Unternehmensportale: Aufgabenstellung, Ansätze und Tipps für die Umsetzung

Wenn man den IT Beratern glauben darf, sind Portale wahre „Eier legende Wollmilchsäue“. Doch was genau kennzeichnet eigentlich ein Portal und worauf muss ein Unternehmen bei der Einführung besonders achten? Eine Antwort auf diese Fragen liefert der aktuelle Artikel. Außerdem erfahren Sie, was Portale zum geschäftlichen Erfolg von Unternehmen beitragen können.

Aufgabenstellung, Typisierung und Zielgruppen

Über den Einsatz von Portalen sollte immer dann nachgedacht werden, wenn es darum geht, bestimmten Zielgruppen unternehmensweite oder unternehmensübergreifende Zugänge zu Informationen sowie tätigkeitsunterstützenden Werkzeugen und Anwendungen einfach und einheitlich zur Verfügung zu stellen.

Dabei wird auf eine „standardisierte“ Web-basierteTechnologie zurückgegriffen: Zahlreiche Hersteller bieten entsprechende Portalplattformen für große und kleine Unternehmen an. Darüber existiert eine beachtliche Anzahl von Open-Source Produkten, die die erforderlichen Basisinvestitionen überschaubar machen. Nicht zuletzt deshalb werden zurzeit in vielen Unternehmen Portale „ausprobiert“.

Trend in Richtung Portale (große Ansicht)

Je nach Zielgruppe unterscheiden sich regelmäßig Ausprägung und Inhalt eines Portals:

Zielgruppen und Portaltypen (große Ansicht)

Portale sind kein Selbstzweck und schon gar nicht eine technische Spielerei: Vor der Entscheidung, eine Portallösung einzuführen, muss deshalb der konkrete Business Case sehen. Was soll mit dem Portal erreicht werden? Wie kann das Portal die übergeordneten Unternehmensziele möglichst optimal unterstützen?

Zur Implementierung eines Portals müssen die Inhalte, Rollen und mögliche technische Komponenten und die Realisierungsmöglichkeiten bekannt sein. Es empfiehlt sich, mit Unterstützung eines Prototyps eine Vision zu Nutzung darzustellen.

Im Idealszenario umfasst die Architektur der Portallösung, bezogen auf die Hauptzielgruppen Kunden/Lieferanten, Anbieter, Mitarbeiter und Leistungserstellungspartner alle erforderlichen Komponenten und Services, insbesondere die folgenden:

· Integration von Daten und Anwendungen
· Workflow-Unterstützung (unternehmensintern und –übergreifend)
· Content und Dokumenten Management Service
· Collaboration und Knowledge Management Service
· Benutzer- Rollen- und Berechtigungsfunktionalitäten einschl. Security und Single-Sign-on (SOO) Services.

Typische Portal-Architektur (große Ansicht)

Nutzen von Unternehmensportalen

Vor der letztendlichen Investitionsentscheidung sind Fokus und zu erwartender Nutzen des geplanten Portals sauber zu definieren. Nach Erfahrungen von A’PARI Consulting liegt der potentielle Nutzen eines Unternehmensportals je nach Schwerpunkt in den folgenden Punkten:

Management

Bessere Betreuung von Kunden, Lieferanten, Leistungspartnern
Verbesserung der Transparenz (Management Information System, Monitoring)
Bessere Qualität der Entscheidungen (Decision Support)
Kostenersparnis durch schnellere Prozesse, durch einen besseren Workflow
Unterstützung für die schnellere, einfachere, effektivere Ausübung von Management Aufgaben
Aus Daten werden Informationen
Umwandlung von stillem/verborgenem Wissen in unternehmensweit nutzbares Wissen
Standardisierung von Prozessen
Flexibilität bei (z.B. organisatorischen) Veränderungen
Reduzierte Entwicklungs-, Roll-out- und Schulungskosten

Anwender/Fachbereiche

Ein einziger Zugang zu den Applikationen und Informationen (Single-Sign-on)
Aktualität der Informationen
Prozessorientierte Navigation
Übergreifende Suchmöglichkeit (ERP System, Dateisystem, Groupware, Mail, Web, CMS, Dokumentenmanagement)
Weniger Aufwand und Zeit bei der täglichen Arbeit, z.B. Drag & Relate beim SAP-Portal, d.h. Übertrag von Objekt Informationen durch „Ziehen“ von einer Anwendung auf eine andere inkl. Start einer Transaktion
Unterstützung bei der Tages- und Projektarbeit
Unterstützung der Zusammenarbeit
Verringerung des Schulungsaufwandes (einheitliche, „intuitive Oberfläche“)
Personalisierung der Oberfläche (nur was mich in meiner „Rolle“ interessiert, erscheint auf dem Bildschirm)

Anwendungsentwicklung

Leichtere Integration von Anwendungen/Daten durch Verwendung der Portalplattformservices
Einheitliche, modulare gestaltbare Oberfläche
Integration von Entwicklungsumgebung und Produktionsumgebung (nicht bei allen Produkten am Markt gegeben)
Zielgruppen-/Rollenspezifische Konsolidierung von Anwendungen und Informationen untern einem „Dach“
Einfachere Migration von Anwendungen, gilt auch bei Änderungen
Einfache, flexible Veränderung der Oberfläche
Nutzung bewährter Standards

Infrastruktur/Betrieb

Standardisierte Implementierungsprozesse
Vereinfachte IT Service Management Prozesse (u.a. Helpdesk, Nutzung von Ticketsystemen, Changemanagement, Sicherheit)
Schnellere Bereitstellung der Applikationen

Beispiel: Mitarbeiterportal (große Ansicht)

Berücksichtigt man die unternehmensübergreifenden Aspekte, so liegt der Vorteil in der besseren Integration von Kunden (Erhöhung der Kundenbindung), Lieferanten (u.a. Einkauf von Produkten und Dienstleistungen) und Leistungspartnern (z.B. Statusinformationen im Rahmen von SCM Konzepten).

Bei richtiger Vorgehensweise lassen sich die Aufwände der IT für die Konzeption und Entwicklung in Zukunft deutlich reduzieren: Die Technologieplattform ist definiert, zeitaufwändige Evaluierungen entfallen. Durch klare Designvorgaben (z.B. Seiten-Layout) entfallen sonst erforderliche Basisarbeiten.

Da viele Anbieter von Standardsoftware bereits plattform-konforme Oberflächen (sogenannte Portlets/iViews) entwickeln und eine komplette Entwicklungsumgebung für Portale und deren Inhalte verfügbar sind und Komponenten weiterverwendet werden können (z.B. Repositories, Collaboration), reduziert sich der Entwicklungsaufwand. Zudem lassen sich im Unternehmen vorhandene Anwendungen oder Teile davon sofort einsetzen, wenn die entsprechenden technischen Standards erfüllt sind.

Kritische Erfolgsfaktoren

Bei der Auswahl und Implementierung einer Portalinfrastruktur sind nach Erfahrung von A’PARI Consulting insbesondere folgende Aspekte zu berücksichtigen:

Produkt

Performance, Stabilität, Sicherheit
Intuitive Oberfläche
Leichte Integration von bestehenden Applikationen und Informationen, d.h. Schnittstellen zu Standardtechnologien und Produkten
Erreichbarkeit (z.B. Mobile, Integration von Intranet und Internet)
Unterstützung von Workflow, Content und Dokumenten Management
Integrierte Entwicklungs- und Produktionsumgebung

Inhalte

„Wertvolle“ Inhalte aus Sicht der jeweiligen Zielgruppe
Zentrale Arbeitsplattform, auf der der Mitarbeiter alle wesentlichen Prozesse abwickelt und die immer und überall verfügbar ist
Integration von Prozesse, Anwendungen und Informationen

Rahmenbedingungen

Neue Anwendungen müssen webfähig sein, alle webfähigen Anwendungen müssen ins Portal (keine Insellösungen)
Vereinbarung einer „Portal-Governance“, insbesondere Spielregeln für die Verantwortlichkeiten für das Framework und die Portal Anwendung.

Think big, start small

Bei konkretem Bedarf als eigenständiges Produkt
Ggf. als „Beiwerk“ einer großen Initiative wie Einführung CRM, SCM, Collaboration / Informationsportal

Empfohlene Vorgehensweise

Bei der Implementierung und Nutzung eines Portals oder einer Portal –ready- Infrastruktur liegen die ersten und wichtigsten Erfolgsfaktoren in einer genauen Analyse der vorhandenen Strukturen sowie der Darstellung der benötigten und mit den Unternehmenszielen zu vereinbarenden Bedürfnisse an einen Portalservice.

Der externe Berater analysiert zusammen mit dem Kunden den Status Quo im Unternehmen. In dieser Phase werden bereits Verbesserungspotenziale (Organisation, Prozesse, Know-how, IT Unterstützung) erkannt und sinnvolle Sofortmaßnahmen („Quick Wins“) abgeleitet, welche einen positiven Startpunkt für eine Portalstrategie im Unternehmen setzen kann.

Ein mit dem Kunden erstelltes Nutzen- und Nutzungsszenario, untermauert durch einen entsprechenden Prototyp, wird die Basis für die weiteren Aktivitäten im Projekt bilden. Die Produkt-Kenntnisse, der betriebswirtschaftliche Hintergrund und technisches Know-how (besonders im SAP Enterprise-Portal Umfeld) führen zu erheblich kürzeren Implementierungszeiträumen. Hierbei besteht der Ansatz darin, möglichst kostengünstige Lösungen – mit Fokus auf verfügbare Standard-Komponenten (“off-the-shelf”), Mehrfachverwendung und Integration (z.B. SAP Portal Business Packages oder vorhandene Portlets) – einzusetzen. Nach dieser ganzheitlichen Grundsteinlegung für das Portalprodukt, welches ja bereits in einem Prototypen sichtbar gemacht wurde, wird nun die Implementierung des Portals sowie die Integration der vorhandenen Backendsysteme in das Portals in vollzogen. Durch eine pragmatische Analyse und Prototyping einer produktionsnahen Integration des aufgestellten Nutzenszenarios des Portals wird die letztliche Implementierung in dem vorher definierten Rahmen erfolgen.

Externe Berater könnenden Kunden bei der Implementierung der Prozesse und Tools einschl. Schulungen, der Mitarbeiter und Coaching unterstützen. Die Kunden-Mitarbeiter sind somit im „Portal – Readyness- Prozess“ von Anfang an mit einbezogen – und werden somit auch die Implementation und Betreuung des Portalbetriebs meistern können. Außerdem erhöht sich hierdurch die Akzeptanz bei den Anwendern.

Möchte das Unternehmen bedingt durch die Unternehmensziele den späteren Betrieb und Betreuung des Portals und der Portalinfrastruktur nicht selbst oder nicht „In-House“ übernehmen, bieten Berater an, für die Installation und Betrieb einen geeigneten Partner zu finden und den Kunden, wenn gewünscht, auch bei der Vorbereitung und Übergabe des Betriebes sowie weiteren Entwicklungen zu betreuen. Hierbei ist darauf zu achten, dass eine Ausarbeitung geeigneter OLA / SLA mit spezifischen Kriterien des Projektes, und unter Berücksichtung der vorhandenen Standards und Regeln nahtlos mit der Implementierung einhergeht.

Checkliste für die Einführung von Portalen

Als allgemein gültiger „Leitfaden“ für Portaleinführungen kann die nachfolgende Checkliste dienen. Besonders wichtig ist dabei die Phase der Bestandsaufnahme und Zieldefinition, um sich Klarheit über die Ziele der Portaleinführung und den erwarteten Mehrwert zu verschaffen. Hier die wichtigsten Fragen:

Bestandsaufnahme und Zieldefinition

Ziel und Ausrichtung:
Sind die Ziele klar definiert und allen Beteiligten bekannt?
Welche Zielgruppen sind mit welcher Priorität „Projekt-Kunden“?
Berücksichtigt das Projekt alle für die Einführung des Portals erforderlichen Aspekte?
Gibt es im Management einen Projektverantwortlichen („Sponsor“), der bereit ist, sich am Projekterfolg messen zu lassen?
Ist der durch das Projekt erwartete Nutzen konkret (möglichst messbar) formuliert?
Wurde eine ROI-Abschätzung erstellt?

Fachliche und technische Voraussetzungen zur „Portalfähigkeit“:
Existiert ein ganzheitliches Framework („Vision“) für die Portaleinführung?
Sind die Infrastrukturkomponenten „Portal-ready“?
Sind die Backendsysteme (Applikationen, Infrastruktur) in eine Portalwelt integrierbar (z.B. Web-Fähigkeit, LDAP, XML)?
Welche Prozesse der Zielgruppen sollen unterstützt werden? Sind diese bekannt und dokumentiert?
Welche Tools werden dazu eingesetzt, welche Informationen im Prozess benötigt?
Werden neue Funktionalitäten bzw. Informationen benötigt?
Wo und wann benötigen die Zielgruppen, auf welchen Endgeräten die Informationen / Applikationen?
Existiert ein sinnvoller Content, der von den Anwendern bearbeitet/recherchiert werden kann?

Produkt, Architektur und Infrastruktur
Sind die Rahmenbedingungen für den späteren Betrieb (Lizenzen, Wartung/Weiterentwicklung) klar?
Ist der „Portal-Lieferant“ wirtschaftlich stabil und verlässlich?
Wie gut integriert sich das Produkt / die Lösung in die vorhanden Infrastruktur (Achtung: Integrationskosten!)?
Ist die Navigation einfach, für die Nutzer „intuitiv“?
Sind die Antwortzeiten ok?
Sind Dokumentenablage und Contenterstellung einfach zu handhaben und für alle transparent?
Inwiefern werden mit dem Produkt Internetszenarien und Smart Device Szenarien unterstützt (Portalreichweite)?

Projektmanagement und Implementierung

Planung
Gibt es eine schrittweise Einführungsstrategie (Einführung in definierten kleinen Schritten)?
Sind die zu berücksichtigen „Rollen“ sauber definiert?
Sind Folgewirkungen auf die bestehende IT Landschaft (z.B. erforderliche Anpassungen im Bereich der Anwendungen und/oder Infrastruktur) entsprechend berücksichtigt?
Wurden die Möglichkeiten eines „Portals out of the Box“ sondiert, um die Umsetzungsgeschwindigkeit zu erhöhen?
Wurde der erforderliche Schulungsaufwand in der Planung berücksichtigt?
Gibt es ein Entscheidergremium, i.d.R. Unternehmenskommunikation / Personal / IT; das eine Priorisierung der Anforderungen bzw. Änderungen im Projekt vornimmt?

Akzeptanz
Sind die Anforderungen der Zielgruppen bzw. Anwender mittels eines Prototyps abgebildet?
Kann bereits sehr schnell erster Nutzen generiert werden (tatsächliche Lösung eines Problems)?
Bleibt den Anwendern die Möglichkeit, das Portal entsprechend dem Stil und Kultur der Abteilung selbst zu gestalten?
Werden auftretende Probleme offen ausdiskutiert?

Erfolgskontrolle
Wird der tatsächliche, nachhaltige Nutzen ca. 6 Monate nach Ende des Projektes erfasst?
Gibt es ggfs. Konsequenzen?

Zusammenfassend möchten die Autoren künftigen „Portalern“ folgende vier Portal-readyness Handlungsempfehlungen mit auf den Weg geben. Diese sind letztendlich der Schlüssel zum Erfolg:

· Ziele und Zielgruppen des Portals gut überlegen
· Weniger ist mehr, d.h. gestuft vorgehen, erst technische Plattform schaffen / eruieren, dann Inhalte/ Content aufbauen
· Ganzheitlich vorgehen: Protal-readyness der Organisation, der Prozesse, der Anwender, der Anwendungen und Infrastruktur aufbauen
· Betrieb ist eine komplexe Sache, daher parallel SLA/OLA mit geeigneten Kriterien sowie geschulter Mannschaft und Vergabe von administrativen Rollen aufbauen

Dieser Artikel erschien am und wurde am aktualisiert.
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