Konvergenz: Chance für die einen, Bedrohung für die anderen

Während das Schlagwort Konvergenz in der vergangenen Dekade immer wieder an unterschiedlicher Stelle angeführt wurde, lassen tatsächliche Dienste bislang noch auf sich warten. Diese jedoch könnten den TK-Markt grundlegend umkrempeln und sich als große Bedrohung für die heutigen Mobilfunkbetreiber herausstellen.

Warum brauchen wir konvergente Dienste?

Bis in die 80er Jahre hatte der durchschnittliche Europäer einen privaten und fallweise einen geschäftlichen Telefonanschluss sowie als Nachrichten-„System“ bestenfalls einen Anrufbeantworter. Mit der zunehmenden Popularität von Fax und der steigenden ISDN-Verbreitung verdoppelt sich die Anzahl der Anschlüsse. Die Einführung der digitalen Mobilfunknetze nach dem weltweiten GSM-Standard ab Anfang der 90er Jahre sorgte in steigendem Maße für die weitere Erhöhung der Anzahl alternativer Kommunikationswege. Mittlerweile nähern wir uns in Deutschland einer Mobilfunk-Durchdringung von 100 % der Gesamtbevölkerung und wie die Beispiele anderer Länder (z.B. Italien und Skandinavien) zeigen, ist bei 100 % noch nicht das Ende des Wachstums erreicht.

Zeitgleich mit der zunehmenden Verbreitung des Mobilfunks steigt die Akzeptanz und Nutzung des Internets, zunächst auf der Basis schmalbandiger Zugänge und heute in zunehmendem Maße bei ca. 13 % der Haushalte mit schnellen Breitbandzugängen. Zu den eher sprachorientierten Diensten sind für den Anwender die datenorientierten Kommunikationswege neu hinzu gekommen, z.B. SMS und Email. Ergänzt wird die Email-Kommunikation, die sich wieder in die private und geschäftliche Nutzung aufteilt, um Instant Messaging (IM) und Chat als synchrone Kommunikationsmittel.

Seit Ende der 90er Jahre ist die Sprachkommunikation über das Internet nach einem der VoIP-Protokolle (vorwiegend SIP) auch für den breiten Markt verfügbar, nachdem dieser Dienst in früheren Jahren eigentlich eher technisch versierten Spezialisten zur Community-internen Kommunikation vorbehalten war. Die derzeitigen Lösungen ermöglichen nicht nur die Kommunikation innerhalb einer Internet-Community, sondern über Netzübergänge (Gateways) in öffentliche Telekommunikationsnetze (PSTN) auch Anrufe zu jedem Teilnehmer mit einem Festnetz- oder Mobilfunkanschluss. Der Nutzer erhält eine persönliche Rufnummer, die entweder ortsgebunden ist oder ortsunabhängig (0700) sein kann. Für ortgebundene Rufnummer sieht der Regulierer eigentlich einen Nachweis über den Ort des Entgerätes vor (um Not- und sog. „Röchelrufe“ zu lokalisieren), allerdings zeigt die Realität, dass die Rufnummer nicht unbedingt mit dem Standort des Nutzers übereinstimmen muss. Mit einer derartigen Rufnummer ist auch ein Anruf vom Festnetz zum VoIP-Anschluss möglich.

Zählt man die heute durchaus gängigen und wenn auch nicht von allen, so doch von zunehmend mehr Personen genutzten Dienste zusammen, so kommt man leicht auf sechs unterschiedliche Kommunikationswege und somit auch sechs verschiedene Rufnummern! Bei privater und geschäftlicher Nutzung verdoppelt sich dies noch mal!

Mit der Anzahl der Kommunikationswege erhöht sich gleichzeitig die Möglichkeit, dem gerade nicht erreichbaren Gesprächspartner eine Nachricht zu hinterlassen. Hierfür gibt es neben den netzinternen Mailbox-Systemen, die grundsätzlich von jedem anderen System aus abfragbar sind, auch Geräte-spezifische Lösungen. Es kann davon ausgegangen werden, dass bei sechs Kommunikationszugängen sechs unterschiedliche Systeme Nachrichten erfassen!

Welche Art von Konvergenz ist möglich?

Konvergenz zwischen verschiedenen Übertragungswegen und Diensten kann in ganz unterschiedlicher Weise erfolgen. Dies ist auch der Grund, warum der Konvergenzbegriff in der Diskussion nicht einheitlich gehandhabt wird. Die Bandbreite der möglichen Umsetzung reicht einer Tarifvariante ohne eine technische Verknüpfung der Dienste bis zur vollständigen Integration der Netzinfrastrukturen.

Folgende Konvergenztypen werden für die weitere Betrachtung unterscheiden:

– Virtuelle Konvergenz (Tarifvarianten und Rufweiterleitung)

– Konvergenz der Anschlussnetze (Fest- und Mobilfunknetz)

– Zusammenführung der Sprachtelephonie und der zugehörigen Rufnummern über Netzgrenzen in Mobilfunk und Festnetz hinweg

– Konvergenz im Messaging (SMS, MMS, IM)

– Unified Messaging als Konvergenzdienst zur Nachrichtenverwaltung (Voicemail, Email, Fax, Kalender, Directory, … )

– Triple-Play als Möglichkeit zur Einbindung von Medieninhalten

Bisherige Entwicklungen

Die steigende Komplexität der Kommunikation hat schon früh zu Überlegungen geführt, wie sich die Nutzung vereinfachen lässt. Die wesentliche Zielrichtung ist die Vereinfachung für den Anrufer, indem die Anzahl der Anschlüsse und der Systeme für den Aufnahme von Nachrichten reduziert werden.

Mitte der 90er Jahre tauchte der Begriff der Konvergenzdienste zum ersten Mal in größerem Umfang auf. Damals bezog sich der Konvergenz-Ansatz primär auf die Zusammenführung von Mobil- und Festnetzdiensten. Bei näherem Hinsehen entpuppten sich diese Ansätze als Tarifvarianten, die eher die Substitution von Festnetzanschlüssen durch Mobilfunk fördern sollten als eine tatsächliche Konvergenz. Ein Vorreiter dieser Entwicklung war die damalige VIAG Interkom (heute O²) mit dem „Homezone“-Ansatz, bzw. dem „Genion“-Tarif. Für bestimmte Zielgruppen, z.B. besser verdienende Singles, ist diese Option sicher interessant.

Eine damals wie heute bestehende Einschränkung bei dieser Art der Konvergenz ist der Internet-Zugang und fallweise der eher an Bedeutung abnehmende Fax-Anschluss. Zwar ist ein Internetzugang auch über UMTS möglich, allerdings mit derzeit noch eingeschränkter Bandbreite von 384 KBit/s und höheren Kosten.

Ein weiterer Versuch zur Realisierung von Konvergenzdiensten wurde mit den 0700er Rufnummern unternommen. Die zugrunde liegende Idee ist die Schaffung „einer“ Rufnummer, die an eine Person gebunden ist und nicht an einen Anschluss oder ein Gerät. Mit diesem Dienst können mehrere Anschlüsse verknüpft werden, egal ob es sich hierbei um Mobilfunk- oder Festnetzanschlüsse handelt. Ein Nachteil dieses Dienstes sind neben den Wartezeiten bei der Rufweiterleitung die höheren Kosten hierfür, die der Angerufene bei Weiterleitung von Anrufen über Netzgrenzen hinweg tragen muss sowie die Komplexität bei der Einrichtung und dem Management der Rufweiterschaltungen. Der Nutzer muss entscheiden, wann und unter welchen Bedingungen der Ruf an welchen Anschluss oder eine Mailbox weitergeleitet werden soll. Fehler im Routing-Plan führen un weigerlich zur Fehlleitung von Anrufen. Die Akzeptanz dieses an sich durchaus sinnvollen Dienstes ist konsequenterweise nie besonders hoch gewesen.

Für die Probleme mit unterschiedlichen Informations- und Messaging-Diensten wurden UMS (Unified Messaging Services) Dienste entwickelt. Bei der Mehrzahl dieser Lösungen handelt es sich um software-gestützte Angebote, die mit ähnlichen Problemen kämpfen müssen wie die 0700er Rufnummern. Die nicht angenommenen Rufe müssen an den UMS-Server weitergeleitet werden, d.h. sie müssen aus dem jeweiligen Zielnetz der UMS-Plattform zugeführt werden. Hierfür fallen zumindest die Interconnection-Kosten an, die z.B. beim Übergang von Mobilfunk zu Festnetz nicht gerade preisgünstig sind. Da die UMS-Plattform i.d.R. nur im Falle der Nichterreichbarkeit oder im Besetztfall angesprochen wird, entfällt der Aufwand des Routings mit der „Follow-me“-Funktion wie beim 0700er Dienst. Da der Angerufene beim Einsatz einer UMS-Lösung weiterhin verschiedene Rufnummern neben der 0700-Rufnummer nutzt, bleibt ihm der Umgang mit mehrfachen Nachrichten nicht erspart.

Die Kombination der verschiedenen Informationszugänge, wie z.B. Sprachnachrichten aus verschiedenen Netzen, Fax-Sendungen und Emails auf einer Plattform hat für den Anwender grundsätzlich erhebliche Vorteile gegenüber der Alternative mit verteilten Informationen. Neben den Kosten für den Betrieb der UMS-Plattform und den Weiterleitungskosten können allerdings die Performance und die Verfügbarkeit eines eigenständigen Systems Hinderungsgründe für den Einsatz sein. Zumindest für die professionelle Nutzung sind Schutzvorkehrungen gegen einen Verlust von Informationen und einen unerlaubten Zugriff zu schaffen.

Konvergenz der Anschluss-Netze?

Eine naheliegende Lösung zur Vereinfachung der Kommunikation wäre die Bündelung der genutzten Dienste über einen Netzzugang. Da die Mobilität ein wichtiger Erfolgsfaktor ist, könnte dies nur der Mobilfunkanschluss sein, der als persönlicher Anschluss auf einen individuellen Nutzer ausgerichtet ist und jederzeit mobil verwendet werden kann. Die derzeitigen Datenbandbreiten werden zwar im Laufe der Zeit weiter steigen, da aber lizenzgebundene Funkfrequenzen ein knappes und nicht beliebig vermehrbares Gut darstellen, kann der heute im Festnetz für Sprache und Datenkommunikation anfallende Verkehr auch in Zukunft ganz sicher nicht ausschließlich von einem Funknetz bewältigt werden.

Im Gegenteil kommen eher weitere neue Access-Netze hinzu, die einen breitbandigen Zugang bieten. Dieses sind z.B. die Kabel-Verteilnetze, die aufgerüstet werden, um neben der TV-Übermittlung breitbandige Internetzugänge und Telephonie zu ermöglichen. In Deutschland spielt der Zugang per Kabel-Modem noch eine untergeordnete Rolle, in anderen Ländern sieht dies längst ganz anders aus. Neben den Kabel-Netzen entstehen mit breitbandigen Funknetzen (WiFi, WLAN, WiMAX, UMTS-TDD) weitere Alternativen, die den Internetzugang mobil bzw. portabel machen.

Eine Konvergenztechnologie, die lizenzgebundene und lizenzfreie Trägertechnologien kombiniert ist UMA (Unlisensed Mobile Access), das ein für den Nutzer transparentes und konvergentes Nutzungsszenario von lizenzgebundenen Access-Technologien (z.B. GPRS, UMTS) mit lizenzfreien (z.B. WLAN) beschreibt. Obwohl die UMA-Spezifikation bereits mehrere Jahre als ist, hat sich dieser Standard bis heute nicht durchgesetzt. Ein wesentlicher Grund dafür ist, dass neue Endgeräte benötigt werden, die UMA unterstützen.

Aufgrund der Kapazitäts-Begrenzungen im Mobilfunkumfeld ist eine Konvergenz in den Anschlussnetzen selber nicht zu erwarten und auch nicht sinnvoll, insbesondere unter Berücksichtigung des steigenden Datenvolumens und des Bedürfnisses an Orts-unabhängiger Nutzung. Die Konvergenz wird also eher im Dienste-Bereich zu erwarten sein.

Konvergente Telephonie auf IP-Basis

Breitbandige Internetzugänge für DSL-Dienste und Telephonie bedienen sich im Festnetz des gleichen Zugang, nämlich der Teilnehmeranschlussleitung (TAL). Funkgestützte breitbandige Netzzugänge, z.B. nach dem WiMAX-Standard, die einen entbündelten Zugang ermöglichen, spielen derzeit noch eine untergeordnete Rolle. Die Übertragung der Dienste erfolgt ebenfalls unterschiedlich, nach einem IP-Protokoll oder leitungsvermittelt (über SS7 Schnittstellen) für analoge und ISDN-Telephonie. Der IP-Standard wird sich mittelfristig durchsetzen und die leitungsvermittelte Übertragung verdrängen. Dies bringt erhebliche Vereinfachungen in der Netzinfrastruktur und dann wird die IP-Telephonie zum zukünftigen Standard (wobei noch offen ist, ob es sich dabei um die heutige VoIP-Lösung nach SIP-Protokoll handeln wird). Wenn sich dabei auch die Übertragungskosten annähern, entfällt für viele Nutzer der Anreiz, VoIP neben dem eigentlichen Festnetzanschluss (TAL oder Mobilfunk) zu nutzen. Bekannte Features aus dem VoIP-Umfeld, wie z.B. einfache Telefonkonferenzen, Dateiaustausch parallel zum Gespräch und Instant-Messaging Dienste, werden dann standardmäßig verfügbar sein.

Im Festnetz ist die Konvergenz in Richtung einer IP-basierten Übertragung ab zu sehen und auch der Mobilfunk wird hiervon nicht unberührt bleiben. Die (eingeschränkt) breitbandige Funkübertragung nach dem UMTS-Standard erlaubt heute schon den Zugriff auf das Internet. Es ist hier also damit zu rechnen, dass VoIP über Browser-basierte Lösungen auch im Mobilfunk Einzug nehmen wird. Diese Nutzung wurde bislang durch die Zeit- oder Volumen-abhängige UMTS-Tariffierung gebremst. In Verbindung mit Flate-Rates, die jetzt bereits angeboten werden, wird die VoIP-Telephonie über den Datenkanal zunehmen. Allerdings sind die heutigen VoIP-Protokolle sehr empfindlich gegenüber Bandbreitenschwankungen, sodass insbesondere bei einer nicht stationären Nutzung (z.B. im Auto oder im Zug) mit einer schlechten Sprachqualität durch Hall und hohe Latenz zu rechnen ist. Dies wird sich mit Erführung von neuen Protokollen und HSDPA als „UMTS-Beschleuniger“ in absehbarer Zeit verbessern.

Für die Mobilfunknetzbetreiber ist dies sicher kein wünschenswertes Szenario, da bislang mit der Sprachübertragung auf der Basis von zeitabhängigen Tarifen gute Umsätze und Erträge zu erwirtschaften waren. Diese könnten vollständig wegfallen, wenn der Nutzer nur noch eine Daten-Flate-Rate nutzt und die Sprachkommunikation ausschließlich über VoIP abwickelt. Daher versuchen e-plus und Vodafone die VoIP-Nutzung in ihren Netzen zu unterbinden.

Die Verwendung von Rufnummern (wie z.B. beim VoIP-Anbieter SIP-Gate) gegenüber der Verwendung von User-Namen, wie bei Skype, ist im Massenmarkt eher kompatibel zu den bisherigen Gewohnheiten. Die Terminierung im eigenen Netz wird auch bei einer weiteren Verbreitung von VoIP bei Daten-Flat-Rates eine wichtige Einnahmequelle für die Netzbetreiber bleiben. Diese Terminierungsentgelte liegen bei ca. 12 cent in den D-Netzen und bei 14 cent in den E-Netzen. Allerdings bleibt abzuwarten, wie lange der Regulierer diese Höhe der Entgelte akzeptiert.

Da mittlerweile auch im Mobilfunk für die Sprachübertragung erste Flate-Rates angeboten werden (z.B. von e-plus unter der Marke „base“), wird hier vermutlich eine Entwicklung in diese Richtung antizipiert. Immerhin bietet die Mobilfunk-Nutzung für IP-Telefonate die Chance zur Reduktion der Telefonnummern-Vielfalt. Die Vergabe einer „geographischen“ Rufnummer für den IP-Telefonnutzer ermöglicht, diese als Haupt-Rufnummer zu kommunizieren. Der Anrufer muss dann nicht mehr überlegen, ob der Angerufene sich im Büro oder zuhause befindet oder mobil unterwegs ist. Damit könnten auf einen Schlag eine Reihe von Rufnummern entfallen. Die Voraussetzung für die Umsetzung dieser Vision ist, dass der VoIP-Anbieter eine Anbindung an die Datenübertragung per UMTS realisieren kann und für die Endgeräte vergleichbare Browser-basierte Softclients verfügbar sind, wie sie heute für VoIP-Telefonie über den PC eingesetzt werden. Unter dieser Voraussetzung ist mithilfe der IP-Übertragung eine im Vergleich zu den oben erwähnten 0700er Diensten verbesserte Lösung möglich. Vielleicht ist VoIP-Rufnummer über kurz oder lang sogar die individuelle und universell nutzbare Rufnummer und löst sowohl Festnetz- als auch Mobilfunkrufnummern ab?

Bei diesem Szenario übernimmt der VoIP-Anbieter die Kundenbeziehung für den Sprachdienst und kann mit UMS und Messaging weitere Dienste anbieten. Die Festnetz- und Mobilfunknetzbetreiber stellen dabei entweder nur den Übertragungsweg nach dem Interconnection-Regime zur Verfügung oder werden selber zum Komplettanbieter mit VoIP und Email-Angebot. Der Kundenzugang wird bei diesem Geschäftsmodell zu dem entscheidenden Erfolgsfaktor, da der einzelne Nutzer im Extremfall nur noch einen Anbieter für den Sprachdienst braucht. Die heute benötigten Netzzugänge zum Fest- und Mobilfunknetz werden dabei aber nicht überflüssig, da der Dienst ein oder mehrere Übertragungs-Medien für die Zuführung und Terminierung von Gesprächen benötigt. Diese Vertragsverhältnisse müssen entweder weiterhin vom Nutzer individuell abgeschlossen werden, oder ein MVNO (Mobile Virtual Network Operator) bietet diese über Wholesale-Vereinbarungen mit den Access-Netzbetreibern gleich als Paketlösung mit an. Der MVNO als Netzbetreiber ohne eigene Anschlussnetze ist bislang nur im Mobilfunk bekannt und auch dort bislang eher in der Form eines Discountanbieters. In dem skizzierten Szenario könnte dem MVNO eine neue Bedeutung zukommen, da er als Betreiber eines Sprachdienstes, den er in unterschiedlichen Anschlussnetze verfügbar macht, eine aus Kundensicht zentrale Funktion einnehmen kann.

Die Preisgestaltung für einen solchen Konvergenzdienst ist heute noch offen. Die Telephonie wird hierbei aber kaum kostenfrei sein, wie es bei einigen VoIP-Angeboten eine Zeitlang üblich war. Wenn man die Flate-Rates für die breitbandige Datenübertragung zugrunde legt, muss der Anbieter für die nutzungsabhängigen Kosten aufkommen, z.B. die Nutzung der Infrastruktur des MVNO, die Interconnection-Gebühr bei netzübergreifenden Gesprächen sowie für die mögliche Terminierung zu traditionellen Anschlüssen, für internationale Gespräche und Anrufe zu Servicerufnummern. Der mit Flate-Rates auf den Markt gehende Anbieter muss sehr genau kalkulieren, ob er bei dem Nutzungsverhalten seiner Kunden noch Gewinne machen kann. Bei IP-Gesprächen ist derzeit die technische Umsetzung für Anrufe zu Notruf- und Servicerufnummern offen. Ein ebenfalls noch zu lösendes technisches Problem bei VoIP liegt in der Abhörsicherheit der Verbindung und bei der Umsetzung des richterlich angeordneten Mithörens von Anschlüssen.

Zu vermuten ist, dass für Gespräche in nationale Mobilfunk- und Festnetze mit Ausnahme der Sonderrufnummern eine gemeinsame Flate-Rate für Netzzugang, Datenvolumen und Telephonie angeboten wird. Möglicherweise wird dies auch im internationalen Telefonverkehr gelten, wenn die jeweiligen nationalen Netzen ebenfalls IP-basiert umgerüstet sind. Auf jeden Fall dürfte die IP-Telephonie billiger angeboten werden als die heutigen leitungsvermittelten Gespräche im Mobilfunk. Aufgrund der heute schon sehr niedrigen Tarife im Festnetz ist durch eine IP-Übertragung aber kaum mit weiteren Preissenkungen zu rechnen. Wahrscheinlich werden unterschiedliche Pakete für verschiedene Nutzerprofile und Service-Levels die Angebote unterscheiden.

Da viele Nutzer die Abhängigkeit von nur einem Anbieter für alle Dienste scheuen, wird es neben der Vollintegration auch zukünftig sicher weiterhin die Möglichkeit geben, die einzelnen Module separat zu buchen, z.B. verschiedene Access-Varianten, Sprach- und Emaildienste sowie Informations- und Inhaltespakete. Die Angebotsvielfalt wird auch mit Konvergenzdiensten sicher nicht verloren gehen.

Selbst bei gleichen Preisen im Vergleich zur heutigen Situation (Festnetz) dürften die Vorteile für die meisten Nutzer den Ausschlag geben, ein konvergentes Sprachtelefonangebot zu nutzen. Wie schon erwähnt, sind noch einige Hürden zu überwinden, bevor die Vision zur Innovation werden kann. Insbesondere wäre eine aktive Rolle der Mobilfunknetzbetreiber für die Umsetzung förderlich und notwendig.

SMS, MMS oder IM – wie entwickelt sich das Messaging?

Heute stellt der SMS-Dienst (Short Message Service) für die Mobilfunkanbieter ein hoch attraktives Geschäft mit hohen Ergebnisbeträgen dar. Dabei hat bei der Einführung vor über zehn Jahren eigentlich nur das Unternehmen Materna an den Erfolg geglaubt. Die in den letzten Jahren mit der Öffnung der UMTS-Netze eingeführten MMS-Dienste (Multimedia Messaging Services), die eine multimediale Erweiterung der verschickten Nachrichten ermöglicht, also z.B. das Mitschicken von Photos, hat dagegen keine besondere Akzeptanz gefunden. Der Kernzielgruppe der SMS-Nutzer (Jugendliche bis 25 Jahre) hat offensichtlich insbesondere Bedarf an kurzen Textnachrichten.

Im Festnetzbereich ist das Pendant zu SMS schon heute der IM-Dienst (Instant Messaging), der von verschiedenen Portalbetreibern angeboten wird und sich einer steigenden Beliebtheit erfreut. Neben der Internet-Connectivity z.B. mit einer Flate-Rate fallen bei der Nutzung von IM keine weiteren Kosten an, insbesondere keine auf die Einzelnutzung bezogene Berechnung, wie dies bei SMS heute der Fall ist. Allerdings handelt es sich bei Instant Messaging in der Regel um eine synchrone Kommunikation.

Mit der Einführung einer Flate-Rate für UMTS-Datendienste scheint es offensichtlich, dass IM über Browser-basierte Clients auch im Mobilfunk Einzug hält. Für den Nutzer ist eine ähnlich spontane Kommunikation mit Kurznachrichten möglich, wie mit SMS und dies ohne zusätzliche Kosten. Zudem trägt diese Entwicklung zur Dienstekonvergenz bei, da der gleiche Nutzername für Instant Messaging in Festnetz und Mobilfunk verwendet werden kann. Die wirtschaftliche Entlastung der Nutzer geht dabei einseitig zu Lasten der Mobilfunknetzbetreiber. Als „Gegenposition“ ist der vermutlich steigende UMTS-Datenverkehr zu rechnen. Je mehr Dienste über den Datenkanal abgewickelt werden können, umso attraktiver wird der Umstieg von GSM auf UMTS!

IMS – Konvergenztechnologie für IP-basierte Dienste

Insbesondere im Bereich Messaging besteht ein sehr großer Bedarf für die transparente Konvergenz von Diensten. Die unterschiedlichen Protokoll-Welten für IP (z.B. SIP) und „traditionelle“ Telekommunikation (z.B. SS7) haben bisher das Zusammenwachsen der Kommunikationskanäle verhindert. Seit einigen Jahren liegt die Spezifikation des „IP Multimedia Sub-Systems“ (IMS) von der 3GPP vor. Inzwischen gibt es auch bereits erste Implementierungen dieses Standards, der eine transparente SIP-basierte Entwicklung von Diensten ermöglicht, die von Festnetz- und Mobilfunkteilnehmen gleichermaßen genutzt werden kann. Anwendungsbeispiele sind neben Messaging-Diensten (die Einbindung von SMS-Nutzer in einen Internet-Chat) z.B. Multi-Party-Gaming-Dienste.

UMS ermöglicht Konvergenz der individuellen Nachrichten

Der Nutzer von Sprach-Konvergenzdiensten ist leichter erreichbar, ohne dass der Anrufer wissen muss, in welchem Netz der Angerufene gerade eingebucht ist. Die verschiedenen heute eingesetzten Voicemail-Boxen und Online-Kalender lassen sich zusammenfassen in ein einheitliches System. Ein solcher – zunächst sicher eher für den Geschäftskunden ausgelegter Dienst – kann neben der Verwaltung von Nachrichten, Notizen und Kalenderdaten die Online-Verwaltung aller Kontaktdaten übernehmen – unabhängig vom individuellen Endgerät und zugreifbar aus allen Netzen.

Heute hat der durchschnittliche Telekommunikations-Nutzer für seine verschiedenen Telefongeräte 3-4 verschiedene und voneinander unabhängige Mailboxsysteme für Fest- und Mobilfunk. Für den Anrufer ist nicht ersichtlich, wann der Nutzer die für ihn bestimmte Nachricht erhält und er verschickt seine Nachricht daher oft über verschiedene Kanäle. Der Angerufene hat dann das „Vergnügen“, die gleiche Nachricht zeitversetzt in mehreren Systemen zu empfangen. Email und Fax kommen zusätzlich über andere Wege zum Empfänger. UMS (Unified Messaging System) könnte als Konvergenzdienst die Lösung sein. Allerdings erschweren die Anbindung und Weiterleitung über Netzgrenzen hinweg heute die Nutzung für solche Lösungen, die nicht im Netz selber angesiedelt sind.

Dies könnte ein Geschäftsmodell für einen Mehrwertdienste-MVNO sein, sofern nicht die Netzbetreiber selber entsprechende Lösungen entwickeln und in ihr Angebot integrieren. Der im Konvergenz-Markt tätige MNO / MVNO betreibt ein eigenes Kernnetz sowie eigene HLR (Home Location Register) und kauft die Übertragungsleistung von anderen Access-Netzbetreibern ein. Er kann auch IP-Netze anbinden, so dass er ebenso Email-Nachrichten in seinen UMS-Dienst aufnehmen kann. Für den Nutzer wäre die Umsetzung solcher konvergenter Dienste eine Innovation mit einem signifikanten Nutzen. Natürlich steht dieser Weg allen Netzbetreibern offen, die sich hiermit ein breiteres Dienstespektrum schaffen und auf diesem Wege die Kundenbindung steigern.

Triple-play – Konvergenz erleichtert den Zugang zu Content-Angeboten!

Triple-Play stellt begrifflich die Verbindung von Sprachkommunikation, Internetzugang und Mediennutzung dar. In diesem Sinne wird Triple-Play heute bereits von den meisten Kabelnetz-Betreibern angeboten. Die Konvergenz bleibt hierbei zunächst auf die Tatsache begrenzt, dass die Dienste alle auf dem Wege über das Breitbandkabel in den Haushalt kommen. Weitergehende Lösungen können in Verbindung mit Video-on-Demand, individualisierten, ortsbezogenen oder auf anderem Wege aufbereiteten multimedialen Inhalten realisiert werden.

Der Konvergenz-Anbieter leistet die Entwicklung, Vermarktung und das Inkasso für eigene Dienste und kann grundsätzlich auch Transaktionsdienste realisieren, die für die Abrechnung der Inhalte-Nutzung (Videofilme, interaktives TV, Gaming, … ) eingesetzt werden können. Das Mobilfunkgerät übernimmt dabei die Rolle eines Auswahl- und Steuerungsinstruments – quasi die Fernbedienung für Triple-Play Dienste. Die Abrufe der Inhalte-Angebote können mithilfe des HLR erfasst werden und über die bestehende Vertragsbeziehung zusammen mit anderen Kommunikations-Dienstleistungen in Rechnung gestellt werden. Die Abrechnung der eigentlichen Inhalte-Nutzung erfolgt somit unabhängig von dem Wiedergabe-Gerät und dem Ort der Nutzung.

Neben dieser Form des Triple-Play wird es auch die mobile Version mit der Wiedergabe der multimedialen Inhalte auf tragbaren Geräten, wie z.B. einem Smartphone, geben. Der Geschäftsprozess an sich ist hierbei analog, die Inhalte und ihre Aufbereitung werden sich aber von derjenigen für die Festnetz-Nutzung unterscheiden. Zu erwarten ist, dass hier individualisierte Nachrichten, Informationen mit Bezug zum Standort, Auskunfts- und Buchungsdienste sowie interaktive Spiele im Vordergrund stehen.

Ein Erfolgsfaktor der Triple-Play Dienste wird neben der Attraktivität und Aktualität der verfügbaren Inhalte die Preisgestaltung sein – wie bei den meisten anderen Telekommunikationsdiensten auch. Ob hierbei eine Abrechnung „per use“ oder über definierte Pakete bis hin zu einer echten Flate-Rate erfolgt, wird von den mit den Inhalte-Besitzer vereinbarten Einkaufskonditionen abhängen, von der Akzeptanz durch die Zielgruppe und nicht zuletzt von der Risikobereitschaft des MVNO. Die allgemeine Tendenz im Markt spricht für das Angebot von Paketen mit festen monatlichen Preisen, da diese für den Verbraucher am ehesten kalkulierbar sind und eine höhere Akzeptanz versprechen.

Gewinner und Verlierer, Veränderungen in der Wertschöpfungskette?

Die größten Veränderungen kommen aufgrund von Konvergenzdiensten auf die Netzbetreiber zu. Im Festnetz sind die Preise aufgrund des Wettbewerbs schon heute so niedrig, dass kaum weitere relevante Preissenkungen zu erwarten sind. Allerdings wird für Festnetzanbieter die Migration auf IP-basierte Übertragung notwendig, um durch eine bebesserte Kostensituation wieder relevante Margen zu erwirtschaften. Einige Anbieter von ISDN-Flat-Rate-Tarifen behalten sich den Wechsel auf VoIP schon heute vertraglich vor.

Anders sieht dies für den heutigen Mobilfunkbetreiber aus. Durch eine Verlagerung des Gesprächsvolumens hin zur IP-Telephonie wird der Umsatz zurück gehen bzw. es wird eine Verlagerung von der heute üblichen CDR-Abrechnung (Call Data Record) zu Flat-Rates für die Datenkommunikation erfolgen. Die Terminierung von VoIP-Calls könnte als zusätzliche Umsatzquelle bestehen bleiben, allerdings ist die Frage offen, wie lange die Terminierungskosten auf dem heutigen Niveau bleiben. Verschiebt sich gleichzeitig der SMS-Verkehr in Richtung auf Instant Messaging (IM), so steht dem kein – oder zumindest kein vergleichbarer Umsatz – gegenüber. Die Mobilfunkbetreiber könnten also die größten Änderungen in Ihrem Geschäftsmodell erfahren.

Eine weitere Veränderung resultiert aus der für Konvergenzdienste weiter steigenden Bedeutung der Kundenbeziehung. Wie oben beschrieben, hat der durchschnittliche Nutzer heute eine Reihe von Verträgen mit unterschiedlichen Anbietern. In Zukunft könnte sich dies reduzieren auf wenige – im Extremfall vielleicht nur noch einen Vertrag mit einem Anbieter! Dieser Anbieter stellt die „individuelle“ Rufnummer für die IP-Telephonie zur Verfügung, sorgt für die Anbindung an die unterschiedlichen Access-Netze und bietet Lösungen für das Management von Nachrichten (UMS) an. Der zukünftige Kunde hätte somit einen Vertragspartner, der ihm eine Lösung aus einer Hand liefert. Triple-Play wird allerdings vermutlich auch in Zukunft eine Sonderrolle spielen, könnte aber theoretisch ebenfalls vom gleichen Anbieter realisiert und angeboten werden.

Da der Kundenbeziehung eine so hohe Bedeutung zu kommt, kommen möglicherweise neue Spieler als Anbieter hinzu, die bereits über eine enge Kundenbeziehung verfügen (Banken, Versicherungen, Automobilvereine etc.). Heutige Reseller oder Service Provider mit großem Kundenstamm können sich zum Universalanbieter entwickeln, Citycarrier Mobilfunkdienste mit vermarkten und Unternehmen mit gutem Zugang zu bestimmten Zielgruppen neu in das Geschäft einsteigen. Die konsequente Umsetzung der Konvergenzdienste bietet somit sowohl Chancen als auch Risiken – auf jeden Fall wird sich der Telekommunikations-Markt dynamisch weiter entwickeln und verändern!

Fazit

Konvergenzdienste werden keine Revolution in der Telekommunikation auslösen, aber mit der Umsetzung der netzinternen Übertragung auf Basis des IP-Protokolls können Konvergenzdienste einfacher eingeführt werden. Aus Nutzersicht können sie die Komplexität im Angebot der Telekommunikationsdiensten reduzieren und sowohl dem Nutzer als auch dem Anrufer helfen. Zentrale Bedeutung hat dabei die Reduktion der Rufnummernvielfalt auf wenige Rufnummern. Konvergenzdienste können den Umgang mit Sprach- und Datennachrichten erleichtern, indem alle Nachrichten in einem System zusammen gefasst werden, das mit einer einfachen Benutzeroberfläche (z.B. mittels Sprachsteuerung) bedient werden kann.

Triple-Play Dienste bringen Sprache, Daten und Medieninhalte zusammen und bieten eine Zweitverwertung von vorhandenen Inhalten. Dabei werden individualisierte und ortsbezogene Informationen ein neues Mehrwertdienste-Segment öffnen.

Eine entscheidende Rolle bei der erfolgreichen Umsetzung von Konvergenzdiensten wird die IP-Übertragung zur Integration der unterschiedlichen Netze und Protokolle spielen. IP-Telephonie schafft die Voraussetzung für die Konvergenz zwischen Fest- und Mobilfunknetzen, da durch Kosteneinsparungen in der Netzinfrastruktur und einfachere Netzübergänge niedrige Nutzungspreise möglich werden. Die Sprachtelephonie wird zunehmend auf der Basis von Flate-Rates angeboten werden und die Carrier vor der Aufgabe stehen, zusätzliche Wertschöpfung und Erlöse aus Mehrwertdiensten und der Vermarktung von Inhalten zu erzielen. Die von Vodafone jetzt für den Sommer angekündigte Unterdrückung von VoIP-Gesprächen in Verbindung mit Daten Flate-Rates ist zwar auch eine Reaktion auf die neuen Möglichkeiten. Sie zeigt, wie ernst die Mobilfunkbetreiber diese Entwicklung offensichtlich nehmen. Es ist aber zu bezweifeln, dass dieser Schritt auf Dauer Erfolg haben wird. Sicherlich brauchen die Carrier andere Lösungen, um mit der Herausforderung der IP-Telephonie um zu gehen!

Der entscheidende Erfolgsfaktor für die Wirtschaftlichkeit von Konvergenzdiensten liegt im Zugang zum Kunden! Möglicherweise kommen neue TK-Anbieter auf den Markt und der Konvergenzanbieter kann eine Reihe derzeit bestehender Vertragsverhältnisse ersetzen. Dies wird den Druck auf heutige Anbieter verstärken, schafft aber gleichzeitig hohe Barrieren für solche Neueinsteiger in den Markt, die nicht über einen hochwertigen Kundenzugang verfügen und daher auf die Rolle eines Zulieferers für andere Anbieter reduziert werden. In dieser Hinsicht kann die bestehende Marktstruktur durch das Aufkommen von konvergenten Diensten verändert werden, heute sichere Marktanteile könnten gefährdet sein und Wertschöpfungsanteile werden sich verschieben.

Der Gesamtmarkt für Telekommunikationsdienste aber wird von neuen Diensten profitieren. Durch neue Lösungen wird die Nutzung steigen und die zusätzlichen Erlöse aus den Mehrwertdiensten werden die gerade im Mobilfunk zu erwartenden Margenverluste vermutlich mehr als kompensieren. Der TK-Markt wird auf diese Entwicklung mit einem weiteren Wachstum reagieren, wie schon bei den bisherigen Dienste-Innovationen. Die entscheidende Frage für das einzelne Unternehmen wird sein, wie gut es sich für diese Entwicklung aufstellt und in welchem Maße es gelingt, den heutigen Kundenstamm hierfür zu gewinnen oder sogar neue Zielgruppen zu erschließen. Time-to-market wird auch bei der Umsetzung von Konvergenzdiensten ein wichtiger Erfolgsfaktor sein!

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