Der steinige Weg zur elektronischen Beschaffung

Für einige Unternehmen hat eProcurement gehalten, was es versprach: Fünf bis fünfzehn Prozent ertragswirksamer Einsparungen und verbesserte Beschaffungsprozesse. Auch wenn es länger gedauert hat, als es sich viele vorgestellt hatten. Für die meisten Organisationen sind die eProcurement-Projekte allerdings deutlich hinter den Erwartungen zurückgeblieben. Woran liegt das und wie hätte es vermieden werden können?

Als die eProcurement-Technologie in den späten 90er Jahren in das Blickfeld der professionellen Einkäufer geriet, erschien das Versprechen bestechend einfach: Unternehmen würden Millionen sparen, wenn sie nur noch bei bevorzugten Lieferanten bestellen und unternehmensweite Verträge abschließen. All das sollte über den Computer des Anwenders ablaufen und das Ende des wahllosen Einkaufens bei den verschiedensten Anbietern, das so genannte „Maverick Buying“, einläuten. Allerdings funktioniert auch das Geschäft der elektronischen Beschaffung nicht ohne Regeln. Wer die wichtigsten fünf beachtet, räumt bereits wesentliche Hindernise aus dem Weg.

1. eProcurement ist keine Strategie an sich, sondern Teil einer Strategie

Eine elektronische Beschaffungslösung per se erzeugt keinen Nutzen, sondern ist nur die Grundlage. Nur dadurch, dass Lieferanten und deren Kataloge an ein IT-System angebunden werden, können keine Kosten gespart werden. Einsparungen hängen vielmehr von der Stärke der kommerziellen Verhandlungsposition und -taktik ab.
Dementsprechend wird bei erfolgreichen Implementierungen die Software-Investition auf die übergreifende Beschaffungsstrategie abgestimmt.

2. „Erfasste“ sind nicht gleich „erbrachte“ Einsparungen

Ein eProcurement-System wirkt sich auf die Auswahl von Lieferanten aus und verändert sicher die Verhandlungen mit Lieferanten über Konditionen. Auch wird die Zahl der Einkäufe außerhalb der ausgehandelten Rahmenverträge das genannte „Maverick Spending“ reduziert. Nicht immer schlägt sich das in konkreten Einsparungen nieder. Die besten Resultate werden dort erzielt, wo ein Prozess etabliert wurde, der die Ausgabe der eingesparten Gelder an anderer Stelle verhindert und sich letztlich auch in einem niedrigeren Beschaffungsbudget niederschlägt.

3. Anteil der elektronischen Beschaffung und Inhalte des Katalogs sind entscheidend

Das mit Abstand größte Problem bei eProcurement-Implementierungen ist die fehlende Abdeckung des Beschaffungsvolumens in der Kataloganwendung. Viele Unternehmen decken in einer ersten Ausbaustufe 20 bis 40 Prozent der Ausgaben ab und später den Rest. Eine eProcurement-Einführung in mehreren Stufen ist aus zwei Gründen problematisch. Zum einen müssen die Endanwender in der Übergangszeit oft parallel über mehrere Kanäle bestellen. Zum anderen schwindet – sobald die „üblichen Verdächtigen“ wie Büro- oder Werbematerialen erfasst sind – der Ehrgeiz und eProcurement wird in Frage gestellt. Die Erfahrung zeigt jedoch, dass die meisten Materialien oder Dienstleistungen elektronisch bestellt werden können. Es ist lediglich eine Frage des Verständnisses, was erreicht werden soll, und des Abwägens zwischen „tollen“ Katalogen und der Abdeckung des Beschaffungsvolumens und Nutzbarkeit für Endanwender.

4. eProcurement stärkt die Einhaltung der Verträge, aber was stärkt die Einhaltung von eProcurement?

Die eProcurement-Technologie bietet einen hervorragenden Mechanismus, unternehmensweite Beschaffungsverträge für die Anwender verfügbar zu machen. Ob die Mitarbeiter diese Rahmenverträge des eProcurements auch tatsächlich nutzen steht auf einem anderen Blatt. Es müssen daher zusätzliche Regelungen getroffen werden: Vorgaben zur Pflege der Lieferantenstammsätze im Enterprise Resource Planning- System, wer genau für das Erzielen der erwarteten Einsparungen verantwortlich ist und letztlich auch Sanktionen für Mitarbeiter, die sich nicht an die Nutzungsvorgaben des eProcurement halten.

Am erfolgreichsten waren diejenigen Unternehmen, die ihre Finanzabteilungen für die Nutzungskontrolle und die Einsparungen verantwortlich gemacht haben.
Unternehmen, bei denen eProcurement nicht funktioniert, haben die Notwendigkeit einer umfassenden Nutzungs-Strategie ignoriert. Sie haben sich in naiver Weise allein darauf verlassen, mittels eProcurement Informationen über ihre Ausgaben zu erhalten. Was sie dabei herausfanden war, dass das „Maverick Buying“ überhaupt nicht abgestellt wurde und stattdessen weiter floriert.

5. eProcurement bedingt einen strukturierten Veränderungsprozess

Ein Change Management hilft, Mitarbeiter für die Notwendigkeit eines elektronischen Beschaffungssystems zu sensibilisieren. Während Schulungen eine Grundvoraussetzung sind, bedürfen Themen wie Einhaltung der Nutzungsvorgabe, Prozessneugestaltung und Einhaltung der neuen Richtlinien erheblicher Investitionen in Zeit und Aufwand. Vor allem gilt: wer zu früh auf die alleinige Nutzung der elektronischen Bestellanforderung verpflichtet, verursacht Chaos in der Kreditorenbuchhaltung und stößt auf Unverständnis bei Lieferanten und Geschäftspartnern.

Das heutige eProcurement hat sich über die Jahre weiterentwickelt. Inzwischen geht es um mehr als allein die Einkaufsoptimierung. Die erfolgreichen Unternehmen konzentrieren sich heute auf das Management der Lieferantenbeziehungen.

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