Markenschutz im Internet – Effektives Vorgehen gegen Domain-Grabbing

Ein spezifisches Problem stellt der Markenschutz im Internet dar. Der Beitrag Effektives Vorgehen gegen Domain-Grabbing stellt Ihnen die für die Praxis relevanten Überlegungen dar.

„Wer sich gegen Domain-Grabbing zur Wehr setzt, sollte in seine Überlegungen nicht nur die Verantwortlichkeit des Domain-Grabbers, sondern auch die Inanspruchnahme Dritter, etwa der zwischengeschalteten Provider oder Vergabestellen, einbeziehen.“

Online-Dienste und insbesondere das Internet gewinnen im allgemeinen Wirtschaftsverkehr mit steten Steigerungsraten größere Bedeutung. Neben der ursprünglichen Nutzungsart als Werbe- und Darstellungsplattform wird mittlerweile immer mehr unmittelbares Geschäft (z.B. E-Commerce) online abgewickelt.

Für eine effektive Nutzung dieser Plattform durch Unternehmen ist die Wahl des Domain-Namen ein wesentlicher Faktor. Bekanntermaßen geben viele Internet-Nutzer zunächst auf gut Glück denjenigen Namen eines Unternehmens oder Produkts als Second-Level-Domain mit einer der üblichen Top-Level-Domains (z.B. „.com“, „.de“) ein, dessen Angebot sie suchen. Auch für das Auffinden von bestimmten Webpages über Suchmaschinen kann die Wahl einer kurzen, griffigen und der Bezeichnung des Unternehmens oder des Produkts entsprechenden Domainbezeichnung sinnvoll sein.

Nach wie vor entstehen nicht unerhebliche Probleme dadurch, dass sogenannte Domain-Grabber Namensbestandteile oder Marken bekannter Unternehmen für sich als Second-Level-Domain beantragen und damit die Nutzung der Domain durch den entsprechenden Namens- oder Markeninhaber sperren.

Ziel des Schutzrechtsinhabers ist in erster Linie die Untersagung der Nutzung des Domain-Namens durch Geltendmachung eines Unterlassungsanspruchs. Gleichzeitig möchte der Schutzrechtsinhaber die Domain aber auch zur eigenen Nutzung übertragen erhalten und bedarf hierzu der notwendigen Erklärungen des Verletzers. Dies stellt einen Beseitigungsanspruch dar, der regelmäßig auf Abgabe einer Willenserklärung gerichtet sein wird (LG Braunschweig, Urteil vom 05.08.1997 – deta.com; LG Frankfurt BB 1997, 1120, 1121; LG Düsseldorf CR 1998, 165, 169 – epson.de). Für rein nationale Fälle, d. h. diejenigen, bei denen das Schutzrecht für Deutschland besteht und der Domain-Grabber in Deutschland ansässig ist, hat sich mittlerweile eine zumindest in Grundzügen gefestigte Rechtsprechung herausgebildet. Je nach Art des betroffenen Schutzrechts – Marke, geschäftliche Bezeichnung, Firma oder Name – bestehen entsprechende Unterlassungs- und Beseitigungsansprüche aus Markengesetz, BGB, HGB oder sogar UWG. Die ersten Entscheidungen des LG Köln (jeweils vom 17.12.1996 – kerpen.de und hürth.de), die einer Internetadresse die Namensfunktion absprachen, können aufgrund der mittlerweile ergangenen Vielzahl von Entscheidungen als überholt angesehen werden.

Im nationalen Bereich bedarf es vorrangig nur noch der Klärung der Grenzfälle. Hierzu gehören die Fälle, bei denen sich der Domain-Grabber darauf beruft, die Domain nicht für geschäftliche, sondern nur für rein private Zwecke zu nutzen. Hier scheiden Ansprüche aus Markenrecht und UWG regelmäßig aus. Offen ist auch die inhaltliche Reichweite der Ansprüche für Schutzrechtsinhaber, wenn der Domain-Inhaber ein mit der eingetragenen Marke identisches Zeichen als Second-Level-Domain für andere Waren oder Dienstleistungen nutzen will (vgl. LG München I, CR 1997, 540 – freundin.de). Schließlich sind noch die Fälle von Schutzrechtskollisionen (vgl. LG Bochum vom 24.04.1997 – krupp.de) und die beschreibender Domainbezeichnungen (vgl. OLG Frankfurt WRP 1997, 341 – wirtschaft-online.de) als Problemfelder aufzuführen.

Schwierig ist die in der Praxis gerade bei auf „.com“ endenden Domains auftretende Konstellation, dass der Domain-Grabber nicht in Deutschland, sondern in zumeist schwer erreichbaren ausländischen Staaten seinen Sitz hat, beispielsweise in der Karibik. Insbesondere geht es hier um Fragen der Zuständigkeit deutscher Gerichte, der Anwendbarkeit deutschen Rechts und nicht zuletzt um die Zwangsvollstreckung aus nationalen Entscheidungen im Ausland.

Sowohl die Frage der Zuständigkeit deutscher Gerichte als auch die der Anwendbarkeit deutschen Rechts bejaht das Kammergericht Berlin relativ knapp (Urteil vom 25.03.1997, CR 1997, 685 – concertconcept.com): Ein Internet-Angebot sei auch dazu bestimmt, in Deutschland abgerufen zu werden, so dass der Erfolgsort zumindest auch in Deutschland liege.

Es ist noch fraglich, ob sich diese Rechtsprechung durchsetzt oder einer Verfeinerung im Hinblick auf den Ort der wettbewerbsrechtlichen Kollision bedarf. Herauszufiltern ist, ob sich das jeweilige Angebot zu einem erheblichen Anteil auch an in Deutschland ansässige Nutzer wendet. Kriterien für den maßgeblichen Ort der Kollision werden unter anderem die Sprachwahl, angegebene Währungen, angegebene Telekommunikationseinrichtungen und andere Inhalte des Internet-Angebots sein.

Problematisch sind darüber hinaus die Fragen der Zustellung von Entscheidungen deutscher Gerichte und deren Zwangsvollstreckung im Ausland. Hier gibt es eine Reihe von internationalen Zustellungs- und Zwangsvollstreckungsübereinkommen, denen jedoch nicht alle Länder beigetreten sind. Selbst bei Vorliegen solcher Abkommen gibt es weitere Hemmnisse. Beispielsweise bestehen erhebliche Zweifel, ob eine einstweilige Verfügung ohne mündliche Verhandlung im Beschlußwege nach dem EuGVÜ europaweit anzuerkennen ist.

Ein möglicher Lösungsansatz ist, nicht nur an den eigentlichen Domain-Grabber heranzutreten, sondern auch an andere, an der Verletzung mitwirkende natürliche und juristische Personen. Trotz Einschränkungstendenzen in der neueren Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (vgl. BGH WRP 1997, 325 – Architektenwettbewerb; BGH WRP 1994, 739 – Suchwort) gilt nach wie vor der Grundsatz, dass Störer und damit Schuldner eines Unterlassungsanspruches derjenige ist, der adäquat kausal und willentlich an einer Rechtsverletzung mitwirkt. Neben dem Domain-Grabber können dies grundsätzlich auch Provider sein, angefangen vom Name-Server-Betreiber über zwischengeschaltete Provider bis hin zum Betreiber desjenigen Rechners, auf den die Domain verzweigt.

Das seit dem 01.08.1997 in Kraft getretene Teledienstgesetz (TDG) sieht teilweise nur noch eine eingeschränkte Verantwortlichkeit nach deutschem Recht vor. Für die hier in Rede stehenden Unterlassungs- und Beseitigungsansprüche wegen Domain-Grabbing bleibt es aber gemäß § 5 Abs. 4 TDG für alle Arten von Diensteanbietern (BR-Drucks. 966/96, S. 23) bei den Verpflichtungen nach den allgemeinen Gesetzen, wenn der Diensteanbieter von den Inhalten Kenntnis erlangt und eine Sperrung technisch möglich und zumutbar ist. Die Regelung des § 5 TDG bezieht sich nach ihrem Wortlaut auf „Diensteanbieter“ und „Inhalte“. Es ist bereits fraglich, ob die jeweils zwischengeschaltete Person, insbesondere eine Vergabestelle (z.B. DE-NIC), Diensteanbieter im Sinne dieser Regelung ist. Zudem ist zweifelhaft, ob nach der konkreten Funktion der zwischengeschalteten Person der Domain-Name ein „Inhalt“ im Sinne dieser Vorschrift ist, da der Domain-Name im Regelfall eine vom Inhalt zu trennende Adresse des Internet-Angebots darstellt. Sicherheitshalber ist die zwischengeschaltete Person aber zunächst über die Rechtsverletzung in Kenntnis zu setzen. Verhindert bzw. unterlässt diese dann nicht die weitere rechtswidrige Nutzung des Domain-Namens, obwohl ihr dies technisch möglich und zumutbar ist, kann sie als Störer auf Unterlassung und Beseitigung in Anspruch genommen werden.

Häufig werden die weiteren Beteiligten bzw. Provider von sich aus kooperieren, da sie nicht offensichtliche Rechtsverletzungen durch Domain-Grabber unterstützen wollen. Prominentes Beispiel hierfür ist Internic bzw. Network Solutions, die die internationalen sogenannten generic Top-Level-Domains „.com“, „.org“, „.net“ und „.edu“ verwalten. Bereits unter Geltung der alten Domain Name Dispute Policy (Revision 02, in Kraft seit 9. September 1996) wurden seitens Internic/Network Solutions entgegen dem insoweit unklaren Wortlaut die Entscheidungen ausländischer, insbesondere europäischer, Gerichte akzeptiert und beachtet. Die aktuelle und seit 25.02.1998 in Kraft befindliche Fassung der Domain Name Dispute Policy von Internic/Network Solutions (Revision 03; http://rs.internic.net/domain-info/internic-domain-6.html) hat diese bisherige Praxis inzwischen auch in ihren Text aufgenommen und enthält in Ziffer 10 nunmehr die Klarstellung, dass für zivilrechtliche Gerichtsverfahren Entscheidungen auch außerhalb der USA ansässiger Gerichte akzeptiert werden.

Gegen einen im Ausland ansässigen Domain-Grabber bietet sich daher grundsätzlich das Verfahren an, gegen diesen eine Entscheidung vor deutschen Gerichten – etwa im einstweiligen Rechtsschutz – zu erwirken, gemäß §§ 929 Abs. 2, 199, 202, 207 ZPO zuzustellen und anschließend Internic/Network Solutions unter Berücksichtigung der Rechtsprechung zur Abnehmerverwarnung (BGH WRP 1995, 489) über den Inhalt der gerichtlichen Entscheidung zu informieren. Je nach Inhalt der konkreten Entscheidung wird Internic dann die Domain „einfrieren“ oder auf den in der gerichtlichen Entscheidung benannten Berechtigten übertragen.

Auch deutsche Provider haben bei offensichtlichem Domain-Grabbing bereits häufig kooperiert und ihren entsprechenden Vertrag mit dem Domain-Grabber außerordentlich gekündigt. Eine entsprechende Verfahrenspraxis der deutschen Vergabestelle, des DE-NIC, ist derzeit aber noch nicht ersichtlich. Hier beschränkt sich die Kooperation üblicherweise darauf, die streitgegenständliche Domain in einen „hold-Status“ zu versetzen und keine weitere Übertragung der Domain-Inhaberschaft zuzulassen.

Bei ausländischen Domain-Grabbern besteht daher die Möglichkeit, das wirtschaftliche Ziel – Übertragung der Second-Level-Domain – insbesondere bei von Internic/Network Solutions verwalteten generic Top-Level-Domains (z.B. „.com“) zeitnah zu erreichen. Die Kostenerstattung durch den Domain-Grabber bedarf aber auch weiterhin der praktisch schwierigen und zeitaufwendigen förmlichen Zwangsvollstreckung im Rahmen internationaler Abkommen.

Bei Fragen zu diesem Thema wenden Sie sich bitte an:
Bernhard Kloos, Rechtsanwalt in München
Rechtsanwälte GbR Graefe & Partner

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