CEM in der Telekommunikationsbranche – Teil 2

Customer-Experience-Management (CEM) erfreut sich großer Beliebtheit zum erreichen von Marketer-Zielen. Im zweiten Teil unserer Artikelreihe „Sommerferien im Zeichen von CEM“ werden aktuelle CEM-Maßnahmen im Überblick vorgestellt und deren Ziele, Erfolgsfaktoren und Wirksamkeit unter die Lupe genommen. Nur wer Vor- und Nachteile der Strategien kennt, kann eine gut informierte Entscheidung treffen.

Überblick aktueller CEM-Maßnahmen

CEM-Maßnahmen zur Gestaltung von Kundenerfahrungen

Möglichkeiten der Gestaltung von Kundenerfahrungen wurden im Expertengespräch durch offene Fragestellungen identifiziert. Hierbei nannten die Interviewten eine Vielzahl von mehr oder weniger überschneidungsfreien Schlagwörtern, Konzeptnamen und Projektansätzen. Einige davon wurden besonders häufig genannt und ausgiebig von den Befragten diskutiert.

Es kristallisiert sich eine Gruppe von 10 Maßnahmen heraus, die für die Customer Experience als besonders wichtig gesehen werden (vgl. Abbildung 1):

Abbildung 1: Die 10 wichtigsten CEM-Maßnahmen

Die 10 wichtigsten CEM-Maßnahmen im Einzelnen

Nutzung der „Moments of Truth“

Ihre hohe Bedeutung lässt sich vor allem darauf zurückführen, dass sich hier drei grundlegende Gedanken des CEM verbinden:

– Die Einnahme der Kundenperspektive zur Beurteilung der unternehmerischen Leistung am Markt.

– Die Erkenntnis, dass die Bewertung der Leistungsfähigkeit von kritischen Momenten bestimmt wird, in denen die Unternehmensleistung oder Nichtleistung besonders deutlich wahrgenommen wird.

– Die Handlungsansätze hinter diesem Konzept, die vor allem die „letzte Meile der Leistungserstellung“ zum Kunde betreffen, das welche für diesen besonders wahrnehmbar oder einsehbar ist.

„Customer Insights“

Viele Unternehmen bemühen sich, die Leistungserwartung und -wahrnehmung der Kunden zu verstehen. Anders als bei „Moments of Truth“ geht es bei der Generierung von „Customer Insights“ nicht um den besonderen Moment, sondern um eine generelle Aufdeckung der Stärken und Schwächen des Unternehmens aus Kundensicht. Zudem wird versucht, die Basisanforderungen und Begeisterungselemente von Produkten und Leistungen zu identifizieren.

„Mitarbeiter Empowerment“

Das Erlebnis der unternehmerischen Leistung wird stark durch die Interaktion der Kunden mit den Mitarbeitern des Unternehmens geprägt. Sicherstellung einer Basisfreundlichkeit, Kundenorientierung, authentisches Auftreten, faire Beratung, kompetente Auskunft sowie schnelle Hilfe sind bekannte Erfolgsfaktoren. Die Bedeutung der Mitarbeiter wurde von den Befragten häufig mit der Bereitstellung einer unterstützenden Infrastruktur sowie der Verlagerung von Entscheidungskompetenz an die Mitarbeiter im direkten Kundenkontakt unter dem Schlagwort „Mitarbeiter Empowerment“ zusammengefasst.

„Customer Experience Design“

Die kundenfreundliche Gestaltung von Produkten, Dienstleistungen und Interaktionen sowie kundenorientierte Optimierungsmaßnahmen der Basisleistung eines Unternehmens werden durch Customer Experience Design sichergestellt. Im Zentrum steht die Optimierung der Kundenerlebnisse und Erfahrungen im Rahmen der „Customer Journey“, die durch die Gestaltung der Unternehmensleistungen beim Kunden erzeugt wird.

„Proaktives Beschwerdemanagement“

Der Umgang mit Beschwerden gilt als zentraler Qualitätsindikator für Kundenorientierung und Leistungsfähigkeit von Unternehmen. Nicht zuletzt stellt die Beschwerde einen wichtigen „Moment of Truth“ aus Sicht der Kunden dar. Die Reaktion des Unternehmens wird stark polarisierend als „extrem positiv oder negativ“ erlebt. Viele Befragte sehen daher ein „Proaktives Beschwerdemanagement“ als erfolgskritisch für die Kundenbindung. Ein frühzeitiges Erkennen von Beschwerdegründen (z.B. über Trigger in den CRM-Systemen) ermöglicht es, Kunden bereits vor einer Beschwerde wieder zufrieden zu stellen.

„Entwicklung einer CEM Währung“

Ein gängiges Vorurteil gegenüber „sanften“ bzw. erlebnisorientierten Handlungsoptionen scheint nun der Vergangenheit anzugehören. Gleichberechtigt mit den Maßnahmen zur positiven Gestaltung von Kundenerlebnissen wird die Messung der Wirkung dieser Maßnahmen genannt. Unternehmen setzen bei der Wirkungsmessung auf die Kombination von interner und externer Sicht. Die „Entwicklung einer CEM Währung“ bedeutet, dass sich z.B. in einem CEM-Dashboard statistisch valide Zusammenhänge zwischen den mehrheitlich zufriedenheitsorientierten Key Performance Indicators (KPI) sowie den finanziellen Kennzahlen (z.B. Umsatz, Deckungsbeitrag I, Kundenwert etc.) abbilden lassen müssen. So wird die Transparenz über die Wirtschaftlichkeit einer CEM Maßnahme hergestellt.

„Customer Service Excellence Programme“

Besonders ungünstig auf die wahrgenommene Qualität der Leistungen wirken sich starke Schwankungen der unternehmerischen Leistungserbringung aus. „Customer Service Excellence Programme“ versuchen daher z.B. über eine Orchestrierung verschiedener Service- und Customer Experience Initiativen ein gewünschtes Basisniveau in den CE-relevanten KPIs zu erreichen, bzw. ein Niveau klar zu stabilisieren. Customer Service Excellence-Programme nutzen dabei Erkenntnisse aus besonders gut gelungenen oder sehr schlecht verlaufenen Leistungserbringungen gegenüber dem Kunden.

„Bedürfnisorientierte Beratung“

Neben den zahlreichen Ansätzen im Bereich Leistungsdesign, Leistungserbringung und Aftersales drängt sich in die Top-Gruppe der Customer Experience-Maßnahmen die „Bedürfnisorientierte Beratung“ Oder auch bedürfnisorientierter Verkauf. Dies ist auf die Erkenntnis zurückzuführen, dass die nutzenorientierte Ansprache und Beratung des Kunden eine wesentliche, aber oft vernachlässigte Determinante für Kundenzufriedenheit, Begeisterung und Bindung ist. Unternehmen, die dieser Maßnahme besondere Bedeutung zumaßen, zielten vor allem auf eine optimierte Beratungsqualität, daraus resultierend eine verbesserte Erfolgsquote und die Reduzierung der Stornoquoten ab, was gleichzeitig positive Auswirkungen auf Kundenzufriedenheit und -loyalität hat.

„Channeling customer voice into action“

Die Bedeutung der Kundenperspektive und des Wissens über Kunden lässt sich in vielen Customer Experience-Konzepten herauslesen. Customer Feedback Management, Kundenbefragungen, Workshops mit Kundenbeteiligung und „Case Based Learning“ werden hierzu angewandt. Wichtiger als die Anwendung dieser Methoden wird jedoch die Verwertung der gewonnenen Informationen für den Maßnahmenerfolg eingeschätzt. „Channeling Customer voice into action“ bedeutet in diesem Zusammenhang das Bemühen, aus unkoordinierten Einzelmaßnahmen einen ganzheitlichen Lernprozess zuschaffen, der diese wertvollen, aber schwer zu konsolidierenden Informationen im Unternehmen allgemein zugänglich macht.

„Havariemanagement“

Als eine Branche, die sehr große Kundengruppen mit Telekommunikationsdienstleistungen bedient, entwickeln sich Störungen in der technischen Infrastruktur medienwirksam schnell zur Vertrauens- und damit Existenzfrage. Ein „professionelles Interventionsmanagement“ umfasst daher Krisen-, Havarie- und Kompensationsmanagement. Ziel ist es, Strukturen und Abläufe zu schaffen, die im Falle von komplexen Problemen schnell aktiviert werden können.

Differenzierte und selektive Erfahrungsgestaltung

Eine differenzierte Behandlung der Kunden zählt zu den wichtigsten Strategien zur Steigerung der Effektivität und Effizienz im Kundenmanagement. Eine erlebnisorientierte Gestaltung der Produkte, Dienstleistungen und Interaktionen muss sich dabei ebenso Wirtschaftlichkeitsüberlegungen unterwerfen. Auf die Frage, welche Differenzierungsansätze als besonders Erfolg versprechend gelten, antworteten 24%, dass dies von der Erwartungshaltung der Kunden abhinge. Diese würde von der strategischen Positionierung des Unternehmens am Markt (Premium vs. Discountanbieter), vom emotionalen Engagement des Kunden bei der Kaufentscheidung für ein bestimmtes Produkt und letztlich von dem Preis des Produktes abhängen.

79% der Studienteilnehmer verbinden das Auslösen von unterschiedlichen Erlebnissen mit der Kundensegment -zugehörigkeit, z.B. differenziert nach Kundenwert. Dies ist durch den hohen Anteil an Kundenkontakten im Bereich Service zu erklären. Dort wird die Effizienz eines Kundenservice stark von der konsequenten Ausrichtung an Kundenwert und Kundenlebenszyklus bestimmt.

Abbildung 2: Differenzierung von CEM-Maßnahmen nach Kategorien (Nennungen in %, Mehrfachnennungen)

Für die selektive Gestaltung von Kundenerlebnissen ist die Ausrichtung am Akquisitionsprozess bedeutsam: Je nach Prozessschritt (Informationssuche, Kauf, Installation, Nutzung, Ersatz) variieren die dringendsten Bedürfnisse und somit Erwartungen des Kunden an die Leistung des Unternehmens. Diese Erkenntnis wird zwar schon manchmal bei Produkt- und Leistungsdesign sowie der Prozessoptimierung genutzt, findet aber kaum Anwendung in der Vertriebskanalgestaltung. Dies erklärt auch eine vordergründig zunächst konträre Aussage vieler Befragter, die gerade die Nichtdifferenzierung von Kunden als wichtigen Bestandteil des CEM-Ansatzes beschreibt. Das konsistente Erscheinungsbild im Hinblick auf Angebote, Preise und Einhaltung des Markenversprechens über alle Vertriebskanäle hinweg sei schließlich Ziel des Customer Experience Management.



Dies ist der zweite Teil unserer Artikelreihe zum Thema “CEM in der TK-Branche – Sommerferien im Zeichen von CEM”. Die folgenden Teile erscheinen in den kommenden Wochen, jeweils Donnerstags, im Know-how-Bereich auf ECIN. Sämtlichen Artikeln liegen die Ergebnisse und Interviews aus der Studie „Customer Experience Management in der Telekommunikationsbranche“ der Detecon International GmbH und forum! GmbH zugrunde, die interessierten Managern im Generellen dabei helfen soll, ihr Customer Experience Management weiterzuentwickeln und letztlich professionalisieren zu können.

Teil 1

Teil 2

Teil 3

Teil 4

Teil 5

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