Erfolgreiche Unternehmenskooperation muss gesteuert werden

Obwohl Partnerschaften zwischen verschiedenen Unternehmen vor allem in der IT-Industrie mittlerweile zu den Selbstverständlichkeiten gehören, führen solche Projekte oft nicht zum gewünschten Erfolg, wie eine aktuelle Studie des Institut für Technologiemanagement der Universität St. Gallen zeigt. Der Grund: Das Partnermanagement in der Branche ist oft immer noch durch Versuch-und-Irrtum-Ansätze geprägt und viel zu selten strategisch und operativ durchdacht.

Zu ähnlichen Ergebnissen wie die Technologieforscher der Universität St. Gallen kommt auch eine Studie der US-amerikanischen Unternehmensberatung Arthur D. Little. Danach gibt es derzeit nur in den wenigsten Unternehmen ein systematisches Vorgehen beim Management des Partnering-Prozesses und das, obwohl die richtige Strategie und das passende Konzept wesentliche Erfolgsfaktoren sind. Die Anstrengungen – so die Erfahrungen der Consultants – konzentrieren sich häufig nur auf den Abschluss einzelner „Deals“ statt auf die Umsetzung einer nachhaltigen Strategie in diesem Bereich. Zudem fehlt meist ein strukturierter Ansatz, es mangelt an der Erfolgskontrolle und schließlich wird das aus den Unternehmenskooperationen gewonnene Erfahrungswissen nicht systematisch genutzt.

Als wichtigsten Erfolgsfaktor nennt die Arthur D. Little-Studie eine klare Definition der Zielsetzung. Weitere Voraussetzungen seien eine wirksame Vertragsgestaltung, die Unterstützung durch die Unternehmensleitung sowie eine regelmäßige interne und externe Kommunikation. Außerdem das Management des Partnering-Prozesses, der aktiv gesteuert und bewertet werden sollte. „Dafür muss Management-Kapazität bereitgestellt werden – und das nicht nur bis zum Vertragsabschluss, sondern kontinuierlich während der gesamten Partnerschaft“, heißt es in der Studie. Dazu sei ein Managementprozess zu implementieren, der eine zielgerichtete und erfolgreiche – gleichzeitig aber auch ressourcenschonende – Durchführung von Kooperationsprojekten sicherstellt.

Abgrenzung zur reinen Lieferantenbeziehung

Zu den Unternehmen, die diese Empfehlungen bereits beherzigen, gehört die T-Systems International GmbH (TSI) mit Hauptsitz in Frankfurt am Main. Die Telekom-Division mit ihren derzeit mehr als 40.000 Mitarbeitern in mehr als 20 Ländern entstand aus einem Merger vieler unterschiedlicher Bereiche der Deutschen Telekom AG und dem Debis Systemhaus und ist der zweitgrößte Dienstleister im Bereich Informations- und Kommunikationstechnologie (engl. ICT) in Europa. „Auf dem Papier haben wir heute eine nicht leicht zu überschauende Zahl von Partnerschaften“, sagt Dr. Jürgen Kratz, Leiter Strategisches Partnermanagement (SPM) bei T-Systems. Dieser historisch gewachsene Dschungel werde deshalb nun gelichtet und systematisiert. Inzwischen koordiniert der Bereich SPM in Zusammenarbeit mit den einzelnen Geschäftseinheiten von T-Systems mehr als 200 Partnerschaften.

Bei der Schaffung von mehr Transparenz spielt vor allem die Unterscheidung einer Partnerschaft von einer normalen Lieferantenbeziehung eine wichtige Rolle. „Lieferanten werden nur zum Partner, wenn sie einen Qualifizierungsprozess durchlaufen haben und zur Erreichung der Ziele von T-Systems im Markt beitragen“, erläutert Dr. Ellen Walther-Klaus, die verantwortlich für das Management der Top- und Key-Partnerschaften bei T-Systems ist. Bewusst verwende das Unternehmen mittlerweile den Begriff Partnerschaft sehr restriktiv und erwarte von seinen Kooperationspartnern auch, dass sie bei einer gemeinsamen Businessplanung das Erfolgsrisiko mittragen.

Allerdings sind die Kooperationen mit anderen Firmen für T-Systems mehr als nur einzelne Deals, sie müssen vielmehr langfristig wie ein Portfolio geführt werden. Für die Zusammenarbeit hat das Unternehmen deswegen eine Reihe von Business-Rules formuliert, die als eine „Geschäftsgrundlage“ für eine mögliche Zusammenarbeit dienen. Dazu zählen beispielsweise Offenheit, gegenseitige Akzeptanz, Engagement, regelmäßige Kommunikation und Konfliktbereitschaft.

Unterschiedliche Partnerkategorien und Profile

Um den Partnering-Prozess im gesamten Unternehmen nach einheitlichen Richtlinien und Vorgehensmodellen zu organisieren, hat der ICT-Dienstleister neben dem Strategischen Partnermanagement in seiner Zentrale auch etliche Partnermanager in seiner Matrixstruktur etabliert. Hauptaufgabe von SPM ist neben der direkten Betreuung einiger Top-Partnerschaften vor allem die Schaffung der Rahmenbedingungen für ein erfolgreiches Partnering im gesamten Unternehmen. „Wir verstehen uns als eine Art Schwungrad, das das Thema permanent am Laufen hält“, zieht Dr. Ellen Walther-Klaus einen Vergleich. Ein weltweites Partnerprogramm stellt dabei die Methodik, Services und Tools zur Verfügung, um die Arbeit der Partnermanager vor Ort wirkungsvoll zu unterstützen. Dazu gehören Hilfen für die gemeinsame Entwicklung eines Geschäftsmodells, eines Strategie-Fits, eines Marktprogramms, einer Kundenstrategie, die Vorlagen für Partnerschaftsvereinbarungen und eine Balanced Score Card – zugeschnitten auf die jeweilige Partnerkategorie und das Profil.

T-Systems unterscheidet dabei die Partnerkategorien Technology, Innovation, Sales und Services, sowie Partnerschaften mit Kultur- und Forschungseinrichtungen. Die Qualifizierung der Partnerschaften wird nach den Klassen Top-, Key- und Qualified Partner vorgenommen. Die Partner-Profile bestimmen den Grad der Anforderungen, den T-Systems an die Partnerschaft stellt. Qualified Partner arbeiten mit dem ICT-Dienstleister in mindestens einer Partnerkategorie auf regionaler oder internationaler Basis zusammen. Mit dem gemeinsamen Leistungsangebot wird ein signifikanter Marktanteil erzielt. Key Partner gehören in ihrem jeweiligen Marktsegment zu den führenden Unternehmen und kooperieren in der Regel mit mehreren T-Systems-Bereichen oder Landesgesellschaften. Für sie wird ein spezieller „Partner-Circle“ eingerichtet. Top-Partnerschaften schließlich sind Allianzen mit einer hohen strategischen Relevanz, die sich durch internationale Marktführerschaft auszeichnen. Diese Unternehmen arbeiten in mehreren Kategorien mit T-Systems zusammen und definieren gemeinsame Geschäftsziele auf der Basis vereinbarter Balanced Score Cards.

Strenge Partnerqualifizierung und ständige Kontrolle

Das T-Systems-Partnerprogramm basiert auf einer Reihe von Bausteinen, die erfolgreich absolviert werden müssen. Dazu zählen Auswahl und Bewertung des Partners, Benennung der Ansprechpartner, Festlegen der Ziele, Memorandum of Understanding, Businesspläne und Balanced Score Card, Organisation der Partnerschaft, Monitoring und Audits und Partnerschaftsvertrag. Die Inhalte und der Aufwand bei der Bearbeitung der Bausteine unterscheiden sich hinsichtlich der Partner-Kategorien und Profile. Erst mit dem Abschluss des Partnerschaftsvertrages erhält ein Unternehmen den Status und das Logo „T-Systems Partner“.

Zum erfolgreichen Aufbau einer Partnerschaft ist es dabei unbedingt notwendig, bei beiden Firmen jeweils einen verantwortlichen Ansprechpartner zu benennen. Er steuert die Kommunikation mit dem Partner und innerhalb des eigenen Unternehmens. „Denn eine erfolgreiche Zusammenarbeit entsteht nur, wenn die Partner regelmäßig miteinander sprechen und offene Fragen schnell geregelt werden“, weiß Dr. Ellen Walther-Klaus. Die festgelegten Ansprechpartner sind auch für die Erstellung einer Kommunikationsmatrix und den Aufbau der „Partner-Circles“ zuständig. Ebenso für die Erarbeitung von gemeinsamen Businessplänen und deren Zusammenfassung in einer Balanced Score Card (BSC), die als Grundlage für das Monitoring und die Audits der Partnerschaft dient.

Sind alle Voraussetzung für eine Partnerschaft erfüllt, werden die Ergebnisse der Vorarbeiten bei Top-Partnerschaften dem Executive Board von T-Systems, bei Key und Qualified-Partnerschaften dem verantwortlichen Board-Mitglied präsentiert. Eine schriftliche Vereinbarung mit dem Partner bescheinigt den Status und berechtigt ihn zur Inanspruchnahme der Leistungen des Partnerprogramms. Dazu gehören Maßnahmen zur Markt- und Produktentwicklung ebenso wie eine gemeinsame Öffentlichkeitsarbeit, Veranstaltungen, die Durchführung von Kundenzufriedenheitsbefragungen, die Nutzung des Internet-Auftritts von T-Systems zur Selbstdarstellung des Partners oder spezielle Qualifizierungsmaßnahmen.

Neue Formen des Wettbewerbs

Viel Aufwand also, der sich aus Sicht des IT-Dienstleisters allerdings lohnt, denn: Limitierte Wachstumsmöglichkeiten, der Umbruch in den Wertschöpfungsketten und das oft zur beobachtende Scheitern von Fusionen zwingen die Verantwortliche in den Unternehmen immer häufiger zum Beschreiten neuer Wege. Deshalb initiiert und koordiniert T-Systems neben einzelnen Partnerschaften auch umfassende Partnernetzwerke. Diese generieren Expertise über einzelne Projekte hinaus und schaffen so für alle beteiligten Anbieter eine bessere Position gegenüber der Konkurrenz. Den Netzwerkpartnern gelingt es dadurch, ihr Portfolio auszuweiten, neue Kunden zu gewinnen und ihren Umsatz zu erhöhen. Zugleich sinkt das mit den Investitionen verbundene Risiko. Dass dies nicht nur reine Theorie ist, zeigt die Studie von Arthur D. Little.

Danach erzielten Firmen, die eine strategische Partnerschaft eingegangen sind, in der Folge einen um 50 Prozent höheren Return on Investment. Ebenso konnten sie zu 73 Prozent eine nachhaltige Steigerung ihres Marktwertes verzeichnen, während dies zum Beispiel im Falle von Merger & Akquisitions – wenn überhaupt – nur in 52 Prozent der Fälle festzustellen war. Darüber hinaus führte der Ansatz des „strategischen Partnering“ bei der Mehrzahl der untersuchten Unternehmen zu einem verstärkten Wachstum des Neugeschäfts – bis zu 36 Prozent pro Jahr. „Partnering-Kompetenz zählt deshalb zu den wichtigsten Erfolgsfaktoren der Zukunft“, sind die Consultants überzeugt.

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