Mut zur Vernetzung

Der große Vorteil des Internet für Unternehmen besteht darin, dass eine große Anzahl von Personen gleichzeitig erreicht werden können. In verschiedenen Branchen wird diese Möglichkeit aber nicht ausreichend oder fast gar nicht genutzt. An vielen Stellen fehlt es an ausreichender Vernetzung von internen Anwendungen sowie mit externen Partnern. Entscheider sollten sich die Chancen die eine ausreichende Vernetzung bietet, bewusst machen und nutzen.

Westeuropäische Unternehmen nutzen eBusiness-Anwendungen nicht ausreichend. Grundsätzlich überwiegen einfache Anwendungen, die nur begrenzte Anpassungen von Geschäftsprozessen erfordern. Knapp die Hälfte aller Unternehmen aus den 15 untersuchten EU-Ländern nutzt das Internet für die Be-schaffung, aber weniger als 20% bieten online Produkte an.

Die überwiegende Zahl der europäischen Unternehmen vergibt Pro-duktivitätschancen, die aus vernetzten Anwendungen in Verbindung mit orga-nisatorischen Anpassungen resultieren können. Komplexere interne ITK-basierte Prozesse werden nur von 20-25% aller Unternehmen eingesetzt. Auch die Vernet-zung mit externen Partnern ist für die meisten Unternehmen derzeit noch Zu-kunftsmusik.

Die nordischen Länder und Deutschland sind führend bei der Umsetzung von eBusiness-Lösungen. Innerhalb Europas gibt es beträchtliche Unterschiede: Unternehmen aus großen EU-Ländern wie Italien und Spanien, aber auch aus Griechenland und Portugal rangieren im Ranking der 15 EU-Länder hierbei auf den hinteren Plätzen. Dies liegt auch an der relativ großen Bedeutung des traditi-onellen Dienstleistungssektors in diesen Ländern.

Der Rückstand der KMU im eBusiness ist ausgeprägt. Ein relativ großer Abstand beim Einsatz von eBusiness-Lösungen im Vergleich zu den Großunter-nehmen ist u.a. bei komplexeren, vernetzten Anwendungen zu beobachten. Dies ist für das Produktivitätswachstum in Westeuropa von Bedeutung, da kleine und mittlere Unternehmen hier 50-70% der Bruttowertschöpfung erbringen.

Ausblick positiv! Neue Technologien wie RFID oder Konzepte wie Service-orientierte Architekturen dürften helfen, die Prozesseffizienz von Unternehmen künftig deutlich zu erhöhen. Durch IT Utility Services ergeben sich insbesondere Chancen für kleine und mittlere Unternehmen.

Viel Zeit bleibt Europa nicht mehr, um der wettbewerbsfähigste und dynamischste Wirtschaftsraum der Welt zu werden. Bis zum Jahr 2010 sollte dies nach der Vorstellung der Autoren der Lissabon-Agenda geglückt sein. Doch der Weg dahin ist noch weit. Hierbei gilt es, die Wettbewerbsfähigkeit und die Innovationskraft der europäi-schen Wirtschaft zu erhöhen. Die Zahl der möglichen Maßnahmen ist groß. Seit den 1990er Jahren gilt das besondere Augenmerk von Wissenschaftlern und Politikern den Informations- und Kommunika-tionstechnologien (ITK) als wichtige Triebkräfte für die Produktivität und die Innovationskraft einer Ökonomie. In den letzten Jahren haben sich zahlreiche Analysen auf die Frage konzentriert, wie ITK in Unternehmen eingesetzt werden und welchen Einfluss dies auf die Produktivitätsentwicklung von Unternehmen, Branchen und die Volkswirtschaft insgesamt hat. Die vorliegende Studie beurteilt den Einsatz von ITK in europäischen Unternehmen und deren Einfluss auf die Organisation der Unternehmen.

ITK erhöht Produktivität und Wettbewerb

Europa wies in den vergangenen Jahren ein schwaches Produktivi-tätswachstum auf, das deutlich hinter dem der USA zurückblieb. Insbesondere beim Wachstum der Totalen Faktorproduktivität (TFP) bestand in den EU-Ländern über eine lange Zeit eine gravie-rende Lücke gegenüber den USA. Verschiedene Autoren vermuten, dass dies u.a. auf eine strukturelle Schwäche bei der Umsetzung von Innovationen und der Integration von ITK in die Wertschöpfungskette von Unternehmen hindeutet. Auch organisato-rische Innovationen oder Management-Best-Practice-Modelle wer-den danach zu selten realisiert.

Empirische Studien auf Branchen- und Unternehmensebene bestä-tigen grundsätzlich die Rolle von ITK für die Produktivität von Unter-nehmen. Unternehmen können ihre Produktivität zum einen stei-gern, indem sie die betriebliche Kosteneffizienz erhöhen. Zum ande-ren können innovative Strategien, mit denen sich Unternehmen im Wettbewerb differenzieren, produktivitätserhöhend wirken. Informa-tionstechnologie kann in beiden Fällen eine wichtige Rolle spielen.

Damit ist allerdings eine besondere unternehmerische Herausforde-rung verbunden. ITK ist in den letzten Jahren in den meisten Bran-chen zu einem „normalen“ Produktionsfaktor geworden. Moderne Technologien sind unverzichtbarer Bestandteil zahlreicher Produkte und Prozesse, z.B. in der Automobilindustrie oder in der Finanz-dienstleistungsbranche. Der Einsatz von Informationstechnologie allein begründet immer weniger einen Wettbewerbsvorteil. „Firms do not simply plug in computers or telecommunications equipment and achieve service quality or efficiency gains. Instead they go through a process of organizational redesign and make substantial changes to their product and service mix.“ Anwenderfirmen müssen daher entscheiden, wie sie ITK einsetzen, um unverwechselbare strategische Positionen zu erreichen.

Dabei sind Unternehmen ständig gefordert, ihr Geschäftsmodell zu überprüfen und IT-basierte Prozessinnovationen vorzunehmen. Denn seit Mitte der 1990er Jahre hat die Wettbewerbsdynamik in den IT-intensiven Branchen zugenommen. Wie eine empirische Untersuchung zum Zusammenhang von IT und Wettbewerbsfähig-keit bei US-amerikanischen Unternehmen zeigt, ist der Marktanteil der größten Unternehmen in allen Branchen gestiegen, aber in IT-intensiven Branchen stärker als in IT-armen Branchen. Gleichzeitig nahm in den IT-intensiven Branchen der Abstand zwischen den Bruttogewinnspannen des besten und des schlechtesten Viertels der Unternehmen zu und es waren häufiger Umwälzungen im Ran-king der Branchenführer zu beobachten. Unternehmen sind offenbar in der letzten Dekade besser in der Lage gewesen, durch die Ein-führung innovativer IT-gestützter Prozesse ein überlegenes Ge-schäftsmodell zu etablieren und sich als Marktführer zu positionie-ren. Die Ergebnisse zeigen aber auch, dass im ITK-Zeitalter die Wettbewerber dem Marktführer seine herausragende strategische Position schnell streitig machen können. Sie imitieren ITK-basierte Best-Practice-Modelle oder führen selbst IT-basierte Innovationen ein. Wettbewerb wird dadurch „schneller, intensiver und dynami-scher“.

Nicht nur IT, sondern auch Organisation ist wichtig

Von welchen Faktoren hängt es nun ab, ob sich Unternehmen im Wettbewerb mit Hilfe von Informationstechnologie differenzieren können? Wie verschiedene Studien zeigen, variiert der statistisch messbare Effekt von IT auf die Produktivität eines Unternehmens deutlich. Er wird offenbar kritisch von den Rahmenbedingungen innerhalb der Unternehmen mitbestimmt: Unternehmen erzielen höhere Produktivitätsgewinne, wenn sie den IT-Einsatz mit gezielten organisatorischen Veränderungen verbinden. Der Produktivitätsge-winn hängt vom Grad der Dezentralisierung eines Unternehmens und von der Qualität des Managements ab. Eine Studie von Erik Brynjolfsson und Lorin M. Hitt (2002) stellt darüber hinaus fest, dass der annualisierte Produktivitätsfortschritt, der über den IT-Einsatz erzielt wird, nach fünf bis sieben Jahren fünfmal höher ist als ein Jahr nach der IT-Investition. Für dieses Phänomen machen die Au-toren umfangreiche und zeitintensive Investitionen in komplementä-re Inputgüter, insbesondere Anpassungen der betrieblichen Organi-sationsstruktur, verantwortlich. Die Bedeutung organisatorischer Anpassungen unterstreicht eine Studie von Bloom et. al. (2005). Danach führt in einem international agierenden US-Unternehmen eine Verdoppelung des Bestandes von IT-Kapital zu einer Produkti-vitätszunahme von 5,4%, aber nur zu 4,5% in einem Unternehmen, das nicht aus den USA stammt. Laut Bloom et al. entsteht dieser Produktivitätsvorsprung durch IT, weil US-Unternehmen eher dezen-tral organisiert und schneller in der Lage sind, ihre Unternehmens-strukturen anzupassen.

Die Ergebnisse der Studien deuten darauf hin, dass sich Produktivi-tätseffekte erst mit einer gewissen Zeitverzögerung einstellen. Unternehmen können durch den Einsatz von IT Produktivitätsvor-sprünge erzielen, wenn sie komplementäre Investitionen in ihre Organisationsstruktur vornehmen, sich eher dezentral organisieren und ein gutes Management haben. Dies scheint bei international agierenden US-Unternehmen eher der Fall zu sein. Unternehmen in Europa haben danach die Chancen, die im Einsatz komplexerer IT-Systeme in Verbindung mit organisatorischen Änderungen liegen, noch nicht voll genutzt.

Diese Ergebnisse nehmen wir zum Anlass, den Zugang zu und die Nutzung von Informationstechnologie in westeuropäischen Unter-nehmen zu untersuchen. Eine rigorose Analyse der ITK-Ausstat-tung in Verbindung mit organisatorischen Anpassungen in den Unternehmen im Querschnitt der EU-Länder und Branchen ist aller-dings aufgrund der unzureichenden Datenlage kaum möglich. Wir analysieren daher als Proxy die Verbreitung von Lösungen für den elektronischen Geschäftsverkehr (eBusiness) bei europäischen Unternehmen. Empirische Analysen bestätigen, dass Unternehmen mit automatisierten Geschäftspro-zessen eine höhere Arbeitsproduktivität pro Beschäftigten aufwei-sen. Bei der Analyse der eBusiness-Prozesse interessiert beson-ders, ob europäische Unternehmen sich eher auf einfache Online-Transaktionen konzentrieren und bei komplexeren eBusiness-Lösungen, die umfassende organisatorische Veränderungen in Unternehmen erfordern, eher zurückhaltend sind. Wir gehen hierbei von der Annahme aus, dass mit zunehmender Komplexität der eBusiness-Anwendungen die Notwendigkeit zu organisatorischen Anpassungen im Unternehmen steigt. Damit dürfte auch das Produktivitätspotenzial von eBusiness-Anwendungen zunehmen.

eReadiness ist nicht das Problem

Voraussetzung für die Teilnahme am elektronischen Geschäftsverkehr ist zunächst die sog. eReadiness. Sie bildet die technische und sozio-ökonomische Infrastruktur eines Landes (z.B. Zahl der (vernetzten) Computer, Zugang zum Internet, Internetauftritt) ab. Der überwiegende Teil der Unternehmen in Westeuropa hat bereits das Rüstzeug zur Partizipation an der Informationsgesellschaft. So haben mit Ausnahme von Portugal in den westeuropäischen Ländern mindestens 93% der Unternehmen mit mehr als 10 Beschäftigten Zugang zum Internet. In den meisten Ländern liegt der Anteil von Unternehmen, die breitbandigen Internetzugang haben, bei über 70%. Damit hat sich Breitband als der vorherrschende Zugang zum Internet etabliert.

Eine notwendige Voraussetzung für den unkomplizierten Datenaustausch, eCommerce sowie fortgeschrittene eBusiness-Lösungen ist die Vernetzung von Computern. Auch hier steht Europa gut da. Im Jahr 2007 haben immerhin 70% aller Unternehmen in den betrachteten EU-Ländern ihre Computer über ein Local Area Network (LAN) vernetzt. Die Spannbreite ist jedoch groß: während einige nordische Länder, die Benelux-Länder, Deutschland und Österreich Werte von über 80% aufweisen, sind südeuropäische Unternehmen am Ende der Liste zu finden.

Eine adäquate Infrastruktur und die Präsentation eines Unternehmens nach außen sind nur erste Schritte, um am vernetzten Geschäftsverkehr zu partizipieren. eReadiness ist die notwendige Voraussetzung für eBusiness. Die enge Korrelation zwischen dem breitbandigen Internetzugang und dem eBusiness-Index des World Economic Forums, der die unternehmerische Internetnutzung für Geschäftsprozesse abbildet, belegt den statistischen Zusammenhang zwischen den beiden Größen. Dementsprechend hat sich der Fokus zahlreicher internationaler Vergleiche und politischer Programme vom Schwerpunkt Infrastrukturausstattung hin zur Nutzung (Use) der ITK-Infrastruktur in Unternehmen, privaten Haushalten und in der öffentlichen Verwaltung verschoben.

eBusiness: von einfach zu komplex

Für unsere Analyse kommt es vorrangig auf die ITK-basierte Nutzung der Unternehmen an. Die OECD unterscheidet bei der Integration von ITK in die unternehmerischen Prozesse vier theoretische Schritte. Danach wird ITK eingesetzt, um
– Informationen zu finden,

– Online-Transaktionen abzuwickeln,

– interne Prozesse zu integrieren und

– interne und externe Prozesse zu integrieren (Beispiele in der folgenden Box).

Dabei dürfte jeder weitere Schritt die Effizienz des Unternehmens tendenziell erhöhen. Allerdings steigt mit zunehmender Komplexität der eBusiness-Anwendungen auch der Aufwand mit Blick auf die Reorganisation der internen Prozesse und Organisationsstrukturen.

Die o.g. Phasen zur Integration von ITK in unternehmerische Prozesse sind nicht notwendigerweise als Abfolge zu verstehen. So können Unternehmen bspw. die Systemintegration mit Zulieferern vorantreiben, ohne zuvor eCommerce betrieben zu haben. Wie weit sind die europäischen Unternehmen nun bei der Integration von ITK in unternehmerische Prozesse?

eCommerce: Beschaffung überwiegt

Das Internet hat als Kanal für die Beschaffung bei vielen Unternehmen Einzug gehalten: Im Durchschnitt kauften 2007 44% der EU-15-Unternehmen über das World Wide Web ein. In Schweden nutzen bereits zwei Drittel der Unternehmen das Netz für die Beschaffung. Allerdings gibt es auch Nachzügler. So bestellen z.B. in Portugal, Spanien und Griechenland nicht einmal 20% der Unternehmen online.
Als Absatzkanal wird das Internet von den Unternehmen hingegen deutlich weniger genutzt. Nur 16% der EU-15-Unternehmen verkauf-ten Waren und Dienste online. Die divergierenden Zahlen deuten darauf hin, dass die Zahl der Anbieter – bei einem insgesamt eher beschränkten Volumen – deutlich stärker konzentriert ist, als die der Abnehmer. Diese Disparität ist nicht überraschend, da der Online-Verkauf spezielle Internetplattformen voraussetzt, während sich der Online-Einkauf weniger komplex gestaltet. Online-Beschaffung ist z.B. direkt auf der Beschaffungsplattform des Anbieters (Katalogsystem bzw. Online-Shop) leicht abzuwickeln. Dies dürfte die vor-herrschende Form des Einkaufs sein: Der eBusiness Watch ermit-telt, dass nur 10% der dort befragten Unternehmen spezielle Soft-warelösungen für die Beschaffung einsetzen, die relativ hohe Anfor-derungen an die Standardisierung stellen. Daher dürfte die Integrati-on des Einkaufs mit anderen internen Systemen (z.B. ERP-Systemen) in den übrigen Unternehmen eher gering sein. Hier besteht jedoch ein relativ großes Potenzial, die Prozesskosten insbesondere beim Kauf von Waren mit geringem Wert (C-Artikel) zu reduzieren, indem z.B. Teile des Bestellvorgangs, der Freigabe und der Rechnungsbuchung automatisiert werden.

Der Blick allein auf den Internethandel unterschätzt aber die Bedeu-tung des elektronischen Geschäftsverkehrs. In den EU-15-Ländern werden nur ca. 4% des Umsatzes aller Unternehmen über das In-ternet getätigt. Unter Berücksichtigung von anderen Verfahren zum elektronischen Datenaustausch, z.B. Electronic Data Interchange (EDI), steigt der Anteil des elektronischen Geschäftsverkehrs im Durchschnitt auf knapp 12%, in einigen Ländern (UK, IE) sogar bis auf fast 20%. Eine im EU-15-Vergleich überdurchschnittli-che Bedeutung hat EDI in Großbritannien, Irland und den nordi-schen Ländern. In Deutschland nutzen vor allem Großunternehmen in den Branchen Großhandel (61%, 2006) und Fahrzeugbau (53%) EDI für die Beschaffung. Aber auch im Einzelhandel (39%) und in anderen Branchen des Verarbeitenden Gewerbes (durchschnittlich 28%) spielt EDI eine große Rolle.

Komplexere Anwendungen wenig verbreitet

Ihr volles Potenzial entfaltet Informationstechnologie, wenn ein vollständig automatisierter Datenaustausch und damit eine integrierte Abwicklung von Geschäftsvorgängen möglich sind. Bei der Integration von internen Prozessen (Stufe 3 der OECD-Klassifikation) kann es sich z.B. um Customer Relationship Management (CRM)- oder Enterprise Resource Planning (ERP)-Systeme handeln. In den betrachteten EU-Ländern nutzte 2007 allerdings gerade einmal ein Viertel der Unternehmen CRM-Systeme, um darüber im Unternehmen Kundendaten zur Verfügung zu stellen. Auch bei ERP-Systemen fällt die Bestandsaufnahme überraschenderweise mager aus: Hiermit sind noch nicht einmal 20% der Unternehmen ausgestattet. Diese geringen Durchschnittswerte werden durch die zurückhaltende Nutzung von ERP- und CRM-Systemen bei KMU geprägt. Bei Großunternehmen dagegen sind diese Systeme wesentlich häufiger (Grafik 9). Insgesamt besser sieht es bei der Auftragsbearbeitung aus: ca. 45% der Unternehmen haben IT-Systeme, die die Auftragsbearbeitung mit anderen Systemen verbinden, so z.B. Abrechnungs- und Zahlungssysteme, Systeme für Ersatzteillieferungen oder Produktions- und Logistiksysteme. Dabei wird der günstige Wert aber vor allen Dingen von der Anbindung zu Abrechnungs- und Zahlungssystemen bestimmt, die im Schnitt 40% der Unternehmen einsetzen. Wie in allen betrachteten Kategorien sind die Unterschiede zwischen den EU-15-Ländern groß (Grafik 10).

Extended Enterprise bleibt Zukunftsmusik

Das Extended Enterprise, das unternehmensinterne Prozesse mit denen von Lieferanten oder Kunden integriert, ist für die meisten westeuropäischen Unternehmen noch Zukunftsmusik. Dabei können sich insbesondere aus der Zusammenarbeit mit den Technologieführern einer Branche für kleinere und mittlere Geschäftspartner wichtige Impulse für Technologieeinsatz, interne Organisation und Wettbewerbsfähigkeit ergeben.
EU-15-weit haben 15% der Unternehmen ihre Systeme zur Auftragsbearbeitung mit externen Partnern verbunden, davon 12% mit ihren Zulieferern und 10% mit ihren Kunden. Ein noch geringerer Anteil versendet Rechnungen auf elektronischem Weg (9%); immerhin knapp 15% erhalten Rechnungen, die eine automatische Weiterverarbeitung ermöglichen. Allerdings gibt es erhebliche Unterschiede in Abhängigkeit von der Unternehmensgröße und der betrachteten Branche. Dies zeigt ein Blick auf Deutschland. So versenden 44% der deutschen Großunternehmen des Verarbeitenden Gewerbes digitale Rechnungen, im Fahrzeugbau sind es sogar 64%. Auch im Ernährungsgewerbe (57%), in der Metallerzeugung (49%) und im Großhandel (49%) werden überdurchschnittliche Werte erzielt.

Der überwiegende Teil der Unternehmen verschenkt jedoch die umfangreichen Effizienzgewinne, die mit der Einführung digitaler Rechnungen verbunden sind. Diese liegen nach Schätzung einer Studie der Universität Hannover für die deutsche Wirtschaft insgesamt bei EUR 54 Mrd. Einsparpotenzial besteht vorrangig in effizienteren Prozessen, d.h. in der unmittelbaren Weiterverarbeitung von Rechnungsdaten in den unternehmerischen Buchungs- und Controlling-systemen. Warum aber machen nicht mehr Unternehmen von digitalen Rechnungen Gebrauch? Ein Fallbeispiel aus Finnland verdeutlicht, dass die fehlende Interoperabilität zwischen Unternehmen ein bedeutendes Hindernis ist. Darüber hinaus zeigt eine Umfrage, dass das größte Hemmnis offenbar mangelndes Interesse der Lieferanten ist. Die Vorteile digitaler Rechnungsstellung und -verarbeitung sind offenbar noch nicht in den Köpfen der Entscheidungsträger angekommen.

Erhebliche Unterschiede – KMU liegen hinten

Wenig überraschend ist, dass es im Vergleich der EU-15-Länder erhebliche Unterschiede bei der Nutzung von eBusiness Anwendungen gibt. Das Muster von fortgeschrittenen Ländern und Nachzüglern, das aus der ITK-Infrastrukturausstattung bekannt ist, spiegelt sich auch beim eBusiness wider. In den hier betrachteten Kategorien sind die nordischen Länder und Deutschland am häufigsten auf den vorderen Plätzen zu finden. Die rote Laterne im eBusiness trägt danach Spanien. Auf weiteren hinteren Plätzen befinden sich Italien, Griechenland und Portugal.

Die Durchschnittswerte für einzelne Länder verdecken allerdings ausgeprägte Unterschiede bei der Nutzung des elektronischen Geschäftsverkehrs in Abhängigkeit von Unternehmensgrößenklassen und Branchen. Besonders ausgeprägt ist der Rückstand der kleinen Unternehmen (unter 50 Beschäftigten) im eBusiness. Wie die Eurostat-Statistik zu eBusiness-Systemen nach Größenklassen zeigt, liegen im EU-15-Durchschnitt KMU in allen betrachteten Indikatoren zur ITK-Infrastruktur sowie zu internen und externen

eBusiness-Anwendungen hinter den Großunternehmen. So beträgt der Abstand bei den ERP-Anwendungen z.B. 42%-Punkte und beim mobilen Internetzugang 40%-Punkte.

Tendenziell fällt die Nutzungsdifferenz bei komplexen, vernetzten Anwendungen größer aus. Weniger ausgeprägt ist der Abstand bei den eBusiness Anwendungen, die selbst bei Großunternehmen noch nicht sehr verbreitet sind (z.B. Erhalt und Versand digitaler Rechnungen). Auch bei einigen elementaren Indikatoren zur eReadiness (Internet- und Breitbandnutzung) ist der Abstand geringer. Hier sind die Großunternehmen gut ausgestattet und die Kleinen sind ihnen dicht auf den Fersen.

Als wichtigste Hemmnisse für die Anwendung von eBusiness geben 54% der Kleinunternehmen und 75% der Kleinstunternehmen an, dass ihr Unternehmen für eine sinnvolle Anwendung von eBusiness zu klein sei. Weitere wichtige Gründe liegen in zu hohen Kosten, zu komplexen Lösungen und Sicherheitsbedenken, die z.T. eng mit dem Problem der Größe zusammenhängen. Unzureichendes IT-Know how dürfte ebenfalls eine Rolle spielen: nur 15% der Kleinunternehmen beschäftigen IT-Spezialisten. Daher ist in den Unternehmen ohne eine spezialisierte IT-Abteilung das Management stärker gefordert, über eBusiness-Lösungen zu entscheiden.

Gleiche Messlatte für KMU?

Wie bedeutsam ist nun das geringe Niveau des Einsatzes von eBusiness-Lösungen bei KMU für die stark mittelständisch geprägte Unternehmenslandschaft in Europa? In den betrachteten EU-Ländern sind 2003 gut 92% der Unternehmen Kleinstunternehmen, weitere gut 6% kleine Unternehmen. Dies bedeutet, dass in knapp 99% der Unternehmen komplexere eBusiness Systeme nur eine eingeschränkte Bedeutung haben.

Allerdings sind diese auf den ersten Blick dramatischen Zahlen in mehrfacher Hinsicht zu relativieren. Erstens ist die Lücke in ihrer gesamtwirtschaftlichen Bedeutung geringer, als die Zahl der Unternehmen dies auf den ersten Blick vermuten lässt. KMU erbrachten in Europa ca. 50% (UK) bis 70% (Italien) der Bruttowertschöpfung (2005). Zweitens ist zumindest fraglich, ob an Kleinst- und Kleinunternehmen dieselbe Messlatte für die Verwendung von eBusiness-Lösungen angelegt werden sollte wie an Großunternehmen. So benötigen kleine Hotels oder unabhängige Ingenieurbüros sicherlich keine komplexen internen Systeme, wohl aber eine ansprechende Internetseite mit Buchungsfunktion oder ausgefeilte CAD-Systeme. Ähnliches gilt für Start-ups: Hier wird der Fokus zunächst auf der Produktentwicklung und -vermarktung liegen. Der Vorteil des digitalen Rechnungsversands wird im Hintergrund stehen. Es kommt also aus Sicht des Unternehmens darauf an, ITK dort einzusetzen, wo sie zu komparativen Vorteilen des Unternehmens beitragen können. So mag es für die Wettbewerbsfähigkeit eines Kleinunternehmens aber sehr wohl von entscheidender Bedeutung sein, inwieweit es in seiner Funktion als Zulieferer für ein Großunternehmen in dessen Supply Chain Management System eingebunden werden kann.

Schließlich scheint es eine weitgehend stabile Beziehung zwischen der eBusiness-Nutzung von Großunternehmen und KMU zu geben, wie ein Index aus sechs eBusiness-Indikatoren zeigt. Das bedeutet, dass in den Ländern, in denen die Großunternehmen bei eBusiness-Lösungen weit vorangeschritten sind, auch die KMU im internationalen Vergleich zumeist führende Positionen einnehmen. Auch wenn KMU deutlich weniger eBusiness-Lösungen einsetzen, findet offenbar keine Entkoppelung statt. Dies stimmt für die künftige Entwicklung des eBusiness bei KMU optimistisch.

Die geringe Nutzung von eBusiness-Lösungen bei KMU ist also weniger schwerwiegend als auf den ersten Blick angenommen. Dennoch sollte sie mit Blick auf das Produktivitätswachstum in Europa nicht nur einen bedeutenden Platz auf der betriebswirtschaftlichen, sondern auch auf der wirtschaftspolitischen Agenda einnehmen. Denn immerhin sind KMU für 50-70% der Wertschöpfung in Europa verantwortlich und ein Ausbau des elektronischen Geschäftsverkehrs dürfte die Produktivität der KMU und die ihrer vernetzten Geschäftspartner steigern. Auch sprechen die Erfahrungen dafür, dass z.B. Koordinations- und Standardisierungsprobleme nicht immer aus eigener Kraft gelöst werden können. Ein Fokus der Wirtschaftspolitik sollte auf Ländern mit insgesamt schwacher eBusiness-Durchdringung liegen: KMU operieren hier auf einem äußerst geringen Niveau.

ITK-Einsatz variiert von Branche zu Branche

Auch die Wirtschaftsstruktur eines Landes (Art und Größe der Branchen) beeinflusst die Verbreitung von eBusiness. Denn Art und Umfang der eBusiness-Aktivitäten eines Unternehmens hängen – neben seiner organisatorischen Reife – auch von der Branche, dem spezifischen Geschäftsfeld und der vorherrschenden Wettbewerbssituation ab. Dies belegt die Analyse von acht eBusiness-Indikatoren für verschiedene Branchen (ohne Finanzdienstleistungen). Wir konzentrieren uns im Folgenden auf Deutschland, da eine Analyse der Branchen auf europäischer Ebene aufgrund der komplexen Datenlage den Rahmen der vorliegenden Studie übersteigt.

In zahlreichen Wirtschaftszweigen des Verarbeitenden Gewerbes in Deutschland ist der elektronische Geschäftsverkehr weit verbreitet. Besonders hervorzuheben ist der Fahrzeugbau. Weitere führende Wirtschaftszweige sind die Chemieindustrie, die Herstellung von Kunststoffwaren und der Maschinenbau. Stärken des Verarbeitenden Gewerbes liegen in der internen Vernetzung der Systeme für die Auftragsverarbeitung mit Abrechnungs- und Zahlungssystemen oder Produktions- und Logistiksystemen. In mittleren und großen Unternehmen werden diese Systeme bei 90-100% der Unternehmen eingesetzt. Darüber hinaus nutzen 40-60% der Unternehmen das Internet für die Beschaffung. Weniger ausgeprägt ist die Vernetzung mit Kunden und Zulieferern – selbst in der Automobilindustrie liegt der Anteil der Unternehmen, die mit ihren Lieferanten vernetzt sind, bei nur einem Drittel.

Eine große Zahl von Branchen weist ein ähnliches Muster im eBusiness auf – allerdings auf unterschiedlichem Niveau: Die interne Vernetzung der Auftragsverarbeitung mit Abrechnungs- und Produktionssystemen ist meist recht weit fortgeschritten. Auch nutzt ein großer Teil der Unternehmen in verschiedenen Wirtschaftszweigen das Internet als Beschaffungskanal; Vertriebsaktivitäten über das Netz sind meist weniger ausgeprägt. CRM-Systeme finden deutlich größere Akzeptanz als ERP-Systeme. Die Vernetzung mit externen Partnern ist generell schwach; sie ist aber mit den Zulieferern immer noch besser als mit den Kunden. Zu den Branchen, die eBusiness in der überwiegenden Zahl der Ausprägungen unterdurchschnittlich nutzen, gehören z.B. das Bau- und das Hotelgewerbe oder das Grundstücks- und Wohnungswesen. Diese Branchen sind auch durch einen großen Anteil kleiner und mittlerer Unternehmen geprägt.

Über diese allgemeinen Beobachtungen hinaus sind einige branchenspezifische Besonderheiten erwähnenswert.
– Im Einzelhandel ist die Integration mit den Zulieferern am weitesten fortgeschritten: 45% der Unternehmen haben ihre Auftragsbearbeitungssysteme mit denen der Lieferanten integriert. Überraschenderweise liegt der Anteil der Einzelhändler, die eCommerce betreiben, nur leicht über dem Durchschnitt aller Unternehmen (18% vs. 14%). Er steigt auf 26%, wenn man nur die Unternehmen mit Internetanschluss berücksichtigt. Dies deutet darauf hin, dass der Anteil kleiner Einzelhändler ohne Internetzugang relativ hoch ist.

-Im Hotelgewerbe sticht der hohe Anteil von 50% aller Hotels hervor, die online Buchungen entgegennehmen. In der Kategorie der mittelgroßen Häuser (50-249 Beschäftigte), liegt dieser sogar bei 80%. Dies spiegelt den Trend zur Disintermediation wider: Kunden buchen online ihre Unterkunft direkt beim Hotel oder ihre Reise bei der Fluglinie. Diese Gruppe nimmt die Dienstleistungen von Reisebüros oder -veranstaltern nicht mehr in Anspruch. Auch in anderen Wirtschaftszweigen, in denen Disintermediation eine große Rolle spielt, verkauft ein überdurchschnittlicher Anteil von Unternehmen Güter und Dienste über das Internet. Dies gilt in Deutschland zum Beispiel für Unternehmen aus dem Bereich Papier-, Druck- und Verlagsgewerbe (35%) sowie Kultur, Sport und Unterhaltung (32%).

– In den Wirtschaftszweigen, die einen eher kleinteiligen Massenmarkt bedienen, ist der Verbund von Auftragsbearbeitung und Abrechnung weit gediehen: dies gilt z.B. für die Bereiche Telekommunikation (98%), Energie und Wasser (86%) oder Kultur, Sport und Unterhaltung (78%).

– Es ist nicht überraschend, dass die Wirtschaftszweige mit Schwerpunkten auf ITK-Dienstleistungen oder -Produktion auch selbst ITK als Inputfaktor in großem Umfang einsetzen – wenn auch nicht durchgängig. Stärken im eBusiness liegen insbeson-dere im Bereich der Beschaffung und der Abrechnungssysteme. In den drei Untergruppen Fernmeldedienste, ITK-produzierendes Gewerbe bzw. Datenverarbeitung und Datenbanken wickelten z.B. 87-94% der Unternehmen Käufe über das Internet ab. Im ITK-produzierenden Gewerbe vernetzen sich zwei Drittel mit Zulieferern und ca. 60% setzen CRM-Systeme ein. Auch die Dienstleister im Bereich Datenverarbeitung und Datenbanken nutzen CRM-Systeme ähnlich häufig. Diese Wirtschaftszweige sind im deutschen Branchenvergleich Vorreiter in den genannten Kategorien.

– Der überwiegende Teil der restlichen Dienstleister bewegt sich im eBusiness eher im Mittelfeld oder darunter. Besonders schwach ausgeprägt sind die Vernetzung mit Kunden und Zulieferern sowie der Online-Absatz von Dienstleistungen. Dies überrascht besonders bei den unternehmensnahen Dienstleistungen. Diese Branche ist allerdings ebenfalls eher mittelständisch geprägt, so dass sich hier die grundsätzlich geringe Vernetzung der KMU niederschlagen dürfte. Demgegenüber steht das sehr heterogene Feld der öffentlichen und privaten Dienstleistungen (u.a. Verwaltung, Erziehung, Gesundheit) etwas besser dar. Die genannten Wirtschaftszweige (ohne Kreditwirtschaft und Versicherungsgewerbe) machen knapp 50% der Bruttowertschöpfung aus. Dies zeigt auf, dass mit Blick auf die gesamtwirtschaftliche Produktivitätsentwicklung Fortschritte bei der Einführung von eBusiness-Lösungen in Teilen des Dienstleistungssektors Priorität haben sollten.

Der Blick auf die eBusiness-Nutzung der deutschen Unternehmen nach Branchen hat ein sehr differenziertes Bild ergeben. Es bestätigt sich, dass Schwächen bei komplexeren internen ITK-Lösungen, der externen Vernetzung und der Nutzung des Internet als Absatzkanal liegen. Darüber hinaus gibt es branchenspezifische Unterschiede: Unternehmen setzen ITK differenziert dort ein, wo Technologien die Prozesseffizienz besonders steigern können und/oder sie den gewandelten Erwartungen von Kunden und/oder Anbietern Rechnung tragen müssen. Hervorzuheben ist die Vorreiterrolle zahlreicher Branchen des Verarbeitenden Gewerbes sowie der IT-Produzenten und -Dienstleister. Ein großer Teil der Dienstleistungsbranche hat hingegen eher noch Nachholbedarf beim Einsatz von ITK. Dies ist keine deutsche Besonderheit. Daten für 8 EU-Staaten zeigen, dass Länder mit einem größeren Anteil des Verarbeitenden Gewerbes am BIP auch eine höhere eBusiness-Nutzung aufweisen (Grafik 20). Je höher dagegen der Anteil der Dienstleistungsbranche am BIP, desto schwächer ist die eBusiness Performance eines Landes (Grafik 21). Für die Dienstleistungsbranchen gilt allerdings der gleiche Vorbehalt wie bei der Forderung von stärkerer ITK-Nutzung in Kleinunternehmen. Nicht für alle Dienstleister ist der Einsatz von ITK in gleichem Maße sinnvoll: Aufgrund ihrer Produktionsstruktur werden personenbezogene Dienstleister auch in Zukunft eher weniger ITK einsetzen, während sich z.B. in der Logistik oder im Groß- und Einzelhandel durch die Verwendung von RFID-Technologien erhebliche Produktivitätspotenziale heben lassen.

Mehr in der Zukunft

In den nächsten Jahren werden einige Technologien, Anwendungen und Organisationsmodelle Marktreife und Verbreitung erlangen, die die Automatisierung von Prozessen und die Vernetzung innerhalb und zwischen Unternehmen noch weiter fördern. Sie bereiten den Weg zu einem mehr und mehr bedarfsorientierten Einsatz von Informationstechnologie. Darüber hinaus dürften sie es Unternehmen erlauben, Medienbrüche weiter zu reduzieren und Informationen über Prozesse und Produkte leichter nutzbar zu machen, um sie in die Steuerungsprozesse des Unternehmens einfließen zu lassen. Einige Beispiele sollen dies verdeutlichen:
– Im engeren Bereich der unternehmerischen IT-Infrastruktur, Software und der IT-Dienste steht die bedarfsorientierte Flexibilisierung und Modularisierung von Prozessen im Vordergrund. Sog. IT Utility Services erlauben es den Kunden, flexibel auf Software (Software as a Service, SaaS) und Hardware-Kapazitäten (Utility Computing) eines Anbieters zurückzugreifen. Skalierbare Leistungen – insbesondere für Unternehmen mit stark schwankendem Bedarf – und eine verursachungsgerechte Verrechnung der Dienste sind Argumente für den Einsatz von IT Utility Services. Dieses Konzept hilft besonders KMU, da sie durch den bedarfsorientierten Einkauf von Diensten über den Markt Investitionskosten reduzieren, Preisvorteile realisieren und vom Einsatz von Standardsoftware profitieren können.

– Innerhalb von Unternehmen dürfte das Konzept Service-orientierte Architekturen (SOA) in den nächsten Jahren weiter Zuspruch finden. SOA haben zum Ziel, die in Unternehmen eingesetzten Applikationen in einzelne Dienste zu zerlegen. Eine solche Architektur trägt dem schnellen Wandel der Geschäftsprozesse Rechnung und ermöglicht eine flexible und schnelle Rekombination von Diensten. Die Komplexität von unternehmerischen IT-Landschaften wird reduziert und die Auslagerung von Diensten erleichtert.

– Funkchips (Radio Frequency Identification, RFID) werden künftig bspw. in der Produktion (z.B. in der Automobilbranche), im Handel und der Logistik breit eingesetzt. RFID wirkt zunächst als Rationalisierungstechnologie, indem sie zu einer Reduzierung von Lagerbeständen, der Verkürzung von Durchlaufzeiten und der Aufbereitung von Informationen entlang der Wertschöpfungskette beiträgt. Sie hilft nicht nur innerhalb des Unternehmens, sondern gerade auch für den Informationsaustausch zwischen spezialisierten Unternehmen, die global in Wertschöpfungsnetzen agieren (z.B. in der Logistik).

– Mobile-Business-Anwendungen werden mit höheren Bandbreiten, leistungsfähigeren mobilen Endgeräten und konvergenten Diensten für immer mehr Unternehmen Realität. So sind zum Beispiel mobile Vertriebs- und Servicelösungen interessant, um die Prozesseffizienz zu steigern. Die schnelle Verfügbarkeit von Daten, beschleunigte Prozesse und eine erhöhte Informationsqualität sind empirischen Untersuchungen zufolge die wichtigsten Ziele beim Einsatz mobiler Business-Anwendungen.

– Product Lifecycle Management (PLM) wird häufig als „Digitale Fabrik“ bezeichnet. Ziel von PLM-Systemen ist es, alle im Lebenszyklus eines Produktes anfallenden Daten zusammenzuführen. Dadurch soll die Zusammenarbeit der Abteilungen eines Unternehmens und seiner Partner erleichtert werden. Dies stellt eine umfassende Integrationsaufgabe dar, da Daten aus verschiedenen Systemen zusammengeführt werden müssen (Produktionsplanungs- und -steuerungssysteme (PPS), ERP-Systeme und Produktionsdaten aus den Manufacturing-Execution-Systemen (MES)-Systemen). Bisher sind PLM-Systeme haupt-sächlich bei den großen Automobilbauern im Einsatz; die Zulieferer folgen langsam.

Automatisierung, Flexibilisierung, IT-gestützte Zusammenarbeit und Datennutzbarkeit schreiten dynamisch voran, wie diese keineswegs vollständige Liste von Beispielen zeigt. Allerdings haben die vorgestellten Lösungen einen unterschiedlichen Zeithorizont. Während z.B. mobile Business-Lösungen schon heute verbreitet sind, wird IT Utility Services oder SOA eine äußerst dynamische Zukunft vorausgesagt. Bis zum Jahr 2010 dürften die Umsätze im Bereich SaaS weltweit mit 26% p.a. wachsen, im Bereich Utility Computing mit 39% p.a. Demgegenüber dürften PLM-Systeme aufgrund umfangreicher Prozessanpassungen und damit verbundenen hohen Investitionskosten eher zögerlicher eingeführt werden. Ähnliches gilt für elektronische Rechnungen oder kollaborative Lösungen zwischen Unternehmen. Insgesamt wird sich aber der Trend zu einer IT-getriebenen Erhöhung der Prozesseffizienz fortsetzen. Fortgeschrittene IT-Konzepte gehen quasi zwangsläufig mit umfangreichen organisatorischen Anpassungen in Unternehmen einher. Dies macht sie relativ aufwändig, aber auch chancenreich mit Blick auf ihr Produktivitätspotenzial.

Fazit: Potenzial heute noch nicht ausreichend genutzt

Der elektronische Geschäftsverkehr wird von den europäischen Unternehmen noch nicht hinreichend genutzt. Grundsätzlich überwiegen die einfacheren Anwendungen, die nur begrenzte Anpassungen der Geschäftsprozesse erfordern. Komplexere interne ITK-basierte Prozesse werden nur von 20 bis 25% der betrachteten EU-Unternehmen angewendet; eine Ausnahme bildet die Vernetzung der Auftragsbearbeitung mit Abrechnungs- und Zahlungssystemen. Auch die Konzeption „Extended Enterprise“ gehört zum Modell der Zukunft. Die überwiegende Zahl der europäischen Unternehmen vergibt also nach wie vor Produktivitätschancen, die aus komplexeren ITK-Anwendungen des elektronischen Geschäftsverkehrs in Verbindung mit organisatorischen Anpassungen resultieren können.

Bemerkenswert sind die großen Unterschiede, die sich im Vergleich der Länder, Branchen und Unternehmensgrößenklassen zeigen. Die Unternehmen aus den nordischen Ländern und Deutschland sind bei der Umsetzung des elektronischen Geschäftsverkehrs auf den vorderen Rängen. Unternehmen aus großen EU-Ländern wie Italien und Spanien, aber auch aus Griechenland und Portugal sind hingegen im eBusiness wenig fortgeschritten. Eine ausgeprägte Differenz zeigt sich auch zwischen großen und kleinen Unternehmen: Kleinunternehmen hinken bei eBusiness Anwendungen deutlich hinterher. Tendenziell fällt die Nutzungsdifferenz bei komplexen vernetzten Anwendungen größer aus. Auch wenn kleine Unternehmen Informationssysteme nur in beschränkterem Maße sinnvoll einsetzen können als Großunternehmen und daher nicht die gleiche Messlatte angelegt werden sollte, dürften ein Ausbau des elektronischen Geschäftsverkehrs und damit verbundene organisatorische Reformen die Produktivität der KMU und ihrer Geschäftspartner doch steigern.

Schließlich variiert der Einsatz von eBusiness-Lösungen deutlich von Branche zu Branche. In Deutschland sind zahlreiche Wirtschaftszweige des Verarbeitenden Gewerbes im elektronischen Geschäftsverkehr weit fortgeschritten. Einige dieser Branchen sind von großen Unternehmen geprägt, die die Entwicklung vorantreiben. Zudem gehören die Wirtschaftszweige mit Schwerpunkten auf ITK-Dienstleistungen oder -Produktion zu den Vorreitern. Der große Teil der anteilsmäßig an der Bruttowertschöpfung sehr bedeutsamen traditionellen Dienstleister hat hingegen eher noch Nachholbedarf bei eBusiness-Lösungen.

Produkt- und Prozessinnovationen werden heute und in Zukunft in großem Maße von ITK mitbestimmt. Technologien wie RFID oder mobile Business-Anwendungen werden Unternehmen künftig helfen, für ihr Geschäftsmodell passende, innovative Prozesse zu konzipieren. Konzepte wie SaaS, SOA oder PLM dürften die Prozesseffizienz von Unternehmen noch erhöhen. Allerdings dürfte die Zahl der Unternehmen, die sich mit SOA oder PLM an der Innovationsfront bewegen, begrenzt sein, da diese Konzepte umfangreiche Restrukturierungsinvestitionen erfordern. Hingegen ergeben sich durch IT Utility Services, speziell SaaS, Chancen für kleinere Unternehmen.

Der große Rückstand im eBusiness in bestimmten Branchen, z.B. bei vielen traditionellen Dienstleistungsunternehmen, und bei den KMU weist auch für die Zukunft auf einen anhaltenden wirtschafts-politischen Koordinierungsbedarf hin. Der Fokus sollte – wie bereits in der Vergangenheit in verschiedenen Initiativen der EU und der Mitgliedsstaaten geschehen – auf bestimmten eher mittelständisch geprägten Branchen und auf Querschnittsthemen, wie z.B. elektronischen Rechnungen, liegen. Dabei kann auch eine grenzüberschreitende Perspektive nützlich sein. Wissenstransfer, Standardisierung und Modellversuche können hilfreiche Ansatzpunkte sein. Ohne sie wird es kaum gelingen, den größten Teil der europäischen Unternehmen in den elektronischen Geschäftsverkehr einzubinden. 

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