eBusiness-Strategie: Die Stunde der Entscheider

Galt das Thema eCommerce bis vor kurzem noch als milde belächelte Teildisziplin der IT-Abteilung, nehmen in Sachen eStrategie jetzt vielerorts die CEOs selbst das Heft in die Hand.

Laut KPMG-Studie „eBusiness in der deutschen Wirtschaft – Status quo und Perspektiven 2001″ sind bereits über 90 Prozent aller deutschen Unternehmen online. Dabei steht jedoch primär (bei 96%) immer noch die Informationsgewinnung bzw. der Informationsaustausch ganz oben auf der Tagesordnung. Die Untersuchung bestätigt jedoch gleichzeitig, dass eBusiness inzwischen Chefsache ist. So werden bei mehr als 83 Prozent der von KPMG befragten Firmen Entscheidungen in diesem Bereich von der Geschäftsführung getroffen oder zumindest mitentschieden.

Für die meisten Geschäftsführer liegen die Vorteile und Optimierungspotenziale durch eBusiness klar auf der Hand. eBusiness-Anwendungen werden als wichtiges Instrument sowohl für interne Optimierungsprozesse als auch zur Erhöhung der Marktpräsenz betrachtet. 68 Prozent der Unternehmen erwarten eine deutliche Effizienzsteigerung bei der Geschäftsabwicklung. 56 Prozent erhoffen sich eine Erweiterung ihres Beschaffungsmarktes; hier werden in den nächsten drei Jahren auch die meisten Investitionen geplant. Jedes zweite Unternehmen sieht Chancen bei der Verbesserung der Kundenbindung und immerhin 40 Prozent sind davon überzeugt, mit eBusiness-Anwendungen Einspareffekte zu erzielen.

Die steigende Bedeutung des Internet verdeutlicht auch eine Befragung der renommierten Unternehmensberatung Accenture. Demnach stehen Internet-Themen mittlerweile ganz weit oben auf der täglichen Unternehmens-Agenda. In einem weltweiten Ranking rangiert der Einfluss des Internet gleich hinter der allgemeinen Konkurrenzfähigkeit auf Platz zwei. Betrachtet man nur den europäischen Markt, dann steht bei 50 Prozent aller CEOs die eigene Internetstrategie auf Platz 1 der Herausforderungsliste.

Dennoch gibt es sehr große Unterschiede bei der Umsetzung der Geschäftstrategie. So stellt Michael Earl, Professor für Informationsmanagement und Geschäftsstrategie an der London Business School, fest: „dass eCommerce in der Tat mittlerweile einen sehr großen Einfluss auf das Denken und Handeln der CEOs hat. Aber wie er dann in Geschäftsplanung umgesetzt wird – darin unterscheiden sich die einzelnen Unternehmen doch erheblich.“

Eine formale eBusiness-Strategie haben einer Compass Studie zufolge 67 Prozent der befragten Unternehmen. Das lasse zwar darauf schließen, dass die meisten großen Organisationen die strategische Relevanz dieses Themas mittlerweile erkannt haben. Aber wenn es bei isolierten Projekten bleibe, bestehe die Gefahr einer Kluft zwischen eBusiness- und Geschäftsstrategie, so Earl: „Statt eine gesonderte Strategie aufzustellen, sollten die Unternehmen ihre allgemeine Strategie verstärkt im Licht des eBusiness überprüfen.“

Heute sind 52 Prozent der CEOs persönlich stark in die Entwicklung der eBusiness-Strategie involviert, 23 Prozent weniger stark. Ähnliches gilt für die Strategie bei Informationssystemen (IS).

Kein Schnellschuss: eCommerce-Planungen
Dass es allein mit dem Aufbau einer eigenen Website nicht getan ist, hat sich anscheinend auch in den Chefetagen der deutschen Wirtschaft mittlerweile herumgesprochen. Zwar sind die Planungen der eBusiness-Strategien immer noch etwas kurzfristiger ausgelegt als die allgemeinen Planungen der Geschäftsstrategie, doch angesichts des außerordentlich dynamischen Wandels sind diese Planungen immer noch erstaunlich langfristig angelegt: Über 50 Prozent planen hier für ein Jahr und länger und lediglich 21 Prozent für weniger als zwölf Monate. In noch größeren Zeiträumen wird die IS-Strategie betrachtet: bei 57 Prozent zwischen einem und drei Jahren, bei 15 Prozent drei Jahre und länger. Der überraschend hohe Anteil langfristiger Planung weist darauf hin, dass viele Unternehmen das geschäftliche Umfeld entweder nicht als sehr turbulent ansehen, oder sie im traditionellen Geschäftsleben gelernt haben, mit Wandel und Ungewissheit zurechtzukommen. Dabei fällt auch auf, dass gerade in Deutschland die CEOs sich noch stärker um die Formulierung der eBusiness-Strategie kümmern und auch die Planungen noch längerfristig angelegt sind als im internationalen Vergleich. Und auch bei der regelmäßigen Überprüfung der eigenen eBusiness-Strategie können sich die Umfrageergebnisse sehen lassen. Mehr als die Hälfte der befragten Geschäftsführer gab an, mindestens einmal pro Jahr diese Strategieausrichtung zu überprüfen.

Warum wird in eBusiness investiert?
Das „schnelle Geld“ verspricht sich das Gros der Unternehmen schon längst nicht mehr. Bei der Mehrheit hat sich die Erkenntnis durchgesetzt, dass der möglichst schnelle ROI zwar wünschenswert, jedoch nicht immer tatsächlich zu realisieren ist. Vielmehr rücken heute verstärkt strategische Aspekte in den Vordergrund. So sind die Übereinstimmung mit der Geschäftsstrategie und die Stärkung der Wettbewerbsposition Top-Investitionsgründe. Aber auch eher operationale Erwägungen wie die Verbesserung der betrieblichen Abläufe, eine Steigerung des Umsatzes und der Performance schnitten relativ gut ab.

Wer ist die treibende Kraft im Unternehmen?
Die eBusiness-Aktivitäten haben mittlerweile zum Großteil in der Geschäftsleitung ihren Ursprung. Zu diesem Ergebnis kommt die bereits zum dritten mal von TechConsult im Auftrag von IBM und impulse durchgeführte Untersuchung „eBusiness im Mittelstand“ In rund drei von vier Fällen geht in Deutschland die Initiative für ein strategisches eBusiness-Engagement von der Chefetage aus. Dies gilt umso mehr, je kleiner das Unternehmen ist. Im Vergleich zum Vorjahr hat vor allem die EDV-Abteilung deutlich seltener die Initiative ergriffen. Dabei ist zu beobachten, dass je höher der Grad der eBusiness-Integration ist, desto bedeutender ist auch das Engagement der Geschäftsleitung für eine umfassende eBusiness-Strategie. Entsprechend rückt dadurch die Bedeutung der IT-Abteilung stärker in den Hintergrund.

Die Herausforderungen
Als größte Herausforderung bei der Formulierung der eBusiness-Strategie wird von den meisten CEOs immer noch ein erfolgreicher Return on Investement (ROI) angesehen. Gleich danach wollen die meisten Geschäftsführer ihren Kunden zusätzliche Leistungen bieten und sie hiermit dazu erziehen, eBusiness-Angebote auch zu nutzen. Darüber hinaus besteht eine große Herausforderung darin, eine Übereinstimmung zwischen Systemen und Software zu finden – wozu auch die richtigen Partner und Lieferanten gehören. Weitere Herausforderungen erkennt die Compass Umfrage im Umgang mit dem raschen technologischen Wandel, in der Implementierung einer kohärenten Strategie , der Mitarbeitersuche sowie der häufig noch schwierigen Geschäftsabwicklung mit kleinen Kunden, die oft nicht über die notwendigen eBusiness-Applikationen verfügen.

Bei nahezu allen Unternehmen ist eBusiness mittlerweile ein fester Bestandteil der Unternehmensstrategie. Trotz der momentan eher schwierigen Marktlage sollte das beträchtliche Marktpotential des eBusiness nicht aus dem Auge gelassen werden. Daher gilt es, um den Anschluss nicht zu verpassen, eBusiness in jedem Falle und ohne Einschränkung zur Chefsache zu erklären.

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