WAP – Heißer Tipp oder Strohfeuer?

Die Stiftung Warentest berichtet, dass das Surfen per Handy zwar eine interessante Neuerung darstellt, aber derzeit noch Schwächen aufweist. Zu wenige Angebote, aufwendige Suche nach Inhalten und eine zähe Datenübertragung machen WAP zu einem Geduldsspiel.

Jetzt ist es „amtlich“: Die Stiftung Warentest berichtete vor kurzem anlässlich eines Handy-Tests, dass das Surfen per Handy zwar eine interessante Neuerung darstellt, aber derzeit noch einige Schwächen aufweist. Zu wenige Angebote, aufwendige Suche nach Inhalten und eine zähe Datenübertragung machen WAP (noch) zu einem Geduldsspiel. Der Internet-Nachrichtendienst „The Standard“ stellt zudem fest, dass bis zu 25% der angebotenen WAP-Seiten fehlerhaft sind und resümmiert: „… wireless internet development is still in its infancy…“. Mit diesen Meldungen im Hinterkopf drängt sich schnell die Frage auf, ob WAP wirklich der heiße Tip oder eben nur ein technologisches Strohfeuer ist?

Für eine wachsende Bedeutung von mobilen Internet-Angeboten spricht sicher die zunehmende Verbreitung von WAP-Handys. Waren solche Geräte noch vor wenigen Monaten allenfalls auf Hochglanzprospekten auszumachen, werden derzeit Handys mit integrierten Microbrowsern in allen Preisklassen angeboten und ausgeliefert. Das Marktforschungsunternehmen Forrester schätzt, dass derzeit rund 1,5 Mill. WAP-fähige Handys in Deutschland genutzt werden. Bis Ende 2000 werden etwa 2,5 Mill. WAP-Handys über die Ladentische gegangen sein. Noch optimistischer ist die Einschätzung von Chris Holland (Firma Wap-Communications). Er geht sogar von 5 Mill. solcher Handys aus.

Ein entscheidender Faktor für die tatsächliche Nutzung von WAP-Inhalten dürften allerdings die anfallenden Kosten sein. Ausgiebiges Surfen per WAP ist momentan eher noch der Kategorie „Luxusgüter“ zuzuordnen. So zahlt etwa ein D1-Kunde 39 Pfennig/Minute um per Handy bspw. einen aktuellen Börsenkurs abzurufen. Da der Transfer der Inhalte oft auf sich warten lässt, können bei einem gut gefüllten Depot leicht einige Mark Verbindungskosten resultieren. Verglichen mit den mittlerweile üblichen Internetzugangskosten wirkt WAP überteuert.

Auffällig ist, dass das von den Testern der Stiftung Warentest angemahnte schmale Angebot an WAP-Inhalten stetig größer wird. „Wir haben pro Tag etwa 30-50 Neuanmeldungen“ bestätigt etwa Andreas Stecher, Pressesprecher der WAP-Suchmaschine WAPJAG. Er berichtet zudem, dass etwa 40% der aktuellen Einträge in den letzten zwei Monaten hinzugekommen sind. Neuestes Angebot der Osnabrücker WAP-Dienstleister ist die kostenlose persönliche WAP-Seite. Über einen Online-Editor können mit Hilfe von MobileJAG kostenfrei WAP-Inhalte erstellt und in 12 Rubriken hinterlegt werden.

Besonders gefragt sind derzeit etwa Newsmeldungen, bspw. die aktuellen Ergebnisse der Fußball-Europameisterschaft oder der Formel 1. Auch andere Services wie z.B. Staumeldungen, der Abruf von Börsenkursen oder Hotel-Reservierungssysteme (z.B. bedhunter.com) können den Mobil-Surfern einen echten Zusatznutzen bieten. Andere Angebote scheinen ihrer Zeit eher voraus: Dem Verkauf von italienischer Designermode oder dem Vergleich von so komplexen Produkten wie Krankenversicherungen über ein Handydisplay sind sicherlich Grenzen gesetzt.

Was die mangelhafte Datenübertragungsrate angeht, ist Land in Sicht. T-Mobil etwa kündigt die Einführung von GPRS (General Packet Radio Service) in dieser Woche an. Bis zum Spätsommer soll die neue Technik nahezu bundesweit zur Verfügung stehen. Die neue Technologie ermöglicht zum einen mobile Datenübertragungen auf ISDN-Niveau. Zum anderen sind über GPRS Abrechnungen nach übermittelter Datenmenge statt nach Online-Zeit möglich. Langfristig verspricht der Einsatz von UMTS (Universal Mobile Telecommunications System) Bandbreiten, die bisher nur für kabelgebundene Verbindungen denkbar waren. Allerdings hat der schnelle Technologiewandel auch Nachteile: Der Einsatz der neuen Techniken ist in der Regel mit einem Wechsel des Handys verbunden. Inzwischen droht der Technologiezyklus den Handy-Wiederbeschaffungszyklus (aufgrund der derzeit üblichen Verträge bis zu 24 Monate) zu überholen. Zusätzlich ist zu vermuten, daß WML (Wireless Markup Language) wegen der beschränkten Möglichkeiten in den nächsten Jahren durch XML (Extensible Markup Language) ersetzt wird, was wiederum Veränderungen bei den Engeräten nach sich zieht.

Der kommerzielle Erfolg von WAP hängt letztlich davon ab, wie viele Kauftransaktionen über mobile Endgeräte abgewickelt werden. Analog zum E-Commerce spricht man hier von M(obile)-Commerce. Die Aussichten hierfür bewertet Forrester eher pessimistisch. Dabei unterscheiden die Analysten in einer neuen Prognose für den englischen Markt zwei potentielle Nutzergruppen. Die erste Gruppe, ca. 70% der Handybesitzer in 2005, nutzt WAP als einen alternativen Zugang zum Internet. Alle WAP-Angebote konkurrieren daher bspw. mit Internet-Angeboten, die über einen herkömmlichen PC oder über das digitale Fernsehen abgerufen werden. Die Forscher vermuten, daß WAP in einem solchen Szenario allenfalls eine Nebenrolle einnehmen wird. Etwa 30% der Handybesitzer in 2005 nutzt WAP als alleinigen Zugang zum Internet und damit als Plattform für Kauftransaktionen. Zudem vermuten die englischen Analysten, dass eher geringwertige Güter bzw. einfache Transaktionen über WAP abgewickelt werden. Beispiele hierfür könnten Ticket-Verkäufe oder Börsentransaktionen sein.

Alles in allem, so die Meinung der Marktforscher von Forrester, wird M-Commerce kaum auf Kosten des E-Commerce wachsen, sondern eher zusätzlich zu diesem entstehen. Interessant ist dabei die Einschätzung, dass etwa 50% aller potentiellen WAP-Kunden keine Internet-Erfahrung haben. Im Gegensatz zum E-Commerce liegt beim M-Commerce der Fokus zudem auf B2C-Beziehungen, die ebenfalls ein eher geringeres Umsatzvolumen erwarten lassen. Für diese Einschätzung spricht auch eine Studie von Ovum. In ihrem Szenario für das Jahr 2006 gehen die Analysten von 1,5 Milliarden Handynutzern aus, wobei etwa 684 Mill. davon einen Microbrowser nutzen. Dem stehen etwa 500 Millionen Internet-Festanschlüsse gegenüber. Die Umsätze über mobile Telefone werden von Ovum optimistisch mit etwa 660 Mrd. Euro prognostiziert.

Fazit: WAP ist sicher mehr als nur ein Strohfeuer. Die Technologie wird in Kürze ihren Kinderschuhen entwachsen sein und die große Verbreitung von Mobiltelefonen nutzen, um eine hohe Marktdurchdringung zu erzielen. Dennoch wird WAP wahrscheinlich nicht den gleichen kommerziellen Erfolg erzielen wie E-Commerce.

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