Retouren: Keinesfalls ein Rückschritt

Hatten eTailer im 99er Weihnachtsgeschäft noch mit logistischen Problemen bei der Anlieferung zu kämpfen, so stellte sich in der jüngsten Holiday Season das Retourenmanagement als die größte Herausforderung dar.

Zwar wurde in der Vergangenheit ein eCommerce-Umsatz-Rekord nach dem anderen gebrochen, doch gleichzeitig stieg damit auch die Zahl der zurückgegebenen Waren deutlich an. Die Analysten der Yankee Group gehen davon aus, dass allein in den USA im vergangenen Online-Weihnachtsgeschäft Waren im Gegenwert von 1,5 Milliarden US$ wieder zurückgegeben wurden. In einigen Bereichen rechnet man mit Rücklaufquoten in Höhe von 20-30 Prozent. Ein Teil der hohen Rückläufe resultiert dabei aus den logistischen Problemen der Vergangenheit: So bestellten viele Online-Shopper ihre Waren lieber doppelt, um auf Nummer Sicher zu gehen und zum Fest der Liebe nicht gänzlich ohne Geschenke dazustehen. Die Dubletten wurden dann einfach wieder zurückgegeben. Der Hauptgrund für Online-Retouren dürfte jedoch der gleiche wie im Versandhandel sein: Das fehlende „Look and Feel“ beim Kauf.

Aus dem Versandhandel ist auch bekannt, dass die Anzahl der Retouren mit der Schnelligkeit der Lieferung im starken Zusammenhang steht: Je höher die Lieferzeit, desto höher ist auch die Retourenquote. So versuchte in den USA ein Online-Verkäufer seine Logistik-Kette zu reorganisieren, um dadurch Kosten zu sparen. Die Bestelldauer verlängerte sich daraufhin von 3 auf 7 Tage. In der Konsequenz stieg die Rücklaufquote der Bestellungen von 7% auf 25%. Auch laut M.F. Boes, Präsident des Bundesverbandes Spedition und Logistik besteht dieser enge Zusammenhang zwischen Lieferzeit und Retouren „Nach zwei Stunden ist die Rücklaufquote nahezu Null, nach sieben Tagen liegt sie bei 40 Prozent.“ Eine schnelle Lieferung scheint daher noch der beste Weg zur Vermeidung lästiger Retouren zu sein. Als Ansatzpunkte für eine Reduzierung der Rücklaufquote nennt eine Studie der Fraunhofer IML im Auftrag des Landes Nordrhein-Westfalen folgende sieben Punkte

 • Sortimentsbereinigung; weitestgehend Markenartikel (möglichst keine Billigprodukte, bei denen die Versandkosten überproportional ausfallen)
 • Hohe Verfügbarkeit von Produktinformation
 • Kurze Durchlaufzeiten
 • Sichere Verpackungen (Schäden vermeiden)
 • Intelligente Anlieferung/Kundenabsprachen (Mehrfachzustellungen vermeiden)
 • Hohe Kommissionsqualität
 • Einfaches Kaufrücktrittsverhalten

Die genannten Punkte zielen also zunächst einmal auf eine Vermeidung von Retouren und erst in zweiter Linie auf die optimierte Abwicklung nicht zu vermeidender Rücklieferungen.

Auch eine eFulfillment Studie von Accenture konstatiert, dass das Retourenmanagement vor allem bei den reinen Internet-Händlern noch verbesserungsbedürftig ist. Vereinfachungen und mehr Hilfestellung für den Kunden, wie z.B. vorgefertigte Adressaufkleber für Retouren, sind hier ein erster Ansatz. Denn sowohl Einzelhändler als auch eTailer sollten sich laut Accenture-Studie stärken um ihre Retouren-Politik kümmern. Wobei Einzelhändler und Versandhäuser ihren Online-Pendants noch um einiges voraus sind. Vor allem das Zusammenspiel von Online- und Offline-Rückgabe-Garantien ist hier noch verbesserungsbedürftig. Selbst im digitalen Zeitalter nehmen Retouren bei eTailern im Durchschnitt 35 Prozent mehr Zeit als bei der Katalog-Konkurrenz in Anspruch. Verantwortlich ist hierfür laut Accenture vor allem die Tatsache, das weniger eTailer (51 Prozent) vorgedruckte Retour-Aufkleber gleich mitliefern. Unverhältnismäßig oft (über 60 Prozent) empfinden Kunden das Retour-Prozedere beim E-Tailer als zu umständlich. Bei Katalogversendern (17 Prozent) und Einzelhändlern (29 Prozent) liegt diese Quote weitaus niedriger. Allerdings werden von Online-Händlern weitaus häufiger die Rücksendegebühren übernommen.

Dessen ungeachtet kam eine etwas früher durchgeführte Untersuchung von PricewaterhouseCoopers zu dem Ergebnis, dass es im Online-Handel bei weitem weniger Retouren gibt als allgemein angenommen. Demnach senden lediglich 4 Prozent der Online-Käufer einmal bestellte Waren wieder zurück. Dieses an sich sehr positive Ergebnis wurde jedoch dadurch wieder relativiert, dass weitaus mehr User Waren wieder zurückgeben würden, wäre dieses auf eine bequemere und kostengünstigere Weise möglich. Hier bestätigt die Untersuchung von PwC wiederum die Studie von Accenture: 41 Prozent der von PwC befragten Online-Käufer gaben an, dass sie schon mindestens einmal im Internet bestellte Waren wieder zurückgeben wollten, davon dann aber aufgrund des zu großen Aufwands wieder Abstand genommen hätten.

Zu einem ähnlichen Ergebnis kommt eine Studie von NFO Interactive: ein beträchtlicher Teil der Kunden behält die im Internet gekauften Produkte, obwohl sie damit nicht zufrieden sind und diese eigentlich gerne wieder zurückgeben/umtauschen würden. Auf den ersten Blick könnte sich der Online-Händler über diese Art der Retourenvermeidung ja vielleicht freuen, doch wäre dieses allzu kurz gedacht. Denn alsbald wird er zu der Einsicht gelangen, dass die wertvollsten Kunden noch immer zufriedene Stammkunden sind, die man mit viel Aufwand und Mühe gewonnen hat und die man nicht leichtfertig vor den Kopf stoßen sollte. Laut NFO Interactive hat bereits jeder fünfte Online-Shopper einmal ein Produkt behalten, weil das Retourenprozedere zu kompliziert bzw. zu kostspielig war. Die Mehrzahl dieser Kunden wird sicherlich nach einer solchen Enttäuschung nicht erneut im besagten Online-Shop einkaufen.

Das Gros der Retouren hängt jedoch an der fehlenden emotionalen Komponente, der „Bauchentscheidung“ die sich über das „Look and Feel“ eines Produktes vermittelt. Nach PwC rangieren enttäuschte Erwartungen in das Produkt (40 Prozent) vor Beschädigungen (31 Prozent) und der mangelhaften Produktqualität (31 Prozent). So empfiehlt Mary Brett Whitfield, Pressesprecherin von PwC, die Rückgabe von Produkten möglichst kostengünstig und unkompliziert zu gestalten, damit der Online-Kauf, sollte er einmal nicht den Erwartungen entsprechen, nicht zu einer einmaligen Angelegenheit wird. Häufig zurückgegebene Produkte kommen laut BizRate aus den Bereichen Kleidung (27 Prozent), Computer-Software (20 Prozent) und Bücher (15 Prozent). Dabei bevorzugt die Mehrheit der Befragten Online-Shopper (59 Prozent) die Erstattung des Rechungsbetrags, immerhin 27 Prozent geben sich mit einem Umtausch zufrieden.

Das gesetzliche Widerrufsrecht des Verbrauchers
Seit Mitte letzten Jahres sind einige Aspekte des Retourenmanagement per Gesetz in Deutschland geregelt. Die Bestimmungen zum Widerrufsrecht sind in § 3 des FernAbsG fixiert und erlauben es dem Verbraucher, den Kaufvertrag innerhalb einer Zweiwochenfrist ohne Angabe von Gründen und ohne Regressansprüche seitens des Händlers zu widerrufen. Die Kosten der Rücknahme sind dabei vom Unternehmer zu tragen. Diese Regelung gilt jedoch nicht für Bestellungen, die einen Wert von 40 Euro unterschreiten. In diesen Fällen trägt der Kunde die Portokosten für die Rücknahme. Für den Widerruf selbst ist keine besondere Form vonnöten, so dass ein Widerruf per eMail ausreicht. Ausgenommen von der Regelung sind entsiegelte Audio- und Videoaufzeichnungen sowie Software, schnell verderbliche Ware bzw. Ware, deren Verfallsdatum bereits abgelaufen ist oder online bestellte Zeitungen und Zeitschriften. So hat der Unternehmer im Grunde genommen bei Fernabsatzverträgen kein größeres Risiko bzw. größere Verpflichtungen als bei herkömmlichen Verträgen in der „realen Welt“. Das oft beklagte umfangreiche Widerrufsrecht des Verbrauchers stellt dagegen für viele Unternehmen im Prinzip nichts Neues dar. Für sie ist eine großzügige Handhabung des Rückgaberechts ohnehin Teil des Kundenservice und wurde schon lange vor dem in Kraft treten des Fernabsatzgesetzes de facto praktiziert. Insgesamt ist das Fernabsatzgesetz lediglich ein Element in dem Streben, einen sicheren europaweiten Handlungsrahmen für Verbraucher und Händler zu schaffen.

Der Kunde möchte informiert werden
Wie bereits oben geschildert, verlangt der Kunde vor allem brauchbare Informationen darüber, wie die Retoure vonstatten gehen soll. Und diese Informationen sollten auch auf den Websites der Unternehmen zu finden sein. So bieten zum Beispiel sowohl das us-amerikanische Bekleidungshaus Nordstrom als auch der deutsche Versandhandelsriese Otto im sofort sichtbaren Bereich der Homepage einen Link zu den Rückgabebedingungen. Die Informationen dahinter sind in beiden Fällen leicht verständlich und kundenfreundlich aufbereitet. Bei vergleichbaren Angeboten von Ralph Lauren oder Quelle, liegt die vom Kunden gewünschte Information einen Mausklick weiter entfernt. Zwar sind die Informationen, wenn sie denn gefunden werden, auch ausreichend, doch dürfte vor allem die große Gruppe der unerfahrenen Online-Nutzer schnell zur Konkurrenz wechseln, wenn die gewünschten Infos für sie nicht eindeutig auszumachen sind. Noch bedeckter hält sich dabei der ansonsten oft als vorbildlich gelobte Online-Shop von LandsEnd. Hier ist der Nutzer gezwungen sich bis auf die dritte Ebene vorzuklicken, um dann Rückgabeinformationen zu finden, die eigentlich keine sind: „Bitte folgen Sie den Anweisungen auf dem Packzettel in Ihrer Lieferung“ heißt es dort. Darauf, dass sich der Kunde vielleicht schon vor der eigentlichen Bestellung über die Möglichkeiten einer Rückgabe informieren möchte, ist man beim Bekleidungskonzern offensichtlich nicht gekommen. Aber es geht noch „dezenter“: beim Elektronikkaufhaus Brinkmann sind knappe Informationen zur Rücksendung einzig in den AGBs zu finden, zusätzliche Retourinformationen sucht der Online-Shopper vergeblich.

Retouren-Services
Ein gutes Beispiel für kundenfreundliche Retouren bieten die großen US-Kurierdienste: Sowohl UPS als auch FedEx bieten eine unkomplizierte Rückgabe bzw. -nahme von online gekauften Produkten an. Bei UPS kann der Käufer über ein automatisches browserbasiertes System im Internet ein kurzes Retouren-Formular ausfüllen und direkt im Anschluss das entsprechende On-Screen Label für die Rücksendung ausdrucken. Die damit versehene Retoursendung kann dann entweder bei der nächsten UPS-Niederlassung oder bei einem der 70.000 Kurierfahrer abgegeben werden und wird je nach dem zum Händler oder Hersteller zurückgeschickt. In einem Pilotversuch beim Online-Händler buy.com konnte so allein die Zahl der Telefonate aufgrund von Retouren um 40 Prozent gesenkt werden. Ähnlich arbeitet das NetReturn System von FedEx bei dem ebenfalls Retouraufkleber am heimischen Drucker ausgedruckt werden können und die so etikettierten Pakete entweder in einer der 44.000 Vertretungen abgegeben oder vom Abholservice eingesammelt werden. In Deutschland bietet u.a. German Parcel seinen Kunden einen Online-Retouren-Service an, der nach erfolgter Registrierung genutzt werden kann. Ein anderer Anbieter, der sich komplett der Abwicklung von Retouren verschrieben hat, ist das amerikanische Unternehmen Return.com. Das Unternehmen wendet sich mit seinem Online-Service an den Verbraucher. Bei Reklamationen kann der Online-Shopper sich bei Return.com registrieren und die Ware dann unfrei an die nächste Filiale des Partner-Postdienstes Mail Boxes Etc. schicken. Die Kosten übernimmt der Verkäufer. Voraussetzung ist ein Servicevertrag zwischen Onlinehändler und Return.com.

Retouren: die Option darauf ist wichtig
Mehr denn je stehen unkomplizierte Rückgabemöglichkeiten von online erworbenen Produkten und Dienstleistungen ganz oben auf der Wunschliste des Kunden. Wenn schon wichtige „echte Eindrücke“ vom gewünschten Produkt im Internet fehlen, so möchte der Kunde doch die Gewissheit haben, dass er die Ware bei Nichtgefallen einfach wieder zurückschicken kann. Auch wenn sich die tatsächliche Rücksendequote in Grenzen halten sollte, genügt dem Kunden die Aussicht auf diese Möglichkeit.

Dieser Artikel erschien am und wurde am aktualisiert.
Nach oben scrollen