Nahezu alle kleinen und mittelständischen Unternehmen (KMU) in Deutschland sind mittlerweile im Netz, knapp zwei Drittel sogar mit einer eigenen Website. Der Anschluß an die New Economy ist damit zwar noch nicht geschafft, doch der Mittelstand bleibt in Bewegung. So generiert er Umsatz für sich und andere.
Beinahe zwei Drittel – 62 Prozent – der kleinen und mittelständischen Unternehmen (KMU) Deutschlands sind einer aktuellen Untersuchung der Kasseler TechConsult GmbH zufolge mit einer Homepage im Internet vertreten. Guten Mutes außerdem, denn 66 Prozent fassen die Globalisierungstendenzen der Internet Economy als Chance für ihr Unternehmen auf. Kann sich der deutsche Mittelstand angesichts dieser Zahlen zufrieden zurücklehnen? Eine solch allgemeine Schlussfolgerung wäre voreilig. Die im Auftrag von IBM und der Zeitschrift Impulse mit mehr als 1500 Unternehmen realisierte Studie bietet eine differenziertere Sicht auf die Situation.
Die Situation: Zwischen High-End und Abstinenz
Zwischen der Publikation einer informativen Website und der nahtlosen elektronischen Abbildung geschäftlicher Prozessketten ist ein weiter Weg. An seinem Ende sind gerade erst neun Prozent der deutschen Mittelständler angelangt: Sie realisieren bereits elektronische Transaktionen mit Kunden und Zulieferern. Der Fraktion dieser Profi-User folgt ein Anteil von immerhin 52 Prozent, die als fortgeschrittene Anwender gelten können – d.h. im WWW präsent sind oder über diese Plattform Produkte und Services an Kunden verkaufen. Alle anderen Unternehmen sind jedoch allenfalls passive Nutzer von Internet-Diensten oder verwenden Online-Medien überhaupt noch nicht in nennenswertem Umfang.
Wohin geht die Reise?
Dem eigenen Anspruch der Mittelständler nach wird sich die Lage jedoch bald ändern: Perspektivisch wird sich der Anteil der Passiv-Nutzer von 38 auf 17 Prozent reduzieren und 39 Prozent der Unternehmen möchten mit Transaktionsangeboten im B2C bzw. B2B-Bereich online gehen. Bisher beträgt dieser Anteil nur 16 Prozent. Mehrheitlich sollen die geplanten Angebote noch im laufenden Jahr umgesetzt werden; besonders schnell soll es mit der Entwicklung von Web-Auftritten gehen.
Offenbar wächst mit der Komplexität der vorgesehenen Anwendungen auch die Schwierigkeit, den Starttermin näher zu bestimmen. Fast 20% der geplanten Transaktionsangebote (Online-Shops, end-to-end-Integration) können von den befragten Unternehmen nicht terminiert werden.
Kosten (1): Wie teuer sind E-Commerce-Projekte?
Dass die geschätzten Kosten für die Implementierung von E-Business-Anwendungen mit der Komplexität der angestrebten Lösung steigen, ist nicht überraschend. Die Schätzungen für die einzelnen Umsetzungsformen sind breit gefächert, was nicht nur mit dem jeweiligen Anspruch der Lösung, sondern auch mit den unterschiedlichen Voraussetzungen der Unternehmen (Branchenzugehörigkeit, Größe, Ausgangssituation) zusammenhängt. Weniger erfahrene Anwender neigen dazu, die Kosten – insbesondere für das Webmarketing – zu unterschätzen.
Kosten (2): Das Geschäft mit dem Mittelstand
Wenn Mittelständler online gehen, dann tun sie dies nicht immer aus eigener Kraft. Nur rund ein Viertel setzt seine E-Commerce-Projekte ohne Unterstützung Dritter um. Alle anderen Unternehmen nehmen u.a. Dienstleistungen von ISPs, Mediaagenturen und in zunehmendem Maße von spezialisierter Dienstleistern in Anspruch. Bei einem geschätzten Investitionsvolumen von insgesamt 2,7 Mrd. DM für mittelständische E-Commerce-Projekte im laufenden Jahr (bzw. knapp 4 Mrd. DM in 2001) existiert für externe Dienstleister ein Marktvolumen von 609 (bzw. 924) Mio. DM. Für die benötigte Technik (Hard- und Software, Infrastruktur etc.) geben die Mittelständler in diesem Jahr 821 Mio. DM und 2001 fast 1,23 Mrd. DM aus. Damit erschließt der deutsche Mittelstand in seiner Entwicklung nicht nur geschäftliche Potentiale für sich selbst, sondern auch für andere.
Kosten (3): Höchstens zwei Jahre draufzahlen
Selbstverständlich möchten Unternehmen mit ihrem Engagement im Electronic Business vor allem selbst Geld verdienen. Die meisten Befragten geben sich in dieser Hinsicht optimistisch: Zwei Drittel gehen davon aus, nach spätestens zwei Jahren schwarze Zahlen schreiben zu können. Am zuversichtlichsten sind die fortgeschrittensten E-Business-Anwender, welche offensichtlich nicht umsonst in ihre Entwicklung investiert haben.
Bezogen auf die Anteile von Electronic Commerce am Gesamtumsatz herrschen positive, wenn auch keineswegs überschwängliche Erwartungen vor: Die meisten Unternehmen, die heute im B2B- oder B2C-Bereich aktiv sind, konnten 1999 bereits erste, wenn auch geringe Rückflüsse verzeichnen. In den nächsten fünf Jahren rechnen die Mittelständler mit deutlichen Steigerungen. Für das Jahr 2005 werden von mehr als 80 Prozent dieser Unternehmen Umsatzanteile von mehr als zehn Prozent erwartet.
Erwartungen: Was steckt hinter dem Engagement im E-Business?
Der Mittelstand agiert offensiv: Befragt nach dem ausschlaggebenden Grund für das Engagement im E-Business, geben drei Viertel der Unternehmen an, neue Wettbewerbschancen nutzen zu wollen. Kundenanforderungen rangieren an zweiter Stelle, danach erst der Druck durch die Konkurrenz.
Wie bereits ihre vorsichtigen Gewinnerwartungen zeigen, geht es den Mittelständlern nicht nur kurzfristig um Gewinnmaximierung. Der für die Internet Economy charakteristische Bedeutungszuwachs immaterieller Werte spiegelt sich auch in den Erwartungen der Befragten wider: An erster Stelle der durch E-Business angestrebten Verbesserungen steht die Kommunikation mit Kunden und Zulieferern, gefolgt von Firmenimage und Kundenzufriedenheit. Vergleichsweise weniger bedeutsam ist die Erschließung neuer Vertriebs- und Beschaffungskanäle sowie die Gewinnung neuer Kunden.
Nach wie vor ist der Mittelstand (insbesondere in den Segmenten Handel und Dienstleistung) offenbar eher regional ausgerichtet. Dafür sprechen die geringen Erwartungen im Hinblick auf eine mögliche Ausdehnung des Auslandsgeschäftes – und vielleicht erklärt sich so auch die relative Unerschrockenheit gegenüber der Globalisierung.
Erfolge: Was E-Business wirklich bringt
Befragt nach den Erfolgen ihres Engagements im E-Business, zeigt sich, dass sich dieses für viele Mittelständler bereits heute auszahlt. Neben erzielten Umsatzsteigerungen, von denen immerhin fast die Hälfte der Unternehmen zu berichten weiß, konnten häufig Verkürzungen von Lieferzeiten, Stabilisierungs- und Einsparungspotentiale realisiert werden. Einsparungen werden insbesondere von den professionellen Anwendern akzentuiert.
Die Implementierung der eingesetzten E-Commerce-Lösungen wurde bei den meisten Unternehmen von Startschwierigkeiten begleitet. Diese hatten besonders mit dem vorhandenen Know-how der Mitarbeiter und der Integration bestehender und neuer Technikkomponenten zu tun. Immerhin fast ein Drittel der Unternehmen (28 Prozent) hat die Implementierung problemlos realisiert; größere Unternehmen hatten die geringsten Schwierigkeiten.
Bedenken: Warum Mittelständler nicht online gehen
Eine große Zahl mittelständischer Unternehmen ist nach wie vor allenfalls zu den passiven Nutzern zu zählen. Dafür werden Gründe vorgebracht, die jedoch auch auf Unsicherheiten zurückgeführt werden könnten: Führend unter den Passiv-Nutzern ist das Argument, E-Business passe nicht zum Unternehmen oder seinen Produkten (48 Prozent). Knapp ein Viertel äußert Skepsis im Hinblick auf die Akzeptanz der Kunden; für knapp ein Fünftel ist E-Business schlicht zu teuer. Sicherheitsaspekte halten immerhin ein Zehntel dieser Unternehmen von einem entsprechenden Engagement ab.
Bedenkt man die Einsparungs- und Optimierungspotentiale von E-Business über den Einsatz von Shopping-Lösungen hinaus, ließen sich viele dieser Argumente sicher objektiv zerstreuen. Trotzdem ist das Zögern vieler vor allem kleiner Unternehmen sicher nicht auf Ignoranz begründet. Gewichtiger sind die Unsicherheiten, die sich mit einem hohen Investitionsaufwand und einschneidenden Veränderungen der Unternehmensorganisation verbinden. Und nicht zuletzt fehlen diesen Unternehmen häufig die Ressourcen für eine strategische Auseinandersetzung mit dem Thema E-Business.