Wireless LAN: Wer kann das Geschäft erfolgreich betreiben?

wLAN – immer mehr gerät diese Technologie in den Mittelpunkt der Diskussionen; auch und v.a. wegen der ungewissen Zukunft von UMTS. Die bisherigen wLAN-Aktivitäten der etablierten Anbieter könnten kaum vielfältiger sein: Der eine Konzern hängt sie beim Mobilfunk auf, der nächste beim Festnetz. Die einen sehen ihren Return aus Investitionen in 3G gefährdet, die anderen bieten offensiv wLAN-Pakete für den Heimgebrauch zwecks Nutzungsgewöhnung an.

Ist wLAN nun Konkurrenz- oder Komplementärprodukt für 3G? Die genauso richtige wie zunächst wenig hilfreiche Antwort lautet: Es kommt darauf an! Worauf? Den Markt, die Kunden und damit v.a. das Geschäftsmodell verstanden zu haben. Welche Determinanten sind zu beachten, und was sind die wichtigsten Schlüsselfragen:

• Wie stellt man Ease of use für den mobilen Nutzer her?
• Warum ist Roaming deshalb so wichtig?
• Wie kann dann das Billing funktionieren?
• Wie läuft das Revenue-Sharing zwischen HotSpot-Betreibern und “Inkasso-Stelle”?
• Wie wichtig sind vor dem Partnering-Hintergrund Sicherheit und damit Marke?
• Ist Exklusivität an HotSpots überhaupt ein realistisches bzw. sinnvolles Ziel?

Ease of use
wLAN wird sich – bevor es den B2C Markt erreicht – hauptsächlich auf die Zielgruppe der mobilen Geschäftsleute, die mit Notebook/PDA reisen, konzentrieren. Diese Mobilität macht Ease of use zur Erfolgsvoraussetzung. Aufgrund der Einfachheit der Installation von wLAN-Zellen wird es eine atomisierte Struktur von Betreibern geben, die von weltweiten Hotelketten bis zu Eckbarbesitzern reicht. Die Penetration der Technik wird aller Voraussicht nach sehr schnell gehen. Die Möglichkeit, diese Technik als User bequem zu nutzen, und nicht die Verteilung von Hardware entscheidet über den Geschäftserfolg. Schließlich möchte kein Geschäftsreisender am Flughafen an einer ihm unbekannten Stelle Access-Karten erwerben. Mit Ankunft am HotSpot muss es losgehen. Damit werden Billing und die Existenz von Nutzungsrechten für wLAN-Zellen anderer Betreiber zum Erfolgskriterium. Derjenige, der unkompliziertes Billing anbieten und abwickeln kann, gleichzeitig qua Größe und attraktivem Kooperationspartnermodell ein Einbuchen in die Mehrzahl aller Zellen ermöglicht, wird gewinnen. Ein Roaming, wie es im internationalen Bereich zwischen GSM-Netzen usus ist, muss über alle wichtigen HotSpots hinweg lokal, national und international das Ziel sein.

Roaming
Roaming hat zwei Spielarten. Roaming von Zelle zu Zelle während eigener Bewegung oder das Einbuchen in Zellen anderer Betreiber. Die erste Variante kann man getrost vergessen. Der Anwendungsfall, dass jemand sich selbst mit seinem Notebook bewegt und das Bedürfnis nach Breitbandkommunikation hat, ist eher unwahrscheinlich. Die flächendeckende Versorgung mit wLAN-Zellen zur Nutzung im fahrenden Zug oder Auto ist ökonomisch zumindest mittelfristig nicht darstellbar.

Entscheidend ist vielmehr das Roaming zwischen unterschiedlichen Betreibern bzw. die Möglichkeit, sich in alle relevanten HotSpots einwählen zu können. Der Kunde zahlt idealerweise an seinen bekannten Telco-Anbieter. Dieser ermöglicht den, für den Kunden unbemerkten, Zugang zu Zellen anderer Betreiber. Der Anbieter, der hier eine sinnvolle Flächendeckung schafft, hat viel gewonnen. Dies bedeutet auch, nicht alle Spots zu adressieren, sondern genau die auszuwählen, die zur Klientel passen. Das wird im Einzelfall nicht unbedingt Starbucks sein.

Klassische Telco-Anbieter stehen damit auf der einen Seite Betreibern von Flughäfen, Bahnhöfen und Hotelketten, auf der anderen Seite auch Einzelunternehmern gegenüber. Für beide sind unterschiedliche Kooperationsmodelle notwendig. Die Umsetzung und das Handling heterogener Kooperationspartnerstrukturen sind daher neben dem Billing eine zentrale Herausforderung.

Billing
Einzeltransaktionsbezogenes Pricing und Upfront-Guthabenkarten werden im B2Cbereich eingesetzt, um low-spender-Segmente zu adressieren. Im Telco- und hier v.a. im Mobilfunkbereich sind sie im Zielsegment mobiler Geschäftskunden nicht verbreitet. Für wLAN wird das Gleiche gelten. Der Kunde ist getrieben vom Bedürfnis nach Information und Erreichbarkeit. Alles was hier im Bereich Billing 3 den Prozess kompliziert, wird nicht erfolgreich sein. Damit läuft es in diesem Zielsegment darauf hinaus, dass Billing idealerweise über eine bereits bestehende Rechnungsbeziehung erfolgt. Die Mobilfunkrechnung bietet sich aufgrund der stärkeren Personenbezogenheit sowie der existierenden Sicherheitsmaßnahmen (PIN) an. Damit wäre der Mobilfunkanbieter Rechnungsteller im doppelten Sinne. Als Inkasso-Stelle gegenüber dem User und Clearing-Stelle gegenüber den einzelnen Betreibern, was die Frage nach der Gestaltung des Revenue- Sharings aufwirft.

Revenue-Sharing
Anbieter haben die höchste Wertschöpfung bei eigenbetriebenen wLANZellen. Aus den beschriebenen Kosten-, Machbarkeits- und Geschwindigkeitsgründen ist eine Vielzahl von Kooperationspartnern notwendig. Zudem werden sich die Preismodelle zwischen Betreibern und Usern unterscheiden. Während für das Pricing gegenüber Kooperationspartnern ein zeit- oder ereignisbasiertes Pricing zu erwarten ist, sind die Spielarten und Möglichkeiten gegenüber den Usern weitaus größer. Gleichwohl kann das eine nicht losgelöst vom anderen entschieden werden, da vielfältigste Interdependenzen bestehen. Hinzu kommen als weitere Determinante “Interconnection-Vereinbarungen” für eigenbetriebene Zellen, sofern User anderer Anbieter sich hier einloggen wollen.

Sicherheit und Marke
Netzwerkspezialisten haben – trotz gegenteiliger Beteuerungen der Technik-Promotoren – erhebliche Sicherheitsbedenken gegenüber wLAN. Die Problematik potenziert sich aufgrund der notwendigen Kooperations- und Roamingabkommen. Firmenkunden werden Vertragsbeziehungen hauptsächlich mit renommierten Anbietern wie etablierten Telcos eingehen wollen. Diese können und müssen glaubhaft machen, dass sie selber und die Betreiber der über sie nutzbaren wLAN-Zellen entsprechende Security-Maßnahmen und Firewalls implementiert haben. Branding steht damit neben Sicherheit auch für glaubhafte Zertifizierung der Betreiber einzelner wLAN-Zellen in HotSpots.

Exklusivität
Exklusivität kann kein Ziel sein. Sie bietet zwar die Möglichkeit der Ausschöpfung von Kundenbeziehungen oder der Schaffung eines Vorteils für die eigenen User an besonders wichtigen HotSpots, scheint aber weder erreichbar noch sinnvoll zu sein. Das Beispiel der MMS-Kooperation zwischen den beiden Marktführern T-Mobile und Vodafone zeigt den richtigen Weg. Aufgrund der beschriebenen zu erwartenden heterogenen, z.T. atomisierten, Anbieterstruktur, wird der mit Exklusivität verbundene wLAN-Parallelaufbau ökonomisch kaum darstellbar sein. Auch werden die Verhandlungspartner auf Seiten der HotSpots kaum Interesse haben, parallele Infrastrukturen in ihren Gebäuden zu installieren. Somit wird i.d.R. ein Betreiber am Ort sein, der mit unterschiedlichen Anbietern kooperiert. Hinzu kommt das Argument der Einnahmen aus Roaming und Interconnection von wLAN-Usern anderer (Mobilfunk-) Anbieter.

Summary
wLAN bietet eine Breitbandnutzung bei hoher Mobilität mit limitiertem Aktionsradius. Mobile Geschäftsreisende werden eine bedeutende zahlungskräftige Zielgruppe bilden. Diese stellt hohe Anforderungen an Flächendeckung und Ease of use. Damit sind insbesondere die Anbieter aus dem klassischen Telco-/Mobilfunkbusiness prädestiniert, hier als Erste die flächendekkende und sichere Nutzung über eigene und fremdbetriebene HotSpots zu ermöglichen. Die bestehende Billing-Beziehung, die Vielzahl von Standorten für GSM-Antennen und die etablierte Marke, die auch für Sicherheit steht, sind entscheidende Erfolgsvoraussetzungen, die insbesondere die Mobilfunkgesellschaften mit sich bringen. Dieses Business wird UMTS nicht kannibalisieren, sondern sinnvoll ergänzen: UMTS als Handyorientierte mobile Anwendung, wLAN als Notebook-orientierte Breitband-Nutzung.

Der vorliegende Beitrag stammt von Dr. Georg Tacke (Senior Partner, leitet die Geschäftsbereiche Telecommunications, Transport & Travel) und Dr. Ekkehard Stadie (Director, für Telecommunications verantwortlich).

Dieser Artikel erschien am und wurde am aktualisiert.
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