eLearning – Kapital für die Zukunft

Das Thema eLearning steckt noch in den Kinderschuhen. Aktuell schätzen Anbieter für berufliche Weiterbildung den Anteil der computer- und webgestützten Trainings auf durchschnittlich gerade einmal 6,5 Prozent. In Anbetracht des enormen Potentials ein verschwindend geringer Wert.

Die Anbieter stehen bereit
Denn allein die Erwartungshaltung der Branche zielt auf ganz andere Dimensionen ab. So gehen die Fort- und Weiterbildungs-Anbieter bis 2005 von einer Steigerungsrate um mehr als das Dreifache bis auf 20,8 Prozent Marktanteil aus. Eine deutliche Mehrheit von fast 79 Prozent der Teilnehmer einer entsprechenden Befragung der Unternehmensberatung Lünendonk erwartet, dass der eLearning-Marktanteil im Jahr 2005 auf über 10 Prozent steigt, während ihn 40 Prozent eben sogar jenseits der 20-Prozent-Marke wähnen.

Bei der Verbreitung von eLearning-Angeboten innerhalb Europas, schreibt IDC in einer aktuellen Studie insbesondere Großbritannien, den Niederlanden sowie Schweden eine Schrittmacher Rolle zu. So habe sich in diesen Ländern das Internet längst als Alltagsmedium bewährt und ein Großteil der Bevölkerung ist der „Business-Sprache“ Englisch mächtig, die auch zur Nutzung vieler Learning-Tools heute noch obligatorisch ist.

Was bringt eLearning den Unternehmen?
Die optimistischen Prognosen der Anbieter beruhen auf der Hoffnung, dass Unternehmen in zunehmendem Maße erkennen, welche enormen Chancen und Einsparpotentiale sich durch die verstärkte Nutzung von computer- oder webgestützten Fort- und Weiterbildungsangeboten bieten. Denn der Aufbau und die Sicherung des Mitarbeiter Know-hows spielt in vielen Geschäftsbereichen heute eine zunehmend wichtigere Rolle. So erlangen viele neue technologische Entwicklungen in immer kürzeren Abständen die Marktreife und auch die Produkt- und Innovationszyklen verkürzen sich zusehends. Für die Unternehmen und deren Mitarbeiter bedeutet dieses in der Regel eine kurzfristige sowie mehr oder minder umfassende Umstellung auf eine andere Linie. Dazu gehört auch nicht selten das Erlernen von neuem grundlegenden Wissen sowie die Integration neuer Software oder Applikationen in bestehende Abläufe. Mit traditionellen Methoden allein wird es dadurch zunehmend schwieriger die eigenen Mitarbeiter immer „up-to-date“ zu halten.

Die Nutzung von eLearning-Angeboten ermöglicht nicht nur mit der unternehmerischen Entwicklung auch im Bereich der Fortbildung bequem Schritt halten zu können, es gestaltet Weiterbildungsangebote oftmals auch flexibler und kostengünstiger. So gehen die Analysten der Unternehmensberatung Mummert + Partner davon aus, dass rund 30 Prozent an Kosten für die Mitarbeiter Fort- und Weiterbildung einspart werden können. Deutlich wird das beträchtliche Einsparungspotential, wenn man bedenkt, dass allein deutsche Unternehmen Jahr für Jahr etwa 60 Milliarden DM in ihre Mitarbeiter investieren. So geht Frank Kabel, eLearning-Experte bei Mummert + Partner davon aus, dass sich mithilfe eines Web-basierten Trainings (WBT) die eigentliche Seminardauer bei Fortbildungen um etwa ein Drittel reduzieren lässt.

Ein Beispiel aus der Bankenwelt soll die Einschätzung der Marktforscher veranschaulichen: Ein typisches Börsenhändlertraining nimmt als herkömmliches Seminar durchschnittlich drei Arbeitstage in Anspruch. Absolviert der Angestellte vorher ein eintägiges WBT, kann die Dauer des konventionellen Lehrgangs auf einen Tag reduziert werden. Durch geringere Teilnahmegebühren und den Wegfall der Übernachtungs- und Reisekosten sinken die Ausgaben für die Fortbildung dabei von durchschnittlich 2.000 auf circa 1.300 Euro.

Flexibles und effizientes Lernen
Die große Ungebundenheit des Lernenden erscheint aus praktischer Sicht beim eLearning als das größte Plus. So stehen die Lerninhalte beim web-basierten Training via Internet ortsunabhängig zur Nutzung auf jedem onlinefähigen Rechner bereit, so dass ein Mitarbeiter beispielsweise sowohl im Büro als auch von zuhause aus das jeweilige Schulungsangebot wahrnehmen kann. Zur Darstellung wird in der Regel einfach auf den Browser zurückgegriffen, in dem dann Unterrichtstexte oder auch Multimedia-Inhalte wie Grafiken, Flash- oder Videosequenzen erscheinen. Der Lernerfolg kann unter anderem durch Übungsfragen im Multiple-Choice-Verfahren gesichert und überprüft werden. Über ein virtuelles Studienbuch kann der Lernende zudem verfolgen, welche Trainings bzw. Übungsabschnitte er bereits gebucht oder absolviert hat. Da jedoch auch der gemeinsame Austausch von Lernenden untereinander bzw. mit ihren Lehrenden (gern auch als Coach bezeichnet) eine große Rolle beim Lernerfolg spielt, werden eLearning-Tools in der Regel um Chat-Räume und Diskussionsforen erweitert. Newssektionen und virtuelle Bibliotheken runden das Angebot ab.

„Die Zukunft der beruflichen Fortbildung liegt in der Verbindung von interaktiven Web-basierten Trainings, klassischen Seminaren und interaktiven, synchronen Lernmethoden wie Whiteboards und Chats“, erklärt Frank Kabel. Deswegen lassen sich sowohl WBT als auch weltweit angebotene „klassische“ Seminare direkt über das eLearning-Portal buchen. Das Themenspektrum erstreckt sich von Börsen-Know-how über Computer-Lehrgänge bis hin zu Sprachkursen.

Das Kostensenkungspotenzial von eLearning-Einheiten, die Präsenzseminare ergänzen bzw. ersetzen, lässt sich daher recht plausibel darstellen: Geringere Arbeitsausfallzeiten, der Wegfall von Spesen, Reise- und Trainerkosten sind leicht nachzuvollziehen. Darüber hinaus wird Know-how 24 Stunden, sieben Tage die Woche, verfügbar. Ferner ist in Unternehmen mit starker Vertriebsstruktur ein weiterer Aspekt zu beachten: Die Realisierung zusätzlichen Umsatzes. Denn wenn ein Vertriebsmitarbeiter durch eLearning oder Online-Knowledge-Management früher als bisher auf neue Produkte bzw. Dienstleitungen hin geschult werden kann, so lassen sich in diesem Segment auch früher neue Marktumsätze erzielen.

In welchen Branchen kommt eLearning bereits zum Einsatz?
IT-Unternehmen gehören zu den ersten die verstanden haben, wie sich durch eLearning Wettbewerbsvorteile erzielen lassen. Dies ist vermutlich historisch begründet und hängt damit zusammen, dass eLearning mit dieser Branche stark verwachsen ist. Laut unicmind.com AG, einem Anbieter von eLearning kann man grundsätzlich sagen, dass Unternehmen mit komplexer Vertriebsstruktur oder besonders beratungsintensiven Produkten prädestiniert für den Einsatz von eLearning bzw. Online-Wissensmanagementsystemen sind. Dies gilt in gleichem Maße für Unternehmen mit hoher Innovationsrate oder großem Schulungsbedarf. Bisher sind es vor allem die großen Unternehmen mit bis zu mehreren tausend Mitarbeitern und entsprechenden verfügbaren Budgets, die zu den Nachfragern von ausgereiften eLearning- und Knowledge-Management-Lösungen zählen. Dieses verwundert nicht weiter, wenn man berücksichtigt, dass solche Anwendungen nicht selten Anschaffungskosten in Millionenhöhe verursachen. Doch nach und nach verändert sich die Nachfragesituation und rückt auch Tochterunternehmen und einzelnen Unternehmenssegmente großer Konzerne sowie einige Mittelständler an eine vordere Position. So berichtet es jedenfalls die neue Studie „Wachstumsmarkt E-Learning“ von Berlecon Research. Nach eigenen Angaben handelt es sich hierbei um die erste umfassende Marktanalyse zum deutschen eLearning-Markt für betriebliche Aus- und Weiterbildung.

Ein Ausblick
Zum Bedauern vieler „lernwilliger“ Firmen ist der deutsche eLearning-Markt für betriebliche Aus- und Weiterbildung noch in hohem Maße intransparent. Neben einer unüberschaubar großen Zahl von Anbietern trägt insbesondere auch ein noch fehlender Standard bei den Lösungsanbieter zur Verunsicherung der Nachfrager bei. Da unter den Anbieter ebenfalls noch eine große Unsicherheit darüber besteht, wohin die Entwicklung in den kommenden Jahren beim eLearning gehen wird, welche Marktsegmente in Zukunft attraktiv sein werden und welche Investitionen auch von Anbieterseite als tatsächlich sinnvoll erscheinen, wird der Markt momentan eher durch Zurückhaltung geprägt.

Auch wenn diese beiderseitigen „Befindlichkeiten“ ernst genommen werden müssen, dürfen die Vorteile, die eLearning – gerade auch in Krisenzeiten – für die Unternehmen bietet, nicht außer Acht gelassen werden. Die wesentlichen Vorteile bestehen in den spürbaren Kosten- und Zeitersparnissen, die eLearning im Gegensatz zum klassischen Präsenztraining vorweisen kann. Gerade in kritischen Zeiten, wo Effizienzgewinne und Kostenreduktion das interne Tagesgeschäft bestimmen, sicher ein gutes Argument. Besonderes das Interesse an günstigen standardisierten One-to-many-Lösungen, die geringe Anfangskosten mit sich bringen und die Mitarbeiter schnell und einfach an extern betreute Kursangebote heranführen, steigt schon jetzt. So sind gerade in den letzten Monaten in diesem Bereich interessante eLearning-Neugründungen von Fullservice-Akademien im Netz erfolgt, deren Chancen durch die momentane Konjunkturentwicklung noch begünstigt werden könnten.

Offen bleibt sicher noch die Frage nach der Themenpalette der Lernangebote. Heute beschränken sich viele Anbieter und Unternehmen noch auf die Vermittlung/Schulung von eher funktionalen Inhalten wie dem Arbeiten mit der Office-Software oder der Bedienung von CAD-Anlagen. Andererseits eignet sich eLearning, insbesondere auch vor dem Hintergrund des Wissenstransfer, ebenso gut für Themenbereiche im Vertriebswesen bzw. Marketing. Selbst die Schulung von so genannten „SoftSkills“, also etwa dem Themenbereich „Mitarbeiterführung“, für den Führungsnachwuchs kann man auf dieser Ebene prädestiniert vermitteln. Vor diesem Hintergrund offenbaren sich für die Nachfrager dann noch einmal ganz konkrete Ertragsmöglichkeiten aus dem eLearning-Segment heraus, weil die vermittelten „Skills“ unmittelbar im folgenden Geschäftsprozess früchtetragend eingebracht werden könnten. Und ein besseres Argument kann es für Investitionen ja kaum geben.

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