Incubator – Lessons learned ?

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Incubator – Lessons learned ?

23.11.2000


Nicht nur vielen Startups auch ihren Brutstätten, den Incubatoren, weht mittlerweile ein rauher Wind entgegen. Wie sehen die Erfolgsfaktoren im Ringen um attraktive Unternehmensansiedlungen aus und wer wird im Markt bestehen können?



1. Incubator – In the line of fire
Wenn Shannon Henry von der Washington Post das Wort Incubator hört, muss er automatisch an die Violinen denken, die beim Untergang der Titanic spielten. Bevor sich jedoch allgemeine Untergangsstimmung verbreitet, muss an den Zweck der Violinen erinnert werden: sie sollten Panik vermeiden helfen. Wie auch immer – inzwischen sind vertraute Begriffe der New Economy zu Reizwörtern geworden, die von vielen umgangen werden. Dazu zählen beispielsweise dot.com, WAP aber eben auch "Incubator". Letztere hatten sich als Brutstätten für Startups bis zum letzten Jahr einen guten Namen als hilfreiche, meistens Non-Profit-Einrichtungen von Universitäten in den USA erworben. Mit der dot.com-Welle wurden Incubatoren als For-Profit-Business-Cases entdeckt. In einer Untersuchung der Harvard Business School werden erstaunliche Wachstumsraten ermittelt. So wuchs weltweit die Zahl der Incubatoren von 1998 bis 1999 um 476% und von 1999 bis Mai 2000 um 192%.




Das Wachstum wird sich so nicht fortsetzen. Eine Reihe von Incubatoren hat inzwischen das Schild "We go out of business" in ihr Fenster hängen müssen. Die US-Bank Schroder Salomon Smith Barney hat in einem kritischen Report allerdings auch festgestellt, dass "erfolgreiche Incubatoren riesige Gewinne bringen können". Offensichtlich findet in diesem Segment gegenwärtig ein harter Ausleseprozess statt, der mit dem der E-Commerce Unternehmen durchaus vergleichbar ist. Überlebenschancen scheinen allerdings nur wenige zu haben. Die Analysten von Schroder Salomon Smith Barney erwarten beispielsweise für London, dass von 150 dort angeblich gegründeten Incubatoren nur 5 ein überlebensfähiges Konzept haben.

Die Schärfe des Ausleseprozesses geht auf zwei Ursachen zurück. Das erste Problem mit dem Incubating ist hausgemacht und hängt mit dem inflationären Gebrauch des Begriffs zusammen. Ein Teil der Gründungswelle geht darauf zurück, dass Startup-Unternehmen im E-Commerce sich als Incubatoren bezeichnet haben, ohne ein hierfür spezifischen Leistungsportofolio zu entwickeln. Seit dem Blutbad an der Nasdaq im Frühjahr sprudeln auch die Finanzierungsquellen für Incubatoren spärlicher. In den USA macht zur Zeit ein böser Scherz die Runde: wenn die Hitze in einem Incubator durch Finanzierungsprobleme steigt, dann wird er zu einem Incinerator (Krematorium). Generell sind zweitens die meisten Incubatoren sowohl vom negativen Trend bei den Technologiewerten aber insbesondere von geänderten Präferenzen der VC-Geber betroffen. Für die USA ist seit dem vierten Quartal 1999 ein Abflachen der VC-Zuflüsse in Internet Companies insgesamt festzustellen.

Allerdings gehen sowohl PriceWaterhouseCoopers (+8) und Venture Economic (+6) von einem kontinuierlichem Wachstum aus. Venture One sieht allerdings nach dem ersten Quartal 2000 einen leichten Rückgang.




Entscheidend ist jedoch, dass VCs sich auf Unternehmen konzentrieren, die insgesamt als "Enabler" des E-Business zu kennzeichnen sind (Services, Infrastruktur, ISPs, Software). Content Provider und reine E-Commerce Unternehmen haben unter deutlichen Rückschlägen zu leiden. Letztere bilden jedoch die Hauptklientel der Incubatoren.




Hierdurch werden die Exitmöglichkeiten für den Incubator verstopft, d. h. er bleibt auf seinen Incubatees sitzen. Hinzu kommt, dass sich die Chancen für Incubatoren, Kapital für die Seed- und Startup-Phase ihrer Klienten zu akquirieren oder zu vermitteln, ebenso drastisch verschlechtert haben. Die VC-Investitionen in diesen frühen Phasen sind im zweiten Quartal des Jahres um 20% gesunken, während sich der Finanzierungskorridor für expandierende Internet Companies im gleichen Zeitraum um 50% erweitert hat.




2. Nüchterne Bestandsaufnahme durch die Harvard Business School
Incubatoren schreiben als Ganzes zur Zeit keine Erfolgsgeschichte. In einer aktuellen Studie der Harvard Business School wurden weltweit 356 Incubatoren identifiziert und 169 näher untersucht (die Zahl der Unternehmen, die sich als Incubator bezeichnen dürfte wesentlich höher sein). 32% der Incubatoren konzentrieren sich dabei voll und ganz auf das Themenfeld Internet. Als harte Kriterien zur Bewertung von Incubatoren gelten die so genannten Liquidity Events sowie die Graduierung der Incubatees. Liquidity Events liegen vor bei einem IPO der Incubatees, bei einem Verkauf, bzw. beim Verkauf der Anteile, die der Incubator hält. Die Graduierung steht dafür, dass ein Unternehmen erfolgreich den Incubator verlässt.

Die Studie kommt zu dem nüchternen Ergebnis, dass die Wahrscheinlichkeit für einen Liquidity Event, d. h. dafür, dass der Incubator sein Invest zurück erhält, gerade 40% beträgt. Die durchschnittliche Graduierung, d. h. der Ausstoß an lebensfähigen Startups, liegt z. Zt. bei 3.1 Unternehmen je Incubator.

Nur sehr wenige Incubatoren erreichen die Liquidity Events
Incubator-Statistiken

36,0% Anzahl der Mitarbeiter
8,0% Betreute Unternehmen
3,1% Betreute Unternehmen, die erfolgreich den Incubator verlassen
3,0% Incubatees, die danach noch zusätzliche Kapitalmittel erhalten
0,4% Incubatees, die ein IPO / Aquisition bekanntgeben konnten
9,0% Incubation-Zeit (in Monaten)

Quelle: The State of the IncubatorMarketplace, Harvard Business School Publishing, June 2000

Die Durchschnittszahlen verdecken, dass eine scharfe Trennung zwischen erfolgreichen und erfolglosen Incubatoren gemacht werden muss. 62% der Incubatoren haben bisher kein Startup ins Leben entlassen. Nur 11% der Incubatoren können fünf und mehr Graduierungen vorweisen.

Incubatoren noch nicht Erfolgreich




Quelle: The State of the IncubatorMarketplace, Harvard Business School Publishing, June 2000

Vergleichbares ergibt sich für die Fähigkeit der Incubatoren, zusätzliche Finanzierung für ihre Klienten zu akquirieren. 54% der Incubatoren waren damit bisher völlig erfolglos und nur 14% können für fünf und mehr Startups Erfolge vorweisen.

3. Wer übersteht die Auslese – Erfolgsfaktoren für Incubatoren
Portofolio-/Technology Mix
Die Konzentration im Portofolio der Incubatoren auf die "Pure Player" im E-Commerce, unabhängig davon, ob es sich um B-2-C oder B-2-B handelt, ist der entscheidende Engpass. Vergleichbar mit dem Portofolio erfolgreicher VC-Unternehmen wird für Incubatoren das richtige Mix im Portofolio zum entscheidenden Erfolgsfaktor. Vor allem Startups, die sich auf die Enabling Technology konzentrieren, werden ein stärkeres Gewicht erhalten. Entwickler von Infrastrukturkomponenten, von Applikationen sowie von Business Services im E-Commerce sind die Startup Zielgruppen, die jetzt aussichtsreich sind.

Langer Atem
Die Businesskonzepte der Incubatoren sind in den meisten Fällen auf kurze Durchlaufzeiten der Startups bis zur Graduierung ausgelegt. Entsprechend wird mit kurzfristig erreichbaren Liquidity Events gerechnet. Hierbei liegen Wachstumserwartungen zugrunde, die von früheren dot.com Erfolgsgeschichten ausgehen und inzwischen selten geworden sind. Exitstrategien, bei denen von Zeiträumen von unter einem Jahr ausgegangen wird, sind unrealistisch. Insbesondere, wenn eine stärkere Konzentration auf Enabling Technology hinzukommt, muss mit einer wesentlich längeren Aufbauphase gerechnet werden. Dadurch verschiebt sich das realistische Zeitfenster für den Exit auf zwei bis fünf Jahre.

Migration zum Venture Fond
Bei erfolgreichen Incubatoren in den USA sind, im Gegensatz zu Europa, die Grenzen zwischen der Rolle als Kapitalgeber und der des Spezialisten für Startup-Behütung fließend. Businesskonzepte, die entweder keine Finanzierung oder nur die Seed Finanzierung vorsehen, sind perspektivlos. Erfolgreiche Incubatoren treten als VC auf, mit dem Unterschied, dass sie deutlich mehr Managementkapazitäten für eine intensive Betreuung der Startups einsetzen.

Networked Incubators
Für den Ausleseprozess unter den Incubatoren ist die Verankerung in nützlichen Netzwerken entscheidend. Nur wer Startups einen bevorzugten Zugang zu einem Netzwerk von Partnern bieten kann, ist für erfolgversprechende Deals attraktiv. Für Startups ist es entscheidend, schnell die geeigneten Business Services, Kunden und Kooperationspartner zu finden. Erfolgreiche Incubatoren institutionalisieren ihre Netzwerke durch Überkreuzbeteiligungen und strategische Allianzen. Der sogenannte "Build-in Access", d. h. die Türöffnerfunktion, hat einen wesentlich höheren Stellenwert als die Bereitstellung von Büroräumen und technischer Infrastruktur.
Networked Incubators arbeiten nach zwei Seiten. Sie verschaffen ihren Startups die relevanten Zugänge und den Netzwerkpartnern die Kunden oder die Übernahmekandidaten. Networked Incubators warten nicht auf Exitchancen, sondern übernehmen die aktive Rolle zur Vermittlung von Merger und Akquisition im Netzwerk.

Spezialist für die Old Economy
Die Old Economy hat den Incubator längst für die eigenen Zwecke entdeckt. Nicht nur Panasonic, Bertelsmann und viele andere große Technologie- und Medienunternehmen, sondern beispielsweise auch Karstadt-Quelle betreiben Incubatoren als Akquise- und Recruitinginstrument. Unabhängige Incubatoren müssen sich auf dieses Segment von Exit-Optionen spezialisieren, je mehr die Chancen für erfolgreiche IPOs zweifelhaft werden. Erfolgreiche Incubatoren haben Startups unter ihren Dach, die sich entweder für die Integration in große Unternehmen eignen oder im Zuge des Outsourcings der E-Commerce-Funktionen diese Unternehmen unterstützen können.
Last but not least wird der "Markt" entscheiden, ob eine weitere Verwendung des Begriffes "Incubator" opportun und öffentlichkeitswirksam ist.


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