Vertrauen ist gut, … sind Gütesiegel besser?

Untersuchungen belegen, dass Einkaufen im Internet hierzulande alles andere als das reine Vergnügen ist. Als gravierende Mängel gelten massive Schwächen im Service sowie fehlendes Vertrauen in die bestehenden Sicherheitsstandards. Mit der Einführung von Gütesiegeln für Online-Shops soll diesem Problem künftig wirkungsvoller begegnet werden.

Die Zahlen sprechen eine deutliche Sprache. Obwohl der Boom während des letztjährigen Weihnachtsgeschäfts dem deutschen Online-Handel reichlich Anlaß für einen optimistischen Blick in die Zukunft bietet, mehren sich gleichzeitig die Stimmen derer, die über massive Defizite der virtuellen Warenhäuser in Sachen Service, Sicherheit und Preisbildung klagen.

So befand der Internet-Verband Eco bereits im Oktober des vergangenen Jahres, dass man das Angebot der deutschen Online-Shops insgesamt als „mangelhaft“ einstufen müsse. Die Stiftung Warentest zog bei rund 150 Testkäufen im Internet ein ähnlich ernüchterndes Fazit. Und auch Studien der Marktforscher von FirstSurfund Media Transfer bestätigen, dass vor allem mangelndes Vertrauen der Kunden gegenüber den Anbietern sowie bestehende Preis- und Leistungsdefizite den Erfolg der Online-Shops in Deutschland derzeit noch deutlich bremsen. Einen Weg aus diesem Dilemma sollen zwei jüngst ins virtuelle Leben gerufene Initiativen weisen, die nach einem eigenen, strengen Kriterienkatalog jetzt Gütesiegel an Online-Shops vergeben. Hinter dem Siegel „Geprüfter Online-Shop“ steht dabei das Europäische Handelsinstitut (EHI), während „Trusted Shops“ in erster Linie als ein Produkt des Gerling-Konzerns erscheint. Beiden Gütesiegeln gemein ist die Absicht, mit der Vergabe des Zertifikats an einen Online-Shop für eine gewisses Maß an Verbraucherschutz und Fairness bei der Geschäftsabwicklung zu bürgen und den Kunden damit eine grundlegende Orientierungshilfe beim Einkauf im Web zu bieten. Eine Bewertung über die Qualität der via Internet vertriebenen Waren ist mit der Vergabe der Siegel nicht verbunden.

Als wichtiger Ausgangspunkt für die Schaffung der beiden Siegel gilt eine lang anhaltende Debatte der Arbeitsgemeinschaft der Verbraucherverbände (AgV), die mit der Verabschiedung einer „Konvention zur Anbieterkennzeichnung im Elektronischen Geschäftsverkehr mit Endverbrauchern“ Mitte Dezember 1999 ihren Abschluss fand. Diesem Vorstoß des AgV, der vor allem auf eine deutlichere Kennzeichnung der Betreiber von kommerziellen Websites zielt, haben sich bereits zahlreiche Verbände und Organisationen angeschlossen und er bildet nicht zuletzt deshalb auch eine entscheidende Grundlage für den weiteren Erfolg der beiden Gütesiegel. Denn nur wenn es gelingt, die Zertifikatate „Geprüfter Online-Shop“ und „Trusted Shops“ auf einer breiten Basis zu etablieren, haben das EHI und der Gerling-Konzern eine Chance, ihre Label als neuen Standard durchzusetzen. Die Begrüßung der beiden Gütesiegel duch den AgV kam daher sehr gelegen.

Doch wofür bürgen diese Zertifikate nun konkret? Zunächst einmal dafür, dass der Betreiber eines Online-Shops versichert, einen Kriterienkatalog entsprechend seiner Anforderungen zu erfüllen und dieses ggf. auch durch eine neutrale Instanz überprüfen zu lassen. Diese Vorgaben beziehen sich im einzelnen auf:

Die Allgemeinen Geschäftsbedingungen
Auf die Allgemeinen Geschäftsbedingungen muss sowohl auf der Hauptseite als auch in den entsprechenden Abschnitten während des Bestellvorgangs deutlich hingewiesen werden. Dieses beinhaltet vor allem eine klare Kennzeichnung sowie die leichte Lesbarkeit für den Kunden durch eine optimierte grafische Anpassung.

Mindestanforderungen bei Datentransaktionen
Die verwendeten Standards bei der Transaktionen vertraulicher Kundendaten muss hinsichtlich der technischen Voraussetzungen und Abwicklung die aktuell gültige Basissicherheit gewährleisten. D.h. beispielsweise, dass persönliche Zahlungsinformationen grundsätzlich und andere Zugangsdaten optional zu verschlüsseln sind.

Einhaltung der Datenschutzbestimmungen
Die Verwendung der erhaltenen Daten hat grundsätzlich im Einklang mit den Bestimmungen des Teledienstdatenschutzgesetzes (TDDSG) sowie des Bundesdatenschutzgesetzes (BDSG) zu erfolgen.

Gesetzliche Vertriebsbestimmungen und Jugendschutz
Eine Verpflichtung des Betreibers, die Bestimmungen des Jugendschutzes zu beachten und auch sonst keine Produkte zu vertreiben, die außerhalb der gesetzlichen Bestimmungen liegen (z.B. neonazistische Devotionalien).

Verbindliche Preisangaben
Die eindeutige Kennzeichnung des zugrunde gelegten Preises für den Vertrieb eines Produktes einschließlich MWSt, Versandgebühren sowie aller anderen anfallenden Kosten.

Abbuchungszeitpunkt bei Elektronischen Zahlungsverfahren
Die deutliche Offenlegung, wann Zahlungsvorgänge ausgelöst werden sowie das Angebot alternativer Zahlungsarten für den Fall, dass elektronische Verfahren quasi eine Vorauskasse darstellen.

Transparenter Warenkorb
Zum Bestellzeitpunkt muss der Kunde über seinen Warenkorb stets einen kompletten Überblick aller für die Bestellung ausgewählten Artikel und der damit verbundenen Gesamtkosten haben.

Feedback bei Bestellungen
Der Kunde erhält innerhalb einer angemessenen Frist vom Online-Shop eine Art Auftragsbestätigung seiner Bestellung mit Bestellnummer, den einzelnen Bestellpositionen sowie dem Gesamtpreis via HTML-Seite oder E-Mail.

Verbindliche Lieferaussagen
Der Betreiber hat – etwa auch in Form von Regellieferzeiten – verbindliche Aussagen über den Zeitpunkt der Warenlieferung zu kommunizieren, auf die der Kunde sich nach Ablauf dieser Fristen beziehen kann. Auch müssen eventuelle Einschränkungen des Liefergebiets in diesem Rahmen vorher deutlich kenntlich gemacht werden.

Rückgaberecht
Der Betreiber verpflichtet sich, seine Regelungen für eine Rückgabe von Waren sowohl im Rahmen seiner AGB als auch an anderer geeigneter Stelle deutlich kenntlich zu machen.

Zusätzlich zur Überwachung der genannten Kriterien gewährleisten beide Siegel eine eindeutige und sichere Kennzeichnung des jeweiligen Online-Shop-Betreibers. „Trusted-Shops“ bietet laut eigener Aussage sogar zusätzlich eine Geld-Zurück-Garantie für Kunden, die in den angeschlossenen Shops Waren nicht erhalten haben bzw. zurückgeben wollen oder einem Kreditkartenbetrug zum Opfer fallen. Beide Zertifikate sind zunächst in Deutschland gestartet, wollen sich aber bereits in Kürze in ganz Europa engagieren. Das erste Gütesiegel „Geprüfter Online-Shop“ hat die EHI bereits im November des vergangenen Jahres an den Online-Weinhandel viva-vinum vergeben, während „Trusted Shops“ vor wenigen Tagen mit der Vergabe von insgesamt 4 Siegeln – unter anderem an das Bertelsmann-Unternehmen bol.de – nachzog. Die Ausstellung der Zertifikate lassen sich EHI mit einer Bearbeitungsgebühr von 500 DM, wobei das Siegel zunächst immer nur für jeweils ein Jahr vergeben wird, und Gerling mit rund 5000 DM per anno zzgl. Prämien in Höhe von 0,2 Prozent des Umsatzes honorieren.

So ganz neu ist die Idee der Gütesiegel indes auch wieder nicht. So wurden in den USA vor dem Hintergrund ähnlicher Vertrauensdefizite im Online-Handel bereits vor Jahren verschiedene Initiativen mit vergleichbaren Zielsetzungen gegründet und bestehen noch heute. Zu den bekanntesten gehört dabei wohl die Better Business Bureaus Inc. die gleich mehrere Zertifikate für unterschiedliche Service- und Sicherheitsstandards in den Bereichen „trust-shop“ und „privacy policy“ vergeben. Für das „BBBOnLine Reliability Seal“ vermeldete man im November 1999 voller Stolz den Anschluß der 4500. Website. Den besonderen Nutzen der Gütesiegel erkennt man dabei sowohl in den USA als auch bei uns in der Chance einer Selbstregulierung der Internet-Wirtschaft und der Vermeidung weitreichender staatlicher Eingriffe. Dieses Fazit zieht auch der deutsche Wirtschaftsminister Werner Müller, der die Einführung der beiden Gütesiegel in einen besonderen Einklang mit den parallelen Bemühungen der EU in Sachen „digitaler Signatur“ bringt.

Dieser Artikel erschien am und wurde am aktualisiert.
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