EDI Technologie

Grundsätzlich lässt sich der EDI-Datenaustausch als Ganzes in zwei unterschiedliche Prozesse unterteilen.

Dies ist zum einen der Konvertierungsprozeß, in welchem die Daten von einem unternehmensinternen Format (Inhouse-Format) in das EDIFACT-Format übersetzt werden oder umgekehrt. Zum anderen ist dies der Kommunikationsprozeß, in dem die Daten über Telekommunikationsnetze (analog oder über ISDN) vom Sender an den Empfänger übertragen werden. Von einem EDI-System werden diese beiden Teilprozesse in einem vollautomatischen Ablauf zu einem Gesamtprozeß integriert.
Konvertierungsprozeß
Um die aus einem Warenwirtschafts- oder Finanzbuchhaltungssystem in einem Inhouse-Format zur Verfügung gestellten Daten in die EDIFACT-Norm übersetzen zu können, bedarf es eines Konverters. Dieser Konverter ist Teil des EDI-Systems, das sowohl die Kommunikation als auch die Konvertierung der Daten vollautomatisch abwickelt (vgl. Kommunikationsprozeß).
Damit die in der EDIFACT-Norm übertragenen Daten von der Applikation des EDI-Partners automatisch verarbeitet werden können, muss auf der Seite des EDI-Partners ebenfalls ein EDI-System eingesetzt werden, welches die Übersetzung der Daten aus der EDIFACT-Norm in ein für seine Anwendung verarbeitbares Inhouse-Format übernimmt. Der Ablauf eines EDI-Datenaustausches im EDIFACT-Format erfolgt dabei wie folgt (vgl. Abbildung 1):

Abbildung 1: Ablauf eines EDI-Datenaustausches

Die Möglichkeit der automatischen Weiterverarbeitung der aus dem EDIFACT-Format konvertierten Daten in ein zuvor eindeutig definiertes Inhouse-Format (Flatfile) ermöglicht den Datenimport in betriebswirtschaftliche Applikationen, wobei es im Regelfall keine Rolle spielt, welche Applikation im Einsatz ist.
Verschiedene Applikationen (z.B. Baan, SAP oder KHK) verfügen zumeist über Standardschnittstellen für den EDI-Datenaustausch, die für die Konvertierung im EDI-System gemäß den Anforderungen des einzelnen Kunden gefüllt werden können. Abbildung 2 zeigt den Prozeß der automatischen Verarbeitung der EDI-Daten:

Abbildung 2: Ablauf der automatischen Verarbeitung der EDI-Daten

Die entscheidende Frage ist, warum die Daten erst in eine Norm wie EDIFACT übersetzt werden müssen, damit der Partner sie automatisch verarbeiten kann. Der Grund für den scheinbar umständlichen Weg über eine Konvertierung der Inhouse-Struktur in das EDIFACT-Format liegt in einem entscheidenden Vorteil : Dieses Regelwerk ist weltweit gültig.
Durch die Verwendung der EDIFACT-Norm werden spezielle Vereinbarungen zwischen Unternehmen überflüssig, da jeder Geschäftspartner mit Hilfe eines Konverters in der Lage ist, die Daten zu verarbeiten. Wenn ein Inhouse-Format ausgetauscht werden sollte, müssten mit jedem EDI-Partner weltweit bilaterale Vereinbarungen über den Nachrichtenaufbau bzw. Informationsgehalt getroffen werden. Dies würde je nach Anzahl der Partner und auszutauschenden Dokumente einen nicht zu bewältigenden organisatorischen Aufwand bedeuten.

Kommunikationsprozeß
Beim EDI-Kommunikationsprozeß lassen sich prinzipiell zwei verschiedene Formen unterscheiden, die in der Praxis zur Anwendung kommen. Bei der ersten Alternative der Kommunikation wird eine direkte Verbindung (Point-to-Point) zwischen Sender und Empfänger aufgebaut. Gerade bei der Übertragung von zeitkritischen Daten für die Just-in-Time-Belieferung wird diese Art der Kommunikation praktiziert, weshalb sie in der Automobilindustrie weit verbreitet ist. Als Protokoll für die Übertragung wird dabei auf das OFTP-Protokoll (ODETTE File Transfer Protocol) zurückgegriffen.
Die zweite Möglichkeit der Kommunikation entkoppelt Sende- und Empfangsvorgang durch die Verwendung einer Mailbox (Store-and-foreward). Dies hat den Vorteil, dass keine permanente Verbindung zum EDI-Partner aufgebaut werden muss, sondern lediglich zu bestimmten Zeiten an eine Partner-Box gesendet bzw. die eigene Box abgerufen wird. Die Kommunikationskosten sind daher wesentlich geringer als bei der Point-to-Point-Übertragung und die eigene Box dient für beliebig viele EDI-Partner als elektronischer Briefkasten. Ein weiterer Vorteil der Store-and-forward-Kommunikation ist die Sicherheit, da der EDI-Partner keinen direkten Zugang zum eigenen Rechner hat.
Augenblicklich wird fast standardmäßig das X.400-Protokoll für den EDI-Datenaustausch über eine Mailbox verwendet. Für dieses Protokoll bieten mehrere Anbieter (z.B. Telekom, IBM und General Electric) Mailboxen als sogenannte Mehrwertdienste an (vgl. Abbildung 3).

Abbildung 3: EDI-Kommunikationsprozeß

Da der Siegeszug des Internets auch an EDI nicht spurlos vorüberzieht, existiert bereits die Möglichkeit, EDIFACT-Dateien auch über das Internet, sprich über Email, auszutauschen. Hier kommt dann das TCP/IP-Protokoll zum Einsatz. Als Mailbox steht die vom Internet Service Provider (ISP) vorgegebene Email-Adresse zur Verfügung.
Die EDI-Systeme bedienen sich zur Abwicklung der Kommunikation eines zumeist integrierten Kommunikations-Moduls. Für einen vollautomatischen EDI-Ablauf lassen sich die Systeme zeit- oder ereignisgesteuert einstellen. Zu fest definierten Zeiten wird in Senderichtung die Kommunikation zur Mailbox des Partners und in Empfangsrichtung zur eigenen Box aufgebaut. In Senderichtung werden die vom Konverter zur Verfügung gestellten EDIFACT-Dateien an die Box des Partners versendet, in Empfangsrichtung werden die aus der eigenen Box abgeholten EDIFACT-Dateien des Partners automatisch dem Konverter zur Verfügung gestellt, der dann die weitere Verarbeitung steuert.

EDI Technologie Normen & Standards

EDIFACT, EANCOM, SEDAS, VDA etc.
Um einen vollautomatischen, EDI-gestützten Geschäftsprozeß zu realisieren, müssen relevante Normen und Standards in der Abbildung der Informationen Anwendung finden. EDIFACT (Electronic Data Interchange For Administration, Commerce and Transport) stellt dabei das weltweit gültige, branchenübergreifende Regelwerk der Vereinten Nationen dar.
Dieses Regelwerk macht es möglich, weltweit EDI-Nachrichten wie Bestellungen oder Rechnungen mit internationalen Geschäftspartnern auszutauschen, ohne dass es zu „Verständnisproblemen“ kommt. Mittlerweile sind über 200 verschiedene Nachrichtentypen aus den unterschiedlichsten Bereichen ratifiziert oder in Vorbereitung, so dass gegenwärtig der gesamte Informationsfluß des Wirtschaftskreislaufes elektronisch übermittelt werden kann.
Neben EDIFACT existiert jedoch eine Vielzahl von sogenannten Subsets, die lediglich nationale oder branchenweite Bedeutung besitzen. Ist ein Unternehmen einer bestimmten Branche zugehörig und/oder will es nur national EDI-Daten austauschen, so kann auch auf ein Subset zurückgegriffen werden, das den speziellen Ansprüchen in vielen Fällen genügt. Auf die oft gestellte Frage nach den Unterschieden, der Verbreitung und der Kompatibilität verschiedener Subsets wird hier eine Antwort gegeben.

Was ist ein Subset?
Komplexität und vielfältige Interpretierbarkeit der EDIFACT-Norm trugen dazu bei, dass sich branchenspezifische Untermengen, sogenannte Subsets, verbreiteten, die vollkommen EDIFACT-konform sind. Ein Subset ist also eine exakt definierte Untermenge nutzbarer Nachrichtenarten, Datenelemente, Codes und Qualifier der EDIFACT-Norm.
Im Bereich der Konsumgüterindustrie hat sich das EANCOM-Subset in Europa als „Mega-Subset“ herausgebildet. Mittlerweile einigen sich darauf viele EDI-Anwender aus verschiedenen Branchen (z.B. Banken und Speditionen) und tauschen EANCOM-Nachrichtentypen aus. Weitere wichtige Subsets für deutsche EDI-Anwender sind ODETTE (Automobilindustrie Europa), VDA (deutsche Automobilindustrie) sowie SEDAS (deutsche Konsumgüterindustrie).

Subset ist nicht gleich Subset
Bei näherer Betrachtung der EDIFACT-Subsets ist festzustellen, dass es sich bspw. bei VDA und SEDAS um keine EDIFACT-Subsets gemäß obiger Definition handelt, sondern um branchenweit fest definierte Austauschformate, die jedoch nicht in die für EDIFACT übliche Trennzeichensyntax konvertiert werden. Daher erfordert der Austausch von SEDAS- und VDA-Nachrichten keine Konvertierung im üblichen Sinn.
Warum werden Subsets verwendet?
Der Vorteil der Einrichtung bzw. Verwendung von Subsets gegenüber EDIFACT lieget in der einfacheren Handhabung, da nur ein begrenzter, für die Branche notwendiger Teil von EDIFACT gepflegt und übermittelt werden muss. Als nachteilig für den EDI-Anwender erweist sich jedoch, dass verschiedene Subsets nicht kompatibel zueinander sind. Dies führt oft zu Schwierigkeiten bei Anwendern, die gefordert sind, bspw. sowohl SEDAS- als auch EANCOM-Nachrichten auszutauschen.
Die Lösung solcher Probleme liegt zum einen in der Auswahl eines flexiblen EDI-Systems, zum anderen in einer universell nutzbaren Programmierung der Systeme, die heterogenen Anforderungen entspricht. Kompetente EDI-Dienstleister sollten in der Lage sein, solche Aufgabenstellungen zu bewältigen.

Subset oder EDIFACT – Welche Entscheidung ist die richtige?
So ernüchternd es klingt, aber oft stellt sich diese Entscheidung für den EDI-Anwender gar nicht. Marktstarke Geschäftspartner wie die großen Handelsketten geben in der Regel den Lieferanten das Austauschformat vor. Wird EANCOM von einem wichtigen Geschäftspartner verlangt, muss der Lieferant EANCOM realisieren.
Positiv zu beurteilen ist die generelle Tendenz der EDI-Großanwender, sich von branchenweiten oder lediglich national austauschbaren Formaten wie SEDAS oder VDA allmählich zu verabschieden. EANCOM setzt sich immer mehr durch und wird SEDAS immer mehr in den Hintergrund drängen. International operierende Automobilkonzerne stellen für ihre deutschen Zulieferer von VDA auf EDIFACT um.

EDI Technologie
EAN-Standardvereinbarungen

Die von der EAN-Organisation in Brüssel entwickelten EAN-Standards bilden heute vor allem in der Beziehung zwischen Industrie und Handel die Grundlage des EDI-Datenaustausches. In Deutschland trägt die CCG (Centrale für Coorganisation) in Köln die Verantwortlichkeit für die Vergabe und Verwaltung des EAN-Identsystems.
Das EAN-Identsystem setzt sich aus den EAN-Numerierungssystemen ILN, EAN13, EAN128 (NVE) zusammen (vgl. Abbildung 1). Das EAN-Identsystem ermöglicht die eindeutige Identifikation von Unternehmen und Unternehmensteilen, Artikeln und Packstücken und bildest die Voraussetzung für einen reibungslosen elektronischen Datenaustausch. Die Vorteile, die sich aus diesem Identifizierungs-Konzept ergeben sind vielschichtig:

• Verringerung des Verwaltungsaufwandes
• Vereinfachung der Datenverarbeitungsprozesse
• Erhöhung der Genauigkeit und Geschwindigkeit der Administrations- und Datenverarbeitungsprozesse
• Schaffung der Voraussetzungen für ein effizientes Versenden, Sortieren und Verfolgen von Gütern

Die einzelnen EAN-Identsysteme sind dabei in einem logischen Zusammenhang zu sehen, der sich anschaulich wie folgt darstellen lässt:

Der logische Zusammenhang ergibt sich (mit Ausnahme der ILN vom Typ1) zum einen aus der von der CCG vergebenen Basisnummer in Form der ehemaligen bbn (Bundesbetriebsnummer), zum anderen aus der für einen Geschäftsprozess erforderlichen gemeinsamen Angabe von Adresse und Ware.

International Location Number (ILN)
Die 13-stellige ILN-Nummer dient dazu, die physischen Adressen von Unternehmen und Unternehmensteilen bzw. -abteilungen zu identifizieren. So können Güter, papiergebundene Informationen und elektronisch zu übermittelnde Daten zuverlässig an ihren Bestimmungsort befördert werden. Dies schließt die Identifikation von funktions- und ablauforientierten Einheiten wie bspw. Lägern, Lieferpunkten und Abteilungen ein. Die ILN-Nummer wird in allen Applikationen als Zugriffsschlüssel für die im System hinter diesem Code abgelegten Informationen verwendet.

Durch die weltweite Verwendung der ILN-Nummer werden weitere Abstimmungen von Kunden- und Lieferantennummern ersetzt, die oft mit hohem Verwaltungsaufwand einhergehen. Aufgrund ihrer Eindeutigkeit stellt die ILN eine Grundvoraussetzung für den rationellen zwischenbetrieblichen Informationsaustausch dar. Die flexible ILN vom ‚Typ 2‘ wird von vielen Unternehmen eingesetzt, da sie eine selbständige Generierung von ILN-Nummern für Filialen, Läger, Abteilungen und Lieferpunkte sowie von EAN-Artikelnummern und NVE-Nummern zur eindeutigen Kennzeichnung des Packstücks ermöglicht.

Internationale Artikelnummer (EAN)
Die 13-stellige EAN (vgl. Abbildung 3) gewährleistet eine international eindeutige Identifikation des einzelnen Artikels. In Form eines maschinenlesbaren Strichcodes bildet die EAN13 dabei die Grundlage für den Einsatz der Scanner-Technologie an den automatischen Kassen des Groß- und Einzelhandels.
Die EAN-Nummer als Identifizierung von Produkteinheiten erleichtert wesentlich die Formen der elektronischen Kommunikation, da sie wie die ILN-Nummer in allen Anwendungen als Zugriffsschlüssel auf die im Computersystem hinter diesem Code abgelegten Artikelstammdaten dient. An dieser Stelle sei jedoch darauf hingewiesen, dass zusätzlich zum Normalfall der EAN13 auch die beiden Sonderfälle der EAN8 und der EAN14 existieren. (Die EAN128 ist kein Sonderfall der EAN13, sondern ein eigenes Numerierungssystem).

Der EAN 128-Standard als Strichcodelösung für den warenbegleitenden Informationsfluß dient zur Kennzeichnung logistisch relevanter Einheiten wie Bestell-, Liefer- und Transporteinheiten und bildet die Voraussetzung für moderne Warenverfolgungs- und -steuerungssysteme.
Das Scannen bei der automatischen Warenvereinnahmung und Warenausgabe macht einen maschinenlesbaren Code (vgl. Abbildung 4) auf der Ware erforderlich. Der EAN-128-Standard ermöglicht den reibungslosen unternehmens- und branchenübergreifenden Informationsaustausch und macht Inhouse-Lösungen zur Identifizierung der Ware ebenso überflüssig wie bilaterale Absprachen.

Mehr als 50 verschiedene Datenelemente können nach der internationalen EAN 128-Konzeption bereits in strichcodierter Form dargestellt werden (vgl. Abbildung 3), wobei grundsätzlich lediglich die absolut notwendigen Informationen (Datenelemente) in der EAN 128 berücksichtigt werden sollten, denn die EAN 128 ersetzt nicht den elektronischen Datenaustausch (EDI). Sie untergliedern sich in die Anwendungsbereiche:

• Identifikation (z.B. EAN, NVE)
• Warenverfolgung (z.B. NVE, Los-/Chargennumer)
• Datumsangaben (z.B. Produktionsdatum, Verfalldatum)
• Maßeinheiten (z.B. Gewichtsangabe in Kilogramm)
• Referenzierung (z.B. Bestellung des Warenempfängers)
• Firmenidente (z.B. Firmenident des Warenempfängers)
• Interne Anwendungen.

Die EAN128 ermöglicht die Codierung von warenbegleitenden Zusatzinformationen, die über die reine Identifikation hinausgehen. Sie stellt keine Alternative sondern eine Ergänzung zur EAN-Codierung dar. Hierfür wurde international eine Liste von Datenbezeichnern entwickelt, die Format und Inhalt der jeweils folgenden Daten eindeutig festlegen.
Die EAN128 steht den Unternehmen nicht ausschließlich zur Ettikettierung von Versandeinheiten zur Verfügung. Es gibt ebenfalls die Möglichkeit, die EAN der Handelseinheit alternativ zur EAN13 im EAN128-Code abzubilden.
Nummer der Versandeinheit (NVE)
Mittelpunkt der EAN128 bildet die 18-stellige Nummer der Versandeinheit (NVE) als weltweit eindeutiges und Überschneidungsfreiheit gewährleistendes Identifikationssystem für die logistische Einheit. EAN128 und NVE bilden die Grundlage einer sinnvollen Verknüpfung zwischen automatischer Datenerfassung anhand von Strichcodes und elektronischem Datenaustausch.
Strichcodes auf der Ware dienen in erster Linie der Identifizierung und ermöglichen den Zugriff auf vorhandene Stammdaten oder auf per EDI vorab übermittelte Avis-Informationen. Die konsequente Nutzung des EAN128-Konzeptes bedeutet ein wichtiges ECR-Werkzeug für die Umsetzung eines Efficient Replenishment und der weiteren Ausschöpfung vorhandener Rationalisierungspotentiale in der Logistikkette.

 

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