ePayment : Alte Besen kehren noch am besten

Online-Bezahlsysteme versuchen seit Jahren den Markt zu erobern. Doch König-Kunde scheint mit dem Status quo und der Zahlung per Rechnung &Co. zufrieden zu sein. Allein Händler klagen über Zahlungsausfälle und hohe Transaktionsgebühren. Wie sieht der Markt der Zahlungssysteme aus?

Was Kunden wünschen – Sicherheit als Voraussetzung
Sicherheitsaspekte spielen beim Online-Kauf immer noch die größte Rolle. Dies bestätigt sowohl eine aktuellen Untersuchung der Marktforscher von Berlecon Research als auch das zentrale Ergebnis einer Studie von Forrester Research: So halten 98 Prozent aller von Forrester befragten Online-Käufer die Sicherheit beim Online-Shopping für wichtig bzw. besonders wichtig. Noch eindeutiger sogar ist das Resultat bei den kleineren Händlern: Hier wird dieser Aspekt laut Berlecon sogar zu 100 Prozent als wichtig oder sehr wichtig erachtet. Dabei ist es natürlich verständlich, dass insbesondere Händler ein verstärktes Interesse an sicheren Zahlungsmethoden haben, denn in aller Regel sind sie die Leidtragenden, falls beim Bezahlen etwas schief läuft.

Wie wichtig dem Kunden das Thema Sicherheit ist, zeigt auch eine jüngste Untersuchung der Universität Karlsruhe (IZV4): Demnach ist die Mehrheit der Online-Shopper bereit für mehr Sicherheit beim Bezahlen im Internet zusätzliche Software zu installieren (61,3 Prozent), längere Wartezeit beim Bezahlvorgang in Kauf zu nehmen (51,7 Prozent) bzw. sich bei einer Vertrauensstelle anzumelden (51,4 Prozent).

Sowohl bei Rechnung, Lastschrift, Nachnahme als auch Kreditkarte liegt das größere Risiko beim Händler. Und dies sind nun mal die am häufigsten in Deutschland angebotenen Zahlungsmittel. So wird zwar beispielsweise von über der Hälfte der Online-Shops die Zahlung per Lastschrift angeboten, indem der Kunde lediglich seine Kontonummer und Bankleitzahl mitteilt, doch ist das Missbrauchsrisiko, ebenso wie bei der Kreditkartenzahlung, ohne Unterschrift sehr hoch. Der vermeintliche Kunde kann sowohl Lastschrift- als auch Kreditkartenzahlungen problemlos wieder stornieren. Fehlt die Unterschrift beim Lastschriftverfahren, hat der Kunde das Recht, nahezu beliebig lange dem Lastschrifteinzug bei seiner Bank zu widersprechen. Aber auch bei vorliegender Unterschrift besitzt der Kunde immerhin noch ein sechswöchiges Widerspruchsrecht. Ganz ähnlich verhält es sich bei Kreditkartentransaktionen im Internet. Hier gelten die gleichen Bedingungen wie beim Versandgeschäft (Mailorder). Der Verkäufer hat keine Zahlungsgarantie und obendrein die Nachweispflicht für die korrekte Warenanlieferung beim Kunden. Ohne Unterschrift übertragen die Kreditkarten-Organisationen dem Händler das volle Risiko bei einer Reklamation. Sowohl bei Lastschrift als auch bei Kreditkarte bleibt der Händler bei Beanstandungen in jedem Fall auf den so genannten Chargeback-Gebühren sitzen. So kommt es bei Online-Händlern allzu oft vor, dass der Rechnungsbetrag entweder erst gar nicht abgebucht werden kann oder vom Kunden wieder zurückgebucht wird. In der Regel hat die Ware dann jedoch das Lager schon längst verlassen. Die Risiken der Kreditkartenzahlung für den Händler verdeutlicht auch eine aktuelle Einschätzung von Eurocard. Demnach büßen Online-Händler bis zu zehn Prozent ihres Jahresumsatzes durch Kreditkartenbetrug ein. Die Zuwachsrate bei den betrügerischen Online-Geschäften liegt laut Eurocard-Geschäftsführer Manfred Krüger bei 40 Prozent.

Auch wenn heute der Großteil der Zahlungen im Internet immer noch über die klassischen Zahlungsmittel wie Kreditkarte, Überweisung oder Nachnahme erfolgt, sehen die Analysten von Forrester einen allmählichen Strukturwandel voraus. Zwar liegt die Kreditkarte als Zahlungsmittel im Internet beim Konsumenten mit knapp 30% aller Transaktionen an der Spitze (gefolgt von herkömmlichen Überweisungen mit 26%, Lastschrift mit 22% und Nachnahme mit 13%), doch sollen diese Bezahlverfahren bereits in den nächsten fünf Jahren ihre dominierende Stellung einbüßen. Vor allem der multifunktionalen SmartCard traut man bei Forrester dabei einen Siegeszug unter den Bezahlsystemen zu. Darüber hinaus sollen Rechnungen im Internet zunehmend elektronisch versendet, präsentiert und auch bezahlt werden. Dieses integrierte Verfahren ist unter dem Begriff „Electronic Bill Presentment and Payment“ (EBPP) bekannt. Die bekannteste SmartCard in Deutschland ist sicherlich die GeldKarte. Fast jede EC-Karte besitzt mittlerweile einen kleinen Chip, wodurch sich in Deutschland etwa 50 Millionen GeldKarten im Umlauf befinden. Seit letztem Jahr ist auch der Einsatz der Geldkarte im Internet vom Zentralen Kreditkartenausschuss (ZKA) offiziell genehmigt worden. Als Voraussetzung wird jedoch beim Kunden ein Kartenlesegerät mit Tastatur und Display benötigt. Diese Lesegeräte sind zwar schon erhältlich (z.B. Kobil Systems GmbH), schlagen jedoch noch immer mit ca. 200DM recht teuer zu Buche. Allein Händler dürften daher ein großes Interesse an der Durchsetzung der GeldKarte besitzen, da die Kosten bei einer Mindestgebühr von 2 Pfennigen pro Transaktion bzw. 0,3 Prozent des Umsatzes mehr als moderat im Vergleich zu anderen Zahlungssystemen sind. Darüber hinaus sind GeldKarten-Transaktionen mit dem Bezahlen per Bargeld zu vergleichen: ein einmal übertragener/bezahlter Betrag kann vom Kunden nicht wieder zurückgebucht werden. So sollten sich Handel und Banken überlegen, ob nicht eine Subventionierung von Kartenlesegeräten eine sinnvolle Alternative zum Status quo darstellt.

Welche Zahlungssysteme werden von Online-Händlernangeboten?
Im Großen und Ganzen werden von Online-Händlern die Zahlungssysteme angeboten, die auch von den Käufern nachgefragt werden. Dies ist auch wichtig, da es immerhin für 96 Prozent aller Befragten der IZV4-Studie wichtig bzw. sehr wichtig ist, dass ihre bevorzugte Bezahl-Methode vom Online-Shop auch angeboten wird. So werden Nachnahme, Vorkasse, Lastschrift und Rechnung von der überwiegenden Mehrheit der kleineren Online-Shops auch angeboten.

Im Gegensatz zu großen Online-Shops, bei denen am häufigsten die Zahlung per Kreditkarte angeboten wird, steht diese Zahlungsoption nur bei vier von zehn kleineren Shops zur Verfügung. Vor allem die hohen Kosten für Kreditkartentransaktionen dürften für die Zurückhaltung verantwortlich sein. Immerhin werden im Internet (Versandgeschäft) von den Kreditkarten-Organisationen Gebühren zwischen 3% und 5% verlangt, plus zusätzlicher Kosten pro Transaktion, Einrichtungsgebühren (setup fee) und monatliche Mindestgebühren. Hierbei können Zahlungsdienstleister besonders für kleinere bis mittlere Anbieter eine Alternative darstellen. Sie garantieren in der Regel die Zahlung für den Händler und minimieren dadurch Zahlungsausfälle. Auch ist der Online-Händler nicht mehr darauf angewiesen, Verträge mit den unterschiedlichen Kreditkartenorganisationen abzuschließen. Momentan geht Berlecon Research davon aus, das 5 Prozent aller Online-Shops die Geschäfte von Fullservice-Dienstleistern in Anspruch nehmen. Eine wahre Renaissance erleben zur Zeit die Inkassosysteme. Ob NET900, Firstgate Click&Buy oder X-PressPay, Systeme zur Sammelabrechnung gibt es momentan zur Genüge. Da sich nicht alle Inkassosysteme beim Nutzer durchsetzen werden, wird auch hier die Einschätzung bzw. das Vertrauen der Kunden von großer Bedeutung sein. Denn unweigerlich wird sich die Frage stellen: Wem kann ich mein Geld anvertrauen?

Wie wird bezahlt? Der Status Quo
Alte Besen kehren gut! Dies trifft auch für das Internet zu, da sich noch immer kein neues Online-Zahlungssystem hat durchsetzen können. Bezahlt wird der Online-Kauf in der Regel genauso wie im klassischen Versandhandel, per Rechnung, Lastschrift, Nachnahme, Kreditkarte oder Vorauskasse.

Dabei bevorzugt der Kunde die Lieferung per Rechnung, während der Händler Vorauskasse bevorzugt. Die Intention ist nur allzu verständlich: Für den Kunden ist die Zahlung per Rechnung gleichzeitig bequem und sicher, da er erst nach Zustellung und Prüfung der Ware bezahlen muss. Der Händler tritt dabei in Vorleistung. Er geht das Risiko ein, dass sein Kunde trotz ordnungsgemäßer Lieferung nicht bezahlt. Umgekehrt verhält es sich bei der Vorauskasse: hier trägt der Kunde das Risiko, weil nicht sicher ist, ob tatsächlich und vereinbarungsgemäß geliefert wird.

Neue elektronische Zahlungssysteme sind zwar zur Genüge vorhanden, fristen jedoch eher ein Schattendasein. Dies untermauert auch die Einstellung von CyberCoin, eines Wallet-basierten Bezahlungsverfahren im Internet im vergangenen Dezember. Der Grund für die Einstellung war nicht etwa ein technischer, sondern vielmehr die fehlende Akzeptanz seitens der Endkunden. Mit ähnlichen Problemen hat auch das von der Deutschen Bank 24 unterstützte eCash-System zu kämpfen. Zwar gelingt es nach und nach einige Online-Shops davon zu überzeugen, das Zahlungssystem zu implementieren, doch nutzt nur ein verschwindend geringer Anteil der Online-Shopper tatsächlich diese Zahlungsvariante. Allein Paybox, das relativ neue Bezahlen mittels Handy, konnte in relativ kurzer Zeit bereits erste Achtungserfolg erzielen.

Wie erfolgt die Auswahl der Zahlungsvariante?
Welches Zahlungsmittel für welches Produkt / Dienstleistung? Wenn Online-Händler eine zufriedenstellende Antwort auf diese Frage suchen, sollte ein Blick auf den Verbraucher geworfen werden. Nach welchen Kriterien wählt er eine zur Verfügung stehende Bezahl-Methode aus? Ganz oben auf der Liste steht dabei der Kostenaspekt: 71 Prozent aller Internet-Nutzer sind nicht dazu bereit zusätzliche Kosten (Registrierungskosten/Transaktionskosten) in Kauf zu nehmen. Ferner spielen Stornierungsmöglichkeiten, eine einfache Handhabung, eine Absicherung im Schadensfall und der Belastungszeitpunkt eine wichtige Rolle bei der Auswahl.

In der Regel trägt der Händler beim Bezahlen im Internet das weitaus größere Risiko. Dies hat weniger mit spektakulären Betrugsversuchen zu tun, als vielmehr mit der mangelnden Zahlungsmoral der Online-Kunden. Laut Berlecon Research bergen die im deutschen B2C-Geschäft am häufigsten genutzten Zahlungsformen für die Händler hohe Unsicherheiten und das Risiko von Zahlungsausfällen. Fast die Hälfte aller Online-Händler haben schon des öfteren schlechte Erfahrungen z.B. mit ungedeckten Konten, nicht bezahlten Rechnungen oder falschen Kontonummern gemacht.

Eine Chance für neue Zahlungssysteme?
Auch ohne neue Online-Zahlungssysteme konnte in der Vergangenheit ein E-Commerce-Umsatzrekord nach dem anderen gebrochen werden. Da liegt schnell die Vermutung nahe, dass spezielle Zahlungssysteme für das Internet vielleicht gar nicht notwendig sind. Doch gerade im Micropayment-Bereich fehlt es ohne Frage noch an Bezahlstandards. Und obwohl die verschlüsselte Übermittlung von Kreditkartendaten sicherlich für den Kunden nicht unsicherer ist als das Bezahlen im Restaurant oder an der Tankstelle, existiert an dieser Stelle bei vielen Nutzern immer noch eine gewisse Scheu dem Neuen gegenüber. Händler dürften jedoch das größte Interesse an neuen Zahlungssystemen haben, die mit nur geringen Kosten verbunden sind und eine hohe Zahlungsgarantie liefern.

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