Kundenmeinung im Web 2.0-Zeitalter

Im Bereich des Online-Marketings ist eine intensive Interaktion mit dem Kunden zum besseren Verständnis seiner Bedürfnisse wichtig. Bisher geschah das über den traditionellen Weg der Marktforschung. Der beinhaltet allerdings viele Nachteile wie einen hohen Zeitaufwand, zu grobe Kundensegmentierung, hohe Kosten und geringes Innovationspotential. Eine Alternative dazu bietet das Internet. Durch Applikationen wie Blogs, Foren und Portale wird die Kommunikation zwischen Unternehmen und Kunden vereinfacht.

Produktideen – Mangelware?

Eine erfolgreiche Differenzierung vom Wettbewerb mit Produkten, die den Kunden einen echten Mehrwert bieten und es dadurch schaffen, sich aus der Masse der Marktteilnehmer abzuheben, gewinnt zunehmend an Bedeutung.

Aber genau hierin liegt das Problem. Altbekannte Pfade im Produktentwicklungs- und Innovationsmanagement sind den gestiegenen Markterfordernissen nicht mehr gewachsen. Sie sind in der Regel langfristig ausgerichtet, setzen auf radikale, technologisch bahnbrechende Innovationen und orientieren sich somit nicht genügend an heutigen Kundeninteressen und -bedürfnissen. Die Folge: Kunden werden mit einer Vielzahl von fast identischen Produkten konfrontiert, die sich nur noch durch den Preis unterscheiden. Ohne weiteres Differenzierungspotenzial ist man als Anbieter dem Preiswettbewerb hilflos ausgeliefert.

Der damit verbundene hohe Margen- und Umsatzdruck, verengt wiederum die Spielräume im Innovationsprozess. Eine Differenzierung sollte somit nicht nur über kapitalintensive Produkt- und Technologieinnovationen, sondern zunehmend auch über andere Bereiche wie Service, Kommunikation und Vertrieb erfolgen, wo innovative Ansätze schneller und günstiger umgesetzt werden können.

Doch woher sollen diese innovativen Ideen kommen? Traditionelle isolierte F&E-Abteilungen werden den gestiegenen Marktanforderungen nicht mehr gerecht. Schließlich werden nur die Innovationen Erfolg haben, die den Nerv des Kunden treffen.
Ausgangspunkt der Ideenfindung muss ein genaues Verständnis der Kundenbedürfnisse sein, idealerweise durch intensive Interaktion mit den Kunden. Sie führt – wenn richtig angewandt – zu eben diesem besseren Verständnis der Kundenbedürfnisse und somit zu erfolgreichen Produktinnovationen am Markt, die echte Differenzierung schaffen.

Kundeninteraktion im interaktiven Web

Blogs, Wikis & Co. – die neue Marktforschung?
Kunden als Informationsquellen für zukünftiges Kundenverhalten, Produktpräferenzen und Produkterfolg anzuzapfen, ist nicht neu und wird bereits seit langem praktiziert: ob Fokusgruppen, quantitative Befragungen oder Konzepttests – klassische Marktforschung wird von vielen Unternehmen durchgeführt, um Ideen für neue Produkte zu gewinnen.

Doch diese traditionelle Marktforschung birgt viele Nachteile:
– Hoher Zeitaufwand: Die Durchführung einer Marktforschungsstudie kann mehrere Wochen bis Monate dauern. Die Time-to-Market wird zusätzlich verlängert.

– Grobe Kundensegmentierung: Aus Kostengründen muss häufig eine vereinfachte Kundensegmentierung vorgenommen werden, da eine repräsentative Abbildung aller adressierten Mikrosegmente zu aufwendig ist. Dies führt zu verzerrten Ergebnissen der Markforschungsstudie.

– Hohe Kosten: Klassische Marktforschung ist teuer – von der Rekrutierung der Befragten bis hin zur Durchführung und Auswertung der Tests und Befragungen.

– Geringes Innovationspotenzial: Klassische Marktforschungsmethoden, die mit repräsentativen Stichproben arbeiten, bilden innovative Kunden nicht überproportional ab. Für die Identifikation und Bewertung von besonders kreativen und innovativen Ideen sind sie nur bedingt geeignet.

Hohe Transaktionskosten sowie der Zeitaufwand für Kundeninteraktion über diese klassischen Ansätze stehen dabei häufig im Widerspruch zur geforderten Effizienzerhöhung im Innovationsmanagement.

Abhilfe schafft hier das Internet, das in den letzten Jahren die Kommunikation zwischen Unternehmen und Kunden wesentlich vereinfacht hat. So entstand eine Vielzahl neuer webbasierter Interaktionsplattformen, wie z.B. Foren und Weblogs.

Was steckt hinter dem interaktiven Web? Die Veränderung bzw. Weiterentwicklung der Internettechnologien in den letzten Jahren führte zu leicht bedienbaren Anwendungen, wie zum Beispiel Weblogs, Wikis und soziale Netzwerke. Als Folge daraus entstanden Dienste und Angebote, die es dem Nutzer erlauben, Content nicht mehr nur statisch zu betrachten (bspw. die klassische Homepage) sondern auch selbst zu generieren – der passive Nutzer wurde aktiv!

Die Nutzung interaktiver, webbasierter Anwendungen bei der Kundeninteraktion bringt zwei wesentliche Vorteile mit sich:
– Sie eröffnen die Möglichkeit, mit einer sehr großen Anzahl an (potenziellen) Kunden in Kontakt zu treten. Der Wissenspool, der so erschlossen werden kann, ist im Vergleich zur klassischen Marktforschung ungleich größer.

– Die Kosten für die Interaktion mit Kunden sind vergleichsweise gering und der Implementierungs- und Pflegeaufwand der Methoden bzw. Tools ist überschaubar.

Dennoch kann auf die klassische Marktforschung nicht komplett verzichtet werden. Insbesondere bei neuen Produkten und Services mit hohem Investitionsaufwand sind klassische Markttests für eine Validierung von Konzepten unumgänglich.

Take-away:
– Kundeninteraktion ist der Schlüssel zur Aufdeckung von Kundenbedürfnissen und Generierung neuer Produktideen.

– Das Web bietet mit Methoden und Tools wie Blogs und Foren neue Möglichkeiten in der Kundeninteraktion.

-Die webbasierte Kundeninteraktion erreicht eine größere Kundenbasis und erschließt damit einen größeren Wissenspool zu deutlich niedrigeren Transaktionskosten.

Interaktionswillige Kunden finden und halten

Mit Kunden über das Web interagieren, neue Produktideen und Verbesserungsvorschläge ohne wesentliche Kosten generieren und dann die Kunden die Produkte auch noch selber konzipieren und testen lassen – es könnte so einfach sein.

Die alleinige technische Implementierung reicht noch nicht aus, um zum einen Kunden dazu zu bewegen, ihr Wissen und ihre Ideen zu teilen und zum anderen auch brauchbares Wissen zu generieren. Eindeutig definierte Kundensegmente sind die Basis einer zielgruppenspezifischen Kundeninteraktion, um
– die Zielgruppe anzusprechen, von denen Informationen benötigt werden,

– Kunden zu identifizieren, die auf Grund ihres Kommunikationsverhaltens für webbasierte Interaktion geeignet sind und somit auch motiviert werden können und

– somit die geeigneten Interaktionsformen auszuwählen und auszugestalten.

Die Basis der Kundensegmentierung zur Interaktion bilden die bestehenden Zielkundensegmente. Diese Segmente werden bezüglich ihres Informations- und Kommunikationsverhaltens analysiert, um Auskunft über ihre Bereitschaft zur Interaktion über das Web zu erhalten.

In jedem Falle müssen Kunden Incentives angeboten werden, die eine Interaktion für sie lohnenswert macht und die sich je nach Zielsegment unterscheiden.

Formen von Incentives:
Klassische Incentives
– Direkte Entlohnung durch fest vereinbarte Beträge in virtueller oder realerWährung

– Prozentuale Beteiligung am Erfolg desProduktes

Neue Incentives
– Partizipation an mitentwickelten Produkten -Beteiligte Lead-Usererhalten Produkt früher oder vergünstigt

– Sozialer Status im Web -Bsp.: Käufer und Verkäufer erhalten bei Ebay verschiedenwertige Markierungen entsprechend der positiven bzw. negativen Bewertungen

– Return on Contribution: User erhält Gegenwert für Mikrobeiträge -Bsp.: für die Bearbeitung von Kleinstaufgaben bei Amazon-Mechanical-Turkerhält der Nutzer kleine Geldbeträge

– Nutzenvorteile durch Kundenstatus -Bsp.: Miles & More, bevorzugte Behandlung beim Service (z.B. spezielle Ansprechpartner anstatt Kunden-Hotline)

Hierbei ist die Frage entscheidend: was bewegt den Kunden, mit mir gemeinsam ein Produkt zu entwickeln oder zu verbessern? Profitiert er selber von verbesserten Funktionalitäten? Reicht allein die Möglichkeit der aktiven Einflussnahme, um ihn zur Interaktion zu bewegen? Letztendlich kann Interaktion nur in einer Win-Win-Konstellation funktionieren, von der beide Parteien profitieren.

Take-away:
– Bei der Planung von Kundeninteraktionsmaßnahmen sind zunächst die Kunden, mit den interagiert werden soll, zu analysieren: Sind diese bereits mit den Internet und den Anwendungen (Foren, Portale, Chats) vertraut? Müssen sie erst an mögliche Tools herangeführt werden, z.B. in einem Workshop?

– Erkenntnisse zur Zielgruppe sind bei der Auswahl und Gestaltung der Interaktionstools zu berücksichtigen. Einfache Forenbeiträge sind z.B. von einer Vielzahl von Usern bedienbar, komplexere Partizipationssysteme sind nur für technikaffinere Kunden geeignet.

– Zur Motivation der Zielkunden sind geeignete Anreizsysteme zu schaffen, wie z.B. Treuepunkte-Systeme, bei denen Kunden für ihre Beiträge Rabattpunkte sammeln können.

Kundeninteraktion im Unternehmen leben

Die Interaktion bezeichnet das wechselseitige Aufeinandereinwirken eines Unternehmens und seiner Kunden sowohl im Rahmen der Innovation als auch bei der Leistungserstellung. In Verbindung mit einer webbasierten Kundeninteraktion ergeben sich so konkrete Wettbewerbsvorteile.

Um eine systematisierte und kontinuierliche Realisierung dieser Wettbewerbsvorteile im Unternehmen sicherzustellen, bedarf es einer Anpassung in den folgenden vier Bereichen:
– Strategie: Interaktion mit den Kunden muss bereits auf Top-Management-Ebene in der Unternehmensstrategie verankert werden. Nur so kann sichergestellt werden, dass der Interaktion ein hoher Stellenwert in allen Unternehmensbereichen eingeräumt wird. Idealerweise erfolgt dies in Form eines Interaktionskonzeptes, das festlegt, wie Interaktion sowohl innerhalb des Unternehmens als auch an den Schnittstellen zum Kunden systematisch geplant, umgesetzt und gelebt werden soll.

– Organisation: Die bisherigen Kommunikationsschnittstellen in Richtung Kunde müssen an die neuen Bedürfnisse einer bidirektionalen Interaktion ausgerichtet werden. So können beispielsweise durch die Einrichtung einer Interak-tionsschnittstelle wertvolle Informationen, welche weit über klassisches Beschwerdemanagement hinausgehen, von den Kunden gewonnen und für das Design von Produkten verwertet werden.

– Prozesse: Die Öffnung der Prozesse zur Interaktion mit den Kunden ermöglicht einen unternehmensweiten Zugang auf direkt gewonnene Kundeninformationen. Hierdurch wird es einerseits möglich, Kundeninformationen über Plattformen digital in einzelne Standardprozesse zu integrieren und damit prozessuale sowie IT-seitige Optimierungen zu realisieren. Andererseits erfolgt beispielsweise durch das Kundenfeedback zu den Funktionalitäten sowie zum Design von Produkten und dessen Bewertung eine kontinuierliche Qualitätssicherung auf allen Prozessstufen.

– Change Management: Reine Lippenbekenntnisse reichen nicht aus, um eine Transformation hin zu einem interaktionsorientiertem Unternehmen erfolgreich zu vollziehen. Erst durch Berücksichtigung von Kernerfolgsfaktoren wird ein reibungsloser Übergang hin zur systematischen Kundenintegration sichergestellt.

Um die Interaktion erfolgreich auszugestalten, müssen Veränderungen in den vier beschriebenen Dimensionen eines Unternehmens vollzogen werden. Erst hierdurch wird die Basis für einen unternehmenskulturellen Wechsel geschaffen, in welchem Interaktion zwischen einem Unternehmen und seinen Kunden tagtäglich gelebt wird und sich die Kunden zu einem wertschöpfenden und integralen Bestandteil des Unternehmens entwickeln.

Take-away:
– Interaktion zwischen Unternehmen und Kunden muss systematisch geplant werden, um Wettbewerbsvorteile zu realisieren.

– Beim Aufsetzen eines Projektes zur zielgerichteten Integration mit den Kunden sollten die notwendigen Anpassungen in den Dimensionen Strategie, Organisation, Prozesse und Change Management berücksichtigt werden. Hierdurch werden die Weichen für eine erfolgreiche Projektumsetzung vom Commitment des Top-Managements bis hin zur Transformation (Change Management) gestellt.

Risiken webbasierter Interaktion minimieren

Webbasierte Kundenintegration ist – richtig eingesetzt – eine kosteneffiziente und einfache Ergänzung zur klassischen Marktforschung und Ideengenerierung. Dennoch müssen verschiedene Risiken beachtet werden, um nicht in rechtliche, umsetzungsspezifische oder prozessuale Fallen zu laufen.

Rechtliche Risiken
– Intellectual Property Rights (IPR): Die Frage nach dem geistigen Eigentum an entwickelten Konzepten und TK-Diensten ist im Vorhinein zu klären und den Interagierenden klar zu kommunizieren.

– Datenspeicherung des Nutzungsverhaltens: Die gespeicherten User-Daten dürfen nur für die originär kommunizierten Zwecke genutzt und nicht missbräuchlich verwendet werden.

Umsetzungsspezifische Risiken
– Usability: User dürfen nicht mit zu vielen Informationen (Menüführung des Konfigurators, Toolkits etc.) überlastet werden.

– Imageschäden: Mangelhafte Überwachung und Beeinflussung des eigenen Images im Web erhöhen das Risiko des Reputationsverlustes. Zum Beispiel können Verlinkungen und Zitierungen von Inhalten externer Webseiten im Gegensatz zu den Einstellungen bzw. Werten des eigenen Unternehmens stehen.

– Vernachlässigung anderer Kommunikationskanäle: Trotz der vielen Möglichkeiten, die das interaktive Web in der Kundeninteraktion bietet, dürfen andere Kanäle nicht vernachlässigt werden. Nur bestimmte Zielgruppen werden über das Internet angesprochen – Ideen und Feedback Internet-ferner Kunden dürfen nicht ausgeblendet werden.

Prozessuale Risiken
– Interpretation der gewonnenen Daten und Verknüpfung mit Erkenntnissen aus der klassischen Marktforschung: Die Analyse und Auswertung der gewonnenen Daten ist nach der Gewinnung der Informationen ein kritischer Erfolgsfaktor. Insbesondere wenn Kunden neue Produktideen einbringen, sollten berücksichtigt werden, dass die Ideen nicht eine repräsentative Kundenmeinung widerspiegeln. Kunden, die ihre Ideen einbringen, sind in der Regel der Masse an Konsumenten voraus bzw. repräsentieren ein besonders technik- und web-affines Segment. Daher sollten webbasierte Methoden mit klassischen Marktforschungsmethoden verknüpft werden.

So können zum Beispiel Neuproduktideen über webbasierte Tools gesammelt werden, anschließend mit den Ideengebern in Fokusgruppen in Produktkonzepte überführt werden und dann im Rahmen einer quantitativen Marktforschung das konkrete Kundenpotenzial abgetestet werden.

– Time-to-Market: Der zusätzlich zwischengeschaltete Interaktionsprozess kann negative Effekte auf die Produktentwicklungszeit haben. Es muss sichergestellt werden, dass Informationen zeitnah gewonnen und ausgewertet werden.

– Verlust von unternehmensinternen Informationen an Wettbewerber: Durch die notwendige öffentliche Zugänglichkeit der Interaktionsplattformen können auch Wettbewerber auf Produktideen zugreifen.

Take-away:
– Bei der webbasierten Kundeninteraktion sind verschiedene Risiken zu beachten. Fragen des Datenschutzes sollten im Vorfeld geklärt sowie auf eine saubere Durchführung und Implementierung geachtet werden.

– Die größte Herausforderung stellt die prozessuale Integration dar, insbesondere die Auswertung, Interpretation und Nutzung der gewonnenen Daten.

Webbasierte Kundeninteraktion bietet noch weitere Potenziale

Neben der effizienteren Ideengenerierung und -bewertung eröffnet das interaktive Web noch weitere Chancen zur Effizienzerhöhung entlang der Wertschöpfungskette.

Produkte mit Kunden entwickeln: Sind erfolgsversprechende Produktkonzepte identifiziert, so kann auch die Entwicklung der Produkte gemeinsam mit den Kunden erfolgen. Insbesondere bei der Software-Entwicklung ist dies bereits ein etabliertes Modell. So setzt Google bei der Entwicklung seines Betriebssystems „Android“ für mobile Endgeräte auf offene Schnittstellen, damit externe Entwickler geeignete Applikationen für das Betriebssystem zuliefern können. Einmal entwickelte Produkte mit geringer Komplexität können anschließend über eine webbasierte Schnittstelle durch Kunden online getestet werden.

Interaktive Leistungserstellung macht Produkte „individueller“: Das Outsourcen von Produktionsschritten zum Kunden ist nicht neu. Spätestens seit IKEA haben sich Kunden daran gewöhnt, ihren Beitrag bei der Herstellung des Produktes zu leisten. Das Web erlaubt eine Ausweitung dieses Konzeptes auch auf andere Bereiche. So können sich beispielsweise Kunden auf der Dell-Homepage ihren „individuellen“ PC aus modularen Produktkomponenten zusammenbauen. Dies ermöglicht eine Differenzierung durch ein „individuelles“ Produkterlebnis auf Basis standardisierter Produktkomponenten (Soft Customization).

Insbesondere im Medienbereich geht der Trend bereits zur kompletten Produktion von Content durch den Kunden. Zeitungsleser liefern durch Kommentare, Diskussionsbeiträge oder Zulieferung von Fotos oder Videos kostengünstige Ergänzungen zu bestehenden Medienangeboten (z.B. Bild-Leser-Reporter).

Soziale Netzwerke bei der Vermarktung nutzen: Kunden, die Produkte initiieren und mitentwickeln zeichnen sich in der Regel durch einen hohen Grad an Identifikation mit dem Unternehmen aus und eignen sich deshalb hervorragend als Multiplikator in ihrer Community. Dieses klassische Konzept der Mund-zu-Mund Propaganda lässt sich durch die schnelle virale Verbreitung in der interaktiven Kommunikationswelt über z.B. „Tell-a-Friend“-Funktionen oder Weblogs noch effektiver einsetzen.

After-Sales-Foren und Communites verbessern das Service-Erlebnis: Im After-Sales erfreuen sich Communities und Foren immer größerer Beliebtheit. Kunden helfen sich nach dem Kauf des Produktes gegenseitig. In Foren und auf moderierten Plattformen liefern sie selbst einen entscheidenden Service-Beitrag in einer Breite und Tiefe, die das Unternehmen selbst – zumindest wirtschaftlich – nicht abbilden könnte. Der dadurch entstehende Wissenspool ist wiederum eine Quelle für neue Produktideen. Solche Foren werden überwiegend noch von Usern unabhängig vom Anbieter aufgebaut und betrieben. Insbesondere Anbieter, die ihr Produkt schwerpunktmäßig im Internet vertreiben, wie beispielsweise eBay und Dell, führen solche Foren aber bereits in Eigenregie durch.

Take-away:
– Die neuen technologischen Möglichkeiten und die Bereitschaft von Kunden auch in andere Wertschöpfungsstufen wie etwa der Produktion und im After-Sales-Bereich aktiv einzugreifen, bietet Unternehmen neue Potenziale zur Effizienzerhöhung.

– Daher sollten Schritt für Schritt alle Wertschöpfungsstufen geprüft werden, wo Mehrwert durch Kundeninteraktion geschaffen werden kann: Können Kunden selber zu Produzenten werden und Teile der „Produktion“ selber übernehmen? Kann virales Marketing genutzt werden, um Vermarktungserfolge zu erhöhen? Oder kann ein Teil der After-Sales-Betreuung durch andere Kunden selber übernommen werden, etwa in Form eines einfachen Forums?

Interaktion im Mitmach-Web: Neue Wertschöpfungs-strukturen und Geschäftsmodelle entstehen

Das Beispiel vom Kunden als Produzenten zeigt bereits, dass die bisher klar definierte Rollenverteilung in der Herstellung von Produkten vor einem Umbruch steht. Neue Strukturen, neue Wertschöpfungs- und letztendlich neue Geschäftsmodelle werden ermöglicht, weil die Demokratisierung der Produktion im interaktiven Web voranschreitet.

Das führt bereits heute zu Bedrohungspotenzialen in Branchen, in denen digitale Güter produziert werden, wie im Mediensektor oder der Musik- und Software-Industrie. Kunden, die Inhalte selbst produzieren (User generated content) oder Software entwickeln (Open Source) greifen immer stärker in die Wertschöpfung etablierter Anbieter ein und stellen deren traditionelle Geschäftsmodelle in Frage.

Andere Branchen, wie z.B. die Telekommunikation sehen sich einer solchen Bedrohung ihrer Wertschöpfungsstrukturen noch nicht ausgesetzt. Hier führt das interaktive Web primär zu einer verstärkten Nachfrage nach Vernetzung über Breitbandzugänge. Zudem ergeben sich neue Umsatzpotenziale durch den Einstieg in Social Networking-Projekte oder bei der Bereitstellung webbasierter Applikationen.

Das Internet hat aber auch hier in den letzten Jahren seine Spuren hinterlassen. Entwicklungen wie die kostenlose Internettelefonie Skype stellen zwar noch kein existenzielles Bedrohungspotenzial dar, zeigten aber, dass selbstbewusste User, die ihr Wissen über das Internet grenzenübergreifend austauschen und in Produkte umwandeln, in der Lage sind, etablierte Geschäftsmodelle anzugreifen. Dies zeigt einmal mehr, wie wichtig es ist, aus Sicht etablierter Unternehmen dieses Potenzial auf Kundenseite frühzeitig zu erkennen und gewinnbringend umzusetzen.

Schlussfolgerung und Empfehlungen

– Kundeninteraktion ist der Schlüssel zur Aufdeckung von Kundenbedürfnissen und Generierung neuer Produktideen. Dazu bietet das interaktive Web mit seinen Tools wie Blogs und Foren neue Möglichkeiten in der Kundeninteraktion.

– Neben der Erreichbarkeit einer größeren Kundenbasis und der Erschließung eines größeren Wissenspools werden auch Transaktionskosten drastisch reduziert.

– Vor der Planung von Kundeninteraktionsmaßnahmen sind zunächst die Kunden, mit denen Sie interagieren wollen, genauer zu analysieren und geeignete Anreizmechanismen zu entwickeln.

– Erfolgreiche Interaktion erfordert Anpassungen in der Strategie, der Organisation sowie den Prozessen des Unternehmens und wird durch ein Change Management begleitet.

– Webbasierte Kundeninteraktion erfordert die frühzeitige Minimierung von möglichen Risiken vom Datenschutz über Nutzungsrechten bis hin zur ineffizienten Auswertung, Interpretation und Nutzung der gewonnenen Daten.

– Unternehmen sollten auch die neuen technologischen Möglichkeiten und die damit einhergehende Bereitschaft von Kunden zum Mitmachen auch in anderen Wertschöpfungsstufen wie etwa der Produktion und im After-Sales-Bereich prüfen.

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