Location Based Services – Standortvorteile nutzen

Die einen sehen in Location Based Services die wichtigste Basis für den Erfolg von UMTS, die anderen die logische Weiterentwicklung der heutigen WAP-Dienste. Rechtzeitig zur diesjährigen CeBIT stellten die großen deutschen Netzbetreiber ihre (Pilot-)Projekte dem Publikum vor.

Wenn Sie Ihre Kunden nicht an jeden Ort, sondern an einen ganz bestimmten Punkt erreichen möchten, dann sind Location Based Services (LBS) das Mittel der Wahl. Zwar ist das Internet ein weltweites Phänomen, doch existieren starke regionale Unterschiede. Insbesondere beim noch jungen mCommerce eröffnen sich bisher nicht gekannte Möglichkeiten zur ortsgebundenen Kundenansprache. Durch standortbezogene Dienste kann den Kunden ein einfacher und komfortabler Zugang zu Informationen, die sich auf den aktuellen Aufenthaltsort beziehen, ermöglicht werden. Aber auch Verkäufer haben ein Interesse an LBS. Suchende Kunden sollen durch diese Mehrwertleistungen mit den notwendigen Adressen oder auch Sonderangeboten versorgt werden. Die direkte Abwicklung von Geschäften mit den Kunden rückt eher in den Hintergrund.

Anwendung findet diese neue Technik bereits jetzt bei Informationsdiensten wie etwa Hotelkatalog.de, wo sich der Kunde das nächste Hotel anzeigen lassen kann oder Passo, einen Service für lokale Verkehrsinformationen.

Dass es sich bei LBS nicht um einen „Peanuts-Markt“ handelt, zeigt eine aktuelle Untersuchung des Marktforschungsinstitut Mori. Demnach bieten Location Based Services allein den Netzbetreibern ein jährliches Marktpotential von bis zu 4,8 Milliarden DM. So bekunden auch 42 Prozent aller Handy-Besitzer in Deutschland ihr Interesse an ortsbezogenen Leistungen. Und die meisten Verbraucher (74 Prozent) sind zudem bereit, für diese Mehrwertdienste einen durchschnittlichen Betrag von 27 DM auszugeben.

Für die deutschen Handy-Besitzer, die im Allgemeinen ortsbezogene Mobilfunkdienste als nützlich bewerteten, bieten Community-Dienste den größten Mehrwert. Darüber hinaus schätzt man die Möglichkeit, Sonderangebote der in unmittelbarer Nähe liegenden Geschäfte zu erhalten ebenso wie die ortsbezogene Suche nach Geldautomaten, Restaurants, Cafés, Tankstellen etc. Eine Mehrheit von 55 Prozent ist auch an Informationen über Last-Minute-Werbeangebote für günstige Veranstaltungskarten, Reisen oder Produkte über das Handy interessiert. Ein weiteres wichtiges Ergebnis der Umfrage ist, dass 54 Prozent dieser Gruppe sogar den Mobilfunkanbieter wechseln würden, um ortsbezogene Mobilfunkdienste nutzen zu können.

Darüber hinaus steht die Nutzung mobiler Informationsdienstleistungen wie Verkehrsinfos, Stadtpläne und Wegbeschreibungen weit oben auf der Wunschliste der Handy-Besitzer. In einer Studie fand TNS Emnid heraus, dass 51 Prozent der heutigen Handynutzer speziell an der Übermittlung von Verkehrsinformationen und 41 Prozent an Stadtplänen bzw. Fahrtroutenbeschreibungen interessiert sind. Die in Hinblick auf das zukünftige UMTS-Netz durchgeführte Untersuchung kommt ferner zu dem Ergebnis, dass 41 Prozent an Informationen interessiert sind, die auf ihren persönlichen Bedarf zugeschnitten sind.

Genauigkeit der Standortangabe
In den USA sind die Mobilfunkanbieter von der Federal Communications Commission (FCC) dazu verpflichtet worden, bis spätestens zum 1. Oktober 2001 die Koordinaten von mindestens 67 Prozent der Handys mit einer Präzision von 125 Meter bestimmen zu können. So soll der exakte Standort von Notruf absendenden Handys bestimmt werden. Ganz nebenbei dürften die Netzbetreiber selbst ein großes Interesse an einer möglichst genauen Ortung der Nutzer haben. Diese lässt in Deutschland zumindest noch teilweise auf sich warten. So wird etwa bei D1, D2 und Viag Interkom die Position auf Basis der Funkzelle ermittelt, in der sich der Nutzer gerade aufhält. Da aber die Reichweite der Funkzellen von wenigen hundert Metern in Innenstädten bis zu mehreren Kilometern in ländlichen Gegenden beträgt, kommt es hier häufig noch zu Ungenauigkeiten bei der Ortung. In Zukunft soll u.a. eine verbesserte Technik dazu führen, dass der Nutzer besser geortet werden kann. Durch Laufzeitunterschiede der Signale zwischen Handy und unterschiedlichen Basisstationen bzw. durch Kombination der Handys mit dem globalen Satelliten-Ortungssystem GPS versprechen die Anbieter hier Besserung.

Datenschutzfrage
Während in den USA jedes Handy möglichst genau geortet und identifiziert werden soll, laufen in Europa bereits einige Datenschützer gegen LBS Sturm. Es wird das Bild des gläsernen Konsumenten gezeichnet, dessen Aufenthaltsort jederzeit erfasst wird. Nicht ganz zu unrecht, denn der Standort eines Handy-Besitzers führt zu einer Fülle weiterer Informationen. Bei genauer Ortung können persönliche Lebensstile und Kaufverhalten mit demographischen Daten der Nutzer verknüpft werden und so sehr genaue Verbraucherprofile entwickelt werden. Mobilfunkbetreiber versuchen durch umfassende Sicherheitsbekundungen nicht schon frühzeitig das Vertrauen des Kunden zu verlieren. So versichert man z.B. bei D2, dass keine Daten im Rahmen der standortbezogenen Dienste ausgewertet werden. Auch werden die persönlichen Standortdaten nur anonym über eine spezielle personenunabhängige Kennung weitergegeben. Der Inhalteanbieter kann nur feststellen, dass sich an dem ermittelten Standort ein Mobilfunk-Kunde aufhält, Rückschlüsse auf die Identität sind nicht möglich. So wird z.B. der Viag Interkom-Kunde, sobald er eine Seite mit ortsgebundenen Diensten aufruft, per Textmeldung gefragt, ob sein Aufenthaltsort zum Informationsanbieter übertragen werden darf.

Ausweg aus der WAP-Misere?
Vor allem den WAP-Diensten soll mit Location Based Services auf die Sprünge geholfen werden. Alle vier deutschen Netzbetreiber bewerben mittlerweile ihre Services als lang ersehnte Killerapplikation. Und auch die nackten Zahlen belegen das gestiegene Konsumenten-Interesse. So konnte T-D1 durch die momentan stark beworbene Partnerschaft mit T-Motion das WAP-Geschäft beachtlich ausbauen. Derzeit wird das T-D1 WAP-Portal wöchentlich rund 400 000 mal aufgerufen. Über 600 000 Kunden nutzen mittlerweile WAP, fast 5000 kommen täglich hinzu. Statistisch gesehen verbringt jeder T-D1 WAP Kunde pro Monat rund 10 Minuten im Netz. Für T-Mobil Chef René Obermann eine deutliche Bestätigung für den Bedarf an mobilen Multimediadiensten. Dass auch beim mCommerce Content King ist, zeigen die Aktivitäten von AirFlash, einem US-Anbieter von Plattformtechnik für ortsbezogene Dienste. Um im deutschen Markt Fuß zu fassen, hat man mit der schober.com AG eine Content-Partnerschaft vereinbart. Über die Vertragsdauer von zunächst drei Jahren stellt schober.com dem US-amerikanischen Unternehmen über drei Millionen deutsche Firmenadressen als Grundlage für umfassende Informationsdienste zur Verfügung. In Deutschland konnte AirFlash erst kürzlich eine Kooperation mit Viag Interkom bekannt geben, wo die Firmenadressen als Grundlage für LBS zum Einsatz kommen könnten.

Beispiele:
Neben Handys werden vor allem zunehmend auch PDAs wichtiger für den mCommerce. Der US-Bookstore Barnesandnoble.com bietet seinen Kunden ein so genanntes „auto-find“-Feature an. So können Besitzer des Palm Pilot VII. sich z.B. die nächstgelegenen drei stationären Filialen des Buchhandelsriesen anzeigen lassen. Neben den Öffnungszeiten, Telefonnummern und Adressen werden ebenso Informationen über Lesungen sowie Autogrammstunden übermittelt.

Bei T-D1 kann der Nutzer, der sich in einer fremden Stadt befindet, das Angebot des „Hotelkatalogs“ nutzen. Ohne eine Ortsangabe machen zu müssen, wählt der Service automatisch die am nächsten gelegenen Hotels aus. Das Eintippen des Städtenamens entfällt.

Von der Staumeldung bis zum Flottenmanagement bietet Passo von D2 seinen Kunden auf Phone Tracking beruhende Services an. So können Disponenten mit Passo Phone Tracking über die Website www.phonetracking.de online ihre Flotten managen. Mit diesem System zur Sendungsverfolgung können Flotten ganz einfach per Handy und Internet gesteuert werden. Nach der Registrierung im Internet erhält der Kunde an seine eMail-Adresse ein Passwort für die Internetanwendung und eine Kundennummer, die gleichzeitig seine persönliche Durchwahl zum Phone Tracking Service ist. Direkt nach der Registrierung kann der Kunde seine Fahrer und Aufträge in Eigenregie verwalten. Darüber hinaus steht eine zusätzliche Kartendarstellung zur Verfügung, mit der die zuletzt gemeldeten Positionen der Fahrer auf einen Blick erkennbar sind. Bei jedem Anruf zu Passo Phone Tracking werden automatisch die Handy-Nummer des Anrufers sowie die ungefähre Position, Datum und Uhrzeit übertragen. Per SMS kann der Disponent vordefinierte Auftragsmeldungen sowie frei gewählte Texte an die Fahrer senden. Dank der zusätzlichen Fahrtenbuchfunktion hat der Disponent darüber hinaus auch den Treibstoffverbrauch und die Kilometerstände seiner Fahrzeuge im Blick.

Wie geht’s weiter mit LBS?
Die jetzigen Angebote sollen nach dem Willen der Netzbetreiber möglichst schnell ausgebaut werden. So denkt D2 darüber nach, seinen Kunden schon bald ein Bankautomaten-Suchsystem anzubieten. Darüber hinaus erwägt man das Auffinden der nächstgelegenen Apotheken, Restaurants, Kinos oder Biergärten über standortbezogene Dienste zu vereinfachen. Unternehmen können den Aufenthaltsort von Mitarbeitern im Außendienst oder die Position von Fahrzeugen künftig schnell und effektiv bestimmen. Praktisch sind auch sogenannte „Friend-Finder“-Services oder „Child-Watch“-Applikationen. Dabei geht es darum, dem Nutzer die ungefähre Position von Freunden oder den eigenen Kindern mitzuteilen. So kann die Kontaktaufnahme erleichtert oder mehr Sicherheit gewährleistet werden – immer vorausgesetzt, der gesuchte Kunde hat sein Einverständnis gegeben. Location Based Services sind ein hoffnungsvolles aber auch gleichzeitig notwendiges Feature, um die hochgesteckten mCommerce-Ziele der Marktforscher zu erreichen.

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