glauben, in den nächsten drei Jahren unmittelbar davon profitieren zu können.

Die den Optimierungsfaktoren gegenübergestellten Hinderungsfaktoren konzentrieren sich auf die Aspekte Einführungskosten, Sicherheit, Integration von E-Business-Anwendungen und Know How.

Top-Optimierungsfaktoren

  Gesamt Handel Banken/Vers. Verarb.Gewerbe
Effizienzsteigerung der Geschäftsprozesse 68%(1) 59%(1) 85%(1) 64%(1)
Imagegewinn 57%(2) 56%(2) 75%(2) 53%(3)
Erweiterung des Beschaffungsmarktes 56%(3) 50% 23% 63%(2)
Erhöhung der Kundenbindung 50% 47% 68%(3) 45%
Senkung von Transaktionskosten 51% 44% 60% 47%
Differenzierung von Mitbewerbern 42% 56%(2) 53% 38%

Top-Hinderungsfaktoren

  Gesamt Handel Banken/Vers. Verarb.Gewerbe
Einführungskosten 48%(1) 50%(1) 58%(1) 45%(2)
Sicherheit der Transaktionen 45%(2) 47%(2) 48%(3) 47%(1)
Anbindung an bestehende Systeme 41%(3) 41%(3) 55%(2) 41%(3)
Qualifikation auf Sachbearbeiterebene 40% 41%(3) 28% 40%
Qualifikation auf Entscheidungsebene 36% 41%(3) 23% 37%

Innerhalb der Branchen gibt es einige Unterschiede. So liegen Banken und Versicherungen bei der Nutzung von E-Business-Anwendungen inzwischen über dem Durchschnitt. Vor allem bei der Kundenberatung und -information setzt man zunehmend auf diese Anwendungen. Handel und verarbeitendes Gewerbe üben sich bei der effektiven Nutzung des Internet noch in Zurückhaltung und spiegeln damit eher den Durchschnitt wider.

Schaut man sich die Auswertung aller befragten Unternehmen hinsichtlich der stärksten Zuwächse von E-Business-Anwendungen der nächsten drei Jahre an, so lassen sich hieraus „Megatrends“ ableiten. Es zeigt sich, dass die schon in diesem Jahr viel diskutierten Themen „Elektronische Marktplätze“ und „E-Procurement“ uns auch in den folgenden Jahren stark beschäftigen werden. Darüber hinaus wird der „Online-Bezahlung des Unternehmens“ sowie der „Online-Bestellung der Kunden“ eine hohe Bedeutung beigemessen.

KPMG kommt ferner zu dem Ergebnis, dass Entscheidungen über den Einsatz von E-Business Chefsache bleiben. Bei mehr als 83 Prozent der befragten Unternehmen führt kein Weg an der Geschäftsführung vorbei.

Strategie
Das Beratungsunternehmen Consulting Partner kommt in seiner „e-reality 2000“-Studie zu dem zentralen Ergebnis, dass in Unternehmen im deutschsprachigen Raum offenbar große Strategie-Defizite herrschen. Von 1.300 befragten Unternehmen in Deutschland, Österreich und der Schweiz agieren über drei Viertel ohne eine klar definierte und umfassende E-Commerce-Strategie und über die Hälfte verfügen noch nicht einmal über Ansätze einer Strategie. Optimistisch gesagt verfügen bereits etwa 23 Prozent über eine spezielle E-Commerce-Strategie und bei einem Viertel der Unternehmen sind immerhin Strategieansätze zu erkennen. Die Abweichung einer E-Strategie von der klassischen Strategieentwicklung in der Old Economy stellt die Chefs vor neue Herausforderungen. Bis zur Realisierung einer aktiven Kundenbindung scheint es noch ein langer Weg zu sein. Bis dato bestimmen passive Gestaltungsmerkmale, wie Bedienerfreundlichkeit oder Zusatzinformationen über Produkte die Differenzierungsmerkmale der Websites.

Dass die besonderen technischen Möglichkeiten (Interaktivität, Individualisierung und Multimedialität) zur Kundenbindung bisher noch relativ ungenutzt bleiben, veranschaulicht die Top-5 Kundenbindungsmerkmale für Websites. Selbst der am häufigsten genannte Ansatz eines kundenfreundlichen Beschwerdemanagements wird nur auf knapp 18 Prozent der Websites eingesetzt.

Konfrontiert man die Unternehmen beispielsweise mit Begriffen wie One-to-One-Marketing oder Customer Relationship Management (CRM) zeigt sich der große Nachholbedarf im Bereich aktiver Kundenbindung. 67,2 Prozent der Unternehmen ist der Begriff One-to-One-Marketing nicht einmal geläufig. So setzen auch nur 4 Prozent aller befragten Unternehmen die Möglichkeiten des One-to-One-Marketing ein. Vor der erfolgreichen Nutzung von CRM steht die systematische Erhebung und Pflege individueller Kundendaten. Aber auch das geschieht erst bei den wenigsten Unternehmen. Über ein Drittel der Unternehmen können mit gewonnenen Kundendaten immerhin schon wichtige Kunden kategorisieren bzw. versuchen durch unterschiedliche Informationsquellen (z.B. Hotline, Bestellwesen) Kundendaten zu sammeln. Allerdings gerade einmal zwölf Prozent der Unternehmen bieten ihren Kunden personalisierte Websites an.

Insgesamt kommt Consulting Partner zu dem Ergebnis, dass eine klare Strategie der wichtigste Erfolgsfaktor im E-Commerce ist. Dazu zählt die Bereitschaft einer Reorganisation aller Prozesse zu einer e-Supply-Chain sowie die Etablierung eigener E-Commerce-Organisationseinheiten. Ausgehend von einer derartigen Strategie nutzen die erfolgreichen Unternehmen im E-Business, die „Winner“, systematisch die Möglichkeiten des Internets wie E-Procurement, One-to-One-Marketing und andere Maßnahmen zur Online-Kundenbindung. Über die Hälfte der „Winner“ sammeln und verdichten beispielsweise Kundendaten, von den eher erfolglosen Unternehmen, den „Followern“, verfolgen indes nur 29,1 Prozent diese Strategie. Ebenso ist die Aktualisierung von Content ein wichtiger Erfolgsfaktor: 91,2 Prozent der „Winner“ aktualisieren ihre Websites täglich. Dagegen kümmern sich nur 45 Prozent der „Follower“ um die präsentierten Inhalte. Auch in „nackten Zahlen“ gemessen wird der Unterschied der beiden von Consulting Partner gebildeten Cluster „Winner“ und „Follower“ deutlich: Während nur 1,2 Prozent der „Follower“ die Kundenbindung erhöhen konnten, beträgt dieser Wert bei den „Winnern“ stolze 36,8 Prozent. Und auch die zuletzt erzielten Umsatzsteigerungen zeigen eine deutliche Diskrepanz. Fast ein Drittel der „Winner“ konnte Umsatzsteigerungen registrieren, von den „Followern“ indes lediglich 0,6 Prozent.

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