Soziale Ansprache des Kunden

Jeden Kunden mit einem wirklich individuellen Angebot zu bedienen, ist für die meisten Online-Händler nahezu unmöglich. Dennoch wollen unterschiedliche Zielgruppen auch unterschiedlich angesprochen werden. Für die ersten Schritte bei der Entwicklung einer differenzierten Strategie kann die Einteilung in vier soziale Stile Orientierungspunkte bieten.

Dass die Kunst des Verkaufens aus mehr als der Auflistung von Produktvorteilen besteht, weiß jeder, der es einmal versucht hat. Ein großer Teil dieser Kunst geht auf die Begabung ‚geborener Verkäufer’ zurück, in einem Gespräch den richtigen Ton zu treffen. Besonders in den USA werden seit Jahrzehnten Verkäufer, aber auch Manager, darin geschult, den richtigen Ton, d.h. den sozialen Stil ihres Gegenübers zu erkennen und sich entsprechend einzustellen. Auch wenn im wirklichen Leben nicht jeder von uns zu einem Meisterverkäufer werden kann, bietet sich für Online-Shops doch die Möglichkeit, sich in Texten und Siteelementen dem sozialen Stil ihrer Besucher anzupassen, wenn nicht gar den Online-Shop entsprechend zu personalisieren. Denn allzu oft unterstellen Anbieter im Internet ihren potentiellen Nachfragern ein rein rationales Vorgehen. Die Gründe generell online einzukaufen lauten dann etwa größere Bequemlichkeit, zeitliche Unabhängigkeit, größere Auswahl oder – speziell für den Anbieter selbst – niedrigere Preise. Dieser „Homo Öconomicus“, ein Wesen, welches seine Entscheidungen nach wohl abgewogener Kosten-Nutzen-Kalkulation trifft, kommt in der Realität indes eher selten vor. Vielmehr handeln wir alle fast immer aufgrund eines gefühlsmäßigen guten Eindruck von etwas oder von jemandem. Manche sagen sogar der emotionale Anteil an Entscheidungen würde bis zu 80% betragen, die rationalen Gründe dagegen nur 20% (ClickZ, 26.11.2001).

I. Soziale Stile: Analytiker, Macher, Visionär und Kontakter
Soziale Stile beschreiben die bevorzugte Art und Weise, wie wir kommunizieren. Soziale Stile unterscheiden, ob wir es eher sachlich und schnell mögen, ob wir Wert auf Gründlichkeit legen oder ob wir ein Gespräch vor allem als Beziehungsaufbau sehen.

Kommunizieren wir mit einem Menschen, der den gleichen Stil wie wir zeigt, fühlen wir uns wohler. Sympathie und Vertrauen für den anderen steigen. Werden von den Gesprächspartnern dagegen unterschiedliche Stile gezeigt, fühlt man sich eher unwohl und die Wahrscheinlichkeit von Missverständnissen steigt erheblich.
Nach der Theorie der sozialen Stile kann man Menschen in vier Kategorien einteilen: Analytiker, Macher, Visionär und Kontakter. Diese Kategorien wurden so angelegt, dass jeder sich genau einer Kategorie zuordnen lässt und sich die Bevölkerung ungefähr gleichmäßig auf die vier Stile verteilt. Dabei kann nicht gesagt werden, dass ein Stil besser sei als der andere, dass bestimmte Stile an sich erfolgreicher wären als andere. Vielmehr kommt es auf die Kombination der Gesprächspartner an. Hier setzen auch die Trainings für Verkäufer und Manager oder Teamleiter an. Auch wenn ein Stil-Chamäleon unglaubwürdig wirken würde, kann allein das Verständnis für die Kommunikationsweise des anderen und ein entsprechendes Eingehen darauf erhebliche Verbesserungen in Verkaufs- und Teambeziehungen bewirken.

Die Unterscheidung in vier Stile wird durch das Anlegen von zwei Skalen erreicht: Sozialität und Bestimmtheit. Zusammen ergeben die Skalen vier typische Interaktionsmuster:

Soziale Stile

Sozialität bezeichnet die Eigenschaft, selbst Emotionen zu zeigen und bei anderen emotionale Reaktionen zu erkennen.

Bestimmtheit bezeichnet die Eigenschaft, andere von eigenen Ideen, Überzeugungen oder Vorschlägen überzeugen zu wollen.

Aus dieser Zuordnung ergeben sich Eigenheiten, Stärken und Schwächen der vier Typen.

Analytiker:
– präzise, abwägend, systematisch
– Datensammlung vor Entscheidungen
– fleißig, zielgerichtet, gut organisiert
Macher:
– aufgabenorientiert
– kommen schnell zur Sache und äußern ihre Ansicht deutlich
– pragmatisch, entschlossen, ergebnisorientiert, zielgerichtet, wettbewerbsorientiert
Kontakter:
– empathisch und konfliktlösend
– in der Lage unterschwellige Stimmungen zu erfassen
– vertrauensvoll und vertrauenswürdig
Visionär:
– weitblickend und entschlussfreudig
– risikobereit und innovativ
– überzeugend, motivierend

II. Soziale Stile für Online-Shops
Informationen und Werbung für Produkte sind in bestimmter Weise formuliert. Das geht vom knalligen „Kaufen Sie jetzt!!“ bis zu aufwendigen Eigenschafts- beschreibungen. Versteht man den Stil seiner potentiellen Kunden, kann die Ansprache optimiert und damit das Ziel der Information – Verkauf der Artikel oder Buchung eines Service – effektiver erreicht werden.

Abstrakt formuliert zeigen sich folgende typische Unterschiede in der Kommunikationsweise:

Analytiker: „Wie?“
– Maßstab: „Das Richtige tun“
– sucht anregende Umgebung
– benötigt Zeit, Beweise und Service
Macher: „Was?“
– Maßstab: Resultate
– sucht gestaltbare Umgebung nach seinen eigenen Vorstellungen
– benötigt Optionen und Wahrscheinlichkeiten
Kontakter: „Warum?“
– Maßstab: Sicherheit
– sucht Versicherungen, Garantien und direkten Dialog
– benötigt persönliche Beziehungen und Authentizität
Visionär: „Wer?“
– Maßstab: Anerkennung
– sucht Inspiration und neue Ideen
– benötigt Testimonials und Incentives

Mit diesen Hilfslinien lassen sich jetzt Produktbeschreibungen, Hinweise, Dialogangebote und Layout personalisiert gestalten, so z.B. für ein Fachbuch:

Analytiker:

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Inhaltsverzeichnis und einige ausgewählte Artikel
Macher:

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– Grundlagen und Theorien
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Anwendungsmöglichkeiten für Internet-Angebote

In einer idealen Welt wären alle digitalen Informationen perfekt auf uns zugeschnitten. In den Inhalten, im Zeitpunkt und im Kommunikationsstil.
Solange diese ideale Welt aber noch auf sich warten lässt, unterliegt die Einführung u.a. personalisierter Ansprache einer Kosten-Nutzen-Überlegung.

Dabei gibt es zwei Wege den sozialen Stil der Zielgruppe zu beachten:

a) Anpassung der Site-Gestaltung an einen sozialen Stil für eine homogene Zielgruppe
Liegt die Vermutung nahe oder ergibt eine Untersuchung in der Zielgruppe, dass nahezu sämtliche Besucher einer Site den gleichen Sozialen Stil bevorzugen, so sollte dies in der Formulierung und Gestaltung aller Sitelemente seinen Niederschlag finden. So könnte es etwa sein, dass fast alle Besucher eines Shops für Computer-Software einen eher analytischen Kommunikationsstil haben. In diesem Fall wäre es nicht nur fast sinnlos mit einmaligen Sonderaktionen wie „Jetzt Bestellen!“ zu agieren, sondern sogar kontraproduktiv. Analytikern sollte man Zeit lassen und ihnen möglichst viele und hochwertige Informationen liefern.

Eine präzise Anpassung an eine ausreichend große und ansprechbare Zielgruppe wird immer erfolgreicher sein, als der Versuch es allen recht zu machen und dabei noch in der Kernzielgruppe seinen potentiellen Marktanteil nicht zu realisieren. Zudem können erhebliche Mehrkosten für überflüssige Site-Features und Sonderaktionen eingespart werden.

b) Anpassung an heterogene Zielgruppen durch eine (Teil-)Personalisierung von Internet-Sites
Ist die Zielgruppe nicht homogen, so liegt es nahe, potentielle Kunden in Kategorien einzuteilen und so effektiver anzusprechen. Obwohl sich durch eine Anpassung der Stile eine deutlich höhere Konversionsrate und Kundenzufriedenheit ergeben dürfte, wäre der Aufwand, sämtliche Texte vierfach zu schreiben und zu verwalten für die meisten Shops enorm. Statt die gesamte Site anzupassen, können entscheidende Punkte der Site und der Kundenkommunikation angepasst werden.

Für Online-Shops bieten sich an:

Homepage: Entsprechend den angebotenen verschiedenen Produkten werden Zielgruppen mit sozialen Stilen definiert und die Produkte entsprechend präsentiert.

Bestellvorgang: Ist der Nutzer über sein Produktinteresse einer Stil-Gruppe zugeordnet, so kann der Bestellprozess entsprechend angepasst werden:
Analytiker: Hervorhebung von Wishlists, Garantien, Sicherheits- und
Datenschutzbedingungen
Macher: Hervorhebung von Geschwindigkeit und Unkompliziertheit
Kontakter: Hervorhebung persönlicher Beratung, Hotlines, Vertrauenswürdigkeit
Visionär: Hervorhebung von Exklusivität, Referenzen und Geschwindigkeit

Newsletter, eMails, Banner: Gerade hier sollten soziale Stile Beachtung finden, denn der Kunde wird in seiner persönlichen Atmosphäre angesprochen. Auch die Frequenz von Newslettern sollte angepasst werden. Beziehungsorientierte Empfänger (Kontakter, Visionär) werden eine Benachrichtigung weit mehr zu schätzen wissen, als jemand der sich vor allem gerade mit einer anderen Arbeit beschäftigt (Macher, Analytiker).

III. Möglichkeiten zur Erkennung des sozialen Stils bei Besuchern

Soziale Stile werden gewöhnlich mit Hilfe von zwei Skalen von jeweils 11 Fragen festgestellt. Internet-Nutzer mit diesen Fragen im Kontext eines Online-Shops zu konfrontieren, würde aber wahrscheinlich wenig erfolgversprechend sein.
Es gibt allerdings Wege, die entscheidenden Antworten zu bekommen, ohne Besucher abzuschrecken.

Möglichkeit A
Online-Shops können ohne großen Aufwand auf eine Reihe externer Daten zu ihrer/n Zielgruppe/n zurückgreifen. Mit diesen Quellen können auch allgemeine Tendenzen der Kommunikationsweise festgestellt werden. Damit können aktuelle und einzelne Besucher auf der Site nicht unterschieden werden, aber eine allgemeine Präzisierung erreicht werden.

Möglichkeit B
In Zeitschriften gehören sogenannte Psycho-Tests mit Versprechen auf Selbsterkenntnis seit Jahrzehnten zum Standard. So kann also davon ausgegangen werden, dass nicht wenige Online-Besucher ebenfalls bereit sind, einige Fragen zu beantworten, wenn ihnen ein entsprechender Nutzen geboten wird. Dies funktioniert vor allem im Kontext von zusätzlichem Content, etwa Management-Literatur o.ä.

Möglichkeit C
Ein anderer deutlicher Nutzen für Besucher kann in der Prämierung der Beantwortung durch Bonuspunkte, Gewinnspielteilnahme o.ä. bestehen.

Möglichkeit D
Die einzelnen Punkte des Fragebogens zielen auf Eigenschaften wie Dominanz, Entschlossenheit, Kontaktfreudigkeit u.ä. ab. Mithilfe einiger Kreativität kann man versuchen, diese Fragen über Navigationsentscheidungen zu stellen, d.h. ohne das der Nutzer explizit mit der Frage konfrontiert werden muss. Ein Beispiel wäre etwa das Interesse an technischen Hintergründen, Trends etc. In diesem Fall muss das Nutzerprofil nach und nach konkretisiert werden, bis eine eindeutige Zuordnung vorgenommen werden kann.´´

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