eCommerce mit etablierten Bezahlsystemen arrangiert

Auch wenn viele innovative Bezahlsysteme derzeit auf den Markt drängen, so beherrschen doch die klassischen Bezahlverfahren weiterhin die B2C-Transaktionen. Erfolgsaussichten auf dem Massenmarkt haben allein jene neuen Systeme, welche die Besonderheiten des eCommerce berücksichtigen. Aber auch die Akzeptanz von etablierten eShops und Dienstleistern im Zahlungsverkehr spielen eine wichtige Rolle.

Seit der Jahrtausendwende wollen uns mit dem aufkommenden Business-to-Consumer- (B2C-) eCommerce immer wieder Berichte vom bevorstehenden Ende des Bargeldes oder sogar vom Ende aller Bezahlsysteme heutiger Form überzeugen. Tatsächlich drängen mit dem Fortschritt der digitalen Technologien immer wieder innovative Bezahlsysteme unter fantasievollen Namen wie Crandy, CoralPay, e-gold, Digitproof oder Luup auf den Markt. Im Vergleich mit innovativen Systemen scheint die 3.000-jährige Idee des Geldes genau wie die Idee etablierter Bezahlsysteme zunächst recht altbacken.
Diese Studie hinterfragt das Potenzial der innovativen Bezahlsysteme: Wir starten mit einer Skizze des B2C-eCommerce. In der Überleitung vom Güter- zum zugehörigen Zahlungstransfer werden wir zunächst die innovativen Bezahlsysteme systematisieren. Darauf aufbauend beschreiben wir die aktuelle Marktsituation, um danach auf das Potenzial der Bezahlsysteme zu schließen.

B2C-eCommerce fliegt, ist aber kein Überflieger

Die innovativen digitalen Technologien haben den Handel mit Waren und Dienstleistungen grundlegend verändert. Mit B2C-eCommerce machen digitale Web-Portale den Distanzhandel transparenter und bequemer. Dies macht den B2C-eCommerce weltweit in breiten Bevölkerungsschichten populär. Bei der Analyse der Shops, der Shopper und der gehandelten Güter des B2C-eCommerce fallen folgende Besonderheiten auf:

– Die Shops, die neu im B2C-eCommerce einsteigen, wollen über den Web-Vertrieb neue Kundengruppen erschließen. Vor allem beim grenzüberschreitenden Handel erkennen viele Shops ihren Nachholbedarf. Zwei Drittel der deutschen Unternehmen bieten ihre Waren und Dienstleistungen über Web-Plattformen an. Bei vier von fünf dieser Shops liegt der Auslandsanteil am Umsatz bei unter einem Zehntel.

– Bei den Shoppern zeigt sich, dass die Sicherheit immer als sehr wichtig eingestuft wird. Gleichwohl ist das Sicherheitsempfinden je nach Geschlecht, Erfahrung im B2C-eCommerce und Lebensalter des eShoppers unterschiedlich ausgeprägt. So legen Männer mehr als Frauen besonderen Wert auf technische Sicherheit (speziell die Verschlüsselung über Secure Sockets Layer, SSL). Daneben vertrauen unerfahrene eShopper vorrangig auf Web-Sites in seriösem Design. Jeder zweite über 60-Jährige fährt seine eigene eShopping-Aktivität wegen Sicherheitsbedenken zurück und beschränkt sich auf bekannte Marken, denen er bereits länger vertraut.

– Reisen sind in Europa die umsatzstärkste Kategorie gehandelter Güter. Mit großem Abstand folgen jeweils dicht aufeinander Kleidung, Medien, elektrische Haushaltsgeräte, Computerhardware, Eintrittskarten, Nahrungsmittel und Getränke sowie Heimwerkerbedarf. Mit physischen Gütern wie Kleidung und Haushaltsgeräten begegnen uns auch die Verkaufsschlager des klassischen Versandhandels und eben bei Weitem nicht nur die üblichen Verdächtigen des B2C-eCommerce.

Beim eCommerce geht es auch um das Bezahlen

Das Web wird von immer mehr Anbietern und Konsumenten als wichtiger Vertriebskanal wahrgenommen, doch der B2C-eCommerce erreicht relativ zum gesamten Handel nach wie vor lediglich kleine Marktanteile. So wird nach unserer Einschätzung der Umsatz im westeuropäischen B2C-eCommerce zwischen 2006 und 2010 durchschnittlich um 27% p.a. wachsen. Allerdings bezieht sich dieses respektable Wachstum auf eine kleine Ausgangsbasis, nämlich den Jahresumsatz von EUR 130 Mrd., einem Sechszehntel des westeuropäischen Einzelhandelsumsatzes. Somit wird der B2C-eCommerce im Vergleich zum gesamten Einzelhandel auch mittelfristig klein bleiben.
Die eShops gehen oft unzureichend auf die besonderen Umstände des Distanzhandels im unpersönlichen virtuellen Raum ein. So fallen im B2C-eCommerce die Auslieferung und das Bezahlen der Ware sowohl räumlich als auch zeitlich deutlich auseinander. Dabei sind einander persönlich unbekannte Geschäftspartner in der Praxis beim Bezahlen besonders argwöhnisch. Der von den Shops oft als nachrangig erachtete Bezahlvorgang ist damit ein wunder Punkt des B2C-eCommerce.

Innovative Systeme in sehr unterschiedlichem Design

Die vielfältigen innovativen Bezahlsysteme, die nun gegen die klassischen Systeme antreten, unterscheiden sich in folgenden fünf Dimensionen:

– Internet-System bzw. mobiles System (Zahlung per Handy, d.h. Spracheingabe oder Textnachricht initiiert die unbare Zahlung);

– Zahlungszeitpunkt: Pre-Paid, Post-Paid bzw. unmittelbare Zahlung;

– nachladbares bzw. nicht nachladbares System;

– Höhe der Zahlung: System zur Abwicklung kleiner Zahlungsbeträge (Micro-Payments unter EUR 10) bzw. großer Zahlungsbeträge (Macro-Payment);

– System mit direktem Bezug bzw. ohne direkten Bezug zum Schuldnerkonto.

Bezahlsystem vielfältig herausgefordert

eShops und eShopper haben vielfältige Anforderungen an Bezahlsysteme. Diese beziehen sich auf folgende zehn Aspekte:

– (empfundene) Sicherheit, abgeleitet aus dem Image der Technologie und dem objektiven technischen Sicherheitsniveau des Systems;

– Konsistenz der Information hinsichtlich Höhe, Ausführungszeitpunkt und Zweck der unbaren Zahlung;

– Totalität, d.h. im Falle unbeabsichtigter Datenkorruption sollte das Konto des Schuldners nicht fälschlicherweise belastet werden;

– Rückforderung von Zahlungen;

– Transaktionskosten;

– Geschwindigkeit;

– Verbreitungsgrad bei eShops und eShoppern;

– Diskretion bei personenbezogenen Daten;

– einfache Handhabung der Hard- und Software bezüglich Menüführung und Systemstabilität;

– Portabilität, d.h. Nutzung über verschiedene Medien und Endgeräte in unterschiedlichen Nutzungssituationen des stationären und virtuellen Handels.

Bezahlsystem als Diener vieler Herren

Oft widersprechen sich die Anforderungen von eShop und eShoppern an das Bezahlsystem. Der Interessenkonflikt tritt bei dem Zugang zu personenbezogenen Daten und der Möglichkeit geleistete Zahlungen zurückzufordern besonders zu Tage. Um ein aussagekräftiges Kundenprofil erstellen zu können, möchte der eShop möglichst viel über seine eShopper erfahren. Dieses Kundenprofil versetzt dann den Shop in die günstige Lage, seine Produktentwicklung, seine Preisgestaltung und sein Marketing zielgruppenorientiert auszurichten. Doch eben diese Möglichkeit, dass personenbezogene Daten systematisch erhoben werden, steht im Gegensatz zum Interesse der eShopper, die ihre Privatsphäre weitgehend geschützt sehen wollen. Der Interessenkonflikt entfacht sich aber auch um die Möglichkeit geleistete Zahlungen zurückzufordern. Hier ist der eShopper an einer möglichst weit gefassten Regelung interessiert. Der eShop dagegen pocht auf Verbindlichkeit. Er will eine vom eShopper veranlasste Rückforderung weitgehend ausschließen und zusätzliche Kosten vermeiden. Diese unterschiedlichen Bewertungen sind vom jeweiligen Standpunkt des eShops bzw.
eShoppers gesehen durchaus begründet. Allerdings bremst diese Gemengelage den Markterfolg der innovativen Bezahlsysteme.

eShops wenig experimentierfreudig

eShops verhalten sich bei der Entscheidung über das eigene Bezahlportfolio risikoscheu. Maßnahmen, die zur Sicherung der Einnahmen beitragen, genießen hier höchste Priorität. Hohe Rückforderungsquoten, wie sie beispielsweise Pago eTransaction Services in Großbritannien verzeichnet, schrecken ab.
Des Weiteren erachten nur zwei von drei eShops das Angebot kundefreundlicher Systeme als wichtig. Dies, obwohl allein wegen der Komplexität der Bezahlsysteme bereits zwei Fünftel der eShopper irgendwann einen Kaufvorgang abgebrochen hatten. Nur die Hälfte der deutschen eShops erkennt im Bezahlportfolio ein geschäftsrelevantes Instrument. Insbesondere berücksichtigen dabei nur ein Viertel der eShops die Sicherheitsbedenken der eShopper. Dies ist verwunderlich, da letztlich die Binsenweisheit gilt, dass allein solche Bezahlsysteme erfolgreich sein können, die auch von den eShoppern akzeptiert werden.
Mit dieser Ausgestaltung ihres eigenen Portfolios zeigen sich die
eShops weitgehend zufrieden. Neunzehn von zwanzig deutschen eShops bieten derzeit mindestens zwei Bezahlsysteme; knapp zwei Drittel gar drei bis fünf Systeme. Allerdings begnügen sich die eShops zumeist mit dem Angebot klassischer Bezahlsysteme (Vorauskasse, Rechnung, Nachnahme, Lastschrift, Kreditkarte). Ein Drittel der deutschen eShops hatte bislang konkrete Pläne zum Ausbau des Portfolios. Shops aus der mittleren Umsatzklasse (zwischen EUR 100.000 und 2,5 Mio.) zeigen sich dem Ausbau des Portfolios gegenüber besonders abgeneigt.

eShopper beim Bezahlen schwer zufrieden zu stellen

Die eShopper formulieren ebenfalls vielfältige Anforderungen an die Bezahlsysteme. Neben der (empfundenen) Sicherheit achten die eShopper vor allem auf die schnelle Abwicklung der Transaktion. Darüber hinaus erkennen insbesondere die Frauen in der Nutzerfreundlichkeit ein äußerst wichtiges Kriterium. Für ein Bezahlsystem ist diese von den eShoppern formulierte Kombination aus hohen Erwartungen an Sicherheit und Nutzerfreundlichkeit bereits deshalb äußerst komplex, weil die eShopper technisch sichere Bezahlsysteme tendenziell wiederum als wenig nutzerfreundlich empfinden.
Bei den vielfältigen Anforderungen wundert es, dass 62% der
eShopper mit den etablierten Bezahlsystemen zufrieden sind. Dies ist allerdings keine Erfolgsgarantie für innovative Systeme. Denn der Unzufriedenheit mit den bestehenden Angeboten zum Trotz ist auch die Zurückhaltung gegenüber neuen Angeboten sehr stark ausgeprägt. Dabei ist besonders die offensichtliche Risikoscheu der eShopper eine große Herausforderung für die Bezahlsysteme. So glauben insgesamt 48% der deutschen eShopper an die Sicherheit der Bezahlsysteme. Daneben halten sich 52% der eShopper zurück, wenn viele persönliche Daten abgefragt werden. Knapp zwei Drittel der eShopper geben an, dass sie nicht erkennbar verschlüsselte Systeme meiden. Letztlich haben 54% der eShopper bereits ernsthafte Vorbehalte gegenüber Bezahlsystemen, die ihnen unbekannt sind.

Drei Kriterien erklären die Entscheidung der eShopper

Einkommen, Alter und eShopping-Erfahrung erklären weitgehend die Entscheidung der eShopper für ein Bezahlsystem. So ist hinsichtlich des Einkommens auffällig, dass sich die eShopper mit einem Nettoeinkommen über EUR 3.000 pro Monat im B2C-eCommerce eher auf die Vorauskasse und die Einzugsermächtigung einlassen als die einkommensschwächeren eShopper. Hinsichtlich des Alters der eShopper fällt auf, dass die 30-39-Jährigen vermehrt auf innovative Bezahlsysteme vertrauen. Dagegen greifen die 40-49-Jährigen meist auf die Online-Überweisung und die elektronische Lastschrift zurück. Den über 50-jährigen eShoppern sind Sicherheit und Nutzerfreundlichkeit besonders wichtig. Als nachrangig erachten sie dagegen die Geschwindigkeit der Abwicklung. Dabei setzen die über 50-Jährigen im B2C-eCommerce überdurchschnittlich stark auf die Kreditkarte. Die über 60-Jährigen nutzen insbesondere die Lieferung per Nachnahme – trotz der hohen Transaktionskosten. Hinsichtlich der Erfahrung der eShopper ist auffällig, dass sich die besonders aktiven eShopper vermehrt auf innovative Bezahlsysteme einlassen.

Neue Bezahlsysteme müssen hart um Anteile ringen

Zwar sind heute allein in Deutschland über 40 innovative Bezahlsysteme aktiv. Doch erst in jüngster Zeit finden einige wenige innovative Systeme wie PayPal, Click&Buy oder Giropay tatsächlich den Weg in das Bezahlportfolio deutscher eShops. Die Dominanz der klassischen Bezahlsysteme leitet sich aus folgenden drei Punkten ab:

– Der ausgeprägte Netzgütereffekt verhindert, dass konkurrierende neue Bezahlsysteme schnell Marktanteile erobern.

– Die geringe personelle und finanzielle Ressourcenausstattung kleiner eShops beschränkt das Potenzial der innovativen Bezahlsysteme deutlich. Kleine Shops mit eigenem Zahlungsmanagement können bei spärlicher Ressourcenausstattung nur wenige Maßnahmen ergreifen, um Zahlungsausfälle zu vermeiden. Oft verlassen sie sich deshalb auf die Vorauskasse.

– Der Fokus innovativer Bezahlsysteme zielt in einigen Aspekten – beispielsweise hinsichtlich des Zahlbetrags oder der portablen Nutzung – nicht auf die typische Geschäftssituation, sondern auf Nischenbereiche des B2C-eCommerce. So wickeln viele Systeme nur Micro-Payments unter EUR 10 ab. Diese Kleinstbeträge fallen aber bei zwei Drittel der eShops überhaupt nicht an. Daneben werben die mobilen innovativen Bezahlsysteme mit ihrer Portabilität. Die Analyse der typischen Kaufsituation relativiert die Bedeutung dieser Möglichkeit allerdings schnell. So wird in Deutschland der Großteil des B2C-eCommerce in der typischen Arbeitszeit, d.h. überwiegend an Wochentagen zwischen 8 und 18 Uhr, getätigt. Wenn die eShopper in der Arbeitszeit kaufen, deutet dies darauf hin, dass sie typischerweise die stationäre Infrastruktur ihres Büros einsetzen. In dieser Online-Nutzungssituation liegt es nahe, dass der eShopper die vorhandene stationäre Infrastruktur für den gesamten Prozess gebraucht. Daher ist anzunehmen, dass der eShopper keinen Medienbruch vollzieht und nach der Auswahl des Gutes im Webportal allein zum Bezahlen zu seinem Handy greift. Bereits das Design spricht folglich oft gegen den Erfolg der innovativen Bezahlsysteme im breiten Markt.

SEPA und PSD bringen neue Bewegung

Im Fahrwasser der Single European Payment Area (SEPA) wird für einige eShops die Beschäftigung mit dem eigenen Bezahlportfolio wieder interessant. Mit SEPA reagiert die im European Payments Council (EPC) organisierte europäische Kreditwirtschaft auf die stärker integrierten Märkte der EU. Ausgehend von rein nationalen Zahlungsverkehrssystemen und abweichenden Rechtsgrundlagen in den Mitgliedsstaaten der EU, soll SEPA bis 2010 einen integrierten Zahlungsverkehrsraum für Massenzahlungen schaffen. Überall in diesem Zahlungsverkehrsraum müssen SEPA-Transaktionen zu den gleichen Prozessbedingungen abwickelt werden. Die SEPA-Lastschrift, die SEPA-Überweisung und die SEPA-Kartenzahlung (SEPA Cards Framework, SCF) sollten zunächst bereits 2008 im Markt umgesetzt sein, könnten sich nach dem schleppenden politischen Einigungsprozess nun aber verzögern. SEPA drängt darauf, dass im grenzüberschreitenden komplexen Verbund von Akteuren, unbare Zahlungen schnell, kostengünstig und zuverlässig ausgeführt werden und wirkt damit letztlich in Richtung der Harmonisierung. SEPA-konforme, eCommerce-fähige, IP-basierte innovative Systeme (wie Giropay) erscheinen grundsätzlich besonders aussichtsreich. Dies gilt umso mehr, als zum bisherigen Stand der Debatte der kommende Rechtsrahmen für den Zahlungsverkehr im europäischen Binnenmarkt (Payment Services Directive, PSD) das Ziel der Innovationsförderung womöglich stärker betonen könnte als das Ziel der Gleichbehandlung im Zahlungsverkehr insgesamt.
In Deutschland werden innovative Bezahlsysteme, die Vorauszahlungen ihrer Kunden annehmen, nach der E-Geld-Richtlinie (2000/46/EG) und dem Kreditwesengesetz (KWG) als E-Geld-Institute behandelt. E-Geld-Institute sind keine Banken und dürfen daher weder Sparguthaben verwalten, noch Kredite vergeben. Darüber hinaus müssen sie ein Mindest-Anfangskapital von EUR 1 Mio. (bei Einlagenkreditinstituten: EUR 5 Mio.) vorweisen und unterstehen der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin). Diese Auflagen der Finanzaufsicht gegenüber innovativen Bezahlsystemen sind im Vergleich zu den Auflagen für klassische Finanzinstitute deutlich lockerer. Dennoch verursachen aber selbst diese Auflagen durchaus spürbare Kosten.

Der Staat gibt, der Staat nimmt beim Marktpotenzial

Nicht erst seit SEPA oder PSD muss jeder Anbieter eines Bezahlsystems erhebliche Ressourcen aufwenden, um den juristischen Aspekten seines intensiv regulierten, komplexen Marktumfeldes zu genügen. In diesem komplexen Gefüge beeinflussen auch politische und regulatorische Entscheidungen außerhalb des eigentlichen Finanzbereiches die Marktsituation der Bezahlsysteme nachhaltig. Beispielsweise können dank der 11. Ausnahmenverordnung zur Straßenverkehrsordnung (StVO), die Ende dieses Jahres als Regelfall in die StVO aufgenommen werden soll, seit Januar 2005 in Deutschland Parkgebühren per Handy bezahlt werden. In Kooperation zwischen verschiedenen Anbietern von Bezahlsystemen und Städten wie Berlin, Paderborn, Saarbrücken oder Wiesbaden wurden einige kommunale Projekte realisiert. Die geänderte Rechtsgrundlage bringt die mobilen innovativen Bezahlsysteme in Deutschland wieder in die öffentliche Wahrnehmung zurück. Da die kommunalen Geschäftsmodelle aber eng begrenzte geografische Räume adressieren, bleibt der positive Effekt auf die überregional auftretenden innovativen mobilen Systeme beschränkt.
Indessen schränkt die politische Entscheidung, den Jugendschutz in Deutschland zu verbessern, wiederum das Potenzial der innovativen Bezahlsysteme ein. Seit Januar 2007 geben die 550.000 Zigarettenautomaten in Deutschland nur noch Waren an Kunden ab, die dokumentieren, dass sie älter als 16 Jahre sind. Diese Dokumentation läuft über die in Deutschland weit verbreitete, aber bislang recht selten genutzte GeldKarte. Der neue Ansatz im Jugendschutz verschafft der Geldkarte einen neuen Schub und setzt damit die konkurrierenden innovativen Bezahlsysteme zusätzlich unter Druck. Letztlich ist der Nettoeffekt von politischen Entscheidungen auf Bezahlsysteme – wie bei den beiden Beispielen Parkgebühr und Jugendschutz gesehen – a priori unklar. Wegen des erheblichen administrativen Aufwands können wir allerdings davon ausgehen, dass die Regulierung das Marktpotenzial der kleinen innovativen Systeme tendenziell stärker einengt.

Fazit: Mit Etabliertem arrangiert

Obwohl das Web von vielen Anbietern und Konsumenten als virtuelle Handelsplattform wahrgenommen wird, ist der B2C-eCommerce heute immer noch von seinem tatsächlichen Potenzial entfernt. Mehr noch als bei der Gütertransaktion sind persönlich einander unbekannte Geschäftspartner beim Bezahlen besonders argwöhnisch. Ist das Bezahlverfahren bei den eShoppern nicht akzeptiert, läuft selbst das attraktivste Produkt Gefahr, an der virtuellen Ladenkasse liegen zu bleiben. Der B2C-eCommerce wird nur dann ins Rollen kommen, wenn die Bezahlsysteme den besonderen Anforderungen dieses Geschäfts genügen.
Die im stationären Handel der körperlichen Welt lange etablierten klassischen Bezahlsysteme (Vorauskasse, Rechnung, Nachnahme, Lastschrift, Kreditkarte) dominieren auch den B2C-eCommerce. Der ausgeprägte Netzgütereffekt, der auf Nischen des B2C-eCommerce begrenzte Fokus einiger Systeme und die geringe Ressourcenausstattung vieler eShops beschränken das Marktpotenzial neuer Bezahlsysteme. Zumeist bleiben den innovativen Bezahlsystemen nur kleine Teilsegmente, wie die Micro-Payments oder über das Handy angewiesene unbare grenzüberschreitende Überweisungen, die den etablierten klassischen Systemen als Geschäftsfeld nicht hinreichend profitabel erscheinen. PayPal bildet hier die große Ausnahme. Diese Ausnahme bestätigt, dass ein Geschäftsmodell nur dann erfolgreich sein kann, wenn es die Besonderheiten des B2C-eCommerce berücksichtigt, von etablierten eShops oder Finanzdienstleistern unterstützt wird und der Öffentlichkeit sein mehrwertiges Alleinstellungsmerkmal vermitteln kann.
Doch abseits solcher Einzelfälle lassen die klassischen Bezahlsysteme den innovativen Systemen letztlich nur wenig Raum. Dies gilt umso mehr, weil die klassischen Bezahlsysteme auf die neuen Anforderungen eingehen. Die international akzeptierte Kreditkarte beispielsweise will mit fortgeschrittenen Sicherheitsverfahren, wie „Verified by Visa“ bzw. „MasterCard SecureCode“ oder erweiterten Angeboten, wie der Prepaid-Karte für Kunden mit verminderter Bonität, neue Marktpotenziale erschließen. So wird auch in nächster Zeit die Konsolidierung weiter voranschreiten.

Dieser Artikel erschien am und wurde am aktualisiert.
Nach oben scrollen