wLAN – Aktuelle Entwicklungen und zukünftige Einsatzmöglichkeiten

Kommender Massenmarkt oder neue Seifenblase? Wenn es um mobile Zugangsdienste via Funknetz geht, fühlen sich viele schnell an den großen eCommerce-Hype zur Jahrtausendwende erinnert. So scheinen kritische Fragen derzeit durchaus angebracht. Welche Potentiale und Möglichkeiten zur Refinanzierung bietet wLAN also wirklich und mit welchen entscheidenden Herausforderungen sehen sich die Hotspot-Anbieter heute noch konfrontiert? Unser Artikel liefert erste Antworten.

Marktentwicklungen
Ein Wireless LAN ermöglicht ebenso wie andere mobile Übertragungstechnologien wie z.B. Bluetooth, GPRS oder zukünftig UMTS mit entsprechend ausgerüsteten Geräten den mobilen Zugang in das Internet. Dabei bietet wLAN mit dem aktuellen 802.11b-Standard bis zu 11 MBit/s (bald bis 54 MBit/s) eine deutlich schnellere Datenübertragung als die Standards der Mobilfunkbetreiber (bis zu 53,6 KBit/s in den deutschen GPRS-Netzen, theoretisch bis zu 2 MBit/s Brutto bei UMTS). Außerdem ist die Nutzung von wLAN preisgünstiger als die Nutzung mobiler Datendienste wie GPRS und UMTS. Auch die Infrastrukturkosten für den Aufbau sind u.a. aufgrund des kostenfreien Frequenzbereichs und der günstigeren Hardware-Komponenten um den Faktor 100 günstiger als der Aufbau einer UMTS-Infrastruktur.

Dabei steigt sowohl die Verbreitung von verfügbaren Endgeräten wie Laptop, PDA und zukünftig auch Handys als auch die Anzahl der möglichen Einwahlpunkte (so genannte Hotspots) rasant an. Alle Laptops mit dem neuen Intel Centrino-Chip haben die wLAN-Fähigkeit bereits implementiert. Technologieriesen wie IBM und Cisco verhelfen der wLAN-Technik zu weiterer Marktdynamik.

Zur Installation eines Hotspots eignen sich besonders Orte mit hoher Besucherfrequenz und angenehmer Atmosphäre, die zur Nutzung und zum Verweilen einladen. Dies sind z.B. Bahnhöfe, Cafes, Flughäfen und Hotels. Sie werden durch flächendeckende kommerzielle Wireless Internet Service Provider (WISPs, z.B. Mobilfunkbetreiber, Swisscom Eurospot, ISIS Arcor Hot Spot etc.), öffentliche wLAN-Projekte (z.B. in Hamburg, Bochum und Düsseldorf) oder einzelne Hotspot-Anbieter (z.B. in Cafes und Hotels) angeboten. Nach Angaben des Verbandes der deutschen Internetwirtschaft e. V. (eco) existieren aktuell deutschlandweit bereits circa 800 Hotspots. Allerdings sind davon tatsächlich erst über 100 nutzbar. Marktführer nach Anzahl der Hotspots sind Vodafone und T-Mobile, die insbesondere ihren Geschäftskunden an wichtigen Knotenpunkten den Zugang anbieten. Auch O2 und E-Plus bieten den Service mittlerweile an.

Hinsichtlich der Verbreitung sind die Prognosen der Marktforschungsinstitute dementsprechend optimistisch: Gartner Inc. prognostiziert z.B. in ihrem neuesten Market-Trends-Report „Public Wireless LAN Hot Spots Worldwide, 2002-2008“ den Anstieg von 15.308 in 2003 auf bis zu 39.009 Hotspots in Europa in 2005. Weltweit werden im Jahr 2003 bereits 9,3 Millionen wLAN-Nutzer vorhergesagt, nach 2,5 Millionen in 2002. Laut Gartner werden zukünftig mit Abstand die meisten Hotspots vom Handel aufgestellt, es folgen öffentliche Anbieter und Hotels.

Mag man solchen Prognosen aufgrund vieler Unwegbarkeiten skeptisch gegenüberstehen, überrascht die regelmäßige Studie der Internet-Nutzer von Fittkau & Maass von Mai 2003: 12,9% (5,44 Mio.) aller Internet–Nutzer (42,2 Mio.) nutzen wLAN oder planen die Nutzung von wLAN. Innerhalb eines Jahres ist die Ausstattung der Endgeräte mit wLAN der Internet-Nutzer von 0 auf 9,9% (4,18 Mio.) gestiegen (Abbildung 1). Dabei wird die Technologie zur Zeit vornehmlich von Business-Kunden und Early-Adaptern aus dem Privatkundenbereich genutzt.

Abbildung 1: Bekanntheit und tatsächliche Nutzung von wLAN. unter den befragten Internet-Nutzern (Große Ansicht)

Herausforderungen für Hotspot-Anbieter
Neben den beschriebenen Vorteilen und optimistischen Prognosen sind aber auch bei wLAN nach wie vor Herausforderungen zu lösen, dies sind im Einzelnen:
• Reichweite
• Abrechnung
• Datensicherheit
• Refinanzierung

Reichweite:
Der Nutzer hat einen Radius zur Verfügung, der mit dem gegenwärtigen Standard 802.11b zwischen 30 und maximal 100 Metern liegt. Verlässt er diesen jeweiligen Hotspot-Bereich, kann er dessen Service nicht mehr nutzen und muss sich einen neuen Hotspot suchen und sich erneut anmelden. In Nutzerszenarien mit der Anforderung einer dauerhaften Verbindung ins Internet ist daher die Nutzung eines mobilen Datendienstes auch zukünftig erste Wahl. Meldungen und Bestrebungen, flächendeckende wLAN-Netze mit automatischen Handshake des Nutzers beim Übergang in ein neues wLAN-Netz aufzubauen, sind hinsichtlich der Umsetzbarkeit mit großem Vorbehalt zu sehen.

Abrechnung:
Das übliche Abrechnungssystem besteht zur Zeit aus käuflich zu erwerbenden „Vouchern“ mit einem Freischaltungscode. Allerdings wird der Kunde keine Ansammlung von Vouchern aller Anbieter akzeptieren. Aufgrund der bestehenden Kundenbeziehung stellt die Abrechnung via Handyrechnung einen klaren Wettbewerbsvorteil für die Mobilfunkbetreiber dar. Die Zahlung per Kreditkartenzahlung dürfte sich in Deutschland aufgrund der fehlenden Akzeptanz nicht durchsetzen. In den nichtkommerziellen Projekten, z.B. in Hamburg und Düsseldorf, ist die Nutzung zur Zeit durch Sponsorenmodelle oder Betreiberinvestitionen noch kostenlos.
Diese unterschiedlichen nicht kompatiblen Zahlungssysteme stellen zur Zeit ein Hemmnis dar. Allerdings zeigen hier Parallelen zum Mobilfunkmarkt (Roaming-Abkommen für Auslandsgespräche wurden erst später abgeschlossen, neue Dienste wie MMS sind zu Beginn nicht netzübergreifenden verfügbar), dass diese Problematiken über Standards (z.B. den Greenspot-Standard des eco-Verbands in Deutschland mit verbindlichen Regeln für Abrechnung, Roaming und Sicherheit) und Roaming-Abkommen (z.B bei dem Metronet in Wien) zur Zeit gelöst werden.

Datensicherheit:
Der reine wLAN-Standard berücksichtigt keine expliziten Sicherheitsmaßnahmen. Das „Surfen“ über einen Hotspot ohne Verschlüsselung öffnet daher Hackern reichlich Gelegenheit, die Daten der Nutzer abzugreifen. Ein oftmals fehlendes Sicherheitsbewusstsein verstärkt dieses Problem. Durch entsprechende Sicherheitsmaßnahmen, z.B. die Einrichtung eines Virtual Private Networks (VPN), können diese Probleme jedoch gelöst werden.

Refinanzierung:
Momentan ist eine Refinanzierung schwierig, da die tatsächliche kostenpflichtige Nutzung noch gering ist. Daher überwiegt momentan die Image- und PR-Wirkung sowie die zukünftigen Erfolgsaussichten eines frühen Markteintritts. Bisher dominiert die technik-getriebene Marktentwicklung, daher konzentriert sich das aktuelle Geschäftsmodell auf die Vermarktung des reinen Access in Verbindung mit der Freischaltung herkömmlicher Internet-Seiten. Die Entwicklung des Mobilfunkmarktes hat die Notwendigkeit aufgezeigt, dass Nutzern keine Technologie, sondern nur Mehrwerte und konkrete Anwendungen verkauft werden können. Daher stellt die Entwicklung konkreter Anwendungen für die spezifischen wLAN-Szenarien für die weitere Verbreitung und den Erfolg im Mittelpunkt (siehe Abbildung 2). Diese Notwendigkeit wird auch durch die Untersuchungsergebnisse der Studie von Gartner bestätigt. Demnach nutzen 91% der wLAN-Nutzer die Technologie selten und führen somit nicht zu signifikanten Umsätzen.

Abbildung 2: wLAN als Herausforderung (Große Ansicht)

Refinanzierungsmodelle der wLAN-Aktivitäten von Hotspot-Betreibern
Im Folgenden werden mögliche Refinanzierungsmodelle für überregionale Lösungen z.B. für Mobilfunkbetreiber, Gastronomie oder Hotel-Ketten und für einzelne Hotspot-Anbieter betrachtet. Der Aufbau entsprechender Dienste ist aufgrund der freien Nutzung und der kostengünstigen Infrastruktur einfach. Dabei fallen einerseits fixe Kosten für die zentrale Infrastruktur (Hardware, Software, Portallösung, Billing-Systeme, Applikationsentwicklung) sowie variable Kosten für den Betrieb der einzelnen Hotspots an.

Kosten:
Das Aufsetzen einer zentralen Infrastruktur kostet je nach Komplexität der Portallösung, Anzahl der zu integrierenden Standorte und Aufwand zur Pflege des Contents zwischen ca. 100.000 € (bei Integration von 75 Access-Points) bis zu 1 Mio. € (bei ca. 750 Access-Points). Dies impliziert den Aufbau einer je nach Anforderung unterschiedlich komplexen Portallösung mit Content Management System (CMS), Ad Server, Integration des Billings, kostenpflichtigen Inhalten und lokalbasierten Werbeformen.

Die Kosten für die Installation der notwendigen Hardware für die einzelnen Hotspots, den Anschluss an das Internet über Router und z.B. die DSL-Leitung (je nach Anforderung an die Bandbreite) belaufen sich zwischen ca. 1.000 und 5.000 € pro Hotspot.

Aufgrund der fehlenden Erfahrung der Nutzer mit der Technologie muss dem Marketing eine große Bedeutung zugemessen werden: Es gilt, sowohl die Nutzer zu überzeugen und bei der Handhabung zu unterstützen, als auch die entsprechenden Hotspot-Anbieter zu schulen. Bei dem Aufbau eines wLAN-Zugangs, z.B. in der Gastronomie, müssen auch kaum Internet erfahrene Betriebe auf die Nutzung, Schulung, Erklärung und den Verkauf von Vouchern vorbereitet werden. Je nach vorgegebener Nutzerklientel, Location und Reichweite fallen hier sehr unterschiedliche Etats an.
Um den laufenden Betrieb sicher zu stellen, die Inhalte der Angebote technisch und redaktionell zu pflegen und die Infrastruktur auf dem aktuellen Stand zu halten, sind weiterhin Aufwände je nach Komplexität und Aktualisierungsintensität bis zu 100.000 € (bei 75 Access-Points) und 1 Mio. € (bei 750 Access-Points) zu veranschlagen.

Einnahmen:
Diese Kosten können über mehrere Einnahmequellen refinanziert werden:
• Verkauf des Internet-Access (z.B. Voucher)
• Zusätzliche Einnahmen im Kerngeschäft über Neukundengewinnung und Steigerung der Verweildauer von Bestandskunden
• Intensive Vermarktung des Zugangs über Bereitstellung von Werbeflächen auf dem Portal sowie Partnerschaften/Sponsorship
• Bei entsprechender Verbreitung und entsprechender Kernzielgruppe stellt wLAN für den Betreiber ggf. auch eine Notwendigkeit dar, um Kunden nicht zu verlieren.

Neben den zahlungswirksamen Einnahmen lassen sich insbesondere bei einer frühen Markteintrittsphase ein positiver Imageeffekt und ein zu berechnender Gegenwert durch die positive PR nachweisen.

Internet-Access:
Ein Voucher für eine Stunde Nutzung kostet zur Zeit ca. 5 € für den Endkunden. Dadurch entsteht z.B. ein Deckungsbeitrag beim Verkauf der Vouchers für den Betreiber von 2 €. So kann beispielsweise eine überregionale Gastronomiekette mit 0,5 Mio. wLAN-Nutzern und einer jährlichen Nutzung von 5 Stunden pro Nutzer Einnahmen von 5 Mio. € generieren. Bei der Refinanzierung einer kleineren Lösung lassen sich bereits mit 10.000 wLAN-Nutzern, die 10 Stunden pro Jahr den Dienst nutzen, 200.000 € pro Jahr generieren.

Zusatzeinnahmen im Kerngeschäft:
Werden neue Kunden gewonnen bzw. wird die Verweildauer von Bestandskunden z.B. in der Gastronomie von wiederum 0,5 Mio. wLAN-Nutzern um 5 Stunden pro Jahr gesteigert, werden 2,5 Mio. zusätzliche Stunden Umsatzpotenzial im Kerngeschäft gewonnen. Bei einem entstehenden Mehrumsatz pro Stunde von 1 Euro (z.B. ein Kaffee als zusätzlicher Mehrumsatz) können 2,5 Mio. € generiert werden.

Vermarktung des Portals:
Die erzielbaren Erlöse aus der Vermarktung des Portals lassen sich erst nach Kenntnis der relevanten Faktoren wie Attraktivität der Locations, Zielgruppe, Marke, Reichweite etc. mit Zahlen hinterlegen. Erste Erfahrungen z.B. aus der Vermarktung des Pilotversuches der McDonalds-Filialen in den Niederlanden oder dem Future Store der Metro-Gruppe lassen die Bereitschaft von Partnern, für die Platzierung im Portal zu bezahlen, klar erkennen. Über Sponsoring, Vermarktung von Werbeflächen, Angebot kostenpflichtiger Applikationen, Streaming-Content, Sonderwerbeformen, etc. lassen sich je nach Marktmacht des Anbieters signifikante Einnahmen generieren. Die Zielgruppe der Business- und Early-Adapter-Kunden sowie die mögliche Lokalisierung über den Hotspot stellen für den Marketer eine effiziente Werbeansprache dar und schlagen sich in hohen Tausender Kontaktpreisen (TKPs) nieder.

PR-Effekte:
Die in Form eines Mediagegenwertes (monetärer Gegenwert aller Veröffentlichungen aufgrund der PR) messbaren zusätzlichen Effekte sind besonders in einer frühen Markteintrittsphase zum Teil erheblich. So beläuft sich der Mediagegenwert des bislang in Deutschland größten nicht-kommerziellen wLAN-Projekts in Hamburg (HOTSPOT HAMBURG) auf einen hohen sechsstelligen €-Wert pro Jahr, bei Einsatz eines moderaten fünfstelligen PR-Etats. Darüber hinaus lassen sich nicht unmittelbar messbare Effekte auf das Image des Unternehmens und den Markenwert erwähnen.

Fazit:
Konkrete Refinanzierungs- und Business-Modelle lassen sich nur in Kenntnis der genauen Rahmenparameter gemeinsam mit den Unternehmen mit der entsprechenden Evaluierung der zu erreichenden Ziele erstellen. Bei beispielhaften Berechnungen auf Basis der oben genannten Parameter konnte von Pixelpark ein Break-Even innerhalb von 12 Monaten und eine deutlich zweistellige Umsatzrendite in den Folgejahren aufgezeigt werden.

Zusammenfassung
wLAN erlebt zur Zeit einen großen Hype. Es muss sich zukünftig herausstellen, inwieweit sich die aufgezeigten durchaus positiven Voraussetzungen erfüllen lassen. Zum Vergleich sei der Hype um Bluetooth erwähnt, der analog zu wLAN 2003 die CeBit 2002 bestimmte.

Die technologische Betrachtung zeigt für die Nutzer erkennbare Mehrwerte auf, ebenso wie sich die fehlenden Lizenzkosten und günstigen Infrastrukturkosten auf der Anbieterseite positiv auswirken. Aufgrund der aktiven Vermarktung der großen Technologiefirmen IBM, Cisco und Intel werden außerdem enorme Summen in das Marketing gesteckt.

Zur Zeit noch bestehende technologische Probleme sowie die fehlenden, übergreifenden Bezahlungsmethoden dürften in naher Zukunft weitgehend gelöst werden. Ebenso wie bei anderen frei nutzbaren Technologien wie dem Internet oder finanziell stark vorbelastenden Technologien wie UMTS wird sich am Ende allerdings die Technologie durchsetzen, die ein stimmiges Refinanzierungsmodell aufweisen kann.
Dies kann nur realisiert werden, wenn mehrwertige Anwendungen angeboten werden, die die Vorteile von wLAN ausspielen, bei den Kunden auf Zahlungsbereitschaft stoßen und auf intelligenten Geschäftsmodellen beruhen!

Dieser Artikel erschien am und wurde am aktualisiert.
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