Das Arbeitszeitkonto funktioniert wie ein Girokonto

Arbeitszeitkonten dienen der flexiblen Verteilung von Arbeitszeit auf Tage, Wochen oder Jahre. Hierbei wird die geleistete Arbeit der Beschäftigten mit der arbeitsvertraglichen, tarifvertraglichen oder betriebsüblichen Arbeitszeit abgeglichen und verrechnet. Das lohnt sich auch für Geschäftsleiter. Generell gilt dabei: keine Gestaltung ohne steuerliche Regel.

Die wirtschaftlichen Auswirkungen der COVID-19-Pandemie sind weitreichend. Viele Unternehmen stecken durch die Rezession in einer schwierigen Situation, oftmals hervorgerufen durch behördliche Verbote. Ihnen ist damit von jetzt auf gleich die Arbeit ausgegangen – aber wenn sich die Wirtschaft wieder regeneriert, wovon ab dem Frühling auszugehen ist, stapelt sich die Arbeit wieder. Und dann? Dann wäre es doch schön, wenn man die Arbeitnehmer und Führungskräfte einigermaßen flexibel einsetzen könnte, um Dellen und Spitzen gleichermaßen auszugleichen.

Zu diesem Zweck hat der Gesetzgeber das sogenannte Arbeitszeitkonto eingeführt. Arbeitszeitkonten dienen der Verteilung von Arbeitszeit auf Tage, Wochen oder Jahre. Hierbei wird die geleistete Arbeit der Beschäftigten mit der arbeitsvertraglichen, tarifvertraglichen oder betriebsüblichen Arbeitszeit abgeglichen und verrechnet. Durch Abweichungen werden Zeitguthaben beziehungsweise Zeitschulden aufgebaut. Vom Prinzip her funktioniert ein Arbeitszeitkonto wie ein Girokonto, nur dass anstatt Geld darauf Zeit verbucht wird. Angesparte Überstunden können bei Bedarf in Abstimmung mit Kollegen und Vorgesetzten abgefeiert werden. Wer ins Minus gerät und Zeitschulden anhäuft, muss die Stunden nachholen.

Das Problem des eigentlich sehr eleganten Systems: Arbeitnehmer, die nicht Geschäftsführer oder leitende Angestellte sind, können Überstunden nicht einfach anhäufen, weil das Arbeitszeitgesetz beachtet werden muss. Das besagt unter anderem, dass Mitarbeiter über einen längeren Zeitraum nicht mehr arbeiten dürfen als durchschnittlich 48 Stunden pro Woche. Dies kann bei einer Sechs-Tage-Woche temporär auf bis zu 60 Stunden ausgeweitet werden. In diesen Fällen muss jedoch für einen zeitnahen Ausgleich gesorgt werden. Insofern können nicht einfach unendlich Stunden aufs Arbeitszeitkonto geschoben werden, um nicht gegen das Arbeitszeitgesetz zu verstoßen.

Sehr häufig werden Zeitkonten wie etwa Gleitzeit-, Überstunden- oder Jahresarbeitszeitkonten eingesetzt. Hierbei ist grundsätzlich ein Zeitraum vereinbart, in dem der Ausgleich der Arbeitszeit stattzufinden hat. Davon unterscheidet sich das Langzeitkonto oder Lebensarbeitszeitkonto. Der Zweck dieses Kontos ist es, ein Werteguthaben zu schaffen, indem Arbeitszeit in Bezug auf ein bestimmtes Ziel angesammelt wird. Damit kann beispielsweise eine längere Freistellung durch den Arbeitgeber wie beispielsweise ein Sabbatical ermöglicht werden oder auch der vorzeitige Ausstieg aus dem Job. Wichtig: Die Rahmenbedingungen von Lebensarbeitszeitkonten müssen zwischen Arbeitgeber und Mitarbeitern grundsätzlich schriftlich vereinbart werden. Die Vereinbarung darf explizit nicht der Flexibilisierung der werktäglichen oder wöchentlichen Arbeitszeit oder dem Ausgleich von Produktions- oder Arbeitszyklen dienen.

Neben den Arbeitnehmern profitieren auch Geschäftsleiter und Angehörige des Managements von Arbeitszeitkonten. Mit einem Zeitwertkonto beispielsweise können Geschäftsführer ihre Altversvorsorge finanzieren, eine vorübergehende Freistellung bei Bezügen realisieren oder in den vorgezogenen Ruhestand gehen. Das Prinzip: Überstunden, Urlaubsgeld, Provisionen oder Boni werden nicht ausgezahlt, sondern als Gutschrift steuer- und sozialabgabenfrei angespart. Auf diese Weise sinkt der Lohnsteuersatz, da das Entgelt über einen längeren Zeitraum gestreckt wird. Lohnsteuer wird erst in der Auszahlungsphase fällig.

Generell gilt dabei: keine Gestaltung ohne steuerliche Regel. Unternehmen und Geschäftsleiter sollten bei der Vertragsgestaltung die steuerlichen Fallstricke genau im Blick haben. Nur so ist gewährleistet, dass beide Seiten langfristig von der Vereinbarung profitieren. Vereinbarungen zum Arbeitszeitkonto sollten immer schriftlich im Vertrag dokumentiert sein. Zur Dokumentation gehören die Verschiebung der Fälligkeit des Zeitguthabens, nachvollziehbare Konditionen und planbare Auszahlungs- und Verwendungszeiträume. Dazu gehört vor allem, dass der maximal mögliche Ausgleichszeitraum festgelegt wird.

Nicht zuletzt sollte der Vertrag Bezug auf die betrieblichen Regelungen zur flexiblen Arbeitszeit nehmen und dabei auch die Fremdüblichkeit bei Gesellschafter-Geschäftsführern beachten. Wenn die Wertguthabenvereinbarung eines Minderheitsgesellschafters nicht dem Fremdüblichkeitsgrundsatz entspricht, kann das Finanzamt von einer verdeckten Gewinnausschüttung ausgehen. Unter einer verdeckten Gewinnausschüttung (vGA) versteht man vereinfacht gesagt alle Vorteile, die eine GmbH zulasten ihres Gewinns einem Gesellschafter zuwendet. Mit dem Rechtsinstitut der verdeckten Gewinnausschüttung werden entsprechende Vermögensverlagerungen zwischen der Gesellschaft (Kapitalgesellschaft, Körperschaft) und ihren Anteilseigner sachgemäß besteuert. 

Vorsicht: Verdeckte Gewinnausschüttungen führen zum Verlust von Steuervorteilen. Die Folge sind meist hohe Nachzahlungen samt Zinsen. Unter Umständen drohen sogar auch strafrechtliche Konsequenzen. Um sich abzusichern, sollten Unternehmen immer aktuelle Gehaltsstudien und Betriebsvergleiche heranziehen. Bestenfalls kann anhand von Planungsrechnungen dokumentiert werden, dass das vereinbarte Modell aus Sicht der Gesellschaft betriebswirtschaftlich sogar sinnvoll, zumindest aber vertretbar erscheint.

Dieser Artikel erschien am und wurde am aktualisiert.
Nach oben scrollen