Anspruch und Wirklichkeit automobilrelevanter eMarketplaces

eBusiness wurde als erfolgskritische Zukunftstechnologie bejubelt, die auch in der Automobilindustrie kaum einen Stein auf dem anderen lassen sollte. Man sprach von einem B2B Hype. Mittlerweile ist die Euphorie weitestgehend der Ernüchterung gewichen.

Überzogene Erwartungen werden korrigiert. Die Konsolidierungsphase, gekennzeichnet durch einen radikalen Shakeout-Prozess, ist in vollem Gange. Marktplätze mit geringem Transaktionsvolumen müssen ihre Services einstellen. Bis heute ist die Wettbewerbslandschaft der elektronischen Marktplätze wenig transparent. Viele Automobilunternehmen besitzen keine oder nur begrenzte Kenntnis darüber, welche Marktplätze für sie attraktiv und von Relevanz für ihre Geschäftstätigkeit sind.

Welche Marktplätze sind für Automobilunternehmen relevant?

In den letzten Jahren sind elektronische Marktplätze wie Pilze aus dem Boden geschossen. Welche der zahlreichen eBusiness-Anwendungen werden heute in der Automobilbranche bereits erfolgreich angewendet, welchen Stellenwert besitzen diese und wohin wird sich eBusiness in der Automobilindustrie in Zukunft entwickeln? Um das herauszufinden, führte die Cell Consulting AG eine Trendanalyse bei den 200 größten Automobilzulieferern und ausgewählten Automobilherstellern durch. Das Ziel der Studie war es, aktuelle Erfahrungen von eBusiness-Anwendern zusammenzutragen, die derzeitigen Entwicklungsperspektiven darzustellen und daraus Erfolgsfaktoren und alternative Handlungsoptionen für zukünftige eBusiness-Aktivitäten in der Automobilbranche zu entwickeln.

Parallel dazu wurden die wichtigsten elektronischen Marktplätze, die als „Enabler“ und „Accelerator“ für eBusiness in der Automobilbranche angesehen werden können, analysiert. Im Fokus standen die Fragen, welche Marktplätze für die Automobilbranche neben Covisint als dem z.Zt. bekanntesten überhaupt von Relevanz sind, wie sich die aktuelle sowie die zukünftig geplante Nutzung von Marktplätzen aus Sicht der Automobilunternehmen (OEM, Zulieferer) darstellt und wie die heute angebotenen Marktplatz-Funktionen und -Dienstleistungen zu bewerten sind. Ziel dieses Teils der Untersuchung war es, eine Bewertungssystematik für elektronische Marktplätze aufzubauen, die jeweiligen Stärken und Schwächen der untersuchten Marktplätze offenzulegen, Hypothesen über deren zukünftige Entwicklung aufzustellen und aus diesen Ergebnissen Handlungsoptionen für Automobilunternehmen wie für Marktplatzbetreiber zu entwickeln.

Von insgesamt über 120 analysierten Marktplätzen wurden rund 40 Marktplätze als relevant für die Automobilbranche (OEMs, Zulieferer) eingestuft, ihre Funktionalitäten und Services näher bewertet und durch eine Selbstauskunft der Marktplätze ergänzt. Darüber hinaus wurden die wichtigsten elektronischen Marktplätze zu möglichst homogenen Marktplatzsegmenten, die Aussagen über mögliche Nutzungsschwerpunkte aus Sicht der Automobilunternehmen (OEM, Zulieferer) zulassen, geclustert. Das Resultat ist überblickartig in einer eMarktplatz Landkarte zusammengefasst worden.

Es lassen sich grundsätzlich drei Marktplatzsegmente unterscheiden:

• Kern-Marktplätze
• Material-Marktplätze
• Spezial-Marktplätze

eMarktplatz-Landkarte

Kern-Marktplätze sind zu 100% auf die Bedienung der Automobilbranche ausgerichtet. Die über sie abgewickelten Transaktionen basieren meist auf langfristig ausgerichteten Geschäftsbeziehungen mit Rahmenvertragsabkommen, Entwicklungspartnerschaften und dergleichen. Sie bieten tendenziell ein breites Spektrum an Funktionen und Services speziell ausgerichtet auf die Unterstützung der B2B-Aktivitäten zwischen Automobilunternehmen an. Material-Markplätze sind demgegenüber nicht nur – aber eben auch – für Automobilunternehmen von hoher Relevanz. Hier können B2B-Aktivitäten speziell für alle wichtigen Rohstoffe und Materialgruppen der Automobilwirtschaft (Metall, Kunststoff/Chemie, Elektronik) abgewickelt werden. Die Transaktionen sind sowohl durch längerfristige Rahmenabkommen als auch durch Spot-Einkäufe bzw. –Verkäufe gekennzeichnet. Auf Spezial-Marktplätzen werden häufig Leistungen angeboten bzw. nachgefragt, die keinen regelmäßigen/periodischen Verbrauch darstellen. Hierbei handelt es sich vor allem um Anlagegüter und Maschinen- bzw. Fertigungskapazitäten sowie in unregelmäßigen Abständen nachgefragte Services. Generell ist festzustellen, dass die Spezial-Marktplätze mit Standardisierungsproblemen und der Komplexität der über sie gehandelten Güter und Dienstleistungen zu kämpfen haben.

Um eine systematische Bewertung zu gewährleisten, wurde jeder Marktplatz anhand der folgenden sechs Merkmale näher beschrieben und in einem Kurzprofil zusammengefasst:

• Abdeckung der Materialkategorien (MRO, Standard-Produktionsmaterial, Strategisches Produktionsmaterial, Anlagegüter)
• angebotene Kernfunktionen
• angebotene Zusatzfunktionen/-services
• Preismodell
• Marktteilnehmer
• sonstige Merkmale

eMarktplatz-Kurzprofil (sehr groß)

Wie lassen sich die einzelnen Marktplätze bewerten?

Die Komplexität des Beziehungsgeflechts entlang der automobilen Wertschöpfungskette nimmt in Richtung Ursprung bzw. Vorprodukte deutlich zu. Die traditionellen Prozesse zwischen OEMs und Zulieferern sowie insbesondere zwischen Tier 1- und Tier n-Zulieferern sind auch heute noch oft intransparent und ineffizient: Es bestehen hohe „switching costs“ sowie hohe Kommunikationskosten an den Unternehmensschnittstellen. Ferner existieren oft hohe Barrieren durch Diversifikation von Nachrichten- und Datenformaten. Durch die Nutzung geeigneter Marktplätze kann die Steuerung und Koordination der automobilen Wertschöpfungskette deutlich verbessert werden. Dieser Nutzen scheint zunehmend auch von den Automobilunternehmen gesehen zu werden. So geben 70% der befragten OEM und Zulieferer an, bereits Erfahrungen mit der Nutzung elektronischer Marktplätzen gesammelt zu haben. Zwei zentrale Kriterien für die Bewertung automobilrelevanter elektronischer Marktplätze sind die Prozessabdeckung mittels geeigneter und möglichst aufeinander abgestimmter Funktionen und Services entlang der automobilen Wertschöpfungskette sowie der Reifegrad dieser angebotenen Funktionen und Services. Am Beispiel der Kern-Marktplätze wird deutlich, wie weit die einzelnen Betreiber in beiden Dimensionen voneinander abweichen.

Prozessabdeckung/Reifegrad

Zur Prozessabdeckung lässt sich generell festhalten, dass Auktionen, RfQs bzw. Lieferantenanfragetools sowie elektronische Kataloglösungen die am häufigsten abgedeckten Funktionen der Kern-Marktplätze darstellen. Dies deckt sich mit den Angaben der befragten Unternehmen, die genau mit diesen drei Kernfunktionen der Marktplätze die meisten Erfahrungen gesammelt haben. Demgegenüber ist das Angebot zu Supply Chain- und Entwicklungsthemen sowie zu ergänzenden Transport-, Finanz- und Beratungsleistungen bisher deutlich eingeschränkt. Auch handelt es sich generell vielfach um Einzelfunktionen mit geringer oder fehlender Verknüpfung untereinander. Zum Reifegrad der Funktionen ist anzumerken, dass die technischen Möglichkeiten bislang nur wenig ausgereizt werden. Trotz Versprechungen der Marktplatzbetreiber über die Integration von Anwendungsdesign, Marktentwicklungs-, Bedarfsplanungs- und Bestandsverwaltungsmodulen sind einige Applikationen immer noch im Anfangsstadium der Einsetzbarkeit, während die meisten lediglich einen mittleren Reifegrad aufweisen. Dem Nutzer werden im Hinblick auf Online-Auktionsfunktionalitäten und Anfragefunktionen (RfQs) bereits überwiegend reifere Lösungen angeboten. Dagegen sind vor allem eSupply Chain Applikationen und Funktionalitäten zur gemeinsamen Produktentwicklung von OEM und Zulieferer unterentwickelt. Dieser Makel bekommt zusätzliches Gewicht durch unsere Befragungsergebnisse, wonach die meisten Unternehmen den zukünftigen Stellenwert von eSupply Chain Management und gemeinsamen Entwicklungsaktivitäten über Marktplätze am höchsten einstuften. So haben viele B2B-Marktplätze zeitliche Entwicklungsbedarfe zu optimistisch gesehen und funktionale Versprechungen bereits gegeben, bevor mit der Codierung der Systeme überhaupt begonnen wurde. Von der Unterstützung einer internetgestützten Versorgungskette mit Echtzeit-Supply-Chain-Management über multiple Fertigungsstufen der gesamten Automobilbranche sind die Marktplätze daher noch weit entfernt.

Bei der Auswahl geeigneter Marktplätze sollten Automobilunternehmen sieben zentrale Kriterien berücksichtigen:

• Reifegrad des Leistungsspektrums
• Marktstellung des Marktplatzes gemessen in Anzahl der Marktteilnehmer und abgewickelten Transaktionsvolumen (gibt Aufschluss über die Überlebenschance des Marktplatzes und damit über das eigene Investitionsrisiko)
• die Reichweite des Marktplatzes – Deutschland, Europa, weltweit – (Hinweis auf die Möglichkeit zur Erschließung neuer Lieferanten oder Kunden)
• die Möglichkeit zur ERP-Integration im Sinne einer technologischen Anbindung der Marktplatzapplikationen an vorhandene IT-Systeme (zeigt den möglichen Integrationsaufwand auf)
• die durch die angebotenen Funktionen und Services des Marktplatzes realisierte Prozessabdeckung
• die durch den Marktplatz gewährleistete Abdeckung der Materialkategorien (MRO, Standard-Produktionsmaterial, Strategisches Produktionsmaterial, Anlagegüter)
• das Preis- bzw. Geschäftsmodell des Marktplatzes (gibt Hinweise über die Höhe der Nutzungskosten aufgrund des spezifischen Bedarfsprofils eines Automobilunternehmens)

Nach umfassender Analyse lässt sich daraus für jeden Marktplatz eine spezifische Bewertung in Form eines sog. Kompetenz Web erstellen:

Kompetenz Web

Was sollten OEMs und Zulieferer bei der Nutzung der Marktplätze beachten?

Befragt nach den Gründen, die gegen eine Nutzung von Marktplätzen sprechen, haben laut den von uns befragten Unternehmen die hohen Investitionskosten in IT-Strukturen und Prozesse den höchsten Stellenwert. Als weitere wichtige Gründe werden der hohe Kostendruck, Sicherheitsbedenken und das Fehlen geeigneter Marktplätze genannt. Gerade der letztgenannte Grund weist auf noch nicht erfüllte Anforderungen der OEMs und Zulieferer hin.

Wie auch das Kern-Marktplätze Portfolio (Abb. 2) verdeutlicht, existiert bis heute kein ‘Mega’-Marktplatz, der alle Anforderungen von Automobilunternehmen abdeckt. OEMs und Zulieferer sollten daher ihre B2B-Aktivitäten auf mehrere, aber insgesamt wenige Marktplätze ausrichten. Neben Kern-Marktplätzen bieten Material- und Spezial-Marktplätze interessante Nutzungsmöglichkeiten. Ziel jedes Automobilunternehmens sollte es sein, sich ein individuelles, aufeinander abgestimmtes Marktplatz-Portfolio aufzubauen, wobei jeder Marktplatz im Portfolio ganz bestimmte Funktionen und Services bestmöglich abdeckt, die kein anderer in dieser Form bietet. Langfristig sollte man sich auf die Nutzung von oder Beteiligung an nur einem Kern-Marktplatz beschränken und alle wichtigen Geschäftsbeziehungen und strategischen Partnerschaften auf diesem bündeln, um möglichst hohe Synergien mit den Geschäftspartnern zu schöpfen. Die Auswahl des am besten geeigneten Kern-Marktplatzes ist demnach eine strategische Entscheidung und ist sehr sorgfältig vorzubereiten. Die Auswahl von Marktplätzen der anderen Segmente ist weniger strategisch geprägt, weil die Beziehungsintensität zwischen den Marktplatzteilnehmern hier tendenziell deutlich geringer ist. Dennoch sollte auch die Auswahl von Material- und Spezial-Marktplätzen anhand der aufgezeigten Bewertungskriterien vorgenommen werden. Bei der Frage, welche Materialkategorien über Marktplätze abgewickelt werden können und sollen, ist die Verfolgung des klassischen Dreisatzes „erst MRO, dann Standard-Produktionsmaterial, dann Strategisches Produktionsmaterial“ heute nicht mehr zielführend. Marktplätze bieten zunehmend geeignete Funktionen und Services an, mit denen auch Transaktionen für Strategisches Produktionsmaterial abgewickelt werden können. Sich zunächst nur auf MRO zu konzentrieren, kostet Zeit und nicht zuletzt auch Geld in Form von Einkaufspreis- und Prozesskostenreduzierungen, denn die großen Einsparungen durch Nutzung von Marktplätzen sind vor allem im Bereich des Strategischen Produktionsmaterials möglich. Dies wird mittlerweile auch von den Automobilunternehmen so gesehen. Nach eigenen Angaben wollen 70% der befragten Unternehmen zukünftig Standard-Produktionsmaterial und immerhin noch 30% strategisches Produktionsmaterial über Marktplätze abwickeln. Allerdings stellt sich der Erfolg der Marktplatz-Nutzung nicht einfach von selber ein. OEMs und Zulieferer müssen sich darüber im klaren sein, dass die Implementierung und Backend-Integration sowie die Verankerung der neuen Prozesse in der Linie einen gewissen Ressourcen-Aufwand und die Bereitstellung angemessener Budgets erfordert.

In welche Richtung werden sich die automobilen Marktplätze weiterentwickeln?

Die aktuelle Konsolidierungswelle wird sich in drei Schritten weiter fortsetzen:

1. Schließung weiterer Marktplätze
2. Fusionen/Kooperationen von Marktplätzen
3. Bildung von „Mega“-Marktplätzen

Die automobile eMarktplatz Landkarte wird sich in Richtung eines oder mehrerer Mega-Marktplätze verändern.

Marktplätze, die ursprünglich im Wettbewerb miteinander standen, bilden schon heute zunehmend Allianzen (siehe Teil 2: Kann sich Covisint als der automobile Mega-Marktplatz durchsetzen?). Reine Handelsplattformen ohne Value Added Services werden zwar kurz- bis mittelfristig bestehen können, aber langfristig keine eigenständige Rolle mehr spielen. Auch Nischenmarktplätze werden als eigenständige Player in Zukunft verschwinden oder ein Teil von Mega-Marktplatzen werden.

Bisher fehlt es allerdings an tragfähigen Geschäftsmodellen für Mega-Marktplätze. Die Verfügbarkeit von Industriestandards zum Datenaustausch zwischen Marktplätzen, z.B. mittels XML-Technologie, wird darüber bestimmen, wann und wie sich Mega-Marktplätze bilden. Aufgrund des Integrationsaufwandes von B2B-Marktplätzen in ERP-Systeme und den notwendigen Änderungen in der Ablauforganisation von Unternehmen wird sich ein neues Geschäftsfeld herausbilden: „Marketplace-to-Marketplace“ (M2M). Über die M2M-Integration wird für den einzelnen Marktplatznutzer der reibungslose Wechsel zwischen mehreren Handelsplattformen möglich werden. Allerdings hat unsere Marktplatzanalyse ergeben, dass die meisten Funktionalitäten selbst noch nicht ausgereift sind. Demzufolge ist vor einer verfrühten Integration von B2B-Marktplätzen zu warnen. M2M-Integration wird erst an Bedeutung gewinnen, sobald der volle Reifegrad der Marktplatzfunktionen erreicht ist. Damit ist allerdings frühestens im Jahre 2003 zu rechnen.

B2B ist keine Revolution, sondern ein evolutorischer Prozess, der vor allem durch die Entwicklung der Marktplätze selbst entscheidend vorangetrieben und determiniert wird. Für viele Unternehmen ist eProcurement heute die Eintrittskarte in die B2B-Welt. Schließlich lässt sich hier jede Menge Geld sparen. Doch eProcurement ist mehr, nämlich ein Wandlungsprozess, an dessen Ende sich der Einkauf von seinen operativen Aufgaben löst und zu einer strategischen Querschnittsfunktion wird. Mittelfristig ist zu erwarten, dass nahezu der gesamte Beschaffungsvorgang elektronisch abgewickelt wird. Zudem wird die Beschaffung von Strategischem Produktionsmaterial über Marktplätze in den nächsten Jahren stark zunehmen. So sind B2B-Marktplätze keine Add-ons zu bestehenden Geschäftsprozessen, um gelegentlich Einzelaktivitäten vorzunehmen. Sie sind eine grundsätzlich neue Form der Geschäftsabwicklung und der zwischenbetrieblichen Kommunikation, die in weit umfassenderem Maße als EDI das Verhalten und die Ablauforganisation von Unternehmen ändert. OEMs und Zulieferer müssen sich dieser Herausforderungen stellen und selbst agieren bzw. reagieren. „Do nothing“ ist keine Option!

Zur Zeit kämpfen vor allem drei Kern-Marktplätze um die Vormachtstellung als möglicher Mega-Marktplatz: Covisint, SupplyOn und NewtronAutomotive. Abseits dieses Wettbewerbs haben BWM und VW eigene „geschlossene“ Kern-Marktplätze aufgebaut, auf denen sie alle Austauschbeziehungen mit ihren Lieferanten bündeln. Gefragt nach ihrem Stellenwert sind die auch in der Presse am meisten zitierten Kern-Marktplätze Covisint und SupplyOn mit der höchsten Bewertung aus unserer Unternehmensbefragung hervorgegangen. Neben diesem wenig verwunderlichen Ergebnis überraschte die relativ hohe Bewertung des unabhängigen Players NewtronAutomotive. Von den befragten Unternehmen arbeitet circa die Hälfte bereits mit Covisint, ein Fünftel mit SupplyOn und immerhin ein Sechstel mit Newtron Automotive.

Einige Zeichen sprechen derzeit für Covisint als möglichem automobilen Mega-Marktplatz: Zwei der drei Gründungsmitglieder, Ford und General Motors, integrierten im ersten Quartal 2001 ihre eigenen Marktplätze, die im Jahr 2000 bereits einen Umsatz von $1,5 Mrd. durch eProcurement erzielten. In den ersten drei Quartalen des Jahres 2001 wurden über Covisint mehr als $130 Mrd. abgewickelt; OEMs nutzen Covisint sowohl zum Einkauf als auch zum Verkauf von überschüssigen Lagerbeständen. Ford meldet bisherige Einsparungen von über $70 Millionen; General Motors hat über Covisint bereits Rohstoffe und Produktionsmaterial im Wert von $96 Mrd. abgewickelt. Schon in 2000 führte DaimlerChrysler als drittes Gründungsmitglied 30 Online-Bidding-Events über Covisint durch (500 Teile und Dienstleistungen im Wert von 220 Mill. Euro). Im Mai 2001 hat DaimlerChrylser die nach eigenen Erkenntnissen größte Online-Auktion auf einem Internet-Marktplatz über Covisint veranstaltet. Das Gesamtvergabevolumen der Auktion lag bei einer Größenordnung von 3,5 Mrd. Euro. Insgesamt wurden an vier Tagen 1.200 Teile in 80 Kombinationen mit einem Einzelwert von bis zu 2 Mrd. Euro verhandelt. (Keine Standardteile, sondern strategisches Produktionsmaterial).

Nach Renault, Nissan und Toyota schloss sich zuletzt im Mai 2001 der Hersteller PSA Peugeot Citroën der Plattform an. Neben den Herstellern versicherte laut Covisint auch rund ein Drittel der 150 größten Automobil-Lieferanten dem Online-Marktplatz beizutreten, weitere 30 stehen vor der Unterschrift. Zudem hostet Covisint u.a. das Delphi-Portal mit über 5.000 Zulieferern und dringt dadurch mit Erfolg auf die Tier 2-n Ebene vor. Sollte sich dieser Trend weiter fortsetzen, könnte Covisint über die Hälfte der Top-Lieferanten für sich gewinnen. Dies könnte ein Signal für den Großteil der nachgelagerten Lieferanten sein, die dann nachziehen dürften.

Zum weiteren Ausbau der Vormachtstellung verfolgt Covisint eine Strategie des externen Wachstums durch verstärkte Kooperationen mit Material- und Spezial-Marktplätzen (z.B. mit Econia, e-STEEL und Surplex). Mit dieser Strategie deckt Covisint ein größeres Leistungsspektrum glaubhaft ab und hat die Chance, sich als „One-Stop-Shopping“-Anbieter zu etablieren. Zusätzlich wird diese Strategie durch die Integration etablierter Softwareprodukte unterstützt. So setzt Covisint z.B. MatrixOne als Collaborative Development Tool ein, das auch von mehr als 80 großen Automobilunternehmen bevorzugt wird. Auch die integrierte Supply-Chain-Software „i-Supply“ des Anbieters SupplySolution trägt dazu bei, dass weitere Zulieferer ohne größere Probleme mit Covisint arbeiten können.

Durch den Schritt nach Asien – Covisint ist seit Juli 2001 auch in Japan vertreten – wird die globale Expansion verstärkt. Dagegen mutet es ein wenig seltsam an, dass man bis dato nicht in Deutschland als wichtigstem Automobilstandort in Europa mit einer eigenen Niederlassung vertreten ist. Durch diesen Makel ist die Attraktivität von Covisint aus Sicht deutscher OEMs und Zulieferer zumindest eingeschränkt.

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