Internet und Steuern – ein heikles Thema

Für viele Unternehmen zwar kein Buch mit sieben Siegeln, aber ein schwieriges Thema: Internet und Steuern. Schließlich sind z.B. auch im herkömmlichen internationalen Geschäft zahlreiche Unterschiede der verschiedenen Steuersysteme zu beachten.

Keine Frage, das Internet verändert die Geschäftswelt und lässt neue Formen des geschäftlichen Umgangs entstehen. Natürlich kann das nicht ohne Auswirkungen auf das Steuerrecht bleiben. Doch wie sieht es mit der Kompatibilität von Steuergesetzgebung und modernem Internet-Business aus?

Veränderungen durch Vernetzung – Geschäftswelt und Internet
Mit dem Internet ist in den letzten Jahren ein neues Medium zur elektronischen Übertragung von Text, Bild und Sprache entstanden, das die Marktteilnehmer (Staat, Unternehmen und Konsumenten) über Computer miteinander vernetzt. Neben der nicht gewerbsmäßigen Nutzung des öffentlichen Internets bieten sich für Unternehmen neuartige Einsatzmöglichkeiten, die in Umfang und Qualität mit bisherigen konventionellen Medien nicht möglich waren.

Zum einen wird das Internet zur Optimierung innerbetrieblicher Leistungsprozesse und zur Abwicklung von Leistungsbeziehungen zwischen Konzernunternehmen eingesetzt. Einzelne Arbeitsgruppen, gegebenenfalls über mehrere Bereiche, aber auch alle Mitarbeiter eines Unternehmens können intern vernetzt werden, um kostenoptimale Organisationsstrukturen zu schaffen. Darüber hinaus verändert sich die Art der Zusammenarbeit hin zu einer gegebenenfalls bereichsübergreifenden Teamarbeit.

Auch wenn nach wie vor Sicherheitsbedenken bestehen und die Entwicklung technischer Standards in vielen Bereichen noch am Anfang steht, treten bereits zahlreiche Unternehmen über externe Vernetzung in Kontakt zu Kunden, Lieferanten und sogar zu Wettbewerbern. Dabei nutzen sie in steigendem Maße auch die Möglichkeiten des Electronic Commerce. Unter „Electronic Commerce“ wird in diesem Zusammenhang die Vornahme rechtsgeschäftlicher Transaktionen durch unternehmensinterne und –externe Kommunikation über dies ermöglichende elektronische Medien verstanden. Dabei kann es sich um Handelsaktivitäten oder Dienstleistungen handeln. Beispiele sind Electronic Banking, Electronic Ticket Sale, virtuelle Kaufhäuser etc.

Durch Electronic Commerce haben bisher vornehmlich lokal tätige, kleinere und mittlere Unternehmen die Möglichkeit zur weltweiten Expansion. In zunehmendem Maße verschwinden bestehende Kostennachteile und sonstige Marktzutrittsschranken. Aufgrund verbesserter Markttransparenz können die Unternehmen internationale Allianzen und Kooperationen zur Erschließung neuer Märkte eingehen.

In der Folge wandeln sich Teilbereiche der traditionellen physischen Welt zu einer elektronischen Welt. Der Austausch von Rechnungen, Verträgen, Berichten, Plänen und die Korrespondenz erfolgt immer häufiger elektronisch.

Electronic Commerce – Auswirkungen auf das steuerliche Umfeld
Auf den ersten Blick ist man geneigt zu glauben, daß die bloßen Möglichkeiten, Information schneller zu übertragen oder in vielfältigeren Formen zu kommunizieren, sich nicht auf das steuerliche Umfeld auswirken. Warum auch? Die Einführung des Faxes hat das auch nicht getan. Bei genauerer Betrachtung der auf die Geschäftswelt zukommenden Veränderungen zeigen sich jedoch zahlreiche Entwicklungen, die sich einerseits auf die materielle Steuerpflicht und andererseits auf das Vorgehen bei der Steuererhebung auswirken.

Bereits heute sind die wenig miteinander harmonisierenden Steuersysteme der verschiedenen Staaten nicht hinreichend auf den zunehmenden herkömmlichen internationalen Leistungsaustausch ausgelegt. Aus steuerlicher Perspektive ist die Welt nicht ein Markt im globalen Sinne, sondern aufgeteilt in Ländermärkte (mit einzelnen Marktgesetzen) bzw. vermehrt in regionale Märkte, wie z.B. EU, NAFTA, ASEAN, EFTA. Trotz zunehmender Tendenzen zur Harmonisierung unterliegen sie lokalen Steuergesetzen.

Die Entwicklung auf dem elektronischen Markt betrifft die direkten und indirekten Steuern gleichermaßen. Während z.B. der Konsum innerhalb der EU der Umsatzsteuer unterliegt, gibt es – abgesehen von der sog. Sales Tax – eine vergleichbare Steuer in den USA und vielen anderen Ländern nicht. Der Konsum von Produkten, die elektronisch aus den USA „geliefert“ werden, unterliegt trotz Verbrauch in der EU grundsätzlich nicht der Umsatzsteuer, während dies für Lieferungen von EU-Anbietern der Fall ist. Wettbewerbsverzerrungen aufgrund steuerlich bedingter Preisunterschiede sind die Folge.

Bestehende Steuersatzgefälle verbunden mit der Möglichkeit, elektronische Umsätze als im Inland nicht steuerbare Direktgeschäfte auszuführen, bergen weiteres Konfliktpotential. Gerade vielversprechende Start-up-Unternehmen im Bereich neuer Technologien und des elektronischen Handels werden ihre Direktgeschäfte von Ländern mit vertretbar hohen Steu-ersätzen aus tätigen. Versuche der Fiski von Hochsteuerländern, diese Geschäfte der jeweiligen beschränkten Steuerpflicht zu unterwerfen, sind vorgezeichnet und bergen die Gefahr der Doppelbesteuerung.

Die Entstehung von Wertschöpfungsnetzen führt zu dem Problem, wie sich konzerninterne Verrechnungspreise überhaupt noch transaktionsbezogen bestimmen lassen. Aber darüber hinaus haben sie auch mittelbar Konsequenzen für die Gewinnermittlung. So erfordert die Verkürzung von Produkt– und sogar Unternehmenslebensdauern infolge der hohen Innovationsgeschwindigkeit flexible, international abgestimmte Abschreibungsmöglichkeiten. Auch die zukunftsorientierte Bewertung immaterieller Wirtschaftsgüter wird z.B. in Zusammenhang mit dem sich verändernden – tendenziell eher illoyalen – Kundenverhalten immer unsicherer und damit weniger objektivierbar.

Als Beispiel für verfahrensrechtliche Schwierigkeiten sei auf die sog. „Shared-Service-Strukturen“ hingewiesen. Danach werden nicht zu der Kernkompetenz eines Unternehmens zählende Funktionen (z.B. Rechnungswesen) europaweit zentralisiert. Die betriebswirtschaftlich gebotene und sinnvolle Verlagerung des Ortes der Buchhaltung kann steuerlich zu Nachteilen führen. Darüber hinaus gibt es zahlreiche weitere verfahrensrechtliche Unzulänglichkeiten, die durch die genannten Entwicklungen an Bedeutung zunehmen. Eine zeitnahe Durchführung von steuerlichen System- und Außenprüfungen, z.B. parallel zur Jahresabschlußprüfung, würde die ansonsten sich verschärfenden – steuerlich bedingten – Planungsunsicherheiten reduzieren. Allerdings bedarf es hierzu unter anderem erheblicher technischer Qualifikationen bei Steuerverwaltungen und Steuerberatern.

Der rasante technische und kaufmännische Wandel wird einen enormen Druck auf die – über das Gebiet der EU hinausgehende – Harmonisierung der Steuersysteme auslösen. Insbesondere Steuerpolitiker und Steuerverwaltungen sind mit Unterstützung der Unternehmen aufgefordert, geeignete und international abgestimmte steuerliche Rahmenbedingungen zu schaffen, die den elektronischen Geschäftsverkehr nicht behindern. Die Verbindung von Technologie und Steuern macht dies nicht einfacher, daher erscheint eine intensive Auseinandersetzung mit dieser Herausforderung umso wichtiger.

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