Service Sells – Kundenberatung online

Viele Online-Shops gleichen heute den Geisterstädten aus alten Wild-West-Filmen. Angebote in Hülle und Fülle – wird jedoch konkreter und vor allem zeitnaher Rat gebraucht, stehen Nutzer auf verlorenem Posten. Gute Beratungstools gibt es dabei eigentlich genug.

Jedes Unternehmen sollte fortwährend darauf bedacht sein, den eigenen Kundenservice zu verbessern. Oft ist eine solche Verbesserung jedoch erst einmal mit zusätzlichen Kosten verbunden. Dass sich diese Investitionen jedoch sehr schnell wieder auszahlen können, zeigt nicht zuletzt der Punkt Kundenberatung. Hier ist eine Verbesserung des Service bei gleichzeitiger Senkung der Kosten durchaus möglich und oft auch nötig.

Schaut man auf die vielen verlassenen virtuellen Einkaufswagen im Netz, wird die Bedeutung einer effektiven und unkomplizierten Kundenberatung schnell offensichtlich. Bei einer erst kürzlich durchgeführten Untersuchung von BizRate kam man zu dem Ergebnis, dass innerhalb von 90 Tagen jeder Online-Shopper durchschnittlich zwei- bis dreimal seinen Einkaufswagen stehen gelassen hat. Dabei gingen jedes mal 175 US$ an Umsatz verloren. Nicht selten waren fehlende Zusatzinformationen der Grund des Kaufabbruchs. Kundenberatung tut also Not. Bereits im Dezember 1999 bezifferte Forrester Research in der „Tier Zero Customer Support“-Studie die Bearbeitungskosten für einen Anruf im Call-Center auf 33 US$, während eine Bearbeitung per E-Mail mit nur knapp 10 US$ zu Buche schlägt. Und der Einsatz von so genannten Smart Bots ist wiederum günstiger. Unternehmen wie Artificial Life versuchen mit weitaus geringeren Kosten auf Kundenfang zu gehen. Nur ca. 2 US$ soll die kompetente weitgehend automatische Antwort kosten. Doch welche Form der Kundenberatung eignet sich am besten für das Internet?

Wie kann der Kundenkontakt erfolgreich neu gestaltet werden?
Immer noch ist die Hilfe- bzw. Kontakt-Möglichkeit zum Hersteller/Vertrieb auf vielen Websites nicht oder nur schwer zu finden. Dadurch lassen sich viele potentielle Kunden schnell abschrecken und wechseln zur Konkurrenz. Ein weiterer Teil der Online-Shops lässt nur Anfragen per E-Mail zu, die nicht selten, wenn überhaupt, erst nach Tagen beantwortet werden. Versuchen Sie sich dieses Verhalten einmal in einem traditionellen Kaufhaus vorzustellen: Sie stellen der Verkäuferin eine Frage und diese läuft weg und kommt mit der Antwort erst nach Tagen zurück. Im traditionellen Handel undenkbar – im Internet oft genug noch Realität.
Eine elegantere Möglichkeit, seinen Kunden die fehlenden Informationen zu liefern, ist die telefonische Hotline bzw. die Anbindung an ein Call Center. Wie jedoch bereits weiter oben geschildert, ist dies mit recht hohen Kosten verbunden und dadurch nicht unbedingt für alle Vertriebssparten geeignet. Eine Möglichkeit wäre daher, nur Teile des Kundenservices per Telefon abzuwickeln. So steht z.B. beim Online-Buchversender BOL neben der E-Mail-Kontaktmöglichkeit noch der telefonische Kundenservice zur Verfügung, jedoch steht die E-Mail-Kommunikation ganz klar im Vordergrund – wohl nicht zuletzt aus Kostengründen. Diese Diskrepanz zwischen kostengünstiger Kundenberatung und bestmöglichem Kundenservice versprechen virtuelle Assistenten für beide Seiten zufriedenstellend zu lösen. Doch wie sieht der Praxiseinsatz des so genannten Smart-Bots aus

Pure Smart-Bots
Dass sich der Einsatz von Smart-Bots nicht immer unproblematisch darstellt, kann an mehreren Auftritten im Netz beobachtet werden. Smart-Bots besitzen (noch?) nicht die Flexibilität und das Verständnis eines Call-Center Agenten. So bleiben dann auch schnell einige Anfragen unbeantwortet oder es werden nur unzureichende Antworten geliefert.
Ein nur wenig rühmliches Beispiel für den Einsatz von virtuellen Agenten liefert das Modehaus Peek & Cloppenburg auf seinen Seiten. Laut Firmeninfo soll die virtuelle Beraterin namens Miss P & C alle Fragen der User beantworten und diese mit den entsprechenden Angeboten auf den Seiten verknüpfen. Nicht immer mit dem zu erwartenden Erfolg. So weiß „Miss P & C“ auf die Frage nach den Versandkosten nur zu antworten: „Sie möchten verreisen oder umziehen und brauchen ein paar Tipps für den gelungenen Kleidungstransport? Wählen Sie bitte einen Bereich aus!“ Auch bei weiteren Fragen kam es immer wieder zu Missverständnissen. Es scheint, als ob die nach eigenen Angaben mehr als 3.000 Dialoge, 2.000 Mustererkennungen und über 20.000 Lexikon-Einträge für eine sinnvolle Konversation noch nicht reichen. Selbst die stärkste Kaufabsicht kann durch eine solche Beratung schnell wieder geändert werden. Die Konkurrenz ist schließlich nur einen Mausklick entfernt. Dagegen scheint „Hermann Holz“, der virtuelle Berater der Bahr Baumärkte, schon weitaus kompetentere Informationen zu liefern. Hermann wird nicht so schnell ratlos wie Miss P & C. Doch auch Hermann muss bei etwas unkonventionelleren Fragen passen. Ist die persönliche Beratung vielleicht doch nicht zu ersetzen?

Smart-Bots mit Call-Center-Unterstützung
Einen Mittelweg zwischen Smart-Bot und Telefonberatung bietet die Shopping-Mall der OTTO-Tochter Shopping24 an. Wer die Hilfe aufruft, kommt in den Genuss, sich mit der virtuellen Assistentin Atira unterhalten zu können. Sie soll kompetent beim Einkauf mit Rat und Tat zur Seite stehen und hat nur wenig mit holperigen Frage & Antwort-Spielen vergangener Tage zu tun. Sollte Atira einmal nicht weiterhelfen können, wird die Anfrage automatisch an ein Call Center weiter geleitet und von dort aus beantwortet. Wie fast alle Smart-Bots speichert auch Atira Frage und Antwort in ihrer ständig wachsenden Datenbank und soll dadurch langfristig vom Call-Center unabhängig werden. Laut eigenen Angaben wird „in jedem Fall der Kunde Shopping24.de niemals ohne eine Information zu seiner Frage verlassen müssen.“ Was nicht ganz zutrifft, denn in eigenen Tests war auch Atira sprachlos und riet, die Frage doch besser per E-Mail zu stellen – im Call Center war wohl gerade Mittags-Pause.

Live-Chats – Beratung in Real-Time
Einen ähnlichen Weg geht schon seit einiger Zeit die US-amerikanische Shopping-Plattform Mall.com . Hier setzt man auch auf Kundenberatung in Echtzeit und möchte mit Hilfe von „Instant Customer“-Software das Beratungsgespräch in die Online-Welt transferieren. Den wissbegierigen Online-Shoppern will man so bei Mall.com die Möglichkeit geben, sich per Live-Chat mit einem Kundenberater zu unterhalten. In Deutschland wird ein solches Tool u.a. von der Firma Cyland mit TTerra angeboten. TTerra ist ein Live-Chat Tool, dass sich besonders gut für die Kundenbetreuung bzw. -beratung eignet. Ebenso lässt sich das Produkt als Community-Tool nutzen. Eingesetzt wird TTerra u.a. beim CompterChannel und beim Reiseanbieter www.lastminute-lotse.de. Allerdings fehlen TTerra noch die großen Kunden und mit WebContact des Bosch-Telecom Nachfolgers Tenovis hat man eine recht starke Konkurrenz. WebContact wird als Hosted Service angeboten, was bedeutet, dass keine neuen Investitionen in die Infrastruktur notwendig werden. Allerdings kann auch WebContact noch nicht mit überaus namhafter Kundschaft aufwarten. Das Tool kommt momentan u.a. auf den Online-Marktplatz wibis und den Websites des Reisebüros Hegenloh zum Einsatz. Ist also doch die Kundenbetreuung per Telefon der Königsweg?

CallBack
Rufen Sie nicht uns, denn wir rufen Sie an! CallBack-Funktionen erfreuen sich auch im deutschen Internet einer immer größeren Beliebtheit. So bietet der Hosting-Service Excite@home seit Juni 2000 seinen Kunden bei der Gestaltung ihrer Storefront den Einsatz so genannter „Creation Tools“ an. Ein aus Kundenberater-Sicht interessantes Tool ist dabei der interaktive Call-Back-Button. Diesen können Online-Shop-Betreiber auf der eigenen Website einbinden und ihren Kunden so die Interaktionsmöglichkeiten innerhalb von weniger als einer Minute anbieten. Hat der Kunde eine Frage zu einem Produkt oder der geplanten Bestellung, klickt er einfach auf den Knopf und gibt anschließend seine Telefonnummer an. Ein so genannter RealCall-Server registriert den Vorgang, unternimmt einen Sicherheitscheck und leitet die Nummer automatisch an den Online-Shop weiter, von wo aus dann der Kontakt mit dem Kunden erfolgen kann. In Deutschland bietet u.a. der Online-Shop des Mineralölkonzerns BPExpress diesen für den Kunden kostenlosen Service an. Das Bekleidungshaus Land’s End geht noch einen Schritt weiter und bietet sowohl die Live-Kundenbratung per CallBack als auch per LiveChat an. Hierbei ist jedoch einschränkend zu erwähnen, dass dieser Service recht kostspielig sein dürfte und er daher nicht von ungefähr nur von einigen Big-Playern der Old-Economy angeboten wird.

Fazit
Der Kunde ist König – zumindest sollte er dieses Gefühl bekommen, wenn er sich auf den Websites eines Online-Shops befindet. Ein guter Online-Shop lässt möglichst wenige Fragen offen, aber für den Fall der Fälle sollte immer eine Interaktionsmöglichkeit geboten werden. Eine prompte und dazu noch zuverlässige Antwort mag zwar mit einigen Kosten verbunden sein, doch zahlt sich dieses in der Regel schnell wieder aus, denn zufriedene Kunden sind immer noch die beste Werbung.

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