Banken und Versicherungen – wie steht es um den Service im Netz?

Personalisierte Webseiten, virtuelles Geld oder Wap-Dienste: die Kunden erwarten viel von den Angeboten der Banken und Versicherungen im Internet. Aber wie sieht es mit dem Service aus, der gegenwärtig tatsächlich online geboten wird? Angebots- und Serviceschwächen sind die Achillesferse der Finanzdienstleister im Kampf um die Online-Hoheit.

90 Prozent der Finanzdienstleister nutzen bei ihrem Internetauftritt die Möglichkeiten des Mediums kaum aus. Die virtuellen Filialen beschränken sich in der Mehrzahl auf Angebote, mit dem einfache Kundenanforderungen im Tagesgeschäft abgedeckt werden. Diese Angebots- und Serviceschwächen sind die Achillesferse der Finanzdienstleister im Kampf um die Online-Hoheit über die rund zehn Millionen Kunden in der virtuellen Welt. Die Trendsetter im Internet preschen bereits mit personalisierten Webseiten (Bank Austria, Credit Suisse, Deutsche Bank), virtuellem Geld (zum Beispiel Commerzbank, Westdeutsche Landesbank, Sparkassenversicherung) oder Informationsdiensten für Handy-Besitzer (zum Beispiel Bank Austria, Credit Suisse) voraus. Dies hat eine umfangreiche Untersuchung der Internetauftritte der jeweils 50 größten Kreditinstitute und Versicherungen im deutschsprachigen Raum durch die Mummert + Partner Unternehmensberatung ergeben.

Service- und Produktangebot

Die Finanzdienstleister sind mit einem engen Serviceangebot im Internet vertreten. Als wichtigste Anwendung für die Kreditinstitute haben sich die Abfrage von Kontoumsätzen (68 Prozent der Gesellschaften) und der Kontostände (66 Prozent) durchgesetzt. Einfache Überweisungsaufträge nehmen 62 Prozent der Banken online entgegen. Weitaus seltener ist es möglich, Sorten und Devisen anzufordern (34 Prozent), Schecks (30 Prozent) oder eine Scheckkarte (28 Prozent) zu bestellen. Der Online-Kunden muss damit immer noch öfter als nötig die Filiale in der realen Welt aufsuchen, obwohl diese Serviceleistungen technisch realisierbar wären.

Im Wertpapiergeschäft sind die Kursabfrage (61 Prozent), allgemeine Wertpapierinformationen (61 Prozent) und die Depotübersicht (57 Prozent) die üblichsten Angebote. Nur jede zweite Bank oder Sparkasse lässt den Kauf und Verkauf von Wertpapieren zu. Watch Lists (27 Prozent), real time-Kurse (26 Prozent), der weltweite Handel (25 Prozent) oder Informationen auf das Handy (4 Prozent) gibt es für Anleger nur bei den Service- Spitzenreitern. Am umfassendsten wird der Kunde bei dem Discount Broker Consors und der Schweizer Credit Suisse bedient.

Auch die Versicherungen verfügen lediglich über ein beschränktes Angebot im Internet. Sie konzentrieren sich auf Produktbeschreibungen. So gibt es zum Beispiel bei 78 Prozent der untersuchten Internetauftritte nur Beschreibungen zur Privat-Kfz-Haftpflichtversicherung. Einen Tarifrechner bietet nur jede zehnte Gesellschaft an, den Online-Abschluss eine Minderheit von 5 Prozent. Diese unbefriedigende Servicesituation gilt gleichermaßen für andere Haftpflichtversicherungen, Sach-, Unfall- und Rechtschutzversicherungen. Gewerbetreibende und Firmen finden wesentlich seltener Produktinformationen; Tarifrechner und Online-Abschluss gibt es für diese Klientel nicht.

Informationsmaterial wird von 87 Prozent der Versicherungen per Post zugestellt; nur jede dritte Gesellschaft bietet das Herunterladen der Broschüren auf den heimischen Computer an – dies widerspricht deutlich der Internetphilosophie, Informationen in Sekundenschnelle verfügbar zu machen. Immerhin: Bei nahezu 60 Prozent der Kompositversicherer ist eine Schadenmeldung über das Internet möglich. Eine Grüne Versicherungskarte haben lediglich 18 Prozent der Gesellschaften im Programm.

Auffällig ist die starke Präsenz von Allfinanzprodukten auf den Internetseiten der Versicherungen. 43 Prozent der untersuchten Unternehmen bieten Baufinanzierungen, Vermögensmanagement oder Bankprodukte an. 38 Prozent offerieren Bausparverträge.

Sicherheit auf den Internetseiten der Finanzdienstleister

Die Furcht vor Datenmissbrauch bremst die Geschäfte der Kreditinstute und Versicherer im Internet. Jeder zweite Computerbesitzer mit Internet zugang meidet deshalb Onlinegeschäfte. Trotz der Empfehlung des Zentralen Kreditausschusses (ZKA) 1998 wird das Internet-Banking erst bei 20 Prozent der Kreditinstitute über den HBCI-Standard abgewickelt. Zu den Vorreitern bei diesem Sicherheitsstandard gehören unter anderem die Advance Bank, die BfG, die Dresdner Bank, die Hamburger Sparkasse und die HypoVereinsbank. 66 Prozent der Banken und Sparkassen bieten das ihren Kunden umständliche PIN/TAN-Verfahren an. Bei Zahlverfahren haben sich die Kreditinstitute nicht auf einen einheitlichen Standard einigen können. 10 Prozent der Institute (zum Beispiel Commerzbank, DG- Bank, SGZ) unterstützen das SET-Verfahren, bei dem über ein Public Key/Private Key-Verfahren Transaktionssicherheit gewährleistet wird. Kreditkartenzahlungen mit dem Verschlüsselungsverfahren SSL bieten vier Gesellschaften an, darunter die Postbank und die Westdeutsche Landesbank. Internetgestützte Bezahlverfahren für Kleinstbeträge – so genannte Micropaymentverfahren – bietet nur die Stadtsparkasse Köln an. Die größte Bandbreite an Sicherheitstechnologie beziehungsweise an abgesicherten Transaktionsverfahren bietet die Stadtsparkasse Köln. Sie hält für ihre Kunden fünf unterschiedliche Systeme im Internet bereit. Vier Standards sind bei der Commerzbank, der Landesbank Sachsen, der Postbank und der Schweizer UBS verfügbar. Dieses Quintett der Kreditinstitute ist Marktführer in Sachen sicherer Transaktionen.

Obgleich Zahlverfahren nicht die Kernkompetenz von Versicherungen sind, können bei 15 Prozent der Gesellschaften in Anspruch genommene Dienstleistungen – wie zum Beispiel die Ermittlung des Gebrauchtwagen wertes – mit Telecash bezahlt werden. Das virtuelle Geld wird unter anderem akzeptiert von einzelnen Provinzial-Versicherungen, der Sparkassenversicherung und dem Bayerischen Versicherungsverband. Das PIN/TAN- Verfahren wird lediglich von der Hermes Kreditversicherung eingesetzt.

Verbraucherschutz

Unter den Kreditinstituten schneiden die Direktbanken beim Verbraucherschutz am besten ab. Vorbildlich ist die Comdirect Bank. Auch wenn diese Einzelengagements den Durchschnitt noch heben, zeigt die Branche beim Verbraucherschutz im Internet noch deutliche Schwächen. Nur 6 Prozent der Gesellschaften verweisen auf das Verbraucherkreditgesetz (Verbr. KG) beziehungsweise auf die Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB). Auf datenschutzrechtliche Bestimmungen wird lediglich bei jedem dritten Kreditinstitut verwiesen. Informationen über die Risiken des Wertpapierhandels beim Online-Banking (OP) bieten nur 15 Prozent der Institute. Der Verweis auf das Wertpapierhandelsgesetz (WpHG) fehlt bei 90 Prozent der Banken und Sparkassen, der Hinweis auf Widerruf abgeschlossener Geschäfte bei allen Kreditinstituten. Die Übermittlung von persönlichen Daten außerhalb der klassischen Banktransaktionen wird von nur 41 Prozent der Gesellschaften geschützt.

Noch schlechtere Leistungen beim Verbraucherschutz zeigen die Versicherungen: Nur jedes dritte Unternehmen verweist auf den Datenschutz, jedes fünfte auf die AGBs. Als jeweils einzige Versicherung hat die Tela Versicherung einen Hinweis auf Widerruf bei Online-Produkten (OP) und die Aachener und Münchener auf die VerbKG (AOP).

Preisnachlässe im Internet

Jedes dritte Kreditinstitut wirbt mit günstigeren Preisen für ihre Dienstleistung im Internet. Dies beschränkt sich allerdings auf Preisnachlässe bei Girokonten und auf den Wertpapierhandel. Bei den Versicherungen bietet nahezu kein Unternehmen einen Preisnachlass, wenn die Antragstellung über das Internet erfolgt. Die DBV-Winterthur bietet dies zum Beispiel nur auf ihrer com-Adresse an. Dem Verbraucher ist es damit schon heute möglich, im Internet günstiger als in der Filiale oder beim Außendienst die Leistungen von Finanzdienstleistern einzukaufen – allerdings nur bei intensiver Recherche.

Service im Internet
Eine Email-Adresse für Kundenfragen haben rund 96 Prozent der Kreditinstitute. Einen Medienbruch nehmen 84 Prozent der Gesellschaften in Kauf und nennen eine Telefon- oder Telefaxnummer. 31Prozent verzichten auf den direkten Beraterkontakt. Emails mit bankfachlichen Fragen werden lediglich von jedem sechsten Kreditinstitut detailliert beantwortet. Besonders positiv fielen hier die schweizerische UBS, die Südwestbank und die Stadtsparkasse Köln auf. 60 Prozent der Antworten waren hingegen sachlich falsch, vertröstend oder ohne Bezug zur ursprünglich gestellten Frage. Hier besteht erheblicher Nachholbedarf.

Wesentlich offener für Kundenanfragen aus dem Internet sind Versicherungen. Nahezu alle Gesellschaften bieten den Kontakt via Email an. Die Antworten sind bei jeder vierten Gesellschaft konkret und detailliert; etwa jeder zweite Versicherer beantwortete die gestellte Frage nicht. Sehr oft verweisen die Versicherungen auf den Außendienst oder kündigen eine Zustellung von Broschüren per Post an.

Die Trendsetter in der Finanzdienstleistungsbranche

Einen personalisierten Webauftritt, bei dem sich die Kunden die Internetseite nach ihren persönlichen Wünschen zusammenstellen, bieten die Bank Austria, Credit Suisse und die Deutsche Bank. Auf der Basis der persönlichen Daten gibt es eine individuelle Beratung, zahlreiche Anlage-Tipps und regelmäßig einen Newsletter. Darüber hinaus bieten die Bank Austria und Credit Suisse Handy-Nutzern an, sich über Kontostände und Börsenkurse informieren zu lassen. Bei den Börseninformation können die Interessenten wählen, ob sie laufend, abends oder bei einer Limitüberschreitung informiert werden wollen. Den gleichen Service gibt es auch per Email. Dadurch gelingt es den Instituten, eine an Finanzgeschäften stark interessierte und technologie-afine Kundschaft an sich zu binden. Jede sechste Bank setzt bereits Audio- und Video-Angebote ein, um sich vom Wettbewerb abzuheben.

Einzelne Unternehmen der Versicherungsbranche setzen ebenfalls auf Newsletter (zum Beispiel Hermes Kredit, ARAG Rechtsschutz, AXA Colonia). Die Branche schöpft jedoch weitaus weniger progressiv die technischen Möglichkeiten aus wie die marktführenden Banken. Immerhin können Kunden bereits bei jeder siebten Gesellschaft online Versicherungsanträge stellen, eine Versorgungslücke oder die Hausratsumme berechnen.

Infolge des raschen Wachstums werden bereits im kommenden Jahr rund 30 Prozent der Erträge im Privatkundengeschäft der Banken über Internetbanking erzielt, prognostiziert Mummert + Partner. Etwa jeder dritte Kunde interessiert sich dafür, seine Bankgeschäfte von zu Hause aus in der virtuellen Filiale zu erledigen. Tendenz: weiter steigend. Klassische Faktoren bei der Auswahl der Bank wie die regionale Nähe oder die Bindung an bestimmte Kundenbetreuer gibt es im Internet nicht. Hier können sich konkurrierende Kreditinstitute nur über Preis und Service vom Wettbewerb abheben. Die Service-Spitzenreiter unter den Banken und Sparkassen zeigen, wohin der Weg geht. An diesem Trend können sich auch die Versicherungsgesellschaften orientieren. Nach einer Schätzung von Mummert + Partner wird sich der Anteil des Direktvertriebs am Versicherungsgeschäft bis zum Jahr 2010 mit 8 Prozent nahezu verdoppeln. Im Gegensatz zu den Kreditinstituten wird allerdings die wesentliche Herausforderung nicht darin bestehen, den Kunden im Tagesgeschäft an sich zu binden. In den USA sind bereits „Insurance Malls“ entstanden, auf denen die Versicherungen ihre virtuelle Filiale eröffnen. Die Kunden flanieren von Versicherer zu Versicherer und können somit von zu Hause aus sich einen umfassenden Marktüberblick verschaffen. Wettbewerbsentscheidend werden hier niedrige Preise, eine überzeugende Kundenansprache auf den eigenen Internetseiten und Serviceangebote mit hohem Nutzwert für den Versicherten – insbesondere für den Schadenfall – sein.

Dieser Artikel erschien am und wurde am aktualisiert.
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