WiMAX: Breitband wird drahtlos

Welches Netz wird uns letztendlich mit den mobilen Diensten der Zukunft verbinden? Die Antwort lautet: alle. Statt sich monolithisch in eine einzige Richtung zu bewegen, entwickelt sich der Mobilfunkmarkt von einem Geflecht individueller Netzwerke zu einem integrierten drahtlosen Netz, das alle Standards umfasst. Der Grund dafür liegt in den unterschiedlichen Bedürfnissen der Anwender. Ein Jugendlicher nutzt mobile Netze anders als ein Geschäftsreisender, eine große Firma hat andere Ansprüche als ein Freiberufler. Ein einziger Standard reicht deshalb nicht mehr aus, um den vielfältigen Anwendungsszenarien gerecht zu werden. Stattdessen müssen Standards wie WLAN, WiMAX und UMTS kooperieren und sich nicht im Konkurrenzwettstreit aufreiben.

Bei der Konvergenz der Netzwerke spielt WiMAX (Worldwide Interoperability for Microwave Access) eine treibende Rolle. Ende Juni 2004 verabschiedete das Gremium IEEE (Institute of Electrical and Electronics Engineers) den Standard 802.16-2004, der inzwischen als WiMAX bekannt ist. Er definiert eine Technik, um Funk anstelle von Kabeln als Übertragungsmedium in Nahverkehrsnetzen zwischen Internet-Provider und Kunde einzusetzen. WiMAX ist für eine Datenübertragungsgeschwindigkeit von 70 Megabit pro Sekunde (Mbit/s) über Entfernungen von bis zu 50 Kilometern spezifiziert. Das entspricht annähernd der heute gängigen Fast-Ethernet-Verkabelung (100 Mbit/s) in Unternehmen.

Als großer Bruder von WLAN ist WiMAX gerade für Unternehmen eine sehr interessante Technologie, um drahtloses Breitband flächendeckend einzurichten. Während drahtgebundene DSL-Lösungen nur bis zum Stadtrand reichen, können Netzbetreiber mit wenigen WiMAX-Funkantennen selbst in ländlichen und unzugänglichen Regionen schnell, kostengünstig und ohne zeitaufwändige Verkabelung ein Breitbandnetz aufbauen. Darüber hinaus ist die Netzanbindung mit WiMAX beispielsweise auch die optimale Lösung für Messezentren, für die nur temporär großen Bedarf an Breitband haben.

Auch für mittelständische Unternehmen lassen sich für den Einsatz von WiMAX Szenarien vorstellen: Viele Firmen verfügen über räumlich getrennte Abteilungen, beispielsweise über Produktionshallen und ein Verwaltungsgebäude oder ein Logistikzentrum und Büros. Liegen diese nicht auf dem gleichen Gelände, ist die Verkabelung der einzelnen Standorte, um sie ans Firmennetz anzubinden, sehr aufwändig und teuer. Mit der WiMAX-Technologie können Unternehmen nun Standorte, die etliche Kilometer (je nach Bebauungsdichte bis zu 50 Kilometer) entfernt sind, drahtlos miteinander verbinden. So können auch Unternehmen mittlerer Größe schnell auf Änderungen reagieren.

Im Moment arbeiten Komponenten- und Gerätehersteller an ersten nach WiMAX standardisierten Produkten. Das WiMAX Forum, ein Konsortium von Technologieunternehmen wie Intel, Alcatel oder Siemens mobile, testet und zertifiziert WiMAX-Produkte, um deren Interoperabilität im Nahverkehrsnetz sicherzustellen. Auf dem Intel Developer Forum (IDF) Anfang September hat Intel bereits erste Muster seines WiMAX-Chips für Basisstationen mit dem Namen „Rosedale“ vorgestellt. Erste Produkte mit Intel-Chips werden voraussichtlich 2005 zertifiziert.

Doch die Entwicklung geht weiter: Mit der wachsenden Leistungsfähigkeit und dem Funktionsumfang von Notebooks steigt auch der Bedarf an mobilen Datendiensten. Das wird das Wachstum von Hotspots und schnellen Mobilfunknetzen weiter beschleunigen. Als logische Konsequenz wird die nächste Stufe mobiler Datenkommunikation durch WiMAX gezündet. Geht die Entwicklung planmäßig voran, können wir laut Paul Otellini, President und COO von Intel, bereits im Jahr 2006 mit den ersten WiMAX-Notebooks rechnen. Bereits ein Jahr später werden Handys und PDAs mit WiMAX auf den Markt kommen. Spätestens zu diesem Zeitpunkt wird WiMAX einen ähnlichen Stellenwert erreicht haben wie heutzutage WLAN, und ebenso wie WLAN wird WIMAX am besten nutzbar sein, wenn man es im Zusammenhang mit anderen mobilen Technologien wie Bluetooth, WLAN und UMTS verwendet.

Anfang Dezember 2001 verabschiedete die IEEE (Institute of Electrical and Electronics Engineers) den Standard 802.16, der inzwischen als WiMAX bekannt ist. Er definiert eine Point-to-Multipoint-Technik, um Funk anstelle von Kabeln als Übertragungsmedium in Metropolitan Area Networks (MAN) zwischen Provider und Kunde einzusetzen. WiMAX definiert zwei unterschiedliche MAC Profile (Media Access Control) für IP- (Internet Protocoll) und ATM-Datagramme (Asynchronous Transfer Mode) sowie zwei Physical Layer (PHY) Konfigurationen für das Frequenzspektrum von 10 – 66 Gigahertz: 25 MHz Frequenzband für in den USA übliche Anwendungen und 28 MHz Frequenzband für europäische Anwendungen. Im Grundstandard ist eine Datenübertragung mit einer Geschwindigkeit 134 Mbit/s über Entfernungen von bis zu 50 Kilometer spezifiziert. Allerdings müssen Sende- und Empfängerantenne dabei in Sichtverbindung zueinander stehen. In dicht bebauten Gebieten ist diese „Line of Sight“-Verbindung nur über sehr kurze Strecken umsetzbar.

Für den Markt interessant wurde diese Technologie erst Anfang 2003 mit der Erweiterung der Spezifikation 802.16a, die das Spektrum im Bereich von 2 -11 Gigahertz (GHz) definiert. Damit ist WiMAX auch in lizenzfreien Frequenzbändern einsetzbar. Darüber hinaus unterstützt 802.16a „None-Line-of-Sight“ Verbindungen (NLOS) (eingeschränkte Sichtlinie). Dazu werden Signale über niedrigere Frequenz mit Hilfe des Modulationsverfahrens Orthogonal Frequency Division Multiplexing (OFDM) verbreitet. Diese Verbindungsart geht allerdings auf Kosten der Bandbreite: In einem 14 MHz-Kanal erreicht 802.16a nur noch 70 Mbit/s.

Schon bald nach der Ratifizierung von 802.16a wurde das WiMAX-Forum gegründet, dem etwa 70 Firmen von kleinen Spezialisten bis hin zu Marktgrößen wie Intel oder Siemens mobile angehören. Analog zur WiFi-Alliance im 802.11-Bereich, zertifiziert und fördert dieses Forum WiMAX-Produkte und sorgt für die Kompatibilität und Interoperabilität von WMAN-Equipment. Aufgrund dieses Engagements gehen Analysten davon aus, dass WMAN einen ähnlichen Erfolg haben wird wie WLAN.

Den großen Durchbruch erwarten Marktexperten mit dem Standard 802.16d. Diese Erweiterung baut auf den Grundstandard, definiert aber den Physical Layer so, dass er für eine Vielzahl von Frequenzbändern nutzbar ist. Darüber hinaus bietet dieser Standard eine bessere NLOS -Verbindung und kann noch höhere Reichweiten erzielen. Jede WiMAX Basis-Station nach 802.16d kann circa 70 Mbit/s pro 20 MHz Bandbreite verarbeiten. Je hochklassiger die Basisstation ist, desto mehr 20 MHz-Kanäle kann sie bewältigen. Telekommunikationsanbieter können diese Bandbreite je nach Bedarf flexibel zuweisen. Tagsüber wird beispielsweise Firmen mehr Bandbreite zugeteilt, abends und am Wochenende haben private Nutzer Vorrang.

Knackpunkte

Über den Erfolg einer Funktechnologie entscheiden zwei Faktoren: die technische Ausgereiftheit und das genutzte Funkspektrum. Die größte Herausforderung für WiMAX ist die strenge Regulierung des Frequenzspektrums. Um trotz regionaler Einschränkungen einer Vielzahl unterschiedlicher Anwendungsmöglichkeiten gerecht zu werden, ist eine sehr umfangreiche Spezifikation nötig.

Der IEEE-Standard 802.16d, der voraussichtlich im September spezifiziert wird, kommt diesem Ziel am nächsten. Dazu wird der Physical Layer in mehreren Substandards an die Frequenzbänder und Nutzungseinschränkungen der unterschiedlichen Länder angepasst. In lizenzpflichtigen Bändern bietet 802.16d 1.25, 2.5, 5 und 10 MHz Bandbreite, in lizenzfreien 10 und 20 MHz. So können mit WiMAX je nach Bedarf entweder IP- oder ATM basierte Systeme aufgebaut werden.

Um weltweiten Einsatz der Technologie zu ermöglichen, soll das Frequenzspektrum weiter ausgebaut werden.

OEMs drängten das WiMAX-Gremium dazu, den oberen Bereich des unlizensierten Frequenzbandes von 5,725GHz bis 5,85GHz nutzbar zu machen, da das lizenzfreie 5,4 GHz Frequenzband anfällig für Interferenzen ist. Dies erfordert eine höhere effektive Sendeleistung (EIRP) von 2 bzw. 4 Watt gegenüber 1 Watt GHz im 5 GHz U-NII-Band (Unlicensed National Information Infrastructure). Aber auch in diesem Frequenzbereich drohen Interferenzen von drahtlosen Haustelefonen oder WLANs. Um das zu vermeiden, müssen diese Frequenzbänder sehr eng abgesteckt werden. Aufgrund der generell niedrigeren Reichweite von unlizenzierten Frequenzen, bevorzugt das WiMAX-Standardisierungsgremium lizenzierte Frequenzbänder. Diese sind für den professionellen beziehungsweise einen großflächigen Einsatz geeigneter. Daher plant WiMAX für eine globale Nutzung auch die Frequenzen im Bereich 3,4 bis 3,6 GHz zu zertifizieren. Darüber hinaus werden auch Frequenzen unterhalb 1GHz (700MHz) für WiMAX-Übertragung in Erwägung gezogen. Dieses Frequenzband ist allerdings nur für den Einsatz in Nischenmärkten interessant (wie etwa für den Mobilfunkstandard IMT 2000 oder spezielle U.S. UKW-Kanäle).

Mit zunehmender Komplexität von Anwendungen wird Quality of Service (QoS) ein entscheidender Faktor. Video-Streams oder Voice over IP können mit WiMAX nur genutzt werden, wenn niedrige Latenzzeiten garantiert werden. Dazu arbeitet das IEEE-Standardisierungsgremium an einer neuen Erweiterung, die den QoS wesentlich verbessert. Der Sub-Standard 802.16d verfügt über eine so genannte „request/grant“-Funktion, die alle Daten priorisiert. Die Übertragungssicherheit wird in fünf Stufen von „Continuous Grant“ (ununterbrochene Übertragung) bis „Best Effort“ (bestmögliche Übertragung) eingeteilt. Je nach Anwendung wird den Datenpaketen eine Prioritätsstufe zugewiesen: Bei Streaming Video wäre „Continuous Grant“ zur störungsfreien Übertragung nötig, während eine eMail mit „Best Effort“ übertragen werden könnte.

Roaming

Eine WiMAX-Funkzelle erstreckt sich über 6 bis 7 Kilometer. Im Augenblick ist ein Datenempfang nur innerhalb einer Funkzelle möglich. Sobald ein Anwender die Funkzelle verlässt, bricht die Verbindung ab. In dem Folgestandard 802.16e will das Standardisierungsgremium auch Roaming-Funktionen unterstützen. Ziel ist es, ein nahtloses Handover zwischen Funkzellen zu ermöglichen, auch wenn der Nutzer sich mit bis zu 134 km/h fortbewegt. Diese Erweiterung wird wahrscheinlich Ende 2004 ratifiziert. Dann könnte WiMAX beispielsweise in Zügen genutzt werden.

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