Online Payment: Bleibt alles beim Alten?

Nach wie vor dominieren klassische Bezahlsysteme den Handel im Internet. Doch hinter den Kulissen brodelt es gewaltig. Für jeden gescheiterten ePayment-Anbieter treten sprichwörtlich zwei neue in Erscheinung. Die prognostizierten Erfolgsaussichten scheinen einfach zu verlockend.

Dabei gehört die Wahl der passenden Zahlungsvarianten zweifellos zu den bedeutendsten Erfolgsfaktoren beim Online-Kauf. Geht es nach den Kunden, dann sind derzeit größere Änderungen des status-quo gar nicht von Nöten. Doch Händler und Banken wollen sich damit nicht abfinden. Hohe Kosten und Zahlungsausfallrisiken verlangen nach kleinen aber feinen Änderungen, die der Kunde am besten gar nicht bemerkt, denn für den Käufer besitzt die Bequemlichkeit beim Bezahlen höchste Priorität.

Klassische Bezahlsysteme: Die unangefochtenen Platzhirsche
Vor allem aus Kundensicht wird die klassische Bestellung auf Rechnung immer noch am häufigsten genannt, wenn es um die im Internet genutzten Zahlungssysteme geht. 83,1 Prozent aller Online-Shopper haben von dieser Bezahlmethode bereits mind. einmal im Internet Gebrauch gemacht. Danach folgt die Bezahlung per Nachnahme, die immerhin von 63,6 Prozent aller Käufer bereits genutzt wurde. Mit 63,1 Prozent liegt das Lastschriftverfahren fast gleichauf. Und immerhin 56,1 Prozent haben bereits mind. einmal die Kreditkarte (verschlüsselt bzw. unverschlüsselt) beim Online-Kauf eingesetzt. Aus Kundensicht scheint fast alles bestens zu sein.

Diese Ergebnisse wurden vom Institut für Wirtschaftspolitik und Wirtschaftsforschung in Karlsruhe ermittelt. Im Vergleich zum Vorjahr konnten alle Varianten noch einmal kräftig hinzugewinnen. Die Nutzer scheinen, zumindest was die herkömmlichen Methoden anbelangt, immer mehr Erfahrung mit dem Online-Payment zu sammeln.

Argumente für elektronische Zahlungssysteme
Welche Aspekte sind nun für den Kunden bei der Auswahl entscheidend? Der Nutzer erwartet ein leicht zu bedienendes Payment-System, dass keine oder nur geringe „Nebenkosten“ verursacht sowie nach dem Prinzip „erst die Ware, dann das Geld“ arbeitet. Hauptsächlich hängt die Auswahl der Bezahl-Variante von einer einfachen- und unkomplizierten Handhabung, der Kostenbelastung sowie des Belastungszeitpunktes ab.

Gerade im Internet möchte der Nutzer gerne wissen, wem er sein Geld anvertraut. So ist die Identität des Anbieters der Zahlungsmethode auch das wichtigste Argument, wenn es darum geht, eine elektronische Zahlungsmethode zu nutzen. Laut IWW-Studie wirkt sich die Offline-Verwendung der Zahlungsmethode positiv auf die Akzeptanz im Internet aus. Etwas weniger von Bedeutung, doch immer noch für 44,9 Prozent wichtig, sind die Aussagen des Anbieters zur Verschlüsselung des Zahlungsvorgangs. Dagegen spielt beim Bezahlen die Mundpropaganda (die Nutzung der Zahlungsmethode durch Freunde und Bekannte) eine nur sehr geringe Rolle (15,2 Prozent).

Kreditkarte – Die digitale Ausnahme?
Nachdem sich hierzulande die Kreditkarte am Online-Markt noch nicht hat endgültig durchsetzen können, versuchen nun die beiden Marktführer Visa und Mastercard/Eurocard neue Sicherheitsstandards einzuführen, die das bisher favorisierte – doch nicht unbedingt auch etablierte – SET/SSL-Verfahren ablösen sollen. Eurocard UCAF und Visa 3D Secure sind Sicherheitsstandards, wonach Händler von den Banken erstmals eine weltweite Garantie auf Kreditkartenzahlungen erhalten. 3D Secure, das unter den Namen „Verified by Visa“ vermarktet wird sowie UCAF, das unter den Namen „Secure Code“ den Nutzern präsentiert wird, stellen keine speziellen Anforderungen an den Käufer. Bei 3D Secure muss der Kunde neben seiner Kreditkartennummer ein zusätzliches Visa-Passwort angeben, bei UCAF werden verschlüsselte Daten über ein verstecktes Feld im HTML-Formular übermittelt und von der entsprechenden Bank überprüft. In Deutschland bieten u.a. CompuTop und Pago diese Verfahren als Dienstleister an.

Mehr als 50 Anbieter diverser digitaler Zahlungssysteme buhlen allein in Deutschland um die Gunst der Endverbraucher. Doch auch wenn Paybox oder Firstgate mittlerweile zumindest in Fachkreisen keine unbekannten Größen mehr darstellen: von einem Durchbruch kann bei digitalen Zahlungssystemen im Internet keinesfalls die Rede sein. Keinem Anbieter ist es bisher gelungen, einen Marktanteil von mehr als drei Prozent zu erreichen. Geradezu übermächtig scheinen Rechnung, Lastschrift und Nachnahme auch den Payment-Markt im Internet zu dominieren.

Eine ausreichende Verbreitung der digitalen Zahlungssysteme ist dabei für mehr als die Hälfte der Kunden eine Grundvoraussetzung für einen eventuellen Umstieg. Laut Unternehmensberatung Mummert + Partner erfüllt bis dato kein System die Anforderungen von Kunden, Banken und Händlern gleichzeitig, dementsprechend wird auch noch keines wirklich flächendeckend akzeptiert. Als Folge prophezeien die Analysten von Mummert eine starke Marktkonsolidierung. Innerhalb der nächsten drei Jahre werden voraussichtlich drei von vier Bezahlsystemen mangels Erfolg eingestellt.

Eigentlich sind die Anforderungen an digitale Bezahlsysteme klar. Für den Kunden stehen Sicherheit, Verbreitung und Schnelligkeit (keine zusätzliche Software-Installation) im Vordergrund. Händler setzen auf geringe Zahlungsausfälle, niedrige Gebühren und – wie übrigens auch die Kunden – auf eine hohe Verbreitung. Banken wünschen sich daneben, dass das digitale Bezahlen an bestehende gängige Zahlungsmittel (z.B. Kreditkarte) gekoppelt wird.

Besonders schwierig dürften es so genannte Prepaid-Systeme haben, bei denen der Kunde entweder zuvor eine Prepaid-Karte erwerben oder Geld in eine digitale Brieftasche laden muss. Die mangelhafte Akzeptanz auf Kundenseite bekamen Vorreiter wie eCash und CyberCoin schmerzhaft zu spüren und mussten den Betrieb daraufhin wieder einstellen. Dieses Schicksal dürfte noch weiteren Anbietern bevorstehen.

Micropayment: das lukrative Geschäft mit den Cents
Auch wenn sich in letzter Zeit Marktforscher vermehrt zu Wort melden, die Paid-Content-Diensten keine rosige Zukunft bescheinigen, die Flaute am Online-Werbemarkt läutet fast selbstverständlich das Ende des „Kostenlos-Netzes“ ein. Zur Abrechnung von Cent-Beträgen stehen mittlerweile zahllose Micropayment-Systeme zur Verfügung. Doch respektable Umsätze werden in dieser Branche bis dato allein mit Erotik-Anbietern generiert. Darüber hinaus besitzen die meisten Micropayment-Systeme zumindest einen Nachteil: Entweder muss sich der Nutzer registrieren/anmelden oder eine zusätzliche Dialer-Software installieren. Und über den schlechten Ruf solcher Software bedarf es momentan keiner weiteren Worte.

Dementsprechend ernüchternd sehen auch die bisherigen Erfolgsbilanzen der (Non-Erotik) Anbieter aus. Nicht einmal 500 Nutzer machen davon Gebrauch, die wöchentliche Titelstory des Spiegels bereits vorab für 50 Cents im Netz zu lesen. Bei mehr als 17 Millionen Visits des Online-Angebots allein im letzten Monat zweifellos eine eher magere Ausbeute. Und auch die neuen Bezahl-Angebote von T-Online stoßen bis dato auf nur wenig Gegenliebe.

Etwas positiver sehen die Analysten-Prognosen beim mPayment aus. So gehen die Marktforscher von Frost & Sullivan davon aus, dass der mPayment-Europamarkt im Jahr 2006 ein Volumen von 25 Milliarden US-Dollar erreichen wird. Dabei berücksichtigt die Prognose sowohl Zahlungen an Automaten, Parkuhren usw., an Kassen mit Personal (Geschäfte, Restaurants, Taxi), beim mCommerce (WAP-Sites), bei Online-Einkäufen am PC (statt Kreditkarte) und bei privaten Zahlungen zwischen Einzelpersonen.

Die Analysten von Frost & Sullivan vertrauen jedoch fast gänzlich auf die künftige Marktentwicklung, denn ein Blick auf die gegenwärtigen Umsätze (2001: 0,1 Mrd. US$) ist eher ernüchternd.

Der Großteil dieses anvisierten Umsatzes soll auf den mCommerce (39 Prozent) und private Zahlungen (34 Prozent) entfallen. Die Vorteile des mPayments sind durchaus einleuchtend: So können Betreiber von Automaten, Parkuhren etc. auf das Handling von Bargeld verzichten und Einzelhändler dürften auf Kostenvorteile durch niedrige Registrierungs- und Transaktionsgebühren hoffen. Auch schneidet mPayment im Sicherheits-Vergleich zur Kreditkarte besser ab, denn für die Transaktion sind sowohl Handy als auch PIN erforderlich, während bei der Kreditkarte lediglich eine –oft leicht zu fälschende – Unterschrift genügt.

mPayment-Marktführer in Deutschland ist die Paybox AG, die es europaweit nach zwei Jahren auf immerhin 10.000 virtuelle, mobile und stationäre Händler sowie 750.000 Kunden gebracht hat. Auch wenn diese Zahl auf den ersten Blick sehr beeindruckend erscheint, so erfordert eine akzeptable Marktdurchdringung sicher eher einige Millionen Kunden.

Hier wittern nun die großen Telcos Morgenluft und so verwundert es wenig, dass erst vor kurzem T-Mobile und Vodafone eine Initiative zur Schaffung einer mobilen Zahlungsplattform gründeten. Damit soll eine sichere und problemlos zu nutzende Lösung für den Kauf von Waren und Dienstleistungen per Mobiltelefon bereitgestellt werden. Die Mobilkunden speichern hierzu ihre persönlichen Daten sowie bevorzugten Zahlungsoptionen in einer virtuellen Brieftasche und geben dann während des handygestützten Bezahlvorgangs, ähnlich wie bei einer konventionellen Brieftasche, das gewünschte Zahlungsmittel (z.B. Kreditkarte) an. Diese Initiativen der Telefonnetzbetreiber sind auch nicht weiter verwunderlich, sehen sie doch im mPayment eine neue, relativ leicht zu erschließende Einnahmequelle. Treffen die Prognosen (25 Milliarden US$ in 2006) der Analysten von Frost & Sullivan zu, so ist das Engagement angesichts der zu erwartenden Transaktionsgebühren in Höhe von 1,5-4 Prozent durchaus verständlich. Bis dato ist jedoch noch nicht abzusehen, welche Standards welcher Unternehmen sich wie entwickeln bzw. durchsetzen werden.

Fazit
In den vergangenen Monaten hat sich einiges am ePayment-Markt getan. Mehrere Systeme verschwanden ganz vom Markt, einige existieren noch, ihre Nutzung tendiert jedoch gegen Null. Was allerdings keineswegs bedeutet, dass der ePayment-Markt stetig immer kleiner würde. Ganz im Gegenteil. Für jedes eingestellte System versucht ein neues sein Glück am Markt. Zu verlockend erscheinen die Erfolgsprognosen der Analysten. Doch machen die meisten ePayment-Anbieter immer noch die Rechung ohne den Kunden. Dieser zahlt auch im Internet immer noch so, wie er es von der Offline-Welt her kennt: per Rechnung, Nachnahme, Lastschrift oder vielleicht auch per Kreditkarte. Neuen Verfahren steht der Nutzer eher kritisch gegenüber. Allein dem Handy ist – nicht zuletzt aufgrund seiner hohen Verbreitung – ein größeres Potential zuzutrauen. Doch auch hier wird den Anbietern ein langer Atem abverlangt, denn von einer ausreichenden Marktdurchdringung kann noch nirgends die Rede sein. So lässt sich heute auch noch nicht sagen, wer das ePayment-Rennen gewinnen wird. Nur das dieses „Erfolgssystem“ einfach zu bedienen, sicher sowie kostengünstig einzusetzen sein muss, scheint bereits heute festzustehen. Denn etwas anderes akzeptiert der Kunde keinesfalls.

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