Online-Lehrsysteme und Hybridansätze wie Blended Learning sind eine Möglichkeit, die medizinische Weiterbildung zu verbessern und die gesetzlich vorgeschriebenen Qualifizierungsmaßnahmen zu erfüllen. Mit der neu gegründeten Forschungseinheit für E-Learning und Telemedizin e-meducate hat die Donau-Universität Krems in Österreich eine Vorreiterrolle in Europa übernommen.
Um mit dem rasanten Fortschritt in der Wissenschaft zum Wohle des Patienten Schritt zu halten, müssen Mediziner lebenslang lernen. Die neue Forschungseinheit für eLearning und Telemedizin Donau-Universität Krems hat sich zum Ziel gesetzt, neben dem Aufbau von postgraduellen Blended-Learning-Angeboten für Mediziner auch eine Masterausbildung für eLearning- und Telemedizin-Beauftragte im Gesundheitswesen gestalten. Mit den zertifizierten Online-Kursen können Ärztinnen und Ärzte in Österreich künftig ihrer gesetzlichen Weiterbildungspflicht nach § 118 ÄrzteG nachkommen und über diesen Weg ein Drittel der benötigten 150 Qualifizierungspunkte innerhalb von drei Jahren erwerben.
Aber auch für Mediziner in den neuen EU-Beitrittsstaaten im Osten will die Donau-Universität Krems, die auf Grund ihrer geographischen Lage dafür prädestiniert ist, ein kostengünstiges mehrsprachiges Lehrmodell entwickeln. „In Europa gibt es die notwendige Qualitätssicherung der medizinischen Weiterbildung bisher nur in Ansätzen“, bedauert Matthias Kritz, Leiter des technischen Entwicklungsteams und wissenschaftlicher Mitarbeiter von e-meducate. Außerdem hätten sich die Lehrmethoden in der Medizin seit Jahrzehnten nicht mehr weiterentwickelt. Der rasche Fortschritt in Forschung und Entwicklung erfordere aber eine wesentlich intensivere Weiterbildung der Beschäftigten in den Gesundheitsberufen.
Online-Fortbildung bewältigt Informationsflut besser
Da für diese Aufgabe viel zu wenig Lehrpersonal zur Verfügung stehe, seien Online-Lehrsysteme bzw. Hybridansätze in Form von Blended Learning eine wichtige Chance zur Verbesserung der medizinischen Weiterbildung. „Allerdings sind vorhandene eLearning-Anwendungen meist zu kompliziert, erfordern technisches Know-how und/oder hohe Erstellungskosten“, hat Matthias Kritz festgestellt. Dies seien wohl auch die wesentlichen Gründe dafür, warum – trotz der hohen Nachfrage – heute im Netz praktisch keine zertifizierten medizinischen Lehrangebote zu finden sind. Dabei stelle die Online-Fortbildung den einzig gangbaren Weg dar, um mit der Informationsflut auf Dauer fertig zu werden.
„Jeder Mediziner, der etwas zu sagen hat, sollte auf Knopfdruck und so rasch wie möglich Weiterbildungsinhalte erstellen können“, bringt Dr. Harald Kritz, Universitätsdozent und Leiter der Forschungseinheit e-meducate, eine zentrale Anforderung auf den Punkt. Deshalb verfolgt die neue Einrichtung einen Rapid eLearning-Ansatz, der für die speziellen Bedürfnisse der Mediziner weiterentwickelt wurde. Dabei war es wichtig, die vorhandenen Lehrinstrumente – zum Beispiel PowerPoint-Folien für Vorträge – zu integrieren und den technischen Aufwand zur Videoerstellung mit Hilfe von Desktop-Kameras möglichst gering zu halten.
Auch die Erstellung von Fragen und Antworten für die Erfolgskontrolle sollte ebenso wie die Verwaltung der Lehrinhalte so einfach wie nur möglich zu bewerkstelligen sein. Komfortable Möglichkeiten der Online-Diskussion, File Sharing zur Erarbeitung von Fallbeispielen und Online-Tools für mündliche Face to Face-Prüfungen sind ebenfalls Teil der Gesamtlösung, die aus verschiedenen Komponenten zusammengesetzt ist.
Um dabei Sackgassen und Einbahnstraßen zu vermeiden, entschied man sich bewusst für einen Mix an Technologien und orientiert sich an offenen Standards. So ist das Webconferencing-System zur Durchführung der Live-Assessments eine einfach zu bedienende Eigenentwicklung des spanischen Unternehmens Digital Samba, zu dessen Gründern Matthias Kritz gehört. Sie basiert auf dem Flash Communication Server des amerikanischen Softwarehauses Macromedia. Von diesem Anbieter stammt auch die Rapid eLearning-Lösung Breeze, die das Herzstück des Gesamtkonzepts bildet.
Für diese Auswahl gab es mehrere Gründe. „Entscheidend war aber vor allem die nahtlose Integration mit Microsoft PowerPoint. Dadurch sind auch technische Laien in der Lage, sehr einfach Lerninhalte aus vorhandenen Präsentationen zu erstellen“, betont der Leiter des technischen Entwicklungsteams. Denn rund 80 Prozent der Lehrenden an der Donau-Universität Krems verwenden dieses Programm. Mit dem Einsatz von Macromedia Breeze lässt sich der Entwicklungsaufwand beträchtlich verringern, da nun für die Erstellung der Schulungskurse keine Webentwickler und -designer mehr benötigt werden. Vielmehr können nun erstmals die Lehrbeauftragten an der Universität die Lerninhalte in ihrer gewohnten Microsoft Office-Umgebung entweder selbst erstellen oder von einem Assistenten einspielen lassen.
Entwicklungsaufwand beträchtlich verringert
Auch die einfache Einbindung von Audio- und Video-Elementen sowie die intuitive Erstellung von Tests waren weitere wichtige Argumente für die Wahl dieser Plattform. Die Kompatibilität zu den weit verbreiteten SCORM- und AICC-Standards und die Existenz offener Schnittstellen erlaubt zusätzlich die Einbindung in vorhandene Learning-Management-Systeme und die leichte Erweiterbarkeit.
Nachdem ein Schulungskurs in Eigenregie mit ein paar Mausklicks erstellt worden ist, wird das Ergebnis auf einen speziellen Server geladen. Dieser erstellt für jeden Rapid eLearning-Kurs eine eigene Internet-Adresse und schickt diese URL per eMail zurück. Anschließend lässt sich dieser Link per elektronischer Post an die gewünschten Teilnehmer verschicken oder in eine bestehende Website einbinden.
Soll ein festgelegter Adressatenkreis angesprochen werden, wird der Zugriff auf den Kurs mit einer einfachen Autorisierungsprozedur verbunden. Diese Anmeldung kann später vom Reporting-Tool ausgewertet werden. Wurde zum Beispiel festgelegt, dass alle Teilnehmer das Training bis zu einem bestimmten Zeitpunkt absolvieren sollen, bekommen die „Bummler“ automatisch in regelmäßigen Abständen eine Mahnung. Der Text dafür kann vorformuliert werden und sich in jeder Stufe verschärfen.
Zum Abspielen einer Trainingseinheit beim Nutzer genügt der Webbrowser mit dem Flash Player, der mittlerweile weltweit betriebssystemübergreifend auf über 98 Prozent aller Rechner mit Internet-Anschluss vorhanden ist – weitere Software-PlugIns sind nicht erforderlich. Ein weiterer Pluspunkt dieser Technologie: Die Datenübertragung nimmt dank der relativ kleinen Flash-Dateien nur wenig Bandbreite in Anspruch und auch Firewalls stellen kein Hindernis dar.
Mittlerweile nutzen bereits eine Reihe von Medizinern in Österreich die komfortablen Möglichkeiten zur schnellen Erstellung von Content zur medizinischen Weiterbildung. In verschiedenen Arbeitsgruppen beschäftigen sie sich jeweils mit einem Fachgebiet und entwickeln Lehrmaterialien – von der einfachen Slideshow mit Ton bis hin zu umfassenden Kursen mit integriertem Test und Abschlussprüfung. Mit der Zeit entsteht so ein umfassendes Kompendium zu den unterschiedlichsten Fachthemen, das jederzeit über das Internet abgerufen werden kann. Den Anfang machen dabei die Bereiche Diabetologie, Lipidologie und Kardiologie, weitere sollen demnächst folgen. Auch ein „Intensivseminar eLearning“, an dem derzeit rund 75 Ärztinnen und Ärzte teilnehmen, ist im Angebot. Es wird zu 90 Prozent online abgehalten und dient der Vertiefung des vorhandenen Internet-Wissens der Mediziner. Am Ende des Seminars sollen die Teilnehmer in der Lage sein, selbst einen eLearning-Kurs zu erstellen und zu betreuen.
Internet-Kompendium zu den unterschiedlichsten Fachthemen
Auch mit diesem Ansatz, praktisches Wissen durch die Experten selbst aufbereiten zu lassen und es dann ihren Kollegen online zur Weiterbildung zur Verfügung zu stellen, geht e-meducate einen in Europa bisher einzigartigen Weg. Universitätsdozent Dr. Harald Kritz kann dabei auf die Erfahrungen mit dem lipidforum.at zurückgreifen, dass seit 1996 das führende deutsche Webinformationsportal zum Thema Fettstoffwechselstörungen ist. Von Anfang an enthält es auch Weiterbildungsangebote für die Fachärzte. Seit 1997 werden Streaming-Videos von Pressekonferenzen und Events angeboten. Später kamen Webconferencing und Flash-Video-Statements für Expertenkommentare als weitere Elemente hinzu. Seit dem Jahr 2004 wird auch hier Macromedia Breeze eingesetzt.
„Seit dem Umstieg von textbasierten Inhalten auf Video-Angebote haben wir ein deutlich höheres Interesse der Besucher festgestellt und erleben deutlich weniger vorzeitige Abbrüche beim Betrachten der Beiträge“, sagt Matthias Kritz. Mit 42.000 Besuchen pro Monat, von denen rund 45 Prozent von Nichtmedizinern stammen, ist das Portal eine der meistbesuchten Websites zu Gesundheitsthemen in Österreich. Die mit einer Web-Kamera und einer bedienungsfreundlichen Software ausgestatteten Lipidologen können dort sehr schnell Videostatements zu aktuellen Themen in ihrem Fachgebiet publizieren. So dauerte es keinen halben Tag, bis nach Bekanntwerden des Lipobay-Skandals in den USA eine fundierte Stellungnahme eines Experten zu diesem Vorfall im Netz bereitstand.
„Neben dem Vorteil der Geschwindigkeit können bei diesem Do-it-yourself-Verfahren auch erhebliche Kosten eingespart werden, da die Ärzte die Inhalte selbst sehr schnell erstellen und im Web publizieren“, unterstreicht der Multimedia-Experte. Es sei so komfortabel, dass auch nicht besonders Computer-affine Mediziner mit wenig Zeit damit problemlos umgehen können. Diese positiven Erfahrungen wollen die Initiatoren von e-meducate nun auch für ihr Weiterbildungsangebot nutzen. Mit der geplanten Zertifizierung der Rapid eLearning-Kurse im Rahmen der gesetzlichen Weiterbildungspflicht für das medizinische Personal und der Durchführung entsprechender Prüfungen per Online-Meeting wird diese Form des Trainings nach ihrer Überzeugung schnell weiter an Bedeutung gewinnen.