Application Service Providing – Software auf Abruf

Warum ein Taxi kaufen, wenn man es mieten kann? Genauso fragt der IT-Gigant HP, warum man sich noch Applikationen kauft, wenn man diese preisgünstiger mieten kann. ASP heißt die Abkürzung, die einen Wandel in der IT-Branche einleiten soll.

Die Idee hinter ASP (Application Service Providing) ist nicht grundlegend neu, denn bereits in den 70er und 80er Jahren gab es Unternehmen, die mit so genannten „Time-Sharing-Services“, den kleinen und mittleren Unternehmen Rechner und Applikationen zur Verfügung stellten. Dennoch besitzt ASP heute wesentlich mehr Potential. Vor allem branchenspezifische Anwendungen werden im Netz gemietet, um sich teure Investitionen in IT-Strukturen und Know-how zu sparen. Auch jetzt sind es wieder vor allem kleine und mittlere Unternehmen, für die ASP eine Alternative zum Kauf von Anwendungen darstellen kann.
Application Service Provider bieten Anwendern Zugang zu Software-Applikationen, die in einem leistungsfähigen, sicheren und hoch verfügbaren Rechenzentrum (Internet-Data-Center) abgelegt sind. Im Gegensatz zu herkömmlichen Unternehmen verkaufen ASPs Anwendungen wie Office-Pakete oder Betriebssysteme nicht an ihre Kunden, sondern vermieten ihre Produkte gegen eine Gebühr. Die Anwendungen werden auf einem zentralen Server zur Verfügung gestellt und von Unternehmen oder auch von Endanwendern über das Internet oder Virtual Private Networks abgerufen.

Die Marktprognosen
Das Potential von ASP ist offenbar enorm: Glaubt man einer Untersuchung von Dataquest, dann wird der weltweite ASP-Markt in diesem Jahr noch Umsätze in Höhe von 3,2 Milliarden DM erwirtschaften. Das weltweite Wachstum wird auf über 90% geschätzt, wodurch bereits in drei Jahren 23 Milliarden DM durch Application Service Providing umgesetzt werden. Wie schon so oft, kommen die meisten „Early Adopters“ aus den USA. Deutschland liegt laut Forrester von der Marktentwicklung etwa zwei Jahre hinter den USA zurück. Während in den USA bereits fast 80% der Unternehmen ASP-Angebote in irgendeiner Form in Anspruch nehmen, sind es hierzulande gerade einmal 5%. So werden in Deutschland für dieses Jahr laut Dataquest Umsätze in Höhe von 300 Millionen DM erwartet. Bis 2003 soll sich dieser Betrag auf 2,4 Milliarden DM erhöhen. Dabei machen klein- und mittelständische Unternehmen 70% des Marktvolumens aus. Vorreiter bei den Auslagerungen von Software sind laut Forrester Anwendungen des eCommerce wie Transaktionen, Zahlungen und Sicherheit. ASP stellt damit ein zentrales Element bei der Ausweitung des eCommerce und bei der Etablierung von vollintegrierten Internet-Business-Unternehmen dar.

Gründe für den Einsatz von ASP
Vor allem KMUs mit nur geringen Personalressourcen sowie junge Internet Start-ups stellen die Hauptzielgruppe der Angebote von Application-Service-Providern dar. Dabei dürfte der Grundgedanke spätestens seit der Hewlett-Packard-Werbekampagne klar sein „Wenn Sie zum Bahnhof gefahren werden wollen, kaufen Sie kein Taxi – sondern Sie mieten es. Warum machen Sie das eigentlich mit Ihren IT-Anwendungen anders?“ Die Gründe für den Einsatz von ASP liegen auf der Hand: So erwarten laut Forrester 69% der DV-Entscheider tiefgreifende Kosten- und Zeitersparnisse, 58% hoffen auf geringere IT-Administration, während 52% eine schnellere Einführung neuer Anwendungen durch ASP für wahrscheinlich halten. Kosteneinsparungen sollen sich vor allem dadurch einstellen, dass im Gegensatz zum herkömmlichen Outsourcing der Auftraggeber keine Softwarelizenzen mehr kaufen muss. Die Lizenzrechte kauft der Application Service Provider, die Kunden bezahlen lediglich für die Benutzung der Programme. Darin enthalten sind sowohl die Lizenzkosten, Gebühren für Rechner-, Platten und Netzwerkkapazitäten als auch Wartungs- und Supportkosten. Die Bezahlung der Applikationen erfolgt in der Regel nach zwei unterschiedlichen Modellen: Entweder erfolgt eine Bezahlung der in Anspruch genommenen Applikationsservices nach Transaktionen oder es wird eine monatlicher Gebühr je Nutzer entrichtet. Auf den ersten Blick mögen einige Softwareprogramme, die beim ASP gemietet werden teuer erscheinen. Wenn man jedoch nicht allein die Lizenzgebühren sondern die Gesamtkosten (TCO), welche auch die Aufwendungen für Endanwender-Support sowie die Ausgaben für immer wieder auftretende Fehlerbeseitigung berücksichtigt, eröffnet sich das gesamte Einsparungspotential. Forrester geht davon aus, dass etwa 30% des IT-Budgets eines Unternehmens durch Application Service Providing eingespart werden kann. ASPs unterstützen dabei vielfältige Services. Anfangen von den klassischen Leistungen eines ISPs mit logischen und physikalischen Verbindungsservices, über die Bereitstellung von Hard- und Software sowie Applications on Demand bis hin zu End-Services wie Customizing und System Integration.

ASP-Initiative
Um auch in Deutschland und Europa das Mieten von Software-Anwendungen über das Internet zu etablieren, haben sich nach dem Vorbild des amerikanischen ASP Industry Consortiums namhafte Unternehmen zu einem Application Service Provider Verband zusammengeschlossen. Sie wollen Erfahrungen austauschen und gemeinsam technische Standards etwa für Abrechnungen, den Zugang zu Anwendungsservern oder für Sicherheitsfragen etablieren. Zu den Gründungsmitgliedern gehören unter anderem die deutschen Niederlassungen von Citrix, Cisco, Compaq, Sun, UUNet sowie die Deutsche Telekom und Nortel DASA. Um die Ziele des ASP-Verbands in der Öffentlichkeit stärker zu verbreiten, wird das Konsortium in Kürze über einen eigenen Webauftritt allen am ASP-Modell interessierten Unternehmen eine Informationsplattform bieten.

Die Vorteile von ASP
Bei ASP werden Applikationen dem Client nur temporär für den aktuellen Bedarf angeboten und berechnet. Da die Applikationen outgesourct laufen, sind die benötigten eigenen Personal- und Rechnerressourcen im IT-Bereich viel geringer. Dadurch sinken auch die TCOs. Die Investitionsplanung wird gleichzeitig transparenter, da unverhoffte Anschaffungskosten auf ein Minimum reduziert werden können. Bei größeren ASPs stellt auch das Wachstum des eigenen Unternehmens kein Hindernis dar, weil die IT-Infrastruktur relativ einfach skaliert werden kann. Da die Applikationen über das Internet abgerufen werden, ist der Anwender nicht mehr auf seinen speziellen Arbeitsplatz beschränkt sondern besitzt weltweiten Zugriff, wodurch er wesentlich flexibler wird.
Insgesamt bleibt zu beachten, dass besonders kleine Unternehmen sich durch die Nutzung von ASP stärker auf die eigenen Kernkompetenzen konzentrieren können. Gleichzeitig können KMUs IT-Anwendungen einsetzten, die sonst nur aufgrund der Anschaffungskosten großen Unternehmen vorbehalten waren.

Die Risiken von ASP
Die Risiken des Application Service Providing liegen primär darin, dass das Modell noch recht neu ist und noch einige unbekannte Größen birgt. Hier empfiehlt es sich für deutsche ASPs möglicherweise den Blick über den großen Teich zu werfen und von den amerikanischen Vorreitern zu lernen. Da sich der Markt noch in der Entstehungsphase befindet, scheinen auch die Abrechnungsmodelle teilweise noch nicht völlig ausgereift zu sein. Mitunter sind die Tarifstrukturen schwer verständlich (Zeit-/Transaktionsabhängig) und einige Anbieter offerieren nur ausweichende SLAs. In so genannten Service Level Agreements (SLA) sichert der Application Service Provider eine bestimmte Verfügbarkeit bzw. Leistungsfähigkeit des eigenen Systems vertraglich zu. Die schriftliche Niederlegung der SLAs ist ein notwendiger Bestandteil einer jeden ASP-Vereinbarung. Die garantierte Server-Uptime sollte über 99,5% liegen.

Es gibt vier zentrale Fragen, die man sich vor der Entscheidung für oder gegen ASP stellen sollte

 • Senkt ein ASP die TCO (Gesamtkosten)?
 • Ist die ASP-Lösung zuverlässiger und einfacher als das eigene System?
 • Kann der ASP die Daten sicher verwalten?
 • Kann der ASP mit dem Wachstum meines Unternehmens mithalten und neue Business-Applikationen liefern?

Wenn dann die Entscheidung zu Gunsten eines ASP gefallen ist, kann eine Checkliste dabei behilflich sein, die richtige Wahl zu treffen. Hierzu einige grundlegende Aspekte:

Die ASP-Checkliste
 • Werden SLAs garantiert?
 • Wenn ja, wie hoch ist die garantierte Server Uptime?
 • Welche Vertragsstrafen sind beim Ausfall des Systems vereinbart?
 • Besitzt der ASP redundante Speicher und Bandbreite, die bei Bedarf zugeschaltet werden können?
 • Wie sehen die Sicherheitsvorkehrungen im Data-Center aus?
 • Welche Zugangsmöglichkeiten bietet der ASP? Aufbau von Virtual Private Networks? Dial-up Verbindungen oder via Wide Area Networks (WAN)
 • Müssen sie einen bestimmten Netzwerk-Provider für die Einwahl verwenden bzw. ist die Zugangswahl beschränkt?
 • Besitzt der ASP einen Notfall-Plan für unerwarteten Webtraffic?
 • Wie lang dauert es bis der ASP-Service zur Verfügung steht bzw. die Applikationen eingerichtet werden können?
 • Besitzt der ASP sein eigenes Data-Center oder werden die Daten outgesourced?
 • Bietet der ASP die Nutzung der Applikationen weltweit an? Besitzt er mehrere Data Center?
 • Wie oft führt der ASP ein Daten-Backup durch und auf welchem Medium?
 • Gibt es ein Load Balancing (Lastverteilung)?
 • Wie sieht es mit den User Support (24h Verfügbarkeit) aus?
 • Wie ist das Wechseln von Applikationen geregelt? Stellt ein schnelles Wachstum kein Problem dar?
 • Falls Sie sich einmal gegen den ASP entscheiden, ist es möglich die Applikationen mit in die In-House-Lösung zu nehmen?
 • Wie werden neue User eingebunden? Wie hoch sind die Kosten für die Einbindung?
 • Wie sieht das Sicherheits-Management (Firewall, Verschlüsselung, Authentifikation) des ASP aus?

Dieser Artikel erschien am und wurde am aktualisiert.
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