Breitband: Anspruch und Wirklichkeit

Bei der Breitbandversorgung Europas scheinen Anspruch und Realität spürbar auseinanderzuklaffen. Um das Ziel 2014, die Versorgung von drei Viertel aller Haushalte mit mindestens 50 Mbit/s, zu erfüllen, ist das Investitionsvolumen in Deutschland noch zu niedrig, aber auch in vielen unserer Nachbarländer sieht es nicht besser aus. Besonders groß ist immer noch der Unterschied zwischen Ballungsräumen und ländlichen Gebieten. Damit diese nicht noch weiter zurückfallen, müssen Wege gefunden werden, wie der Infrastrukturausbau im wettbewerblichen Marktumfeld vorankommen kann.

Breitbandinfrastruktur

Bei der Breitbandinfrastruktur klaffen Anspruch und Wirklichkeit spürbar auseinander.
Gemessen an den ambitionierten politischen Ausbauzielen – z.B. soll in Deutschland bis 2014 drei Viertel aller Haushalte ein Anschluss mit mindestens 50 Mbit/s angeboten werden – ist das Investitionsvolumen noch zu niedrig. Somit müssen Wege ausgelotet werden, wie der Infrastrukturausbau im wettbewerblichen Marktumfeld vorankommen kann. Dabei geht es auch darum, dass die hinsichtlich anderer Infrastrukturbereiche ebenfalls schwach ausgestatteten ländlichen Gebiete nicht weiter zurückfallen.

Bei Geschäftsmodell und Finanzierung gibt es keine Standardlösung.
Die in der Praxis anzutreffenden Optionen zur Finanzierung von Infrastrukturprojekten sind äußerst vielfältig und unterscheiden sich in der Trägerschaft des unternehmerischen Projektrisikos und der Kapitalstruktur deutlich voneinander.

Kostenstruktur in Ballungsräumen und ländlichen Gebieten mit wesentlichen Unterschieden.
Die Diskussion um den Breitbandausbau trennt allzu oft nur unzureichend zwischen den Herausforderungen der Versorgung der ländlichen weißen Flecken und denen der Erhöhung der Bandbreite bereits bestehender Netze. Diese führen bei Ausbau- und Aufbauprojekten zu unterschiedlichen Geschäftsmodellen und Entwicklungsgeschwindigkeiten.

In Ballungsräumen entstehen schon heute moderne Netze.
Dementgegen wird der Breitbandausbau in ländlichen weißen Flecken ohne Förderprogramme für privatwirtschaftliche Investoren absehbar nicht vorankommen. Hier sollte sich die öffentliche Hand um die Bündelung kleinteiliger Projekte bemühen und Risikopartnerschaften eingehen.

Öffentliche Hand sollte Projekte auch abseits der Fördertöpfe unterstützen.
Damit die Telekommunikation vorankommt, braucht es neben den Fördertöpfen ebenfalls die Bündelung von Projekten, Risikopartnerschaften, realistische Ausbauziele, verbesserte Markttransparenz, neue digitale Dienste und einen ordnungspolitischen Rahmen, der Investitionsanreize im Wettbewerb stärkt.

Auf ordnungspolitischen Rahmen, Markttransparenz und Risikopartnerschaften kommt es an

Moderne Kommunikationsnetze sind ein zentraler Faktor im internationalen und regionalen Standortwettbewerb. So wird nach Schätzungen der OECD die Breitbandkommunikation bis 2011 ein Drittel zum Produktivitätszuwachs der hochentwickelten Länder beitragen. Heute schon ist zu beobachten, dass die Unternehmen weltweit neue Online-Geschäftsmodelle und Kommunikationsformen anwenden. Aber auch im privaten Umfeld gewinnen beispielsweise interaktive Web 2.0-Dienste, soziale Netzwerke, Online-Spiele und das Internet-Fernsehen immer mehr Zuspruch. All diese „Hyper-connectivity-Dienste im dienstlichen und privaten Umfeld heizen den Datenhunger an. So beförderte beispielsweise Jakob Nielsen mit seinem 1998 formulierten Nielsen-„Gesetz“ die Erwartung, dass die Geschwindigkeit, mit der die Nutzer auf das Internet zugreifen, auch künftig um durchschnittlich 50% p.a. steigen wird. Die Schätzungen sprechen davon, dass sich das IP-Daten-Volumen zwischen 2008 und 2013 weltweit verfünffachen und dann 700 Exa-Byte p.a. (1 Exa-Byte = 1018 Bytes = 1 Mrd. Giga-Byte) erreichen dürfte; also eine Datenmenge, die der Speicherkapazität von 200 Mrd. DVDs entspricht. Damit treiben die neuen Dienste zwar die Volkswirtschaft voran, lasten aber auch wegen ihres ständig steigenden Kapazitätsbedarfs die vorhandene Infrastruktur des Festnetzes und des Mobilfunks immer weiter aus.

Trotz dieses Wissens um den Stellenwert der Breitbandversorgung klaffen in vielen Ländern Anspruch und Wirklichkeit bei der Kommunikationsinfrastruktur weit auseinander. Vor dem Hintergrund der ambitionierten politischen Breitbandziele ist die Investitionsneigung noch zu gering – auch angesichts weiter schrumpfender Erträge im traditionellen Telekommunikationsgeschäft. Da in einigen Ländern die öffentliche Hand allein schon aus rechtlichen Gründen nur sehr bedingt als Investor auftreten kann, muss es nun darum gehen, Wege auszuloten, über die Breitbandprojekte im wettbewerblichen Umfeld vorankommen können.

In Europa ist Glasfaser rar

Weltweit ist die Breitbandversorgung sehr unterschiedlich. So konnten in Europa bis Mitte 2009 lediglich 2 Mio. Teilnehmer über Glasfaser (FTTH, Fibre-To-The-Home) auf das Internet zugreifen; in Nordamerika waren es dagegen 7 Mio. Nutzer, im asiatisch-pazifischen Raum sogar 38 Mio.. Bis 2014 dürften weltweit mehr als 100 Mio. Haushalte über FTTH verfügen – davon gut 80 Mio. im asiatisch-pazifischen Raum.

Damit liegt Europa bei der Breitbandversorgung – z.B. in der Betrachtung pro Haushalt – deutlich hinter anderen großen Wirtschaftsräumen. Dies zeigt sich beispielsweise auch daran, dass heute immer noch mehr als 1 Mio. Deutsche nur sehr eingeschränkt das Internet nutzen können – speziell in den auch bezüglich anderer Infrastrukturen schwach ausgestatteten ländlichen Gebieten. Diese eingeschränkte Nutzung ist darauf zurückzuführen, dass den Betroffenen überhaupt kein Anschluss zur Verfügung gestellt werden kann, der eine Übertragungsgeschwindigkeit von mindestens 2 Mbit/s bietet – einer Minimalanforderung für den benutzerfreundlichen Zugang zu vielen modernen Breitband-Internet-Diensten.

Das schnelle Glasfasernetz bis an den Endkunden heran bieten in Deutschland bislang nur wenige City-Carrier und Stadtwerke (z.B. in Köln, München, Schwerte und Norderstedt) an. Die deutsche Bundesregierung will nun erreichen, dass bis 2014 drei Viertel aller Haushalte ein Anschluss mit mindestens 50 Mbit/s angeboten wird – also eine Geschwindigkeit, die um das 10-Fache höher liegt, als die des heute üblichen DSL-Anschlusses. Ihre Breitbandstrategie hat die Bundesregierung in 4 Maßnahmenbündel (Nutzung von Synergien im Infrastrukturausbau, unterstützende Frequenzpolitik, Förderung einer innovationsfreundlichen Regulierung, Bereitstellung von finanzieller Förderung) untergliedert. Nach Schätzungen des Wissenschaftlichen Instituts für Infrastruktur und Kommunikationsdienste, WIK, dürfte der Aus- und Aufbau des Breitbandnetzes in Deutschland in der konservativen Variante EUR 40 Mrd. und in der zukunftsweisenden Variante bis zu EUR 120 Mrd. kosten. Als Anschubfinanzierung steuert die öffentliche Hand über verschiedene Fördertöpfe maximal 1% des Investitionsvolumens bei. Da diese Gelder über die Kommunen beantragt werden, fällt diesen in der Breitbandstrategie des Bundes eine neue wichtige Aufgabe zu.

Projektziele klar trennen

Die weltweiten Diskussionen um Breitbandprojekte trennen allzu oft nur unzureichend zwischen den Herausforderungen der Anbindung von unversorgten ländlichen weißen Flecken und denen der Erhöhung der Bandbreite bestehender Netze (z.B. mit dem Übergang vom Kupferkabel zum Glasfaser). Diese Differenzierung ist wichtig, weil die unterschiedlichen Herausforderungen der Ausbau- und Aufbauprojekte zu unterschiedlichen Geschäftsmodellen und damit auch zu unterschiedlichen Finanzierungsmöglichkeiten führen. So gehen Ausbauprojekte, die auf die Erhöhung der verfügbaren Bandbreite zielen, üblicherweise auf die Initiative bereits im Markt aktiver Netzbetreiber mit einem existierenden Geschäftsmodell und laufenden Einnahmen zurück. Auf Grundlage dieses laufenden Geschäfts erfolgt dann eine Machbarkeitsprüfung zur Finanzierung des geplanten Ausbauprojekts. Falls dabei die Einnahmen aus dem laufenden Geschäft zusätzlich als Sicherheit für das veranschlagte Investitionsvolumen herangezogen werden können, reduziert dies nochmals das Finanzierungsrisiko.

Im Gegensatz zu den Ausbauprojekten müssen Aufbauprojekte, die auf die Versorgung der weißen Flecken in ländlichen Regionen zielen, mit sehr viel mehr Unwägbarkeiten zurechtkommen. Dies gilt umso mehr, als nach strenger Marktlogik die weißen Flecken eben bislang genau deshalb nicht breitbandig versorgt wurden, weil hier die Relation von Ertrag zu Aufwand als zu ungünstig erschien. Allein schon wegen der Annahme, die über die künftige Marktentwicklung des neu zu erschließenden Marktes getroffen werden muss, fällt die Machbarkeitsprüfung bei Aufbauprojekten ungleich schwerer als bei Ausbauprojekten. Das bei Aufbauprojekten typische hohe Projektrisiko gekoppelt mit einer deutlich begrenzten zu erwartenden Profitabilität erschweren nachhaltig die Finanzierung und damit auch das schnelle Vorankommen bei der Breitbandversorgung weißer Flecken.

Ordnungsrahmen definiert das Spielfeld

Wegen des enormen Investitionsvolumens werden sich die Breitbandprojekte absehbar nur über einen längeren Zeitraum amortisieren können. Mit dem längeren Amortisationszeitraum steigt aber die im Projekt bestehende Unsicherheit. Gegensteuern kann hier ein ordnungspolitischer Rahmen, der im wettbewerblichen Umfeld die Planungssicherheit für Investor und Finanzier erhöht.

In der Praxis zeigt sich, dass Projekte dann besonders aussichtsreich sind, wenn sie auf einem im Spannungsfeld der drei Eckpunkte technischer Fortschritt, Marktbedingungen und Telekommunikationsregulierung und deren vielfältigen Facetten konsistent durchdachten Geschäftsmodell aufbauen. Dabei werden bezüglich ihrer investitionsfördernden Wirkung aktuell beispielsweise folgende Teilaspekte besonders intensiv diskutiert:

– Technischer Fortschritt im Mobilfunk: Inwieweit können breitbandige Mobilfunktechnologien (z.B. der UMTS-Nachfolger LTE) den Finanzbedarf bei der mittelfristigen Versorgung der unversorgten ländlichen weißen Flecken reduzieren?

– Technische Standards: Inwieweit braucht es neue Standards um den diskriminierungsfreien Zugang zu den neuen Netzen zu gewährleisten?

– Digitale Dividende: In welchem Umfang können die mit der Einführung des digitalen terrestrischen Rundfunks freiwerdenden Frequenzen die mittelfristige Versorgung der unversorgten ländlichen weißen Flecken erleichtern?

– Universaldienstverpflichtung: Kann ein gesetzlich definiertes Grundversorgungsniveau den Fortschritt in der Telekommunikation fördern; und wer trägt in diesem Spannungsfeld zwischen Anspruch und Re-Monopolisierung die auflaufenden Kosten?

– Open Access: Gibt es bei diskriminierungsfreiem Zugang zu den neuen Netzen hinreichend Investitionsanreize; entstehen neue Angebote, über die sich der Infrastrukturausbau finanzieren kann?

– Gewichtung des Dienste- gegenüber des Infrastrukturwettbewerbs: Inwiefern kann der Wettbewerb bei den Kommunikations- und Datendiensten durch den Wettbewerb bei der Infrastruktur gefördert werden?

– Netzneutralität: Inwieweit kann die Priorisierung des Datenverkehrs durch den Netzbetreiber die anstehenden Breitbandprojekte nachhaltig voran bringen?

– Fristen der Marktanalyse: Inwiefern hilft die Verlängerung der Regulierungsperioden (in Deutschland nun 3 Jahre) den Investoren?

– Regionale Marktmacht: Wie geografisch kleingliedrig sollte ein Markt im Spannungsfeld zwischen der Notwendigkeit für regulatorische Eingriffe und lokalem Engagement einzelner Investoren definiert sein?

– Regional differenzierte Endkundenpreise: Inwieweit ist strukturpolitisch akzeptabel, dass regional differenzierte Preise die unterschiedliche Kostenstruktur widerspiegeln?

– Aufteilung des Investitionsrisikos: Inwiefern sollen Geschäftsmodelle gefördert werden, die eine Aufteilung des Investitionsrisikos zwischen Netzbetreiber und Diensteanbieter zulassen?

– Zusammenarbeit der Regulierungsinstitutionen: Wie sollte sich die auf EU-Ebene neu geschaffene Institution BEREC (Body of European Regulators for Electronic Communications) gegenüber den nationalen Regulierern – im Spannungsfeld zwischen dem politischen Prinzip der Subsidiarität und der Harmonisierung des europäischen Binnenmarkts – positionieren?

Die Digitale Agenda für Europa, die der EU-Rat Ende April in der „Granada-Strategie“ veröffentlichen will, wird wohl fordern, dass bis 2013 alle EU-Bürger einen breitbandigen Zugang zum Internet haben sollen; bis 2020 die Hälfte der EU-Bürger dann sogar mit einer Datengeschwindigkeit von mindestens 100 Mbit/s. Zur Sicherung der Wettbewerbsfähigkeit als Wirtschaftsstandort greift der Ende 2009 veröffentlichte neue europäische Rechtsrahmen für elektronische Kommunikation die wesentlichen Aspekte auf. Es liegt nun bei den EU-Mitgliedsländern adäquate Wege zu finden, um diesen EU-Rechtsrahmen bis Mitte 2011 in nationales Recht umzusetzen. Die deutsche Regierung hat die Eckpunkte ihrer Novelle des Telekommunikationsgesetzes bereits präsentiert.

Viele Schattierungen bei der Umsetzung

Wegen der deutlich unterschiedlichen geographischen und strukturellen Voraussetzungen gibt es weder bei der Technologie noch bei Geschäftsmodell und Finanzierung eine Standardlösung, die bei jedem Breitbandprojekt zum Einsatz kommen könnte. So hängen die Finanzierungsoptionen in besonderem Maße vom Unternehmens- und Projekthintergrund, speziell den Parametern Bonität, Laufzeit und Sicherheiten ab. Dabei unterscheiden sich die Finanzierungsoptionen hinsichtlich ihrer Organisations- und Finanzstruktur erheblich. Darüber hinaus ist innerhalb des Merkmals Finanzstruktur zusätzlich nach der Mittelherkunft (Außenfinanzierung bzw. Innenfinanzierung) beziehungsweise nach der Rechtsposition des Kapitalgebers (Eigenkapital bzw. Fremdkapital) zu differenzieren. Grundsätzlich ergeben sich in dieser Systematik von Mittelherkunft und Rechtsposition damit folgende vier Finanzierungstypen:

1. Innenfinanziert mit Fremdkapital (auch: Rückstellungsfinanzierung)
2. Innenfinanziert mit Eigenkapital (Selbstfinanzierung)
3. Außenfinanziert mit Fremdkapital (Kreditfinanzierung)
4. Außenfinanziert mit Eigenkapital (Beteiligungsfinanzierung)

Dabei zielt die nach dem Kriterium Mittelherkunft differenzierte Option der Innenfinanzierung auf die Finanzierung von Unternehmensprojekten durch einbehaltene Unternehmensgewinne. Bei der Außenfinanzierung dagegen fließen dem Unternehmen zur Finanzierung der Projekte von außen Mittel zu (z.B. über Einlagen, Kredite), die nicht im Zusammenhang mit dem Wertschöpfungsprozess des Unternehmens stehen. Beim Kriterium der Rechtsposition baut die Option der Eigenkapitalfinanzierung darauf, dass die Eigentümer ihrem Unternehmen zusätzliche Mittel zuführen (z.B. über Einlagen). Bei der Fremdkapitalfinanzierung dagegen sind es Akteure außerhalb des Eigentümerkreises, die dem Unternehmen Kapital zuschießen – zumeist als Kredit.

Im Merkmal Organisationsstruktur dagegen liegt das unternehmerische Risiko in einem Extrem allein bei einem privatwirtschaftlichen Unternehmen, im anderen allein bei der öffentlichen Hand. Dabei sind im zweiten Fall neben den Projekten der öffentlichen Hand, die allein über Steuern finanziert werden, auch solche Projekte relevant, bei denen eine Kommune als Kreditnehmerin und ein kommunales Versorgungsunternehmen (z.B. ein Stadtwerk) als Betreiber auftritt.

Zwischen den beiden Extremen der rein staatlichen und der rein privatwirtschaftlichen Trägerschaft des unternehmerischen Risikos sind all jene Kooperationen zwischen Privatwirtschaft und öffentlicher Hand angesiedelt, die unter Public-Private-Partnership (PPP) firmieren.

Kooperation zwischen Privatwirtschaft und öffentlicher Hand kann vielfältig ausfallen

Wie in anderen Feldern (insbesondere dem Straßenbau) gesehen, gehen die verschiedenen Verwaltungsebenen der öffentlichen Hand (in Deutschland: Bund, Länder, Gemeinden) bei Infrastrukturmaßnahmen auch Projektpartnerschaften mit der Privatwirtschaft ein. Bei diesen partnerschaftlichen Infrastrukturprojekten geht es darum, die erforderlichen Ressourcen (z.B. Projektwissen, Kapital) in eine gemeinsame Organisation einzubringen und das Projektrisiko zu verteilen. Da die Public-Private-Partnership-Modelle immer wieder als Option für den Auf- und Ausbau des Breitbandnetzes ins Gespräch gebracht werden, wollen wir in diesem Abschnitt die praktischen Möglichkeiten genauer prüfen.

Die in anderen Wirtschaftsbereichen realisierten Formen der Privatisierung öffentlicher Aufgaben können durch folgende drei Modelle typisiert werden:

1. Formelle Privatisierung (Organisationsprivatisierung)
2. Funktionale Privatisierung (Aufgabenprivatisierung oder Konzessionierung, Betriebsführungsmodell)
3. Materielle Privatisierung (Staatskapitalprivatisierung)

Formelle Privatisierung: öffentliches Unternehmen in der Verantwortung

Bei der formellen Privatisierung übernimmt ein öffentliches Unternehmen (z. B. Stadtwerk) den Bau und Betrieb des Kommunikationsnetzes. Oft wird zu diesem Zweck ein öffentliches Unternehmen im vollständigen öffentlichen Eigentum neu gegründet oder aus einem bereits bestehenden öffentlichen Unternehmen ausgegliedert (Beispiel: Deutsche Telekom AG nach der Ausgliederung aus der Deutschen Bundespost im Januar 1995 und vor dem Börsengang im November 1996). Zumeist führt das Unternehmen, das weiter im Eigentum der öffentlichen Hand bleibt, betriebswirtschaftliche Rentabilitätskriterien ein. Diese sollen dazu beitragen, die Wirtschaftlichkeit des öffentlichen Unternehmens zu steigern.

Funktionale Privatisierung: hoheitliche Aufgabe bleibt bei der öffentlichen Hand

Bei der funktionalen Privatisierung werden Planung, Bau, Finanzierung, Erhaltung und Betrieb über eine zeitlich befristete Konzession an ein privatwirtschaftliches Unternehmen übergeben. Die Konzession für das Teilnetz wird dabei wettbewerblich vergeben – oft mit dem Versprechen einer öffentlichen Anschubfinanzierung. De jure liegt die hoheitliche Aufgabe weiter bei der öffentlichen Hand. Dabei zeigt die Praxis, dass Projekte, die auf dem Modell der funktionalen Privatisierung basieren, dann besonders erfolgversprechend sind, wenn die Schnittstellen der Aufgabenverteilung auf der Regie- und Ausführungsebene klar definiert sind.

Materielle Privatisierung: Eigentum geht auf privatwirtschaftliches Unternehmen über

Bei der materiellen Privatisierung verkauft die öffentliche Hand ihre Eigentumsanteile an privatwirtschaftliche Unternehmen. Damit liegt das Eigentum am Kommunikationsnetz (oder Teilen des Netzes) mehrheitlich bei einem privatwirtschaftlichen Unternehmen.

Auch wenn die materielle, funktionale und formelle Privatisierung beim praktischen Breitbandauf- und -ausbau bislang noch eine untergeordnete Rolle spielen, eröffnen die partnerschaftlichen Modelle gleichwohl eine wichtige Option, die bei künftigen Projekten politisch stärker in Betracht gezogen werden sollte.

Exkurs: Fördertöpfe stehen auf verschiedenen Ebenen bereit

Über die Option der Public-Private-Partnership hinaus engagiert sich die öffentliche Hand auch mittels Fördertöpfen im Aus- und Aufbau von Breitbandnetzen. Allein schon wegen ihrer im Vergleich zum gesamten Investitionsbedarf geringen Volumina sollte bei der Betrachtung dieser Programme bewusst sein, dass die öffentlichen Fördermittel die privaten Investitionen lediglich mit anschieben helfen, diese aber keinesfalls völlig ersetzen können. So gibt es beispielsweise für die Breitbandprojekte in Deutschland auf der Ebene von EU, Bund und Länder folgende Förderprogramme (vgl. Pötschke, Dieter (2009). Fördermittel Land, Bund, EU. In: Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie. Vierter Nationaler IT-Gipfel. Breitband der Zukunft. Beiträge zur Umsetzung der Strategie der Bundesregierung. Berlin.):

Förderprogramme der EU: Nach dem Gipfel mit zusätzlichem Schwung

Seit dem Breitbandgipfel 2007 hat die EU-Kommission ihre Breitbandförderung verstärkt. So stellt die EU für Breitbandprojekte Gelder aus dem „Europäischen Landwirtschaftsfonds zur Entwicklung der ländlichen Räume“ (ELER) und dem „Europäischen Fonds für regionale Entwicklung“ (EFRE) als Anschub für Breitbandprojekte in strukturschwachen Gebieten zur Verfügung. Allein für die Förderung in Deutschland hält ELER 2009 EUR 1,5 Mrd. bereit, 2010 und 2011 dann je 750 Mio. Aus EFRE stehen im Zeitraum 2007 bis 2013 für Breitbandprojekte EUR 24 Mio. bereit.

Förderprogramme des Bundes: Förderung aus unterschiedlichen Richtungen

Seit 2009 werden Breitbandprojekte auch über Mittel der „Gemeinschaftsaufgabe Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur“ (GRW) gefördert; bis 2013 sollen hieraus EUR 60 Mio. für Breitbandprojekte eingesetzt werden. Gefördert werden dabei bis zu 90% der Wirtschaftlichkeitslücke des Projekts (kalkulatorische Differenz zwischen den Kosten einer Investition und den daraus resultierenden Erträgen bei marktkonformen Endkundenpreisen).

Daneben hat das Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (BMELV) 2008 das Programm „Gemeinschaftsaufgabe Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes“ (GAK) für Breitbandprojekte geöffnet. Auf Antrag der Gemeinden werden über dieses Programm bis zu 90% der Wirtschaftlichkeitslücke eines Breitbandprojekts im ländlichen Raum, je Projekt maximal EUR 500.000, bezuschusst. Zunächst werden innerhalb der GAK zweckgebunden jährlich bis zu EUR 16 Mio. aus Bundes- und Landesmitteln bereitgestellt. Die vorgesehenen GAK-Mittel flossen 2008 und 2009 nicht vollständig ab. Daraufhin können auf Vorschlag der Länder nun die Differenzbeträge auf die Folgejahre übertragen werden. Zudem erlaubt die EU nun die Ko-Finanzierung durch ELER. Bei einer hälftigen Ko-Finanzierung durch ELER stehen in Deutschland damit bis zu EUR 33 Mio. zur Verfügung. Angedacht ist, dieses Fördervolumen auf EUR 50 Mio. auszuweiten.

Im Konjunkturpaket II stellen Bund, Länder und Kommunen zusammen insgesamt EUR 13 Mrd. für Investitionen der Länder und Kommunen in Bildung (insgesamt 65% des Budgets) und sonstige Infrastruktur (Verkehr, Krankenhäuser, Städtebau, Maßnahmen zur Steigerung der Energieeffizienz, Informationstechnologie) bereit. Ein kleiner Teil davon soll damit auch den angestrebten Breitbandprojekten zugutekommen – erwartet werden EUR 150 Mio.

Förderprogramme der Bundesländer: Länder ziehen nach

Schleswig-Holstein (2007), Bayern (2008) und Baden-Württemberg (2008) haben als erste Bundesländer Breitbandprojekte mit Förderprogrammen unterstützt. Heute ziehen andere Bundesländer nach und nutzen dabei die gewonnenen Erfahrungen. Beispielsweise fördert Baden-Württemberg Investitionen in passive Glasfasernetze und die Verlegung von Leerrohren mit jeweils bis EUR 750.000 pro Projekt. Dagegen können in Rheinland-Pfalz je nach Finanzkraft der Gemeinde 60% bis 90% (maximal aber EUR 300.000 pro Vorhaben) der Material- und Baukosten gefördert werden (vgl. Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie (2010). Möglichkeiten der Breitbandförderung: Ein Leitfaden. Berlin.).

Gedankenspiel: Beteiligungskapital bei Breitbandprojekten

Wegen der positiven Erfahrungen mit privatwirtschaftlichen Infrastrukturinvestitionen in verwandten Wirtschaftsbereichen (z.B. Gebäude, Straßen, Elektrizitätsnetze) wird bei den angedachten Aus- und Aufbau-Projekten immer wieder auch die Möglichkeit der Finanzierung durch Beteiligungskapital (Private Equity) von privaten oder institutionellen Anlegern ins Spiel gebracht. Hinsichtlich dieser immer wieder geäußerten Idee wollen wir in diesem Abschnitt prüfen, unter welchen Voraussetzungen der Breitbandprojekte diese Finanzierungsform auch tatsächlich zum Einsatz kommen kann.

Grundsätzlich ist Private Equity eine Finanzierungsform, die in allen Branchen zum Einsatz kommen kann. Dies zeigt sich beispielsweise bereits daran, dass sich 2008 im Portfolio deutscher Private-Equity- Fonds 6.400 Unternehmen mit insgesamt 1,2 Mio. Beschäftigten befanden. Das Volumen der Private Equity-Fonds lag 2008 weltweit bei USD 2,5 Bill. Insgesamt setzt sich der Bereich Private Equity aus den beiden Segmenten Venture Capital (Wagniskapital) und Buyouts (Übernahmen existierender Unternehmen) zusammen. Auf den Bereich Buyout entfallen dabei vier Fünftel des gesamten Private-Equity-Volumens in Europa.

Das grundsätzliche Geschäftsmodell von Private Equity gründet auf folgenden drei Säulen:

1. Ertragssteigerung durch operative und strategische Umstrukturierung beim Portfolio-Unternehmen
2. Steigende Eigenkapitalrendite, die sich aus dem höheren Fremdkapitalanteil (Leverage) ergibt
3. Bewertungsgewinne bei den Portfolio-Unternehmen

Diese Skizze der prinzipiellen Mechanismen der Private-Equity- Finanzierung weist darauf hin, dass sich ein Infrastrukturfonds im Breitbandmarkt nur dann engagieren würde, wenn in einem stabilen ordnungspolitischen Rahmen sich der Wert des PortfolioUnternehmens durch verbesserte Finanzierungsbedingungen und effizientere Prozesse mittelfristig spürbar steigern ließe. Diese Bedingungen sind für die Telekommunikation aber deutlich kritischer, als in anderen Infrastrukturbereichen. Die systemimmanente Unsicherheit ist ein wichtiger Grund dafür, dass Private-Equity- Finanzierung bei Breitbandprojekten bislang keine wirkliche Rolle spielt und wohl auch künftig nur in seltenen Ausnahmefällen zum Zuge kommen dürfte.

Länder formulieren ambitionierte Auf- und Ausbauziele

Weltweit bemühen sich Regierungen, den Aus- und Aufbau der modernen Kommunikationsnetze voranzutreiben. Dabei formulieren sie zumeist hinsichtlich Leistungsfähigkeit und Abdeckungsgrad der Netze recht ambitionierte Ziele. Die mit diesen Zielen verbundenen erheblichen Kosten entfallen zum großen Teil auf die beim Netzausbau notwendigen Tiefbauarbeiten. Diese Kostenstruktur führt dazu, dass sich im wettbewerblich organisierten Markt der Ausbau auf dicht besiedelte urbane Gebiete konzentriert: Denn in diesen Gebieten ist das Verhältnis zwischen den Anschlusskosten und dem erwarteten Ertrag für den Investor günstiger. Im Umkehrschluss leitet sich daraus ab, dass in dünn besiedelten ländlichen Gebieten der flächendeckende Aus- und Aufbau des modernen Kommunikationsnetzes nur schwerlich wirtschaftlich sein kann. Dieser systemimmanente wirtschaftliche Nachteil birgt die Gefahr, dass auch die in anderen Infrastrukturbereichen schwach ausgestatteten ländlichen Gebiete in ihrer Entwicklung weiter zurückfallen.

Exkurs: Länder interpretieren ihre Rolle sehr unterschiedlich

Ausgehend vom Rollenverständnis der Länder spannen die politischen Programme zum Breitbandauf- und -ausbau weltweit ein breites Spektrum auf:

Australien: Regierung treibt voran

Über Jahre hinweg konnten weder der ehemalige Monopolist noch alternative Netzbetreiber die anstehenden Breitbandprojekte in Australien wesentlich voranbringen. Mit dem „Fiber-To-The-Premises-Programm will nun die australische Regierung 90% der Haushalte eine Übertragungsgeschwindigkeit von 100 Mbit/s verfügbar machen. Den restlichen 10% der 7,5 Mio. Haushalte des dünn besiedelten Kontinents soll über terrestrische oder Satelliten-Funkanschlüsse wenigstens 12 Mbit/s verfügbar gemacht werden. Das „Fiber-To-The-Premises-Programm ist auf 8 Jahre angelegt und führt in der Konsequenz zu einer vollständigen Separierung zwischen Netzbetrieb und Dienste-Angebot. Staatsanleihen sollen zunächst das Investitionsvolumen von EUR 26,5 Mrd. finanzieren. Ein mehrheitlich im öffentlichen Eigentum befindliches Unternehmen befasst sich schon heute mit der Umsetzung der Breitbandprojekte. Laut Plan soll dann 5 Jahre nach Erreichen der Breitbandziele dieses öffentliche Unternehmen privatisiert werden.

Finnland: Bei der „letzten Meile“ ist der Endkunde gefragt

Die finnische Regierung hat für die anstehenden Breitbandprojekte einen zweistufigen technologie-neutralen Plan entwickelt. Noch in diesem Jahr soll im gesamten Land flächendeckend ein als Universaldienst einklagbarer Zugang mit mindestens 1 Mbit/s und einem günstigen Endkundenpreis möglich sein. Bis 2015 soll dann in der zweiten Stufe 99% der Haushalte und Unternehmen ein Zugang zu 100 Mbit/s in einem Radius von 2 km eröffnet werden. Für die physische Überbrückung dieser „letzen Meile“ zum Hochgeschwindigkeitsnetz muss der Endkunde selbst aufkommen.

Die zu erwartenden Kosten für den Bau eines schnellen Kommunikationsnetzes belaufen sich allein für die wirtschaftlich wenig attraktiven ländlichen weißen Flecken mit 120.000 Haushalten (4% der Bevölkerung) auf EUR 200 Mio.; dabei ausgenommen sind die Kosten der letzen 2 km, die auch hier der Endkunde zu tragen hat. Dabei übernehmen Finnland und die Europäische Union zusammen bis zu zwei Drittel der Investitionskosten in das Hochgeschwindigkeitsnetz. Finnland plant sein Breitbandprogramm über die Einnahmen aus der Versteigerung der digitalen Dividende und eine auf den Zeitraum 2010 bis 2015 befristete zusätzliche Breitbandabgabe für Telekommunikationsunternehmen finanzieren zu können.

Großbritannien: Zusätzliche Abgabe soll es richten

Die britische Regierung hat eine zweistufige technologie-nutrale Breitbandstrategie entworfen. Bis 2012 soll in einer ersten Stufe die gesamte Bevölkerung flächendeckend als Universaldienst einklagbar mit mindestens 2 Mbit/s auf das Internet zugreifen können. Die Projekte auf der ersten Stufe will die britische Regierung mit EUR 230 Mio. fördern. Für die zweite Stufe geht die britische Regierung davon aus, dass über den freien Wettbewerb bis 2017 zwei Drittel aller Haushalte mit einem modernen Hochgeschwindigkeitsnetz versorgt sein werden. Um den Versorgungsgrad auf 90% zu erhöhen, will die britische Regierung öffentliche Fördergelder bereitstellen. Der Förderbedarf zur Versorgung der ländlichen weißen Flecken auf der zweiten Stufe der britischen Breitbandstrategie wird mit EUR 190 Mio. veranschlagt. Die Fördermaßnahmen sollen sich über eine als „Next Generation Fund“ bezeichnete Abgabe refinanzieren und von der Regulierungsbehörde Ofcom verwaltet werden.

Japan: Breitband schon lange ein Thema

Bereits seit Ende der 1990er Jahre hat Japan immer wieder Anreize zum Aus- und Aufbau der Breitbandinfrastruktur gesetzt. Die Infrastruktur insgesamt ist entsprechend gut ausgebaut. Seit 2006 kommt die Umrüstung von Kupferkabel (DSL) auf Glasfaser bis zum Endkunden (FTTH) voran. Gleichwohl sind die Herausforderungen bei der Versorgung der ländlichen weißen Flecken hier besonders deutlich, da die Bevölkerungsdichte hier besonders niedrig ist – 10% der Bevölkerung leben auf 90% der Landesfläche. Bereits 2006 formulierte die japanische Regierung das Ziel, dass bis Ende 2010 das gesamte Land mit Breitband versorgt sein soll. Darüber hinaus sollte für 90% der Bevölkerung sogar ein Hochgeschwindigkeitsnetz verfügbar sein. Um dieses Ziel zu erreichen, will Japan mit günstigen Krediten, Bürgschaften, niedrigen Unternehmenssteuern und Subventionen helfen. Die Kosten der anstehenden Breitbandprojekte in Japan belaufen sich auf EUR 60 Mrd.

Schweden: Universaldienstfonds als Ansatz

Die schwedische Breitbandstrategie ist in drei Schritte unterteilt. Bis Ende 2010 sollen im ersten Schritt 2 Mbit/s flächendeckend verfügbar sein. Bis Ende 2015 sollen dann im zweiten Schritt mindestens 40% der Haushalte auf 100 Mbit/s zugreifen können. Bis 2020 soll dann im dritten Schritt die Abdeckung auf 90% der Haushalte steigen. Darüber hinaus will Schweden mit digitalen Diensteangeboten aus den Bereichen eGovernment, eHealth und eLearning selbst die Breitbandnachfrage anregen. Die Breitbandstrategie behandelt Glasfaser-, Kabel- oder Funk-Technologien gleichberechtigt.

Für die erste Stufe der Breitbandstrategie will die schwedische Regierung einen von allen Telekommunikationsunternehmen finanzierten Universaldienstfonds einrichten. Über diesen Fonds sollen EUR 100 Mio. für den Aufbau der 2 Mbit/s- Angeboten in bislang unwirtschaftlichen Gebieten bereitgestellt werden. Auf der zweiten Stufe der Breitbandstrategie sollen für den Netzaufbau in den ländlichen Gebieten von Seiten der öffentlichen Hand zwischen 2010 und 2012 weitere EUR 24 Mio. verfügbar gemacht werden. Neben der direkten finanziellen Förderung hofft die schwedische Regierung auf die Marktdynamik, die durch flankierende Maßnahmen (von der Beschleunigung der regulatorischen Entscheidungen, über die Frequenzvergabe bei der digitalen Dividende bis hin zu Steuererleichterungen für Innovatoren) der öffentlichen Hand angeregt werden soll.

Südkorea: Über Universaldienst zur Flächendeckung

Dank einiger Breitbandprogramme hat Südkorea heute bei der Breitbandversorgung eine Spitzenposition inne. Das aktuelle Programm zielt nun darauf, die Netzabdeckung voranzutreiben und darüber hinaus die Übertragungsrate im bestehenden Netz deutlich zu erhöhen. So verpflichtete die Regierung den Marktführer, die Breitbandversorgung als Universaldienst allgemein bereitzustellen. Diese Verpflichtung beinhaltet auch die Forderung, dass alle Regionen mit mindestens 1,5 Mbit/s versorgt werden. Daneben soll bis 2012 das Festnetz landesweit Übertragungsraten von 100 Mbit/s erreichen, danach zumindest in den großen Ballungsräumen sogar 1 Gbit/s. In diesem Zusammenhang soll ein Kommunikationsnetz der nächsten Generation entstehen, das Fest- und Mobilfunknetz zusammenführt.

Diese Aufrüstung des Kommunikationsnetzes in den nächsten 5 Jahren dürfte etwa EUR 25 Mrd. kosten. Südkorea will die anstehenden Breitbandprojekte mit EUR 1 Mrd. direkt fördern. Hinsichtlich des Löwenanteils des Investitionsvolumens hofft Südkorea auf private Investoren, die mittels Steueranreizen und günstigen Darlehen gewonnen werden sollen.

USA: FCC stark eingebunden

In den USA zielen Programme, wie das Broadband Technology Opportunities Program (BTOP) oder das Broadband Initiatives Program (BIP), auf eine bessere Breitbandversorgung der ländlichen Gebiete. Im American Recovery and Reinvestment Act werden insgesamt EUR 7 Mrd. dazu bereit gestellt. Diese Gelder werden in Absprache mit der US-amerikanischen Regulierungsbehörde FCC und dem Landwirtschaftsministerium vergeben. Die Einzelheiten des Programms will die FCC bis April 2010 veröffentlichen. Darüber hinaus soll ein Breitbandatlas, den die FCC erstellt, für mehr Markttransparenz sorgen und darüber Investitionen von privatwirtschaftlichen Unternehmen in diesem Bereich erleichtern.

Strategie sollte den Wettbewerb im Auge behalten

Im internationalen Vergleich der Kommunikationsnetze stehen heute Länder mit großen öffentlichen Subventionstöpfen systematisch besser da als solche, die sich bei der finanziellen Förderung zurückhalten. Allerdings sollte der internationale Vergleich nicht zur vorschnellen Schlussfolgerung verleiten, dass der vor mehr als einem Jahrzehnt eingeschlagene Weg zur Privatisierung und Deregulierung der gesamten Telekommunikation nun zugunsten eines beschleunigten Aus- und Aufbaus der Breitbandnetze völlig aufgegeben werden sollte. Schließlich ist bei den Breitbandprojekten das Beschreiten eines zur langfristig nachhaltigen Entwicklung der Infrastruktur führenden Investitionspfads wesentlich wichtiger als das glanzvolle Abschneiden in aktuellen internationalen Vergleichen, das über ein enormes Subventionsvolumen erreicht wurde.

Wie heute bereits zu beobachten, entstehen (mehr oder minder schnell) in den dicht bevölkerten Ballungsräumen unter marktwirtschaftlichen Bedingungen moderne Kommunikationsnetze. Ganz ohne öffentliche Subventionen und ohne Universaldienstverpflichtung werden hier Übertragungskapazitäten ausgebaut. Im Gegensatz zu diesem Hoffnungsschimmer in den Ballungsgebieten, zeigt die Praxis allerdings auch, dass in den unversorgten ländlichen weißen Flecken der Breitbandaufbau auf absehbare Zeit ohne öffentliche Förderprogramme für privatwirtschaftliche Investoren nicht wesentlich vorankommen wird. In diesen bislang unversorgten Regionen sollten sich die betroffenen Verwaltungsebenen der öffentlichen Hand (in Deutschland: Bund, Länder, Gemeinden) zunächst um die Bündelung kleinteiliger Projekte – auch über Verwaltungsgrenzen hinweg – bemühen, im notwendigen Umfang Risikopartnerschaften eingehen und sich über PPP-Modelle im Breitbandausbau engagieren. Da der Staat grundsätzlich keine besseren unternehmerischen Entscheidungen trifft als privatwirtschaftliche Unternehmen, sollte er bei der Breitbandinfrastruktur seinen budgetären Entscheidungsspielraum mit diesen enormen Investitionsvolumen nicht nachhaltig beschneiden und so wichtige Staatsaufgaben in anderen Bereichen außerhalb der Telekommunikation vernachlässigen.14 Zumal die Bedeutung von Fördertöpfen und regulatorischen Interventionen in der Diskussion um ihre Wirkung auf den Auf- und Ausbau der Breitbandnetze allzu oft überbewertet werden.

Letztlich würde eine Re-Monopolisierung durch die Hintertür des Breitbandauf- und -ausbaus weder der Telekommunikation als Branche noch der Volkswirtschaft als Ganzes dienen. Gleichwohl kann die öffentliche Hand den Fortschritt der Telekommunikation über die vorgestellten Maßnahmen der Bündelung von Projekten und der Initiierung von PPP-Modellen hinaus folgendermaßen unterstützen:

– Setzen von realistischen Auf- und Ausbauzielen, die keine kontraproduktive überhöhte Erwartungshaltung bei den Nachfragern schüren;

– Bereitstellen von essentiellen Marktinformationen über bereits vorhandene Infrastrukturen (Leerrohre, Netze, etc.) und potenzielle Nachfrage für mögliche Investoren;

– Selbst digitale Dienste aus den Bereichen eGovernment, eHealth und eLearning anbieten, die das Interesse von Unternehmen und Privatpersonen an digitalen Diensten fördern, damit auch anderen privatwirtschaftlich angebotenen digitalen Diensten den Start erleichtern und darüber den Breitbandbedarf insgesamt anregen;

– Investitionsanreize im ordnungspolitischen Rahmen weiter stärken; z.B. hinsichtlich der Fristen bei der Marktanalyse, der Netzneutralität, der Regionalisierung oder der Aufteilung des Investitionsrisikos.

Fazit: Auf ordnungspolitischen Rahmen, Markttransparenz und Risikopartnerschaften kommt es an

Wegen der unterschiedlichen geographischen und politischen Gegebenheiten gibt es weder bei der Technologie noch bei den Geschäfts- und Finanzierungsmodellen eine Standardlösung, die bei jedem Auf- und Ausbauprojekt zum Einsatz kommen könnte. Dabei ist die Unsicherheit bei Aufbauprojekten, die auf die Versorgung bislang unversorgter weißer Flecken zielen, strukturell höher als bei Ausbauprojekten, bei denen es um die Erhöhung der Bandbreite in vorhandenen Strecken geht. Entsprechend des Facettenreichtums der Breitbandprojekte sind auch die prinzipiellen Finanzierungsoptionen hinsichtlich der beiden Merkmale Organisations- und Finanzstruktur äußerst vielfältig.

Weltweit bemühen sich Länder, den Auf- und Ausbau der modernen Kommunikationsnetze voranzutreiben. Dabei formulieren sie hinsichtlich Technologie und Abdeckungsgrad zumeist recht ambitionierte Ziele. Die für Breitbandprojekte spezifische Kostenstruktur führt allerdings dazu, dass sich im wettbewerblich organisierten Markt der Ausbau auf dicht besiedelte urbane Gebiete konzentriert: Denn in diesen Gebieten ist das Verhältnis zwischen den Anschlusskosten und dem erwarteten Ertrag für den Investor günstig. So entstehen in den dicht bevölkerten Regionen heute bereits (mehr oder minder schnell) moderne Kommunikationsnetze – ganz ohne öffentliche Subventionen und Universaldienstverpflichtung. Dementgegen wird der Breitbandaufbau in den unversorgten ländlichen weißen Flecken auf absehbare Zeit ohne öffentliche Förderprogramme für privatwirtschaftliche Investoren nicht entscheidend vorankommen. In diesen bislang unversorgten Regionen sollte sich die öffentliche Hand zunächst um die Bündelung kleinteiliger Projekte bemühen und im notwendigen Umfang Risikopartnerschaften eingehen.

Bei diesem Engagement sollte allerdings klar sein, dass eine Re-Monopolisierung letztlich weder die Telekommunikation als Branche noch die Volkswirtschaft als Ganzes voranbringt. Gleichwohl kann die öffentliche Hand den Fortschritt der Telekommunikation nachhaltig fördern, indem sie Projekte bündelt, Risikopartnerschaften eingeht, realistische Breitbandziele setzt, mit essentiellen Marktinformationen versorgt, selbst digitale Dienste anbietet und darüber hinaus mit einem ordnungspolitischen Rahmen die Investitionsanreize im wettbewerblichen Umfeld stärkt.

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