Smarte IT-Lösungen

IT ist ein kritischer Erfolgsfaktor, dies sollten Unternehmen wissen. Wer Gefahr läuft, seine Einkaufssysteme fremdbestimmen zu lassen, kann seine steigenden Effizienz- und Wertbeitragsziele nicht nachhaltig erfüllen. Eine optimierte Einkaufsprozess- und -applikationslandschaft, deren Kernprozesse man selbst definiert und die den Einkauf unterstützt, muss das Ziel sein. Eins darf man aber nicht vergessen: Inadäquate Applikationen können den Erfolg dauerhaft verhindern.

Einkaufssystemstrategie – CPOs mit IT-Verständnis sind erfolgreicher

Procurement Leader managen ihre IT-Systeme. Führende Einkaufsorganisationen reizen die Nutzenpotenziale innovativer Applikationen systematisch aus und verfügen über eine strategisch ausgerichtete, zielorientiert gemanagte Prozess- und Applikationslandschaft.

Einkaufsleiter, die IT nicht als kritischen Erfolgsfaktor begreifen, lassen ihre Einkaufssysteme von Finance & Controlling, den Fachbereichen oder der IT-Abteilung „fremdbestimmen“. Um jedoch die steigenden Effizienz- und Wertbeitragsziele nachhaltig erfüllen zu können, muss der Einkauf seine Kernprozesse selbst definieren und gemeinsam mit der IT die optimale Ziellandschaft ableiten sowie die Transformation konsequent vorantreiben.

Große, funktionsübergreifende Prozessoptimierungsprogramme der Form „Demand-to-Pay“ sind zwar methodisch bestechend, haben in der Praxis jedoch oft auch eine lähmende Wirkung. Mit Hilfe einer service-orientierten Kapselung der Einkaufsprozesse und -systeme lässt sich sowohl die unverzichtbare Gestaltungsautonomie des Einkaufs bewahren als auch die Einbettung in die Gesamtprozess- und -applikationsarchitektur sicherstellen.

Strategische Bedeutung der Einkaufssysteme

Die Rolle und Bedeutung, aber auch die Arbeitsweise des Einkaufs hat sich im letzten Jahrzehnt grundlegend geändert; eine entscheidende Rolle spielt hierbei die durchgängige ITUnterstützung sowohl der operativen als auch der strategischen Beschaffungsprozesse. Der Procure-to-Pay (P2P) Prozess ist ohne IT undenkbar, aber auch der Source-to-Contract (S2C), sowie das strategische Lieferanten- und Warengruppen-Management sind ohne zeitgemäße Applikationsunterstützung weit entfernt von Best-Practice.

Einkaufssysteme sind ein wesentlicher Erfolgsfaktor und strategischer Enabler, die stetig wachsenden Herausforderungen des Einkaufsleiters hinsichtlich Effizienz und Wertbeitrag nachhaltig zu meistern. Die Herausforderung „do more with less“ kann der Einkaufsleiter letztlich nur mit einer optimalen Applikationsunterstützung lösen.

Dies mag überraschen, weil Einkaufsleiter gewöhnlich mit ihren Einkaufssystemen unzufrieden sind und IT weniger als Enabler, sondern vielmehr als Hindernis betrachten. Geklagt wird in erster Linie über mangelhaftes Einkaufsreporting, schlechte Datenqualität, unbefriedigende Unterstützung der strategischen Einkäufer, hohen manuellen Aufwand, Unzufriedenheit der Bedarfsträger, Systemheterogenität und unzureichende Flexibilität.

Fallbeispiel 1:
Während sich viele Einkaufsorganisationen mit unbefriedigenden Einkaufssystemen abgefunden haben, beweisen Procurement Leader, dass dies kein Naturgesetz ist. So hat ein Versorgungskonzern seine heterogene Einkaufssystemlandschaft inklusive Stammdaten- Management konsequent konsolidiert und konzernweit vereinheitlicht. Die operativen Beschaffungsprozesse sind weitgehend automatisiert und die strategischen Einkäufer werden mit Business Intelligence unterstützt, das diesen Namen auch verdient. Die Einkaufssystemlandschaft ist „designed for change“, so dass sich Organisationseinheiten zügig integrieren (M&A) bzw. herauslösen (Carve-out) lassen. Klare Zielvorgaben sowie Stringenz und Beharrlichkeit in der Umsetzung waren die Erfolgsfaktoren.

Prozessorientierte Applikationscluster

Einkaufssysteme zeichnen sich durch eine relativ hohe Komplexität aus, weil sie, wie eine Spinne im Netz, mit einer Vielzahl interner Einheiten und externer Lieferanten verbunden, bzw. integriert sind. In der Regel unterstützen Einkaufssysteme durchgehende Ende-zu-Ende-Prozesse, die über die eigentlichen Kernprozesse des Einkaufs hinausgehen.

So decken Self-Service eProcurement-Lösungen stets auch den Bedarfsprozess inklusive Genehmigungsworkflow ab. Der Beschaffungsprozess endet nicht mit der Bestellung, sondern erst mit der Bezahlung einschließlich der Prüfung, ob Bestellung, Wareneingang und Rechnung zusammenpassen (Three-Way-Matching). Sourcing beginnt nicht erst mit einem konkreten Bedarf, sondern bereits bei der Budgetplanung. Um diese Komplexität beherrschen zu können, hat sich eine Fokussierung auf klar abgegrenzte Applikationscluster des Einkaufs bewährt.

Lösungsanbietermarkt und Innovationsfelder

Die Anbieterseite lässt sich grob in drei Gruppen einteilen: ERP-Hersteller, Best-of-Breed-Spezialisten sowie lokale Nischenanbieter. Ferner sind selbstentwickelte Individuallösungen im Einkauf noch relativ weit verbreitet, jedoch nur selten wirtschaftlich gerechtfertigt.

Die großen ERP-Hersteller, wie SAP und Oracle, bieten für alle Applikationscluster eine Standardlösung an und erlauben somit auch eine Single-Vendor-Einkaufssystemlandschaft. Die Stärke der ERP-Hersteller liegt naturbedingt im operativen P2P-Prozess, während bei den strategischen Beschaffungsprozessen die Best-of-Breed-Anbieter, die sich auf wenige Applikationscluster spezialisiert haben, nach wie vor die Nase vorn haben.

Der Innovationsdruck geht nicht nur von den Best-of-Breed-Anbietern, sondern auch von den ERP Herstellern aus, die noch bestehende funktionale Lücken sukzessive schließen. Als aktuelle Innovationsfelder sind Vertragsmanagement, Dienstleistungsbeschaffung, Supply Base Management sowie neue Ansätze im Data Quality Management anzuführen.

Fallbeispiel 2:
Nach langer Durststrecke bietet SAP mit SRM 7.0 eine vielversprechende Einkaufslösung mit erweitertem Funktionsumfang an, die über ein rein katalogbasiertes eProcurement hinausgeht. Der Einkauf darf sich jedoch nicht von den neuen Features blenden lassen, sondern muss deren strategisches Potenzial bewerten. Beispielsweise stellen die zentralen Kontrakte von SRM 7.0 nur dann einen strategischen Mehrwert dar, wenn ein zentralisierter Einkauf in vielen ERP-Backends arbeitet und mit den Lieferanten übergreifende Rahmenverträge abgeschlossen hat. In dieser Konstellation ist SAP SRM 7.0 ein strategischer Enabler eine Zentralisierungsstrategie des Einkaufs zu ermöglichen.

Procurement Systems Excellence

Fallbeispiel 3:
Exzellenz zeigt sich nicht nur im Einsatz innovativer Lösungen, sondern auch in der konsequenten Nutzung der vorhandenen Einkaufssysteme. So erreicht etwa ein Telekommunikationskonzern eine Katalogquote von über 60%, während viele Unternehmen mit eProcurement nicht über die Warengruppe Büromaterial hinauskommen. Die Applikationen sind die Gleichen! Aber selbst bei Büromaterial lassen sich noch erstaunliche Effizienzen heben: So stimmte dieser Konzern mit seinem Wirtschaftsprüfer ab, dass in „geringwertigen“ Warengruppen im Normalfall kein manueller Wareneingang gebucht werden muss. Infolge entfällt der erhebliche Klärungsbedarf bezüglich fehlender Wareneingangsbuchungen.

Die „ideale“ Applikationslandschaft lässt sich nicht allgemeingültig definieren, sondern ist stets individuell im jeweiligen Kontext und abhängig von der Einkaufsstrategie zu erarbeiten. Dennoch lassen sich Reifegradskriterien und universelle Merkmale benennen, die exzellente Einkaufsprozess- und -systemlandschaften auszeichnen:

Fallbeispiel 4:
Der Einkauf eines Kommunikationsunternehmens hat sich weltweit nach Warengruppen aufgestellt. Den einzelnen Warengruppen-Verantwortlichen wurde weitgehende Autonomie gewährt. Diese Gestaltungsfreiheit führte zwar zu vielen innovativen Lösungen, aber auch zu Variantenvielfalt. Beispielsweise wurden mehrere Dienstleistungsbeschaffungslösungen eingeführt, die sich ex post betrachtet auch mit einem einzigen Tool hätten abbilden lassen. Das Beispiel zeigt, dass auf eine übergreifende Governance der Einkaufsprozesse und -systeme nicht verzichtet werden sollte.

Erfolgreiche Transformation

Nachdem sich der Zielzustand relativ gut beschreiben lässt, stellt sich die Frage, wie sich Procurement Systems Excellence erreichen lässt, und warum so viele daran scheitern. Bewährt hat sich nachfolgende geradlinige Vorgehensweise:

Nach der Analysephase muss der Einkauf seinen prozessualen Verantwortungsbereich klar abgrenzen und – sofern erforderlich – die Gestaltungshoheit einfordern. Bei zu schwacher Positionierung werden die Einkaufsprozesse und -systeme von Finance & Controlling, den Fachbereichen oder der IT-Abteilung „fremdbestimmt“. Dann wäre es jedoch reiner Zufall, wenn die Anforderungen des Einkaufs hinreichende Berücksichtigung fänden.

Essenziell ist, dass der Einkauf seine Kernprozesse selbst gestaltet und gemeinsam mit der IT-Abteilung die hierfür optimale Applikationsunterstützung definiert. Die Zielprozess- und -applikationslandschaft ist formal zu beschließen. Unter Berücksichtigung von Aufwand und Nutzen sind dann die Transformationsschritte zu priorisieren und in einer Roadmap zu planen. Abschließend ist „nur“ noch Stringenz in der Umsetzung gefordert.

Ein zweischneidiges Schwert sind große, funktionsübergreifende Prozessoptimierungsprogramme, wie die Ende-zu-Ende-Optimierung des Demand-to-Pay-Prozesses. Ziel ist der große Wurf, alle Schwächen auf einmal zu beseitigen und ein Gesamtoptimum zu erreichen. Dieser Erfolg stellt sich jedoch nur dann ein, wenn alle involvierten Bereiche ausdauernd am gleichen Strang ziehen. Die Praxis zeigt, dass derart ambitionierte Programme leider allzu oft scheitern, bzw. viel zu langsam vorankommen.

Folglich ist der Einkauf gut beraten, seine Transformation selbst voranzutreiben und nicht auf das Wunder eines übergreifenden Programms zu warten. Bewährt hat sich die Vorgabe einer übergeordneten Ende-zu-Ende Prozess- und Applikations-Gesamtarchitektur, in die sich die service-orientiert gekapselten Einkaufsprozesse und -systeme nahtlos einbetten. Dieser Ansatz stellt durchgängige Prozesse sicher, erlaubt unterschiedliche Transformationsgeschwindigkeiten und bewahrt die Gestaltungsautonomie des Einkaufs.

Fallbeispiel 5:
Einem Zulieferkonzern ist es trotz heterogener ERP-Systemlandschaft gelungen, den Requisition-to-Order-Prozess ausschließlich über einen zentralen SRM-Hub abzuwickeln. Im Sinne des service-orientierten Ansatzes stellt der SRM-Hub den Prozess Requisitionto- Order als Service zur Verfügung, der folglich in keinem anderen System mehr ausgeprägt ist. Im SRM-Hub liegen zentral alle Bestellanforderungen aus allen Quellen vor. Diese Zentralisierung und prozessuale Kapselung erlaubte dann auch ein Business Process Outsourcing (BPO) im Nearshoring. Alle Bedarfsanforderungen in unkritischen Warengruppen und unterhalb einer bestimmten Wertgrenze werden vom Dienstleister bearbeitet.

Leader managen ihre IT-SystemeProcurement

Zusammenfassend ist eine optimierte Einkaufsprozess- und -applikationslandschaft ein strategisches Asset, das den Einkauf nachhaltig unterstützt, seine herausfordernden Ziele zu erfüllen und die Einkaufsstrategie mit Leben zu füllen. Umgekehrt sind inadäquate Applikationen auch eine strategische Hypothek, die Exzellenz dauerhaft verhindern.

Einkaufsleiter, die IT nicht als kritischen Erfolgsfaktor begreifen und die Weiterentwicklung der Einkaufssysteme nicht als ihre Kernaufgabe ansehen, sind weniger erfolgreich, wenn nicht gar letztlich zum Scheitern verurteilt. Mit suboptimalen Applikationen wird es immer schwieriger, den wachsenden Anforderungen und der zunehmenden Komplexität des Einkaufs gerecht zu werden. Das Delta zu Exzellenz wächst unaufhaltsam.

Natürlich muss sich der Einkaufsleiter nicht um alle Systemdetails kümmern, aber er muss Einkaufsprozesse und -systeme auf seine Managementagenda setzen und sicherstellen, dass sich seine Organisation der Gestaltung annimmt und konsequent die Transformation in Richtung der selbst definierten, strategiekonformen Ziellandschaft vorantreibt. Kurz gesagt: Procurement Leader managen ihre IT-Systeme.

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